John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма

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John Davys Abenteuer eines Midshipman - Александр Дюма


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sei.

      Endlich kamen wir nach Harrow. Tom führte mich sogleich zu dem Doctor Butler. Dieser war eben an die Stelle des sehr beliebten Drury gekommen, und dieser Wechsel des Directors hatte unter den Schülern einen kaum beschwichtigten Aufstand hervorgerufen. Dieser Umstand machte meine Vorstellung zu einer steifen Förmlichkeit. Der Doctor saß in seinem Lehnstuhl, sah mich forschend an, las den Brief meines Vaters, gab seine Zustimmung durch Kopfnicken zu verstehen, bot Tom einen Stuhl und fragte mich was ich könne. Ich antwortete, daß ich ein Schiff lenken, die Mittagshöhe der Sonne aufnehmen, reiten, schwimmen und schießen könne. Der Pädagog erklärte, ich sei ein Narr, runzelte die Stirn und wiederholte seine Frage. Aber Tom kam mir zu Hilfe und versicherte, daß ich die Wahrheit gesagt.

      »Und sonst kann er nichts?« fragte Doctor Butler naserümpfend.

      Tom war ganz verblüfft; er glaubte, ich sei in meiner Ausbildung außerordentlich weit vorgeschritten, und hatte es immer für ganz überflüssig gehalten, mich in die lateinische Schule zu schicken, wo ich, wie er meinte, nichts mehr zu lernen hätte.

      »Entschuldigen Sie,« erwiederte ich, »ich spreche sehr gut französisch, kann ziemlich viel Geographie, etwas Mathematik und bin einigermaßen in der Geschichte bewandert.

      Ich vergaß das irische Kauderwelsch, welches ich wie ein wahrer Erinssohn sprach; ich hatte es von Mrs. Denison gelernt.

      »Das ist schon etwas,« sagte der Professor, erstaunt über den zwölfjährigen Knaben, der in den gewöhnlichen Schulkenntnissen hinter den Knaben seines Alters zurück zu sein schien und Vieles wußte, was man sonst erst weit später zu erlernen pflegt. Aber haben Sie denn die Anfangsgründe des Lateinischen und Griechischen nicht gelernt?« setzte er hinzu.

      Ich mußte gestehen, daß ich von diesen Sprachen nichts wisse. Der Professor nahm nun ein großes Register und schrieb in dasselbe:

      »John Davys, angekommen im College zu Harrow-on-the-Hill den 7. October 1806, in die letzte Classe gesetzt.«

      Da er Wort für Wort las, was er niederschrieb, so verstand ich die letzten demüthigenden Worte sehr gut. Das Blut stieg mir ins Gesicht, und ich wollte mich eben entfernen, als die Thür aufging und ein Zögling erschien. Es war ein Jüngling von sechzehn bis siebzehn Jahren, blaß von Gesichtsfarbe, mit feinen Zügen und stolzem, hochfahrendem Wesen. Sein schwarzes lockiges Haar war sorgfältiger geordnet, als sonst bei jungen Leuten der Fall zu sein pflegt. Ueberdies hatte er – ebenfalls eine Seltenheit bei Schülern – feine zarte Hände wie ein Mädchen. An einem Finger trug er einen kostbaren Ring.

      »Sie haben mich rufen lassen, Master Butler?« sagte er schon an der Thür mit hochfahrendem Tone.

      »Ja, Mylord, antwortete der Professor.

      »Darf ich wissen was mir diese Ehre verschafft?« fragte der aristokratische Zögling mit einem sarkastischen Lächeln, das von Keinem unbemerkt blieb.

      »Ich wünsche zu wissen, Mylord, warum Sie gestern auf meine Einladung nicht mit den übrigen Zöglingen an meinem Tische erschienen sind.«

      »Erlassen Sie mir die Antwort, Sir.«

      »Leider kann ich das nicht, Mylord. Das gemeinsame Mahl am Schlusse eines Halbjahres ist ein alter Brauch, dem Sie zuwider gehandelt haben, und ich wünsche die Ursache zu wissen – wenn Sie nemlich eine Ursache angeben können.«

      »Ja, ich habe eine Ursache.«

      »So lassen Sie hören.«

      »Ich will sie Ihnen sagen, Master Butler,« sagte der junge Lord mit der größten Ruhe, »ich würde Sie auch nicht zu Tisch laden, wenn Sie während der Ferien in mein Schloß Newstead kämen, und ich kann doch von Ihnen eine Einladung nicht annehmen, die ich zu erwiedern durchaus nicht geneigt bin.«

      »Ich muß Ihnen erklären, Mylord,» erwiederte der Professor, dem die Zornglut ins Gesicht stieg, »daß Sie nicht hier bleiben können, wenn Sie Ihr Benehmen nicht ändern.«

      »Und ich, Sir, erkläre Ihnen, daß ich morgen abreise, um in das Trinity-College zu Cambridge zu treten. Hier ist ein Brief meiner Mutter, der Sie von diesem Beschlusse in Kenntniß setzt.«

      Bei diesen Worten reichte er den Brief hin, aber ohne näher zu treten.

