Der Wohlstand der Nationen. Adam Smith

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Der Wohlstand der Nationen - Adam Smith


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anzunehmen, und so geht der Arbeitslohn der Knechte und Gesellen in teuren Jahren oft herunter.

      Die Arbeitgeber aller Art machen deshalb oft in teuren Jahren an ihren Dienstleuten ein besseres Geschäft als in wohlfeilen, und finden sie in den ersteren demütiger und abhängiger als in den letzteren. Sie erklären also natürlicherweise die teuren Jahre als dem Gewerbfleiß günstiger. Gutsbesitzer und Pächter, die beiden größten Klassen von Arbeitgebern, haben überdies noch einen andern Grund, über teure Jahre froh zu sein. Die Renten des einen und die Gewinne des andern hängen gar sehr von dem Preise der Lebensmittel ab. Nichts kann jedoch alberner sein als sich einzubilden, dass die Menschen im Allgemeinen weniger arbeiten sollten, wenn sie für sich arbeiten als wenn sie für andere Leute arbeiten. Ein armer unabhängiger Handwerker wird gewöhnlich arbeitsamer sein als selbst ein Geselle, der nach dem Stück arbeitet. Der eine hat von dem Produkt seines Fleißes den vollen Genuss, der andere teilt ihn mit seinem Meister. Der eine ist in seiner abgesonderten, unabhängigen Stellung den Versuchungen schlechter Gesellschaft, die in großen Fabriken die Sitten des anderen so häufig verderben, weniger ausgesetzt. Die Überlegenheit unabhängiger Handwerker über die Arbeiter, welche monats- oder jahrweise gedungen werden, und deren Lohn und Unterhalt derselbe bleibt, ob sie viel oder wenig tun, ist wahrscheinlich noch weit größer. Wohlfeile Jahre erhöhen der Natur der Sache nach das Verhältnis unabhängiger Handwerker zu den Gesellen und Dienenden aller Art und teure Jahre erniedrigen es.

      Ein französischer Schriftsteller von vielem Wissen und Scharfsinn, Messance, Steuereinnehmer in dem Bezirk von St. Etienne, sucht zu zeigen, dass die Armen in wohlfeilen Jahren mehr arbeiten als in teuren, und vergleicht zu diesem Zwecke die Menge und den Wert der in diesen verschiedenen Fällen in drei Fabrikzweigen gefertigten Waren, nämlich in den Fabriken grober Wollenwaren zu Elbeuf, und in den Leinen- und Seidenfabriken, die sich über das ganze Gebiet von Rouen erstrecken. Aus seiner auf die amtlichen Berichte gestützten Rechnung ergibt sich, dass die Menge und der Wert der in allen drei Fabrikzweigen hergestellten Waren in wohlfeilen Jahren größer als in teuren, und dass sie in den wohlfeilsten stets am größten, in den teuersten am kleinsten war. Alle drei scheinen stillstehende, d. h. solche Industriezweige zu sein, die, wenn auch die Menge ihrer Erzeugnisse von einem Jahre zum anderen etwas schwanken mag, doch im Ganzen weder zurück noch vorwärts gehen.

      Die Leinenindustrie in Schottland und diejenige grober Wollenzeuge im westlichen Bezirk von Yorkshire sind zunehmende Industrien, deren Produkt im Allgemeinen, wenn auch mit gewissen Schwankungen, an Menge und Wert zunimmt. Bei Prüfung der über ihre jährliche Produktion veröffentlichten Berichte habe ich jedoch nicht bemerken können, dass ihre Schwankungen mit der Teuerung oder Wohlfeilheit der Jahre in merkbarem Zusammenhang ständen. Im Jahre 1740, in dem großer Mangel herrschte, scheinen allerdings beide Industriezweige sehr gedrückt gewesen zu sein. Im Jahre 1756 aber, in dem ebenfalls großer Mangel herrschte, machte die schottische Industrie außergewöhnliche Fortschritte. Die Yorkshirer Industrie nahm allerdings ab, und ihr Produkt stieg seit 1755 nicht mehr auf die Höhe dieses Jahres, bis 1766 die amerikanische Stempelakte abgeschafft wurde. In diesem und dem folgenden Jahre stieg ihr Produkt höher als zuvor, und sie hat seitdem immer größere Fortschritte gemacht.

      Die Produktion aller großen exportierenden Industriezweige muss notwendigerweise nicht sowohl von der Teuerung oder Wohlfeilheit der Jahre in den Ländern, wo sie betrieben werden als von den Umständen abhängen, welche die Nachfrage in den Ländern bestimmen, in denen sie verbraucht werden; von Frieden oder Krieg, vom Gedeihen oder Verfall anderer rivalisierender Industrien, und von der guten oder üblen Laune ihrer Hauptkunden. Überdies kommt ein großer Teil der in wohlfeilen Jahren wahrscheinlich verrichteten außergewöhnlichen Arbeit niemals in die öffentlichen Industrieregister. Die männlichen Arbeiter, welche ihre Arbeitgeber verlassen, werden Arbeiter auf eigene Rechnung, und die Arbeiterinnen kehren zu ihren Eltern zurück, und spinnen gewöhnlich für ihren eigenen und ihrer Familien Kleidungsbedarf. Selbst die unabhängigen Handwerker arbeiten nicht immer für den öffentlichen Verkauf, sondern werden von ihren Nachbarn für deren Hausbedarf beschäftigt. Daher fehlt ihr Arbeitsprodukt häufig in jenen öffentlichen Registern, deren Ergebnisse zuweilen mit so vielem Stolz veröffentlicht werden, und nach denen unsere Kaufleute und Fabrikanten das Gedeihen oder den Verfall der größten Reiche anzukündigen oft vergeblich beanspruchen würden.

