La San Felice Band 1. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.der Sonne zu schützen. Diese Passagiere bildeten drei Gruppen von verschiedener Haltung und verschiedenem Ansehen.
Die erste dieser Gruppen, die zahlreichste von allen, bestand aus fünf Männern, welche den Mittelpunkt des Schiffes einnahmen und von welchen drei außerhalb des Zeltdaches standen.
Bänder von allen Farben trugen an ihrem Halse Ordenskreuze aller Länder und ihre Brust war mit Sternen und Schnüren bedeckt. Zwei davon trugen als unterscheidende Kennzeichen ihres Ranges an den Tailleknöpfen ihres Rockes goldene Schlüssel und hatten sonach die Ehre, Kammerherren zu sein.
Die Hauptperson dieser Gruppe war ein Mann von siebenundvierzig Jahren, groß und hager, obschon kräftig gebaut. Die Gewohnheit, sich vorwärts zu neigen, um Die, welche mit ihm sprachen, besser zu hören, hatte ihm den Rücken leicht nach vorn gekrümmt.
Trotz eines mit Goldstickereien bedeckten Costüms, trotz der mit Diamanten besetzten Orden, welche auf seiner Brust funkelten, trotz des Titels Majestät, welchen man jeden Augenblick aus dem Munde Derer vernahm, welche mit ihm sprachen, war seine äußere Erscheinung doch gemein und keiner seiner Züge hatte, wenn man sie einzeln ins Auge faßte, eine Spur von königlicher Würde.
Er hatte große Füße, breite Hände und plumpe Knöchel und Handgelenke. Die niedrige Stirn verrieth Mangel an erhabeneren Gefühlen. Das zurücktretende Kinn, welches auf einen schwachen, unentschlossenen Charakter schließen ließ, hob die übermäßig lange Nase, das Kennzeichen niedriger Triebe, noch mehr hervor. Nur das Auge blickte lebhaft und schelmisch, dabei aber fast immer falsch, zuweilen sogar grausam.
Dieser Mann war Ferdinand der Vierte, Sohn Carls des Dritten, von Gottes Gnaden König beider Sicilien und von Jerusalem, Infant von Spanien, Herzog von Parma, Piacenza und Castro und Erbprinz von Toscana, den die Lazzaroni von Neapel einfacher und ohne so viel Titel und Umschweife den König Nasone nannten.
Der Mann, mit welchem er sich am speciellsten unterhielt und welcher von allen am einfachsten gekleidet war, obschon er den gestickten Leibrock der Diplomaten trug, war ein Greis von neunundsechzig Jahren, klein von Wuchs, mit dünnem, weißem, zurückgestrichenem Haar.
Er hatte jene schmale Gesichtsform, welche der gemeine Mann charakteristisch ein Messerklingengesicht nennt, eine spitzige Nase, ein eben solches Kinn, einen eingekniffenen Mund und ein helles, intelligentes, forschendes Auge.
Seine Hände, auf die er besondere Sorgfalt zu verwenden schien und über welche Manchetten von prächtigen englischen Spitzen herabfielen, waren mit Ringen beladen, deren Gold antiken kostbaren Cameen zur Einfassung diente.
Er trug nur zwei Orden, den des heiligen Januarius und das rothe Band des Bathordens mit dem goldenen Stern, auf welchem man in der Mitte von drei Königskronen ein Scepter zwischen einer Rose und einer Distel sieht.
Dieser Mann war Sir William Hamilton, Milchbruder des Königs Georg des Dritten und seit fünfunddreißig Jahren großbritannischer Gesandter am Hofe des Königreichs bei der Sicilien.
Die drei anderen waren der Marquis Malaspina, Adjutant des Königs, der Irländer John Acton, sein erster Minister, und der Herzog von Ascoli, sein Kammerherr und sein Freund.
Die zweite Gruppe, welche einem Gemälde von Angelica Kaufmann glich, bestand aus zwei Damen, welchen, auch wenn man ihren Rang und ihre Berühmtheit nicht kannte, selbst von dem gleichgültigsten Beobachter nothwendig besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden mußte.
Die ältere der beiden Damen hatte, obschon sie über die glänzende, jugendliche Periode ihres Lebens hinaus war, noch bemerkenswerthe Reste von Schönheit bewahrt.
Ihre mehr große als kleine Gestalt begann eine Corpulenz zu gewinnen, welche die Frische des Teints als vorzeitig hätte erscheinen lassen können, wenn nicht einige tiefe Furchen in dem Elfenbein der breiten gebieterischen Stirn, welche ihren Grund mehr in den Sorgen der Politik und der Last der Krone als in dem Alter selbst hatten, die fünfundvierzig Jahre verrathen hätten, die sie im Begriff stand zu vollenden.
Ihr blondes Haar, von seltener Feinheit und reizender Farbenschattierung, umrahmte in bewunderungswürdiger Weise ein Gesicht, dessen ursprüngliches Oval durch die Einwirkung der Ungeduld und des Schmerzes ein wenig entstellt worden.