      »Mein Gott, so kommen Sie doch näher, Mylord,« sagte der Professor; »man weiß ja, daß Sie hinken.«

      Der junge Lord war tief verletzt; aber statt zu erröthen, wie der Professor, ward er schrecklich blaß.

      »Ich bin lahm, Sir,« antwortete der junge Peer, den Brief in seiner Hand zerdrückend; »aber es fragt sich, ob Sir mir folgen werden auf der Bahn, die ich zu wandeln gedenke. – James,« sagte er zu einem hinter ihm stehenden Diener in eleganter Livrée, »laß meine Pferde satteln, wir reiten fort.«

      Und er verließ das Zimmer, ohne von dem Professor Abschied zu nehmen.

      »Gehen Sie in Ihre Classe, Master Davys,« sagte Doktor Butler nach einer kurzen Pause zu mir, »und nehmen Sie sich das unziemliche Betragen dieses Jünglings zum abschreckenden Beispiel.«

      Als wir über den Hof gingen, sahen wir den Zögling, dessen Beispiel mir zur Nichtbefolgung empfohlen worden war, mitten unter seinen Cameraden, die von ihm Abschied nahmen. Ein Diener, der schon zu Pferde saß, hielt ein anderes Pferd am Zügel. Der junge Lord schwang sich behende in den Sattel, winkte noch einmal mit der Hand und ritt im Galopp davon.

      »Der scheint mir ein kecker Patron zu sein,« sagte Tom, ihm nachschauend.

      »Frage doch, wie er heißt,» sagte ich zu ihm, denn der scheidende Zögling hatte meine Neugierde im höchsten Grade erregt.

      Tom redete einen Schüler an, sprach einige Worte mit ihm und kam wieder zu mir.

      »Er heißt George Gordon Byron,« sagte er.

      Ich bezog also das College zu Harrow-on-the-Hill an dem Tage, wo Lord Byron austrat.

      VII

      Den folgenden Tag reiste Tom nach Williamhouse zurück, nachdem er die Haupttheile meiner Ausbildung, nemlich Turnen, Fechten und Boten, dem Director dringend ans Herz gelegt hatte. Ich befand mich zum ersten Male in meinem Leben allein unter wildfremden Menschen, wie in einem Walde mit unbekannten Blumen und Früchten, die ich nicht zu kosten wagte, weil ich fürchtete, sie könnten bitter schmecken. Die Folge davon war, daß ich in den Lehrstunden nicht von meinem Papier aufschaute und mich in den ersten zwei bis drei Tagen in einem Winkel auf der Treppe versteckte, statt mit den Anderen im Hofe zu spielen.

      In diesen Stunden unfreiwilligen Nachdenkens trat das freundlich ruhige Leben in Williamhouse, wo ich immer bei meinen guten Eltern und bei meinem lieben Tom gewesen war, vor meine Seele ; ich dachte mit Sehnsucht an den See, an die Brigg, an das Scheibenschießen, an die Reisebeschreibungen, an die Spazierfahrten mit meiner Mutter zu den Kranken und Nothleidenden der Nachbarschaft, es war mir sehr traurig zu Muthe. – Am dritten Tage fing ich an zu weinen.

      Während ich in meinem Winkel saß und mein in Thränen gebadetes Gesicht mit beiden Händen verhüllte, fühlte ich einen leisen Schlag aus meiner Schulter. Ich machte, ohne mich aufzurichten, eine ungeduldige Bewegung; aber der Camerad, der mich ausgesucht hatte, ließ nicht nach und sagte ernst, aber theilnehmend:

      »Wie kommt es, John, daß der Sohn eines so braven Seemannes wie Sir Edward Davys wie ein Kind weint?«

      Ich war ganz beschämt, ich sah ein, daß das Weinen eine Schwäche sei.

      »Ich weine nicht mehr,« sagte ich, mich ausrichtend.

      Der theilnehmende Camerad war etwa fünfzehn Jahre alt; er gehörte noch nicht zu den »Seniors«, aber auch nicht mehr zu den »Fags«. Er sah ernster und gesetzter aus, als in seinem Alter zu ersparten war, und ich brauchte ihn nur anzusehen, um sogleich Vertrauen zu ihm zu bekommen.

      »Gut,« sagte er; »Du mußt nicht kindisch sein. Wenn etwa Einer Streit mit Dir anfängt und Du meines Beistandes bedarfst, so komm nur zu mir. Ich heiße Robert Peel.«

      »Ich danke,« erwiederte ich.

      Robert Peel reichte mir die Hand und ging in sein Zimmer. Ich mochte ihm nicht folgen; aber da


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