Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren
Читать онлайн книгу.war. »Ich bringe Sie jetzt in eines der Fremdenzimmer und gebe Ihnen eine Beruhigungstablette. Wenn Sie ausgeschlafen haben, sieht vielleicht alles viel einfacher aus.«
»Sie sind so gut zu mir, Frau von Schoenecker.« Um Ingrids Fassung war es nun endgültig geschehen. Wildes Schluchzen schüttelte ihren ganzen Körper.
Denise nahm die junge Frau fest in die Arme und sprach liebevoll auf sie ein. Als das heftige Weinen nachließ, führte sie die Besucherin wie eine Schwerkranke die Treppe hinauf und brachte sie ins Fremdenzimmer. Sie blieb noch so lange bei Ingrid, bis diese im Bett lag. Dann sorgte sie dafür, daß sie die beiden Tabletten einnahm, die sie ihr brachte.
Schon nach wenigen Minuten wurde die junge Frau sichtlich ruhiger. Nach einem letzten Blick auf sie verließ Denise leise das Zimmer.
Unten in der Wohnhalle wurde sie von ihren beiden Söhnen erwartet, die inzwischen aus der Schule gekommen waren. »Mutti, was war denn los?« fragte Nick aufgeregt. »Was fehlt Frau Laurens?«
»Mein Junge, das ist eine lange Geschichte. Ach, da kommt ja auch Vati. Henrik, bekomme ich denn gar keinen Begrüßungskuß?« fragte Denise ihren Jüngsten.
»Verzeih, Mutti«, murmelte der Kleine. »Aber Nick und ich haben das Weinen von Frau Laurens gehört und waren sehr aufgeregt.« Er gab seiner Mutter einen Kuß. Dann begrüßte er auch noch seinen Vater.
»So, Henrik, nun lauf’ nach oben und wasch’ dir erst einmal die Hände«, bat Denise und begrüßte dann erst ihren Mann.
Alexander bemerkte sofort, daß seine Frau irgend etwas auf dem Herzen hatte. Als er sie danach fragte, nickte sie und begann zu berichten. Daß Nick dabei anwesend war, störte sie nicht. Er war schon groß genug, um mit derartigen Dingen konfrontiert zu werden. Darin waren Denise und Alexander sich seit kurzem einig.
Denise erzählte also, weshalb Ingrid Laurens so verzweifelt war.
»Das ist eine Gemeinheit!« entfuhr es Nick. »Wie kann man sie deshalb fristlos entlassen? Man hat ja noch gar keine Beweise! Meiner Meinung nach hat weder sie noch ihr Mann das Gift genommen. Herr Laurens war doch schon bei uns. Ich fand ihn sehr nett. Ihr auch?« Fragend blickte der Junge zuerst seine Mutter und dann seinen Stiefvater an.
»Vorläufig enthalte ich mich jeglichen Kommentars«, erklärte Alexander und griff nach seiner Pfeife.
»Ich habe ein so komisches Gefühl«, meinte Denise.
»Was für ein Gefühl? Verdächtigst du etwas Frau Laurens?« fragte Nick entsetzt.
»Nein, Nick, sie hat das Morphium gewiß nicht genommen.«
»Dann…« Der Junge zögerte. Es kam selten vor, daß seine Mutti sich irrte. Dabei hatte er Herrn Laurens wirklich sehr gut leiden können, denn er war sehr lieb mit seinen Kindern umgegangen. Außerdem mußte man doch im Interesse von Kuni und Mathias wünschen, daß Herr Laurens nichts mit diesem Fall zu tun hatte.
»Nick, nicht wahr, du sprichst mit niemandem darüber?« fragte Denise und sah ihn bittend an.
»Mutti, was denkst du denn von mir!« Empört blitzte es in Nicks dunklen Augen auf. »Habe ich jemals eine Tratscherei angefangen?«
»Aber nein!« Denise lachte. »Sei nicht immer gleich beleidigt. Ich weiß ja, daß du verschwiegen sein kannst wie ein Grab.«
»Dann ist es ja gut«, brummte der Junge.
Später, als Denise und Alexander allein beim Mokka saßen, sprachen sie noch einmal über den Morphiumdiebstahl.
»Wie kommst du denn darauf, daß Herr Laurens der Täter sein könnte?« fragte Alexander.
