Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон


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der Nacht fielen drei Fuß Schnee, und als sie sich an dem finsteren Morgen herausgegraben hatten, versuchte der Indianer zu desertieren. Er hatte genug davon, mit einem Manne zu reisen, der seiner Ansicht nach verrückt sein mußte. Aber Daylight überredete ihn recht unsanft zum Bleiben, und sie fuhren weiter über den Deep und den Long Lake und erreichten schließlich die ebene Fläche des Linderman Lake.

      Es war dieselbe mörderische Fahrt wie auf der Herreise, und der Indianer hielt nicht so gut stand wie Kama. Aber auch er klagte weder, noch versuchte er ein zweites Mal davonzulaufen. Er tat sein Bestes und sagte nur beständig vor sich hin, daß er sich Daylight in Zukunft wohl vom Leibe halten wollte. Ein Tag nach dem anderen verging im Wechsel von Helligkeit, Dämmerung und Nacht, schneidender Kälte und Schneestürmen, aber in den langen Stunden wuchs die Zahl der zurückgelegten Meilen.

      Doch am Fifty Mile erlitten sie einen Unfall. Beim Überschreiten einer Eisbrücke brachen die Hunde ein und wurden unter dem Eis vom Strom fortgerissen. Die Stränge, die das übrige Gespann mit dem letzten Hunde verbanden, rissen, und sie sahen sie nicht wieder. Ihnen blieb nur ein einziger Hund, und Daylight mußte sich selbst und den Indianer vor den Schlitten spannen. Aber bei solcher Arbeit kann ein Mann nicht einen Hund ersetzen, und hier sollten zwei Männer die Arbeit von fünf Hunden leisten. Nach der ersten Stunde entlastete Daylight den Schlitten. Hundefutter, das Reservebeil und alles Überflüssige wurden fortgeworfen. Infolge der Überanstrengung zerriß sich der Hund am nächsten Tag eine Sehne und wurde völlig unbrauchbar. Daylight erschoß ihn und ließ den Schlitten zurück. Auf seinen Rücken lud er hundertsechzig Pfund Post und Proviant, und auf den des Indianers hundertfünfundzwanzig Pfund. Rücksichtslos wurde alles Überflüssige weggeworfen. Der Indianer war entsetzt, als er sah, wie Daylight jedes Pfund wertloser Postsachen sorgfältig aufbewahrte, während Bohnen, Tassen, Eimer, Teller und alle Reservekleidung über Bord gingen. Sie behielten nur einen Schlafsack für jeden, ein Beil, einen Blecheimer und eine ganz kleine Ration von Speck und Mehl. Den Speck konnten sie roh essen, und wenn das Mehl in heißem Wasser verrührt wurde, gab es immerhin eine kräftige Mahlzeit. Sogar die Flinte und der letzte Munitionsvorrat wurden zurückgelassen. Und so legten sie die zweihundert Meilen bis Selkirk zurück. Daylight wanderte früh und spät, und die Stunden, die früher zum Aufschlagen des Lagers und zur Fütterung der Hunde verwendet worden waren, wurden nun zum Marschieren gebraucht. Nachts krochen sie, in ihre Schlafsäcke gehüllt, an einem kleinen Lagerfeuer zusammen, tranken Mehlsuppe und spießten Speck auf kleine Holzstückchen und tauten ihn auf; und in der Finsternis des Morgens erhoben sie sich, luden wortlos ihre Lasten auf den Rücken, rückten die Riemen zurecht und zogen weiter. Die letzten Meilen vor Selkirk mußte Daylight den Indianer, ein hohlwangiges, hageres Gespenst, vor sich hertreiben; er wäre sonst am Wege liegengeblieben oder hätte seinen Teil der Post im Stich gelassen.

      In Selkirk wurde das alte Hundegespann, das jetzt frisch und in guter Verfassung war, vor einen anderen Schlitten gespannt, und noch derselbe Tag sah Daylight, als wäre es die natürlichste Sache von der Welt, abwechselnd mit dem Le-Barge-Indianer, der sich schon auf der Hinreise angeboten hatte, am Steuer. Daylight war jetzt zwei Tage hinter seiner Berechnung zurück, und Schneefälle und ungebahnte Wege hinderten ihn. die beiden Tage bis Forty Mile einzuholen. Aber hier kam ihm das Wetter zu Hilfe. Eine lang anhaltende starke Kälteperiode schien im Anmarsch zu sein. Er rechnete bestimmt mit ihr und verminderte den Proviant für Hunde und Menschen. Die Männer in Forty Mile schüttelten warnend die Köpfe und fragten, was er tun wollte, wenn das Schneegestöber anhielte.

      »Die Kälte kommt sicher«, lachte er und zog getrost weiter.

