Friedrich Schiller: Literatur- und theatertheoretische Essays. Фридрих Шиллер

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Friedrich Schiller: Literatur- und theatertheoretische Essays - Фридрих Шиллер


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eignen Reichen, und das Gesez ist auch mein Unterthan, ich stürze diesen unbarmherz’gen Richter, und seze meine Kreaturen ein.

      Königin. (mit ruhiger Hoheit) Das können sie – der neuerwählte König kann mehr als das, kann die Verordnungen des Abgeschiednen durch das Feuer vertilgen, kann seine Bilder stürzen, seinen Namen durch ein Edikt bei Strang und Schwerd verbieten, aufbauen was der Sel’ge niederriß, und was baute schlaifen – kann sogar – wer hindert ihn? – die Mumie des Todten (Karlos geht in schrecklicher Beängstigung auf und nieder) aus ihrem Sarge zu Eskurial hervor an’s Licht der Sonne reißen, seinen entweihten Staub in die vier Winde streun und dann zulezt – um herrlich zu vollenden –

      Karlos. (ausser Fassung) Um Gotteswillen! reden sie nicht aus.

      Königin. Zulezt noch mit der Mutter sich vermählen.

      Karlos. (in der heftigsten Erschütterung) Verfluchter Sohn – – abscheulicher Entwurf – wie Gottes Fluch durchschauert er die Seele – Ja, es ist aus – jezt ist es aus – o Gott – jezt seh ich, seh ich klar und helle, was mir ewig ewig dunkel bleiben sollte. Sie sind für mich dahin – dahin – dahin – auf immerdar – – jezt ist der Wurf gefallen. Sie sind für mich verloren – O in diesem Gefühl liegt Hölle, Hölle liegt im andern, sie zu besizen – Gott! ich faß es nicht, und meine Nerven fangen an zu reißen.

      Königin. (mit Rührung und Güte) Beklagenswerther theurer Karl – ich fühle, ganz fühl ich sie, die namenlose Pein, die jezt in ihrem Busen tobt. Unendlich wie ihre Liebe, ist ihr Schmerz – unendlich, wie er, ist auch der Ruhm, ihn zu besiegen. Erringen sie ihn junger Held. Der Preiß ist dieses hohen starken Kämpfers werth, des Jünglings werth, durch dessen Herz die Tugend so vieler königlichen Ahnen rollt. Ermannen sie sich edler Prinz – Der Enkel des großen Karls fängt frisch zu ringen an, wenn andrer Menschen Kinder muthlos enden. Europa ruht auf weichem Frieden aus, Amerika trägt Ketten – für die Flagge der Spanier ist keine Welt mehr da, bezwingen sie den Wunsch – mich zu besizen.

      Karlos. Zu spät – o Gott, es ist zu spät.

      Königin. Ein Mann zu seyn? – O Karl, wie groß wird unsre Tugend, wenn unser Herz bei ihrer Uebung bricht. Hoch stellte sie die Vorsicht – höher, Prinz, als Millionen ihrer andern Brüder, partheilich gab sie ihrem Liebling, was sie andern nahm, und Millionen fragen: Verdiente der in Mutterleib wohl schon mehr als wir andern Sterblichen zu gelten? Auf, retten sie des Himmels Billigkeit, kann Karl von seines Schicksals Gnade leben? Verdienen sie der Welt voran zu gehn, erwerben sie, was sie geschenkt bekamen, und opfern sie, was keiner opferte.

      Karlos. Das kann ich auch. – O beste Königin – sie zu erkämpfen hab ich Löwenstärke, sie zu verlieren keine.

      Königin. Läugnen sie den schönsten Zug in Karlos Herzen nicht.

      Karlos. Warum mußt ich als König Philipps Sohn, und Blut vom Blute meines Nebenbuhlers, erzürnte Vorsehung, warum nicht lieber ein schlechtes Hirtenkind gebohren werden? Ich hätte sie, o Göttliche, gesehn, sie angebetet – Von der Bettlerhütte bis zu dem Tron ist für den Glücklichen, der sie gesehen hat, der Sprung nicht schwer. Mit Riesenmuth hätt’ ich den Sprung gewagt, mit Riesenkraft vollendet.