»Ich weiß es nicht. Obwohl ich ihn nur als liebenswürdigen Mann kennengelernt habe, gefällt er mir nicht besonders. Du kennst mich doch, Alexander. Ich habe für manche Dinge ein genauso feines Gespür wie Nick. Mir ist das unruhige Flackern in seinen Augen aufgefallen. Er konnte mir nicht gerade in die Augen sehen. Allerdings habe ich deshalb nicht das Recht, ihm so etwas zuzutrauen.« Denise schenkte sich noch mal die Tasse voll und nahm zwei Stück Zucker. »Ich hoffe aber von ganzem Herzen, daß ich mich irre. Denn Frau Laurens liebt ihren Mann sehr. Das hört man aus jedem ihrer Worte heraus. Mir ist nur aufgefallen daß sie ihn unbewußt vor mir verteidigt hat. Obwohl sie behauptete, ihren Mann keine Minute allein gelassen zu haben, bin ich fast sicher, daß sie darin nicht ganz bei der Wahrheit geblieben ist. Doch möglicherweise sehe ich alles zu schwarz.
»Bestimmt tust du das, mein Liebes.« Alexander lächelte Denise zärtlich an.
»Ich hoffe es auch«, erwiderte sie nach einem tiefen Seufzer und wechselte das Thema.
*
Pia und Guido hatten keine Schwierigkeiten, das Morphium an den Mann zu bringen. Karl Kunze, den sie durch Alex Kröger kennengelernt hatten, war in den Kreisen, in denen Rauschgift gebraucht wurde, sehr bekannt. Man hatte ihm die ›Ware‹ nur so aus den Händen gerissen und jeden verlangten Preis dafür bezahlt.
Guido fand seinen Komplizen alles andere als sympathisch. Pia dagegen schien ganz hingerissen von ihm zu sein. Sie hatte es kaum erwarten können, diesen Abend mit ihm beisammen zu sein.
Guido beobachtete die beiden mit steigendem Mißtrauen und glühender Eifersucht. Dabei dachte er an das, was Pia ihm versprochen hatte.
Als er aus Maibach zu ihr zurückgekehrt war, hatte sie ihn voller Freude begrüßt. Staunend hatte sie das Morphium in Empfang genommen, mehrmals die Ampullen gezählt und begeistert erklärt: »Guido, Karl Kunze bekommt stets Höchstpreise! Wenn wir das hier verkauft haben, sind wir heraus aus dem Schneider!«
»Pia, wir sollten uns ein Sparkonto anlegen«, hatte er vorgeschlagen. »Für das tägliche Leben verdiene ich mit meiner Anwaltspraxis genügend. Bist du einverstanden? Weißt du, man soll das Schicksal nicht immer wieder herausfordern. Bisher haben wir Glück gehabt.«
»Das ist wahr. Also einverstanden, Guido. Nicht wahr, du läßt dich so bald wie möglich scheiden?« hatte sie gefragt und ihn geküßt. »Dann heiraten wir.«
»Ich wüßte nicht, was ich mir sehnlichster wünschte«, hatte er, erregt durch die Wärme ihres sinnlichen Körpers, geflüstert.
Karl Kunze hatte tatsächlich mehr bezahlt, als Guido für möglich gehalten hatte. Guido war daraufhin fest entschlossen gewesen, von nun an ein ›sauberes‹ Leben zu führen.
Nun aber stellte er fest, daß Pia ihm in den Rücken fiel. Sie sah wieder einmal sehr verführerisch aus in dem auffallenden roten Kleid, das mit schwar-zen Fransen verziert war. Ihre Katzenaugen sprühten Funken, wenn sie Karl Kunze anschaute.
Bis zu diesem Abend hatte Guido sich kaum mit der äußeren Erscheinung seines Komplizen beschäftigt. Doch nun stellte er fest, daß er einen athletischen Körper hatte und ein hübsches Gesicht. Für seinen Geschmack waren seine Züge aber viel zu grob. Aber man sagte doch, daß viele Frauen von brutal aussehenden Männern stark angezogen wurden.
Karl und Pia unterhielten sich so laut, daß einige der Umsitzenden schon die Ohren spitzten.
»Seid vorsichtiger«, zischte Guido. »Ihr benehmt euch gar zu auffällig.«
Pia warf ihm einen wütenden Blick zu. Dabei umklammerte sie ganz fest ihre Handtasche, die mit Scheinen prall gefüllt war. Guido geriet außer sich vor Eifersucht, als er sah, daß Pia ihre Hand für einen Augenblick auf das Knie von Karl Kunze legte. Zugleich dachte er daran, daß sie darauf bestanden hatte, die Hälfte des »Gewinnes« einzustecken. Wütend hatte er ihr das Geld überlassen.
»Pia, wir gehen«, befahl er und griff nach ihrem Arm, um sie zum Aufstehen zu zwingen.
»Laß mich sofort los!« rief sie so laut, daß sich viele Blicke auf sie richteten. Doch in dieser anrüchigen Bar schien man an solche Szenen gewöhnt zu sein, denn man beobachtete die drei danach nicht mehr.
»Komm sofort mit, Pia«, flüsterte Guido seiner Geliebten zu.
»Ich denke ja gar nicht daran. Geh doch allein.«