      Der Schlittenverkehr zwischen Forty Mile und Circle City war diesen Winter schon lebhaft gewesen und der Weg daher gut gebahnt. Und die Kälte kam und hielt an, und bis Circle City waren es nur zweihundert Meilen. Der Le-Barge-Indianer war ein junger Mann, voller Stolz und Zuversicht. Freudig hielt er mit Daylight Schritt und träumte sogar in der ersten Zeit davon, den Weißen auszustechen. Die ersten hundert Meilen wartete er darauf, Zeichen von Müdigkeit bei Daylight zu sehen, und wunderte sich, als sie ausblieben. Während der zweiten hundert Meilen wurde er selbst müde, aber er biß die Zähne zusammen und hielt aus. Und immer weiter ging es – bald war Daylight am Steuer, bald ruhte er sich auf dem dahinfliegenden Schlitten aus. Am letzten Tage, der klarer und kälter als je war, hatten sie glänzende Bahn und legten siebzig Meilen zurück. Es war zehn Uhr abends, als sie den Abhang hinauffuhren und durch die Hauptstraße von Circle City flogen, und der junge Indianer, obwohl er an der Reihe war, sich auszuruhen, sprang ab und lief hinter dem Schlitten her. Es war ehrliche Prahlerei, und verzweifelt gegen seine Schwäche ankämpfend, rannte er jetzt, was das Zeug hielt.

      Sechstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Eine große Gesellschaft füllte das Tivoli – die alte Gesellschaft, die Daylight vor zwei Monaten hatte abfahren sehen. Denn es war der Abend des sechzigsten Tages, und die Meinungen, ob Daylight sein Wort einlösen würde, waren geteilt wie je. Noch um zehn Uhr wurden Wetten eingegangen. Obwohl die Einsätze gegen ihn bei jeder Wette stiegen, und obwohl die Jungfrau im Innern überzeugt war, daß sein Unternehmen mißglückt sei, wettete sie doch zwanzig gegen vierzig Unzen mit Charley Bates, daß Daylight vor Mitternacht eintreffen würde.

      Sie war die erste, die das Bellen der Hunde hörte.

      »Das ist er!« rief sie. »Daylight.«

      Alles strömte an die Tür, als aber die Pforten weit aufgerissen wurden, zog sich die Menge schleunigst zurück. Frohes Hundegebell erscholl, das Klatschen einer Hetzpeitsche und Daylights Stimme, die die müden Tiere anfeuerte. Sie kamen hereingesaust, und mit ihnen die Kälte als sichtbarer weißer Dampf, über den Köpfe und Rücken emporragten, so daß es aussah, als schwämmen sie in einem Flusse. Hinter ihnen steuerte Daylight seinen Schlitten herein, bis an die Knie in dem wogenden Frost steckend, in dem er zu waten schien.

      Es war der alte Daylight, wenn auch mager und müde, und seine schwarzen Augen sprühten und funkelten heller als je. Seine Parka aus Baumwolldrell bedeckte ihn wie eine Mönchskutte und fiel in langen Falten bis auf die Knie herab. Schweißig und schmutzig vom Rauch der Lagerfeuer, erzählte seine Kleidung die Geschichte seiner Fahrt. Ein zwei Monate alter Bart bedeckte sein Gesicht, und dieser Bart war verfilzt und von seinem Atem gefroren.

      Sein Eintritt war wirkungsvoll wie ein Melodrama, und er wußte es. Das war sein Leben, und er genoß es in vollen Zügen. Unter seinen Genossen war er ein großer Mann, ein arktischer Held. Er war stolz darauf, und es war ein großer Augenblick für ihn, wie er jetzt von einer Schlittenpartie von zweitausend Meilen mit Hunden, Schlitten, Post, Indianer und allem, was sonst dazu gehörte, zurückkehrte. Er hatte wieder eine Leistung vollbracht, die den ganzen Yukon von ihm reden lassen würde – er, Burning Daylight, der König der Reisenden und Hundeführer.

      Ein Schauer der Überraschung überrieselte ihn, als die Willkommenrufe in seinen Ohren klangen und seine Blicke alle die bekannten Gegenstände trafen – den langen Schanktisch mit der Reihe von Flaschen, die Spieltische, den großen Ofen, den Wäger an der Goldwage, die Musikanten, die Jungfrau. Celia und Nelli, Dan MacDonald, Bettles, Billy Rawlins, Olaf Henderson, Doc Watson – sie alle. – Alles war, wie er es verlassen hatte, es hätte gut die Stunde seines Aufbruchs sein können. Die sechzig Tage Schlittenreise durch die weiße Wildnis schrumpften ein wie in einem Fernglase und hatten nicht eine Stunde gedauert. Sie waren ein Augenblick, ein Zufall. Durch die Mauer des Schweigens war er hinausgestürzt, und durch die Mauer des Schweigens war er scheinbar nur einen Augenblick später wieder zurückgekommen und stand nun mitten im Trubel vom Tivoli.

      Er mußte einen Blick auf den Schlitten mit den Postsäcken werfen, um sich zu vergewissern, daß diese zwei Monate und die zweitausend Meilen Wirklichkeit gewesen. Wie in einem Traum schüttelte er alle die Hände, die sich ihm entgegenstreckten. Ein unsägliches Entzücken erfüllte ihn. Das Leben war herrlich. Er liebte es. Ein Gefühl von Menschlichkeit und Kameradschaftlichkeit durchströmte ihn heiß. Sie alle gehörten zu ihm, waren von seiner Art. Es war überwältigend, riesenhaft. Er spürte seinen Herzschlag, und er hatte jedem einzelnen die Hand drücken, ihn an seine Brust ziehen können.


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