      Königin. Was den König vom Bettler trennt, ist Menschenfügung – was den Sohn von seines Vaters Ehbett scheidet, ist Gottes Fluch. Ohnmächtig schlägt der Mensch auf die geweihte Rüstung der Geseze, der Kampf mit Gott ist Gaukelspiel – und doch wagt Karlos diesen Kampf vielleicht, besiegt den Abscheu der Natur, Gewissen, Welt, der Kirche Zorn, und das Geschrei der Priester, Mich aber, mich besiegt er nicht. Mein Herz wird nie der Preis für ein Verbrechen seyn, der Weg zu mir führt nicht durch Blut und Schande. Gestehen sie sichs Karlos – Stolz ist es, und Eigensinn und Troz, was ihre Wünsche so wütend nach der Mutter zieht. Die Liebe, das Herz, das sie so schwelgerisch mir opfern, gehört den Welten an, die sie dereinst regieren werden – – Sehen sie, sie prassen von ihres Mündels anvertrautem Gut. Die Liebe ist ihr großes Amt. Bis jezt verirrte sie zur Mutter – bringen sie, o bringen sie sie ihren künft’gen Reichen, und fühlen sie, statt Donnern des Gewissens, die Wollust, Gott zu seyn. Elisabeth war ihre erste Liebe – ihre zwote sei Spanien! Wie gerne, guter Karl, will ich der besseren Geliebten weichen!

      Karlos. (wirft sich von Empfindungen überwältigt vor der Königin nieder, und drückt ihre Hand wider sein Gesicht) Wie groß sind sie, o Himmlische – Ja! Alles, was sie verlangen, will ich thun – auch sterben, und, wenn sie wollen, nimmer selig seyn. Verdammniß selbst und Bluturtheile lauten verführerisch in ihrem Mund. (er steht entschlossen auf) Hier steh ich in des Allmächt’gen Richterhand, und schwöre, und schwöre ihnen, schwöre ewiges – – O Himmel nein! nur ewiges Verstummen, doch ewiges Vergessen nicht.

      Königin. (sehr zärtlich, indem sie ihm die Hand reicht) Wie könnt’ ich von Karlos fodern, was ich selbst zu leisten nicht Willens bin? (Man hört in der Nähe Waldhörner blasen)

      Marquis. (kommt eilig und erschrocken aus dem Hintergrund der Eremitage.) Der König!

      Königin. Gott!

      Karlos. Bis hieher folgt uns der Fluch des Himmels nach?

      Marquis. (zieht ängstlich an Karlos) Hinweg, hinweg aus dieser Gegend, Prinz.

      Königin. Sein Argwohn ist fürchterlich, erblickt er sie, sind wir verloren –

      Marquis. Fliehen sie!

      Karlos. (zur Königin, schrecklich) vor ihrem Räuber?

      Königin und Marquis. Um Gotteswillen, fliehen sie!

      Karlos. Ich bleibe. Er oder Ich. Wer hat das Recht zu stehn? In dieser Laune will ich ihn drum fragen.

      Königin. Und wer wird dann das Opfer seyn?

      Karlos. (reißt den Marquis am Arm weg) Fort! Fort! komm Rodrigo! (indem er abgehen will, wendet er sich noch einmal zur Königin) Was darf ich mit mir nehmen?

      Königin. Die Freundschaft ihrer Mutter.

      Karlos. Wie? Nichts weiter?

      Königin. (mit sehr viel Bedeutung, indem sie ihm einige Briefe gibt) Und diese Tränen aus den Niederlanden!

      Karlos. (nimmt die Briefe – nach einer kleinen Pause, wie aus einem Traume erwacht) Ha! ich verstehe! (er geht schnell mit dem Marquis ab)

      Königin. (schaut sich unruhig nach ihren Damen um, welche sich nirgends erblicken lassen, und wie sie sich nach dem Hintergrund der Bühne zurückziehen will, tritt ihr der König entgegen.)

       Inhaltsverzeichnis

       König Philipp. Die Königin. Herzog von Alba. Graf von Lerma. Pater Domingo. Gefolge von Damen und andern Grandes. Bald darauf die Marquisin von Mondekar, welche von der andern Seite heraustritt, und sich verlegen unter die übrigen Damen mischt.)

      Philipp. (blickt mit Befremdung umher, und schweigt einen Augenblick) So allein Madame? und auch nicht eine Dame zur Begleitung? – Das wundert mich – Wo blieben ihre Frauen?

      Königin.


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