Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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fühlte sie sich gleich wohler. Sie bestellte einen gemischten Salat und eine Käseplatte. Es wurde ihr dazu auch eine Schale Obst und ein Teller leckeres Gebäck serviert. Es gefiel ihr, allein zu sein, es sich gemütlich zu machen und das zu tun, wonach ihr der Sinn stand, und sie hatte Appetit.

      Das Telefon läutete nicht, und sie war darüber doch enttäuscht, aber sie wußte, daß solche Konferenzen manchmal bis in die Nacht gingen.

      Sie schaltete den Fernseher ein, als sie es sich auf der Couch bequem gemacht hatte, aber es sagte ihr nicht zu und sie wollte von Politik und Wirtschaft nichts hören, außer klassische Musik, und die bekam sie aus dem Radio. Dabei wurde sie schnell müde und ging zu Bett.

      Am Morgen wurde sie vom Läuten des Telefons geweckt. Es war Simon.

      »Endlich!« rief sie aus. »Bist du schon wieder zu Hause?«

      »So schnell geht es diesmal nicht. Wir fliegen heute noch nach Indien, ein erfolgversprechendes Gespräch hat sich ergeben, aber ich denke, daß wir in zwei Tagen zurückfliegen. Wann kommst du, mein Liebes? Ich habe schreckliche Sehnsucht nach dir.«

      »Es wird schon noch eine Woche dauern, Darling. Du ahnst nicht, was ich für Akten wälzen muß, aber eigentlich könnten wir dann einen sehr langen Urlaub machen ohne alle Sorgen, wie die Geschäftslage ist.«

      »Du kennst meine Einstellung, und ich glaube auch nicht, daß du dich nach einem Luxusleben sehnst.«

      »Das nicht, aber es ist schon ein ganz angenehmes Gefühl, sich gewisse Annehmlichkeiten verschaffen zu können. Das hat mein Vater leider gar nicht verstanden, aber jetzt denke ich an die armen Menschen und vor allem die hungernden Kinder in aller Welt und will ein paar Stiftungen ins Leben rufen. Du könntest die Erfindungen deines Schwiegervaters verwerten. Man muß es ihm lassen, er war ein Genie.«

      »Für mich gibt es nichts Wichtigeres als dich. Ich muß jetzt Schluß machen, wir müssen zum Airport. Paß auf dich auf, Mary Ann.«

      »Du auch auf dich, Simon, und melde dich gleich, ich mache mir sonst wirklich Sorgen.«

      Und sie hatte ein ganz eigenartiges Gefühl, als sie den Hörer auflegte.

      So ganz wohl fühlte sie sich auch nicht. Anscheinend mußte sie sich doch noch ein bißchen schonen, und sie hatte jetzt auch die Absicht, sich Zeit zu lassen und sich nicht zu sehr zu strapazieren. Wenn es eine problematische Schwangerschaft werden sollte, mußte dem Kind wenigstens eine Chance gegeben werden. Sie wußte, daß die ersten vier Monate entscheidend waren und wußte jetzt auch, daß sie das Kind haben wollte. Sie war überzeugt, daß Simon zu überzeugen sein würde.

      Sie ließ sich Zeit mit der Morgentoilette, dann bestellte sie das Frühstück und stellte das Radio an. Zuerst hörte sie nicht genau hin, sondern frisierte sich, aber dann horchte sie plötzlich auf. ›Die Firmenmaschine mit achtzehn Passagieren mußte in Sibirien notlanden und sofort wurden Rettungsmaßnahmen eingeleitet, aber bisher konnte die genaue Position noch nicht geordert werden‹, hörte sie die Ansage.

      Sie begann zu zittern.

      Sie mahnte sich zur Ruhe. In Rußland flogen viele Flugzeuge und bestimmt gab es auch mehr Firmenflugzeuge, die zu dieser Zeit unterwegs waren. Sie wollte sich erst einmal genau erkundigen, wann und wo dieser Zwischenfall sich ereignet hatte und um welche Firma es sich handelte. Sie gehörte doch nicht zu den Schwarzsehern, die gleich immer das Schlimmste vermuteten.

      Dennoch war ihr der Appetit vergangen, und sie konnte an nichts anderes denken. Aber an wen konnte sie sich wenden, um Näheres zu erfahren? Ob ihre Firma ihr da Auskunft geben konnte?

      Die Direktion würde telefonisch keine Auskunft geben. Sie kannte die Gepflogenheiten. Sie konnte in München anrufen, aber war das nicht ein wenig übereilt? Sie wartete auf die nächste Radiomeldung und schaltete auch den Fernsehapparat ein. Geduld mußte sie haben, aber endlich kam eine neue Meldung zu dem Flugzeugunglück.