Ihre blauen, matten, zerstreuten Augen sprühten, wenn plötzlich der Gedanke sie beseelte, ein düsteres und gewissermaßen elektrisches Feuer, welches, nachdem es der Wiederschein der Liebe und dann die Flamme des Ehrgeizes gewesen, der Blitz des Hasses geworden war.
Ihre früher feuchten und purpurrothen, Lippen, deren untere gegen die obere etwas hervorragende ihrem Gesichte in gewissen Augenblicken einen unaussprechlichen Ausdruck von Verächtlichkeit gab, waren unter den unaufhörlichen Bissen der immer noch schönen und wie Perlen glänzenden Zähne trocken und bleich geworden.
Nase und Kinn hatten ihre griechische Reinheit bewahrt und Hals, Schultern und Arme waren untadelhaft.
Diese Frau war die Tochter der Kaiserin Maria Theresia, die Schwester Marien Antoinettens, es war Marie Caroline, die Königin beider Sicilien, die Gattin Ferdinands des Vierten, den sie aus Gründen, welche wir später sich entwickeln sehen werden, anfangs mit Gleichgültigkeit, dann mit Widerwillen und dann mit Verachtung betrachtete.
Sie stand jetzt in ihrer dritten Phase, welche nicht die letzte sein sollte, und nur die politischen Nothwendigkeiten näherten die hochgestellten Ehegatten einander, welche, abgesehen hiervon, vollständig getrennt lebten.
Der König jagte in seinen Wäldern von Lincola, Persano und Astroni und ruhte in seinem Harem von San Leucio aus, während die Königin in Neapel, in Caferta oder in Portici mit einem Minister Acton Politik trieb oder mit ihrer Favoritin Emma Lyonna, die in diesem Augenblicke wie eine Sclavin zu ihren Füßen lag unter den Orangenlauben ausruhte.
Uebrigens brauchte man auf die letztgenannte Dame nur einen Blick zu werfen, um nicht blos die ein wenig scandalöse Gunst, in der sie bei der Königin stand, sondern auch den wahnsinnigen Enthusiasmus zu begreifen, welche diese Zauberin bei den englischen Malern, welche sie in allen Formen reproducirten und bei den neapolitanischen Dichtern erweckte, welche sie mit der überschwenglichsten Weise besangen.
In der That, wenn die menschliche Natur die Schönheit in ihrer höchsten Vollkommenheit erreichen kann, so hatte Emma Lyonna diese Vollkommenheit erreicht.
Durch vertrauten Umgang mit irgend einer modernen Sappho hatte sie ohne Zweifel jene kostbare Essenz erlangt, welche Phaon von der Venus zum Geschenk erhielt, um sich unwiderstehlich liebenswürdig zu machen.
Das erstaunte Auge schien, indem es sich auf die heftete, anfangs die Umrisse jenes wunderbaren Körpers nur durch den ihr entströmenden Wollustdunst zu erkennen; dann erst durchdrang der Blick allmälig das Gewölk und die Göttin schimmerte hindurch.
Versuchen wir dieses Weib zu malen, welches in die tiefsten Abgründe des Elends hinabstieg und die glänzendsten Gipfel des Glückes erklomm und die zu der Zeit, wo sie vor uns auftritt, an Geist, Anmuth und Schönheit mit der Griechin Aspasia, der Egyptierin Kleopatra und der Römerin Olympia zu rivalisieren im Stande gewesen wäre.
Sie hatte jetzt jenes Alter erreicht, oder schien jenes Alter erreicht zu haben, welches die physischen Vorzüge des Weibes in ihrer Vollendung erscheinen läßt.
Ihre Person bot, wenn der Blick sie zu detaillieren versuchte, gleichsam eine ganze Reihe von blendenden Erscheinungen dar.
Ihr kastanienbraunes Haar umrahmte ein Gesicht, welches so rund war wie das des jungen Mädchens, welches kaum erst zur Mannbarkeit gereift ist.
Ihre irisierenden Augen, deren Farbe unmöglich zu bestimmen gewesen wäre, funkelten unter zwei Brauen, die von Raphaels Pinsel geschaffen zu sein schienen.
Ihr biegsamer weißer Schwanenhals, ihre Schultern und Arme, deren Geschmeidigkeit und anmuthige Rundung nicht an die kalten Schöpfungen des antiken Meißels, sondern an die lebensvollen, gleichsam zuckenden Marmorgebilde Germain Pilous erinnerten, machten selbst diesen in Bezug auf Festigkeit und Azurgeäder den Rang streitig.
Der Mund schien, gleich dem jener Prinzessin, welche eine Fee zur Pathe hatte und bei jedem Worte eine Perle und bei jedem Lächeln einen Diamant fallen ließ, ein unerschöpflicher Schrein von Liebesküssen