Der Page des Herzogs von Savoyen. Александр Дюма

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Der Page des Herzogs von Savoyen - Александр Дюма


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Warum mußt Du fort?« fragte Philibert.

      Auf diese Frage antwortete Leone nur mit einem unerschütterlichen Schweigen, wie schon bei zwei frühern Gelegenheiten, als nemlich in Oleggio die Herzogin ihn nach seinen Eltern und seiner Geburt gefragt hatte und dann als Emanuel hatte wissen wollen, warum er den Diamantring von Carl V. nicht angenommen.

      Der Prinz wollte weiter in ihn dringen, als er Tritte in der Kirche hörte.

      Es war ein Diener seines Vaters, der ihn suchte und ihm meldete, der Herzog Carl wünsche sogleich mit ihm zu sprechen. Man habe wichtige Nachrichten aus Frankreich erhalten.

      »Du siehst, Leone,« sagte Emanuel, »ich muß Dich jetzt verlassen. Heute Abend werde ich Dich wiedersehen und wenn Du bei deinem Beschlusse verharrst, nun – so bist Du frei, Du magst mich morgen, noch in der Nacht verlassen, wenn Du glaubst, nicht länger bei mir bleiben zu dürfen.«

      Leone antwortete nicht; er sank mit tiefem Seufzen auf seine Knie und man hätte meinen können, sein Herz breche.

      Emanuel entfernte sich, aber ehe er die Kirche verließ, drehte er sich zwei- dreimal um, als wolle er sehen, ob Leone ihn so ungern scheiden sehe, wie er von ihm gehe.

      Leone blieb noch eine Stunde im Gebete, dann begab er sich ruhiger in sein Zimmer.

      In Abwesenheit Emanuels, vor dem er schwankte, richtete sich sein Vorsatz fast wieder auf; aber der Gedanke beunruhigte ihn, daß Emanuel jeden Augenblick noch einmal kommen könne, um einen letzten Versuch zu machen.

      Er erschrak bei jedem Geräusch, das er aus der Treppe hörte.

      Zwei Stunden vergingen… da machte sich ein Tritt bemerklich… Diesmal konnte Leone nicht irren, es war der Tritt Emanuels.

      Die Thür öffnete sich, Emanuel trat ein.

      Er war traurig und doch glänzte bei dieser Trauer ein Strahl der Freude.

      »Nun, Leone,« fragte er, als er die Thür verschlossen und indem er auf den Freund zutrat, »hast Du nachgedacht?«

      »Gnädiger Prinz,« antwortete Leone, »als Ihr mich verließet, hatte ich nicht weiter nachzudenken.«

      »So bleibst Du bei deinem Vorsatze mich zu verlassen?«

      Leone hatte nicht die Kraft zu antworten, aber er nickte.

      »Und nur,« fragte Emanuel mit schwermüthigem Lächeln, »weil ich ein großer Fürst seyn und einen glänzenden Hof haben werde?«

      Leone neigte nochmals den Kopf.

      »Nun,« sprach Emanuel mit einer gewissen Bitterkeit, »über diesen Punkt beruhige Dich: ich bin jetzt ärmer als ich es je gewesen.«

      Leone richtete rasch den Kopf empor und Emanuel konnte in den schönen Augen die Veränderung durch die Thränen glänzen sehen.

      »Der zweite Sohn Franz I., der Herzog von Orléans, ist gestorben,« fuhr Emanuel fort, »so daß der Vertrag von Crespy aufgehoben ist…«

      »Und?« fragte Leone, der Emanuel mit allen Muskeln seines Gesichtes fragte.

      »Und da der Kaiser Carl V., mein Oheim, das Herzogthum Mailand meinem Vetter Franz I. nicht gibt, so wird dieser meinem Vater das Land nicht herausgeben.«

      »Und,« fragte Leone in dem Tone, unbeschreiblicher Hast, »und die Heirath mit der Tochter des Königs Ferdinand, die Heirath, welche der Kaiser vorgeschlagen hat?«

      »Armer Leone,« antwortete Emanuel, »der, welchem der Kaiser seine Nichte geben wollte, war der Herzog von Savoyen, der Fürst von Piemont, kurz ein gekrönter Gemahl, nicht aber der arme Emanuel Philibert, der, von allen seinen Staaten nichts mehr besitzt als die Stadt Nizza, das Thal Aosta und drei oder vier Güter hier und da in Savoyen und Piemont.

      »Ach!« rief Leone mit einem Gefühle der Freude, die er unmöglich unterdrücken konnte.

