John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.einen vierten Partner suchen und führte den Doctor unter einem sehr ungeschickten Vorwande in sein Zimmer. Er sprach von allen möglichen Dingen, nur nicht von der Angelegenheit, die er eigentlich auf’s Tapet bringen wollte, erkundigte sich nach dem Patienten im Dorfe und erbot sich ihn morgen dahin zu begleiten. Leider war der Kranke bereits genesen.
Sir Edward wurde nun grob gegen den Doctor, der alle Leute, außer ihm, curirte. Er erklärte, daß er verloren sei, wenn er noch drei so langweilige Tage wie der heutige verleben müsse. Der Doktor verordnete ihm Kräutersaft, Beefsteak und Zerstreuung. Der Capitän schickte den Doctor zu allen Teufeln und ging verdrießlich zu Bett, ohne den Namen Anna Mary ein einziges Mal genannt zu haben. – Der Doctor rieb sich schmunzelnd die Hände – der sonderbare Kauz!
Am folgenden Tage war’s noch schlimmer. Sir Edward war ganz unzugänglich. Er hatte nur einen Gedanken, nur einen Wunsch: Anna Mary zu sehen. Aber wie sollte er sie sehen? der Zufall hatte sie das erste Mal zusammengeführt; die Dankbarkeit hatte Miß Anna wieder zu ihm geführt; der Capitän hatte einen Höflichkeitsbesuch gemacht; Miß Anna hatte seinen Besuch erwiedert, und er hätte mehr Gewandtheit und Weltkenntniß haben müssen, um dieser Verlegenheit ein Ende zu machen. Sir Edward setzte seine Hoffnung nur noch auf Witwen und Waisen; aber es stirbt nicht alle Tage ein armer Teufel, und wenn sich auch ein solcher Fall ereignet hätte, so würde es Anna Mach vielleicht nicht gewagt haben, sich schon wieder als Bittende an ihn zu wenden. Es wäre nicht recht gewesen: Sir Edward war in der Stimmung, alle Witwen der Welt zu versorgen und alle Waisen zu adoptiren.
Das Wetter war unfreundlich, ein Besuch der Miß Anna war also nicht zu erwarten; der Capitän beschloß daher selbst auszufahren und ließ anspannen.
Tom fragte, ob er ihn begleiten solle, aber Sir Edward lehnte es mit harten Worten ab; und als der Kutscher fragte, welchen Weg er fahren sollte, antwortete der Capitän:
»Wohin Du willst.«
Es war ihm jeder Weg gleichgültig; den Weg, welchen er gern gewählt hätte, mochte er nicht nennen.
Der Kutscher besann sich einen Augenblick; dann stieg er auf den Bock und fuhr im scharfen Trabe davon. Es regnete stark, es war dem Kutscher offenbar darum zu thun, bald irgendwo anzuhalten.
Nach einer Viertelstunde hielt er wirklich an. Der Capitän, der bis dahin in Gedanken vertieft gewesen war, steckte den Kopf zum Schlage hinaus. Der Wagen hielt vor der Thür des vormaligen Patienten, den der Doctor besucht hatte, und folglich dem Hause der Miß Mary gegenüber. Der Kutscher erinnerte sieh, daß sein Herr hier unlängst einen zweistündigen Besuch gemacht hatte, und er hoffte, daß der Capitän seinen Besuch wiederholen und besseres Wetter für die Rückfahrt abwarten werde. Sir Edward zog die Schnur; der Kutscher stieg vom Bock und öffnete die Wagenthür.
»Was machst Du denn?« fragte der Capitän.
»Ich halte an, Ew. Gnaden.«
»Warum hältst Du denn hier an?«
»Wollten Ew. Gnaden nicht hierher fahren?«
Der Mann hatte, ohne es zu ahnen, die geheimsten Gedanken seines Herrn errathen. Sir Edward wußte nichts zu erwiedern; er würde den Kutscher ausgezankt haben, wenn er ihn anderswo hingefahren hätte.
»Du hast Recht,« sagte er; »hilf mir aussteigen.
Sir Edward stieg aus und klopfte an die Thür des vormaligen Patienten, dessen Namen er nicht einmal wußte. Der Genesende erschien selbst. Der Capitän sprach von dem Antheil, den er an seiner Krankheit genommen, als er vor vier Tagen mit dem Doktor da gewesen sei, er wünsche sich jetzt persönlich nach seinem Befinden zu erkundigen. Der vormalige Patient, ein dicker Bierbrauer, der sich ans der Hochzeit seiner Tochter den Magen verdorben und deshalb ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hatte, fühlte sich sehr geschmeichelt durch den Besuch des Gutsherrn, führte ihn in sein schönstes Zimmer und setzte ihm alle seine Biersorten vor.
Der Capitän stellte seinen Stuhl so, daß er auf die Straße sehen konnte, und schenkte sich ein Glas Porter ein, um wenigstens so lange bis das Glas geleert sein würde, bleiben zu können.