      Rettungsmannschaften wären auf dem Wege zu der Unglücksstelle, die sich aber in einem sehr unwegsamen Gebiet befände. Unter den Passagieren befinden sich auch fünf europäische Topmanager, zwei Deutsche, zwei Engländer und ein Franzose, dessen Ehefrau und zwei Kinder, mehrere Techniker, zwei Piloten und zwei Stewardessen. Es wurden auch mehrere Notsignale aufgefangen.

      Mehr konnte man vorerst nicht sagen.

      Es ist Simons Maschine, dessen war sich Mary Ann jetzt sicher. Sie war wie betäubt und erst wieder gegenwärtig, als Stanley Bratt anrief und fragte, ob sie wieder wohlauf sei.

      »Nicht so ganz«, redete sie sich heraus. »Ich bleibe im Hotel und ruhe mich aus.«

      Er wünschte ihr gute Besserung und meinte, daß sie sich schonen solle, denn eigentlich würde alles auch so geregelt.

      Es war ihr jetzt auch völlig gleichgültig, wie die Abwicklung weiter vor sich ging. Sie wollte wissen, wo Simon war und wie es ihm ging. Auf keinen Fall wollte sie an Schlimmes denken. Und doch wurde die Angst immer größer.

      Sie rechnete aus, daß es in München jetzt früher Nachmittag sein müßte und entschloß sich, im Büro anzurufen.

      Dr. Mattes meldete sich, was sie schon sehr verwunderte, denn sonst war immer seine Sekretärin am Telefon. Er schien erschrocken zu sein, als sie ihren Namen nannte.

      »Wo sind Sie jetzt, Frau Wilkens?« fragte er überstürzt. Sie hatte sich schwer daran gewöhnt, ›Frau‹ genannt zu werden, und auch jetzt gefiel es ihr nicht.

      »Immer noch in Atlanta. Können Sie mir sagen, wo Dr. Karsten zu erreichen ist?«

      »Das kann ich leider nicht, wir sind zur Zeit sehr beunruhigt. Er sollte auf dem Weg nach Moskau sein, und wir haben erfahren, daß eine Maschine notlanden mußte, wissen allerdings nicht, ob er mit dieser geflogen ist.«

      »Ich habe es im Radio gehört und mache mir Sorgen. Ich kann von hier aus momentan leider auch nichts erfahren und würde Sie bitten, mich zu benachrichtigen, wenn Sie mehr wissen. Natürlich wäre ich erleichtert, wenn er in Sicherheit wäre.«

      »Wir auch. Geben Sie mir bitte Ihre Telefonnummer.«

      Das tat Mary Ann. Ihre Stimme zitterte dabei, und ihr kamen jetzt tatsächlich die Tränen. Ihre Nerven waren bis aufs äußerste gespannt. Sie saß zusammengesunken in einem Sessel. Das Frühstück war unberührt. Blicklos starrrte sie vor sich hin.

      »Es darf dir nichts passiert sein, Simon«, murmelte sie. »Du mußt leben, ich werde dich suchen, wenn sie dich nicht finden. Ich brauche dich, ich kann ohne dich nicht leben.«

      Sie brauchte einen klaren Verstand, das wurde ihr jetzt bewußt. Sie war die Tochter von Joshua Wilkens und mußte Verbindung zu einflußreichen Leuten aufnehmen. Stanley Bratt konnte ihr dazu vielleicht verhelfen.

      Sie trank ein Glas Wasser und rief ihn dann an. Sie überlegte kurz, dann bat sie ihn, zu ihr ins Hotel zu kommen, sie hätte etwas sehr Dringendes mit ihm zu besprechen. Selbstverständlich war er sofort dazu bereit.

      Gedankenlos aß sie ein paar Häppchen, während sie auf ihn wartete, da sie nun doch ein ganz flaues Gefühl im Magen gehabt hatte. Dann trank sie auch einen Schluck Tee, und weil der schmeckte, eine ganze Tasse davon.

      Wenig später kam Stanley Bratt. Er war erschrocken über ihre Blässe, und als sie dann stockend ihr Anliegen vorbrachte, war er auch erst einmal fassungslos.

      »Das ist wirklich ein Schock«, sagte er bedauernd. »Wie kann ich Ihnen helfen?«

      »Ich möchte genaue Informationen haben, und wenn es möglich ist eine private Suchaktion organisieren.«

      »Das wird in Rußland kaum möglich sein«, erklärte er heiser.

      »Aber ich könnte eine Suchaktion doch finanzieren. Ich möchte auch selbst hinfliegen. Bitte, beschaffen Sie mir Informationen, was möglich zu machen ist.«

      »Ich kann Sie verstehen, aber es wird sehr, sehr schwierig sein, privat etwas zu unternehmen. Wenn das Flugzeug und die Passagiere gefunden werden, wenn sie verletzt sind und in Krankenhäuser gebracht werden, wird


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