Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.es gibt für Euch in der Geschichte der Völker und der Könige einen glänzenden Platz, eine unsterbliche, unvergängliche Glorie, wenn Ihr allein, ohne ein anderes Interesse als das Wohl Eures Vaterlandes und das Interesse, der Gerechtigkeit die Stütze Eures Königs werdet. Viele Andere sind Eroberer und glorreiche Usurpatoren geworden. Ihr, Mylord, Ihr werdet Euch begnügt haben, der tugendhafteste, der unbescholtenste und der redlichste der Menschen zu sein. Ihr werdet eine Krone in Eurer Hand gehabt haben, und statt sie Eurer Stirne anzuschmiegen, habt Ihr sie auf die Stirne desjenigen gesetzt, für welchen sie bestimmt war. Oh! Mylord, handelt so, und Ihr vermacht der Nachwelt den beneidetsten Namen, den je ein menschliches Geschöpf zu tragen sich rühmen kann.««
Athos hielt inne. Während der ganzen Zeit, die der edle Ritter gesprochen, hatte Monk kein Zeichen der Billigung oder der Mißbilligung von sich gegeben; kaum hatten sich während dieser gewaltigen, aufstachelnden Rede seine Augen mit jenem Feuer belebt, das den Verstand und den Scharfsinn bezeichnet. Der Graf de la Fère schaute ihn traurig an und fühlte, als er dieses düstere Gesicht sah, wie die Entmuthigung tief in sein Herz eindrang. Endlich schien sich Monk zu beleben, und das Stillschweigen brechend sprach er mit sanftem und ernstem Tone:
»Mein Herr, ich will mich zur Erwiederung Eurer eigenen Worte bedienen. Jedem Andern als Euch würde ich durch die Austreibung, durch das Gefängnis oder durch etwas noch Schlimmeres antworten. Denn Ihr versucht mich am Ende und thut wir zugleich Gewalt an. Doch Ihr seid einer von den Männern, mein Herr, denen man die Aufmerksamkeiten und die Räcksichten, die sie verdienen, nicht verweigern kann; Ihr seid ein braver Edelmann, mein Herr, ich sage es und ich verstehe mich daraus. So eben spracht Ihr mir von einem Gute, das Euch der verstorbene König für seinen Sohn anvertraut habe: Seid Ihr nicht einer von jenen Franzosen, die, wie ich sagen hörte, Karl aus White-Hall entführen wollten?«
»Ja, Mylord, ich befand mich während, der Hinrichtung unter dem Schaffot; ich, der ich ihn nicht hatte retten können, empfing auf meine Stirne das Blut des königlichen Märtyrers; ich empfing zu gleicher Zeit das letzte Wort von Karl I.; zu mir sagte er«: Remember! und indem er: Erinnere Dich! zu mir sprach, spielte er auf das Gold an, das zu Euren Füßen liegt, Mylord.«
»Ich habe viel von Euch sprechen hören, mein Herr,« sagte Monk, »doch ich fühle mich glücklich, daß ich Euch von Anfang an nach meiner eigenen Eingebung und nicht nach Erinnerungen geschätzt habe. Ich werde Euch deshalb Erklärungen geben, die ich noch Niemand gegeben, und Ihr werdet einsehen, welchen Unterschied ich zwischen Euch und den Personen mache, die bis jetzt zu mir gesandt worden sind.«
Athos verbeugte sich und schickte sich an, gierig diese Worte einzusaugen, welche eines nach dem andern von dem Munde von Monk fielen, diese Worte so selten und kostbar wie der Thau in der Wüste.
»Ihr sprecht mir von König Karl II,« begann Monk; »doch ich bitte Euch, mein Herr, sagt mir, was geht mich dieses Gespenst eines Königs an? Ich bin alt geworden im Krieg und in der Politik, welche heut zu Tage so eng mit einander verbunden sind, daß jeder Mann vom Schwert, kraft seines Rechtes oder seines Ehrgeizes, mit einem persönlichen Interesse und nicht blindlings hinter einem Officier, wie bei den gewöhnlichen Kriegen, kämpfen muß. Ich wünsche vielleicht nichts, aber ich fürchte viel. Auf dem Krieg beruht heute die Freiheit Englands und vielleicht die jedes Engländers. Warum soll ich, der ich frei bin in der Stellung, die ich mir gemacht habe, die Hand den Ketten eines Fremden reichen? Karl ist nur dieses für mich. Er hat Schlachten geliefert, die er verloren, folglich ist er ein schlechter Feldherr! er hat bei keiner Unterhandlung gesiegt, folglich ist er ein schlechter Diplomat; er hat sein Elend an allen Höfen Europas umhergetragen, folglich ist es eine schwache, kleinmüthige Seele. Nichts Edles, nichts Großartiges, nichts Starkes ist noch aus diesem Geist hervorgegangen, der eines der größten Reiche der Erde zu regieren trachtet. Ich kenne also diesen Karl nur unter schlimmen Aussichten, und Ihr wollt, daß ich, ein Mann von gesundem Verstand, mich freiwillig zum Sklaven eines Geschöpfes mache, das an militärischer Fähigkeit, an Politik und an Würde unter mir steht? Nein, mein Herr, hat mich eine große und edle Handlung Karl schätzen gelehrt, dann werde ich vielleicht seine Rechte auf einen Thron anerkennen, von dem wir den Vater gestoßen haben, weil es ihm an den Tugenden gebrach, an denen es bis jetzt auch dem Sohne gebricht; bis jetzt aber erkenne ich, was Rechte betrifft, nur die meinigen an. Die Revolution hat mich zum General gemacht, mein Schwert wird mich zum Protector machen, wenn ich will. Karl zeige sich, er erscheine und unterwerfe sich dem Wettkampf, der dem Genie geöffnet ist; und er erinnere sich besonders, daß er einem Geschlechte angehört, von dem man mehr verlangen wird, als von jedem andern. Sprechen wir also nicht mehr hiervon, mein Herr, ich schlage weder aus, noch nehme ich an; ich behalte mir vor, ich warte.«
Athos wußte, daß Monk zu gut von Allem unterrichtet war, was sich auf Karl II., bezog, um den Streit weiter zu treiben. Es war weder hierzu die Stunde, noch der Ort.
