Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Читать онлайн книгу.

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


Скачать книгу
um die Leute in Zweifel zu lassen. Er ließ sich die Erklärung gefallen und nahm die Wirkung an, ohne daß er sich um die Ursache zu bekümmern schien.

      »Und ich,« sagte ein Zweiter, »ich habe zufällig einen Oheim, der die Arbeiten im Hafen von La Rochelle leitet und beaufsichtigt. Schon als Kind habe ich auf den Fahrzeugen gespielt und ich nehme es, was die Handhabung des Ruders und des Segels betrifft, mit dem ersten dem besten Matrosen auf.«

      Dieser log kaum mehr als der Andere, er hatte sechs Jahre auf den Galeeren Seiner Majestät in la Ciotat gerudert.

      Zwei Andere waren offenherziger, sie gestanden ganz einfach, daß sie auf einem Schiff als Soldaten zur Strafe gedient hatten, und errötheten nicht darüber. D’Artagnan war so Chef von zehn Kriegsleuten und vier Matrosen; er hatte zugleich eine Land- und eine Seearmee, was den Stolz von Planchet auf den höchsten Grad gesteigert haben müßte, wenn Planchet diesen Umstand gekannt hätte.

      Es handelte sich nur noch um den allgemeinen Verhaltungsbefehl, und d’Artagnan gab diesen ganz pünktlich. Er schärfte seinen Leuten ein, sich zum Aufbruch nach dem Haag bereit zu halten, wobei die Einen der Küste, welche bis Breskens führt, die Anderen der Straße nach Antwerpen folgen sollten.

      Mit Berechnung jedes Marschtages wurden Alle in vierzehn Tagen nach dem Hauptplatze Haag beschieden.

      D’Artagnan empfahl seinen Leuten, sich nach ihrem Gutdünken, aus Sympathie, zu zwei und zwei zu paaren. Er selbst wählte unter den am wenigsten auffallenden Galgengesichtern zwei Leibwachen, die er schon früher kennen gelernt und die keine andere Fehler hatten, als daß sie Spieler und Trunkenbolde waren. Diese zwei Menschen hatten nicht jeden Begriff von Civilisation verloren, und unter reinlichen Kleidern würden ihre Herzen wieder zu schlagen angefangen haben. Um keine Eifersucht zu erregen, ließ d’Artagnan die Anderen vorangehen. Er behielt seine zwei Bevorzugten bei sich, kleidete sie in seinen eigenen Putz und brach mit ihnen auf.

      Diesen, welche er mit einem unbeschränkten, Vertrauen zu beehren schien, machte, er ein falsches Geständniß, bestimmt, den Erfolg des Unternehmens zu sichern. Er gestand ihnen, es handle sich nicht darum, zu sehen, wie viel die englische Schmuggelei dem französischen Handel Eintrag thun konnte, sondern im Gegentheil, wie viel die französische Schmuggelei dem englischen Handel zu schaden vermöchte. Diese Menschen schienen überzeugt, und waren es auch wirklich. D’Artagnan aber war sicher, bei ihrer ersten Schwelgerei, wenn sie vollgetrunken wären, würde Einer von den Beiden das höchst wichtige Geheimniß der ganzen Bande aufschwatzen. Sein Spiel kam ihm unfehlbar vor.

      Vierzehn Tage nach Allem dem, was wir in Calais haben vorfallen sehen, war die ganze Bande im Haag versammelt.

      D’Artagnan sah, daß alle seine Leute sich mit merkwürdigem Scharfsinn schon in mehr oder minder vom Meer mißhandelte Matrosen verwandelt hatten.

      D’Artagnan ließ sie in einer Schenke von Nieuwkerk-Straat schlafen, und nahm selbst seine Wohnung am großen Canal.

      Er erfuhr, daß der König von England zu seinem Verbündeten, Wilhelm II. von Nassau, Stadhouder von Holland, zurückgekehrt war. Er erfuhr auch, daß durch die Weigerung von Ludwig XIV. der Schutz, den man ihm bis dahin bewilligt, kälter geworden, und daß er sich deshalb in ein kleines Haus in Scheveningen, das auf den Dünen am Ufer des Meers, eine Stunde vom Haag entfernt, lag, zurückgezogen hatte.

      Hier tröstete sich, wie man sagte, der unglückliche Geächtete über seine Verbannung damit, daß er mit jener den Prinzen seines Geschlechts eigenthümlichen Schwermuth auf die ungeheure Nordsee hinausschaute, die ihn von England trennte, wie sie einst Maria Stuart von Frankreich getrennt hatte. Hier, hinter einigen schönen Bäumen des Waldes von Scheveningen, auf dem seinen Sande, wo das goldene Heidekraut der Dünen wächst, vegetirte Karl II. wie dieses, unglücklicher als dieses, denn er lebte das Leben des Geistes und hoffte und verzweifelte abwechselnd.