      Aber fast in demselben Augenblicke gewann er die Selbstbeherrschung wieder, die ihm hatte entschlüpfen wollen, und er sagte:

      »Gleichviel, nichts darf geändert werden in dem, was beschlossen war.«

      »Also,« fragte Emanuel, trauriger über den Entschluß des Freundes als über die Nachricht von dem Verluste seines Landes, »also verlässest Du mich doch?«

      »Wie es gestern eine Nothwendigkeit war, so ist es noch heute.«

      »Gestern, Leone, war ich reich und mächtig, ich hatte eine Herzogskrone auf dem Haupte, heute bin ich arm und machtlos und habe nichts mehr, als meinen Degen. Als Du gestern von mir gehen wolltest, Leone, warst Du nur grausam, wenn Du heute noch gehst, bist Du undankbar, Leone.«

      »Undankbar?« wiederholte Leone. »Mein Gott, Du hörst es! Er sagt, ich sey undankbar!«

      Da der Prinz sich anschickte mit gerunzelter Stirn und finsterem Auge fortzugehen, rief Leone:

      »Ach, Emanuel, Emanuel, gehe nicht so von mir… ich würde daran sterben.«

      Emanuel drehte sich um und sah, daß Leone mit nach ihm ausgebreiteten Armen dastand, bleich, wankend, einer Ohnmacht nahe.

      Er eilte zu ihm, er hielt ihn in seinen Armen und drückte in einem ihm selbst unerklärlichen unwiderstehlichen Drange seine Lippen auf die Lippen Leone’s.

      Leone stieß einen schmerzlichen Schrei aus, als sey er von einem glühenden Eisen berührt worden und wurde ohnmächtig.

      Der Haftel am Kragen schnürte ihm die Kehle zusammen, Emanuel machte ihn auf und da Leone ersticken zu müssen schien, riß er ihm mit einem kräftigen Rucke alle Knöpfe des Wammses auf.

      Da aber stieß er einen Schrei aus, nicht einen Schrei des Schmerzes, sondern der Ueberraschung, des Staunens, der Freude.

      Leone war ein Mädchen.

      Als die Ohnmacht vorüber, war auch Leone verschwunden und Leona die Geliebte Emanuel Philiberts.

      Nun war nicht mehr die Rede davon, den Geliebten zu verlassen, dem ohne ein Wort der Erläuterung alles erklärt war: Traurigkeit, Liebe zur Einsamkeit und der Wunsch zu entfliehen. Leona hatte, als sie erkannte, daß sie den Prinzen liebe, sich von ihm trennen wollen, aber so bald Emanuel ihre Liebe theilte, gab sie ihm ihr Leben hin.

      Für Alle, selbst Scianca-Ferro, blieb der Page Leone… ein junger Mann.

      Nur für Emanuel Philibert war Leone ein schönes junges Mädchen und hieß Leona.

      Als Prinz hatte Emanuel Philibert Bresse, Piemont und Savoyen mit Ausnahme von Nizza, Vercelli und dem Thale Aosta verloren, als Mann dagegen hatte er nichts verloren, da ihm Gott Scianca-Ferro und Leona gab, d. h. die beiden kostbarsten Geschenke, welche Gott in seiner himmlischen Güte seinen Auserwählten gewähren kann: hingebende Freundschaft und Liebe.

       X.

      Die drei Botschafter

      Erwähnen wir nun mit wenigen Worten was in der Zeit zwischen dem, was wir eben erzählten, und dem, was wir von nun an zu erzählen haben, vorgegangen war.

      Emanuel Philibert hatte zu Leone gesagt, es bleibe ihm nichts mehr als sein Degen.

      Der Bund der Protestanten in Deutschland, welcher durch den Churfürsten Johann Friedrich von Sachsen angeregt worden war, gab dem jungen Prinzen die Gelegenheit, Carl V. seinen Degen anzubieten.

      Diesmal wurde er angenommen.

      Die protestantischen Fürsten stellten die Ansicht auf, daß, so lange der Kaiser lebe, dessen Bruder Ferdinand nicht König von Rom seyn könne.

      Der Bund bildete sich in der kleinen Stadt Schmalkalden, von der er auch den Namen hat.

      Heinrich VII. hatte Bedenklichkeiten gehabt und war dem Bunde nicht beigetreten, Franz I. dagegen schloß sich demselben bereitwillig an.

      Es war schon etwas Altes, da er sich vom 22. December 1530 her schrieb.

      Wenn auch Soliman dem Bunde nicht eigentlich angehörte, so unterstützte er ihn doch dadurch, daß er 1532 Messina belagerte.

      Carl V. war mit einem Heere von neunzigtausend


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