»Mylord,« sagte er, »ich habe Euch also nur noch zu danken.«
»Und wofür, mein Herr? Dafür, daß Ihr mich gut beurtheilt habt, und daß ich nach Eurem Urtheil. gehandelt habe? Oh! wahrhaftig, ist das der Mühe werth? Dieses Geld, das Ihr König Karl überbringen werdet, soll mir als Beweis für ihn dienen, wenn ich sehe, was er damit zu machen verstehen wird. Ohne Zweifel werde ich eine Ansicht fassen, die ich nicht habe.«
»Glaubt sich indessen Eure Herrlichkeit, nicht zu gefährden, wenn sie eine Summe abgehen läßt, welche bestimmt ist, den Waffen ihres Feindes zu dienen?«
Mein Feind, sagt Ihr? Ei! mein Herr, ich habe keine Feinde. Ich bin im Dienst des Parlaments, das mir den General Lambert und den König Karl, seine Feinde und nicht die meinigen, zu bekämpfen befiehlt. Ich kämpfe also. Würde mir im Gegentheil das Parlament befehlen, den Hafen von London mit Fahnen zu schmücken, die Soldaten am User zu versammeln, König Karl II. zu empfangen . . . «
»Ihr würdet gehorchen?« rief Athos voll Freude.
»Verzeiht,« erwiederte Monk lächelnd, »ich, ein Graukopf, war im Begriff . . . in der That, wo hatte ich denn meinen Verstand? ich war im Begriff, eine jugendliche Albernheit zu sagen.«
»Ihr würdet also nicht gehorchen?«
»Ich sage das eben so wenig, mein Herr. Vor Allem das Heil meines Vaterlandes! Gott, der mir gnädigst die Kraft verliehen hat, wollte ohne Zweifel, daß ich diese Kraft zum Wohl Aller besäße, und er hat mir zugleich die Unterscheidungsgabe verliehen. Fiele es dem Parlament ein, mir dergleichen zu befehlen, so würde ich nachdenken.«
Athos verdüsterte sich.
»Ah! ich sehe, daß Eure Herrlichkeit entschieden nicht geneigt ist, Karl II. zu begünstigen?«
»Ihr fragt mich immer, Herr Graf; laßt nun die Reihe auch an mir sein, wenn es Euch beliebt.«
»Thut es, mein Herr, und möge Euch Gott den Gedanken eingeben, mit mir so offenherzig zu reden, als ich Euch antworten werde?«
»Welchen Rath werdet Ihr Eurem Prinzen geben, wenn Ihr ihm diese Million zurückgebracht habt?«
Athos schaute Monk mit einem stolzen, entschiedenen Blick an und erwiederte:
»Mylord, mit dieser Million, welche Andere vielleicht zu Unterhandlungen anwenden würden, will ich dem König rathen, zwei Regimenter anzuwerben, sich nach Schottland, wo Ihr den Frieden wiederhergestellt habt, zu begeben und dem Volk die Freiheiten zu verleihen, die ihm die Revolution versprochen, aber nicht völlig gewährt hat. Ich werde ihm rathen, dieses kleine Heer, das sich, glaubt mir, vergrößern würde, in Person zu befehligen, sich die Fahne in der Hand und das Schwert in der Scheide tödten zu lassen und zu sagen: »»Engländer! das ist der Dritte meines Geschlechts, den Ihr tödtet: nehmt Euch in Acht vor der Gerechtigkeit Gottes!««
Monk neigte das Haupt und träumte einen Augenblick.
»Wenn es ihm gelänge,« sagte er, »was unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist, denn nichts in der Welt ist unmöglich, was würdet Ihr ihm rathen?«
»Er möge bedenken, daß er durch den Willen Gottes seine Krone verloren, daß er sie aber durch den Willen der Menschen wieder erlangt habe.«
Ein spöttisches Lächeln schwebte über die Lippen von Monk.
»Leider,