      D’Artagnan ritt einmal bis Scheveningen, um dessen, was man über diesen Prinzen erzählte, sicher zu sein. Er sah in der That Karl II. nachdenkend und allein durch eine kleine Thüre, welche nach dem Gehölze ging, herauskommen und bei Sonnenuntergang am Gestade spazieren gehen, ohne daß er nur die Aufmerksamkeit der Fischer erregte, welche, am Abend zurückgekehrt, wie die alten Seeleute des Archipels, ihre Barken auf den Sand des Users zogen., D’Artagnan erkannte den König, Er sah ihn seinen düstern Blick auf die ungeheure Wasserfläche heften und auf seinem bleichen Gesicht die rothen Strahlen der schon durch die schwarze Linie des Horizonts abgeschnittenen Sonne einsaugen. Dann kehrte Karl II. immer allein, immer langsam und traurig, und sich damit belustigend, daß er unter seinen Tritten den zerreiblichen Sand krachen ließ, in das vereinzelte Haus zurück.

      Schon an demselben Abend miethete d’Artagnan für tausend Livres eine Fischerbarke, welche viertausend werth war. Er bezahlte diese tausend Livres baar und deponirte die dreitausend anderen beim Bürgermeister. Wonach er, ohne daß man sie sah und in finsterer Nacht, die sechs Mann einschiffte, welche seine Landarmee bildeten, und beim Eintritt der Fluth, um drei Uhr Morgens, stach er in die See, wobei er mit den vier Andern manoeuvrirte und sich auf das Wissen seines Galeerensklaven verließ, gerade als ob dieser der beste Lootse des Hafens gewesen wäre.

       IX.

      Worin der, Autor, wider seinen Willen, ein wenig Geschichte treiben muß

      Während die Könige und die Menschen sich so mit England beschäftigten, das sich ganz allein regierte und, man muß es zu seinem Lobe sagen, nie so schlecht regiert gewesen war, verfolgte ein Mann, auf den Gott sein Auge gerichtet und seinen Finger gelegt hatte, ein Mann vom Schicksal bestimmt, seinen Namen mit glänzenden Charakteren in das Buch der Geschichte einzuschreiben, im Angesichte der Welt ein Werk voll Geheimnis; und Kühnheit. Er ging, und Niemand wußte, wohin er gehen wollte, obgleich nicht nur England, sondern auch Frankreich und ganz Europa ihn festen Schrittes und den Kopf hoch einhergehen sahen. Alles, was man über diesen Mann wußte, wollen wir sagen.

      Monk hatte sich für die Freiheit des Rump-Parliament erklärt, wie man es nannte, eines Parlaments, das der General Lambert, Cromwell nachahmend, dessen Lieutenant er gewesen war, um es seinen Willen thun zu lassen, so eng eingeschlossen hatte, daß kein Mitglied während der ganzen Blocade hatte herausgehen können, und daß nur eines, Peter Wentwort, hineinzukommen im Stande gewesen war.

      Lambert und Monk, Alles faßte sich in diesen zwei Männern zusammen, von denen der erste den militärischen Despotismus, der zweite den reinen Republicanismus vertrat. Diese zwei Männer waren die zwei einzigen politischen Repräsentanten der Revolution, in welcher Karl l. zuerst seine Krone und sodann sein Haupt verloren hatte.

      Lambert verleugnete indessen seine Absichten nicht; er suchte eine ganz militärische Regierung zu gründen und sich zum Haupte dieser Regierung zu machen.

      Monk, ein strenger Republicaner, wie die Einen sagten wollte das Rump-Parliament, diese sichtbare, obgleich entartete Vertretung der Republik, aufrecht erhalten. Geschickt herrschsüchtig, sagten die Anderen, wollte Monk sich ganz einfach aus diesem Parlament, das er zu begünstigen schien, eine solide Stufe bilden, um bis auf den Thron zu steigen, den Cromwell leer gemacht, auf den er sich aber nicht zu setzen gewagt hatte.

      So hatten sich Lambert, der das Parlament verfolgte, und Monk, der sich für dasselbe aussprach, gegenseitig einander zu Feinden erklärt.

      Monk und Lambert waren auch von Anfang an darauf bedacht, sich jeder eine Armee zu bilden; Monk in Schottland, wo die Presbyterianer und Royalisten, nämlich die Unzufriedenen, waren; Lambert in London, wo sich, wie immer, die stärkste Opposition gegen die Macht fand, die es vor Augen hatte. Monk stellte in Schottland den Frieden wieder her, bildete sich hier ein Heer und machte -sich daraus eine Zufluchtstätte: das eine bewachte die andere^ Monk wußte, daß der vom Herrn für eine große Veränderung bezeichnete Tag noch nicht gekommen war; sein Schwert schien auch in_seine Scheide genietet zu sein. Unüberwindlich in seinem wilden, gebirgigen Schottland, unumschränkter General, König eines Heeres von elftausend alten Soldaten, die er mehr als einmal zum Siege geführt hatte, eben so gut und besser über die Angelegenheiten in London unterrichtet als Lambert, der in der City in Garnison lag: dies war die Stellung von Monk, als er sich hundert Meilen von London für das Parlament erklärte. Lambert wohnte, wie gesagt, im Gegentheil in der Hauptstadt. Er hatte


Скачать книгу