      Obgleich die Veränderungen im Preise der Arbeit nicht immer mit denen im Preise der Lebensmittel übereinstimmen, ihnen vielmehr oft gerade entgegengesetzt sind, darf man darum doch nicht denken, dass der Preis der Lebensmittel auf den der Arbeit keinen Einfluss habe. Der Geldpreis der Arbeit wird notwendig durch zweierlei Umstände bestimmt, durch die Nachfrage nach Arbeit, und durch den Preis der Lebens- und Genussmittel. Je nachdem die Nachfrage nach Arbeit zunimmt, sich gleichbleibt oder abnimmt; je nachdem sie also eine zunehmende, sich gleichbleibende oder abnehmende Volkszahl erfordert, bestimmt sie die Menge von Lebens- und Genussmitteln, die dem Arbeiter zugebilligt werden muss; und der Geldpreis der Arbeit wird durch die Summe bestimmt, die zum Ankauf dieser Menge notwendig ist. Wenn daher auch der Geldpreis der Arbeit zuweilen hoch ist, während der Preis der Nahrungsmittel niedrig steht, so würde er doch, wenn die Nachfrage dieselbe bliebe, noch höher sein, falls der Preis der Nahrungsmittel hoch stände.

      Weil die Nachfrage nach Arbeit in Jahren plötzlicher und ungewöhnlicher Fülle zu-, in solchen plötzlichen und ungewöhnlichen Mangels dagegen abnimmt, steigt der Geldpreis der Arbeit in den einen und sinkt in den anderen.

      In einem Jahre plötzlicher und ungewöhnlicher Fülle befinden sich in den Händen vieler Arbeitgeber hinreichende Fonds, um eine größere Anzahl fleißiger Leute zu unterhalten und zu beschäftigen als im vorhergehenden Jahre beschäftigt worden sind; und diese ungewöhnliche Anzahl ist nicht immer gleich zu haben. Daher überbieten sich die Arbeitgeber, die Arbeiter brauchen, und infolgedessen steigt sowohl der Sach- wie der Geldpreis ihrer Arbeit.

      Das Gegenteil davon tritt in einem Jahre plötzlichen und ungewöhnlichen Mangels ein. Die zur Beschäftigung von Arbeitern bestimmten Fonds sind geringer als im vorhergehenden Jahre. Eine große Menge Leute werden beschäftigungslos, und diese bieten, um Arbeit zu erhalten, einander herunter, wodurch bisweilen sowohl der Sach- wie der Geldpreis der Arbeit sich erniedrigt. Im Jahre 1740, wo ungewöhnlicher Mangel herrschte, waren viele bereit, für die nackte Existenz zu arbeiten. In den darauf folgenden Jahren der Fülle war es schwerer, Arbeiter und Dienstboten zu bekommen.

      Der Mangel in einem teuren Jahre wirkt durch Verminderung der Nachfrage nach Arbeit naturgemäß auf Erniedrigung ihres Preises, während der hohe Preis der Nahrungsmittel auf seine Erhöhung wirkt. Die Fülle eines wohlfeilen Jahres wirkt hingegen durch Vermehrung der Nachfrage auf Erhöhung des Arbeitspreises, während die Wohlfeilheit der Nahrungsmittel auf seine Ermäßigung wirkt. Bei den gewöhnlichen Schwankungen der Nahrungsmittelpreise scheinen diese beiden entgegengesetzten Ursachen einander die Waage zu halten, was wahrscheinlich teilweise der Grund ist, warum der Arbeitslohn überall so viel stetiger und dauernder ist als der Preis der Nahrungsmittel.

      Das Steigen des Arbeitslohnes erhöht notwendig den Preis vieler Waren, weil es den Teil des Preises erhöht, der sich in Lohn auflöst, und insofern bewirkt es eine Verminderung im Verbrauch dieser Waren daheim und im Auslande. Dieselbe Ursache jedoch, die den Arbeitslohn steigert, die Zunahme des Kapitals nämlich, bewirkt eine Zunahme der erzeugenden Kräfte der Arbeit und die Herstellung eines größeren Arbeitsproduktes durch eine geringere Arbeitermenge. Der Kapitalist, der eine große Anzahl Arbeiter beschäftigt, ist notwendig um seines eigenen Vorteils willen bemüht, die Beschäftigung so angemessen zu verteilen, dass die Arbeiter eine größtmögliche Menge Waren hervorzubringen vermögen. Aus demselben Grunde bemüht er sich, ihnen die besten Maschinen zu verschaffen, die er oder sie kennen. Was aber unter den Arbeitern einer Werkstatt platzgreift, greift aus demselben Grunde auch unter denen einer großen Gesellschaft Platz. Je größer ihre Anzahl, desto mehr teilen sie sich naturgemäß in verschiedene Gattungen und Unterarten der Beschäftigung. Es sind mehr Köpfe beschäftigt, die geeignetsten Maschinen für jeden Produktionszweig zu erfinden, und desto mehr werden sie folglich erfinden. Es gibt mithin viele Waren, die infolge dieser Verbesserungen mit so viel weniger Arbeit als früher hervorgebracht werden, dass der erhöhte Preis der Arbeit durch die Verringerung der zu ihrer Herstellung nötigen Arbeit mehr als aufgewogen wird.

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