Der Brauer machte dem theilnehmenden Gutsherrn eine sehr genaue Beschreibung der Verdauungsbeschwerden, an denen er gelitten, die aber, wie er versicherte, keineswegs die Folge von Unmäßigkeit, sondern durch zwei Gläschen Wein, die er auf der Hochzeit getrunken, entstanden waren. Er benutzte diese Gelegenheit, die Schädlichkeit des Weines zu beweisen und sich dem Capitän als Bierlieferant zu empfehlen.
Sir Edward bestellte zwei Fässer Bier, und da der Abschluß dieses Geschäfts eine gewisse vertrauliche Annäherung zur Folge hatte, fragte der Brauer, warum Seine Herrlichkeit so aufmerksam auf die Straße schaue.
»Ich sehe die gegenüber stehende Cottage mit den grünen Fensterläden an,« antwortete Sir Edward.
»Aha! Dort wohnt die Heilige,« sagte der Brauer.
Wir wissen bereits, daß Miß Mary allgemein so genannt wurde.
»Recht hübsch,« sagte der Capitän.
»Ja wohl, eine schöne junge Dame,« erwiederte der Brauer, welcher glaubte, der Capitän meine seine Nachbarin, »und sehr gut ist sie. Denken Sie sich, heute hat sie trotz dem Regenwetter einen Weg von fünf Miles gemacht, um eine arme Mutter zu pflegen, die schon sechs Kinder hatte und noch Zwillinge dazu bekommen hat. Sie wollte zu Fuß fort, denn sie läßt sich durch nichts abhalten, wenn ein gutes Werk zu thun ist; aber ich sagte zu ihr: Nehmen Sie meine Carriole, Miß Anna. Sie wollte nicht, aber ich ließ nicht nach, und sie nahm meine Carriole.«
»Hören Sie, lieber Freund,« sagte Sir Edward, »schicken Sie mir vier Fässer Bier.«
»Ueberlegen Sie sich’s recht,« erwiederte der Brauer; »Ew. Herrlichkeit sind einmal hier, vielleicht brauchen Sie mehr.«
»Nein, nein,« sagte der Capitän lächelnd. »Aber ich sprach nicht von Miß Anna: ich meinte die Cottage sei recht hübsch.
»O ja, nicht übel. Aber es ist Alles, was sie besitzt, nebst einer kleinen Rente, von der ihr die Bettler noch die Hälfte wegnehmen. Die arme Miß kann daher nicht einmal ein Glas Bier trinken – sie trinkt nur Wasser.«
»Sie wissen, daß es bei den Französinnen so Sitte ist,« erwiederte der Capitän, »und Miß Anna ist von Mademoiselle de Villevieille, einer Französin, erzogen worden.«
Der Brauer schüttelte den Kopf.
»Nein, Ew. Herrlichkeit,« sagte er, »es ist nicht natürlich Wasser zu trinken, wenn man Bier trinken kann. Ich weiß wohl, daß die Französinnen Wasser trinken und Heuschrecken essen; aber Miß Anna ist eine Engländerin, die Tochter des Baron Lampton, eines braven Herrn, den mein Vater zur Zeit des Prätendenten gekannt hat. Der Baron hat bei Preston-Ponns wie ein Teufel gekämpft, und die Folge davon war, daß er sein ganzes Vermögen verlor und lange nach Frankreich verbannt wurde. – Nein, Ew. Herrlichkeit, sie trinkt aus Noth und nicht ans freien Stücken Wasser – und doch hatte sie ihr Leben lang das beste Bier trinken können.«
»Wie so?«
»Weil mein ältester Sohn so närrisch war sich in sie zu verlieben und sie durchaus heiraten wollte.«
»Und Sie haben Ihre Einwilligung verweigert?«
»Mein Gott! ja , so lange als ich konnte. Ein Bursch, 40 der seine zehntausende Pfund Sterling hat, das Doppelte, Dreifache hätte finden können, sollte ein Mädchen heiraten, das nichts besitzt! Aber er wollte keine Vernunft annehmen, und endlich mußte ich meine Einwilligung geben.«
»Und dann?« sagte der Capitän mit bebender Stimme.
»Dann wollte sie nicht.« – Der Capitän athmete tief auf. – »Natürlich ans Stolz und weil sie von Adel ist. O, ich wollte, daß der Teufel alle Adeligen —«
»Halt,« sagte Sir Edward aufstehend; »ich gehöre auch dazu.«
»O, mit Ew. Herrlichkeit ist es etwas Anderes, erwiederte der Brauer, »ich meine nur die, welche Wasser oder Wein trinken – Sie haben ja vier Fässer Bier bestellt.«
»Sechs!« setzte der Capitän hinzu.
»Ja richtig, sechs!« sagte der Brauer,