Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
Читать онлайн книгу.haben doch gestanden, dass er mit dem Besuch der Heffkes einverstanden war.«
»Die Heffkes waren eine Ausnahme, weil der Ulrich mein Bruder ist.«
»Und warum ist die Trudel nicht mehr ins Haus gekommen?«
»Weil mein Mann es nicht wollte.«
»Wann hatte er es ihr denn gesagt?«
»Ich weiß doch nicht! Herr Kommissar, ich kann nicht mehr. Lassen Sie mir eine halbe Stunde Ruhe. Eine Viertelstunde!«
»Erst wenn du’s gesagt hast. Wann hat Ihr Mann dem Mädchen das Haus verboten?«
»Wie mein Sohn gefallen war.«
»Na also! Und wo ist das geschehen?«
»Bei uns in der Wohnung.«
»Und was hatte er als Grund gesagt?«
»Weil er keinen Verkehr mehr will. Herr Kommissar, ich kann wirklich nicht mehr. Nur zehn Minuten!«
»Na schön. In zehn Minuten werden wir eine Pause machen. Was hat denn Ihr Mann als Grund gesagt, dass die Trudel nicht mehr kommen soll?«
»Weil er keinen Verkehr mehr haben wollte. Da hatten wir das mit den Postkarten doch schon vor.«
»Da hat er ihr also als Grund gesagt, dass er das mit den Postkarten vorhat?«
»Nein, darüber hat er nie mit einem Menschen gesprochen.«
»Was hat er ihr denn als Grund gesagt?«
»Dass er keinen Verkehr mehr will. Oh, Herr Kommissar!«
»Wenn Sie mir den wirklichen Grund sagen, mache ich für heute sofort Schluss!«
»Aber das ist der wirkliche Grund!«
»Nein, das ist er nicht! Ich sehe doch, dass Sie lügen. Wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen, so vernehme ich Sie noch zehn Stunden. Was hat er also gesagt? Wiederholen Sie mir die Worte, die er zu der Trudel Baumann gesagt hat.«
»Die weiß ich nicht mehr. Er war so wütend.«
»Warum war er denn so wütend?«
»Weil ich die Trudel Baumann bei mir habe schlafen lassen.«
»Aber er hat’s ihr doch erst hinterher verboten, oder hat er sie gleich weggeschickt?«
»Nein, erst am Morgen.«
»Und am Morgen hat er es ihr verboten?«
»Ja.«
»Warum war er denn so wütend?«
Frau Anna Quangel gab sich einen Stoß. »Ich will es Ihnen sagen, Herr Kommissar. Ich tue keinem einen Schaden mehr damit. Ich habe auch die alte Jüdin, die Rosenthal, die sich nachher aus einem Fenster totgesprungen hat, in der Nacht heimlich bei mir versteckt gehabt. Darüber war er so wütend, und da hat er die Trudel gleich mit rausgeschmissen.«
»Warum hat sich denn die Rosenthal bei Ihnen versteckt?«
»Weil sie Angst gehabt hat so allein in ihrer Wohnung. Die hat über uns gewohnt. Der haben sie den Mann weggeholt. Da hat sie Angst gehabt. Herr Kommissar, Sie haben mir versprochen …«
»Gleich. Gleich sind wir so weit. Also die Trudel hat gewusst, dass Sie eine Jüdin bei sich versteckt hatten?«
»Aber das war doch nicht verboten.«
»Natürlich war das verboten! Ein anständiger Arier nimmt keine Judensau auf, und ein anständiges Mädchen geht hin und meldet so was der Polizei. Was hat denn die Trudel dazu gesagt, dass die Jüdsche in eurer Wohnung war?«
»Herr Kommissar, jetzt sage ich nichts mehr aus. Jedes Wort verdrehen Sie mir. Die Trudel hat nichts verbrochen, sie hat von nichts was gewusst!«
»Aber dass eine Jüdin bei euch geschlafen hat, das hat sie doch gewusst!«
»Das war nichts Schlechtes!«
»Da denken wir anders darüber. Morgen werde ich mir mal die Trudel vorknöpfen.«
»Oh, lieber Gott, was habe ich da wieder angerichtet!«, weinte Frau Quangel los. »Nun habe ich auch die Trudel ins Unglück gestürzt. Herr Kommissar, der Trudel dürfen Sie nichts tun, die ist jetzt in anderen Umständen!«
»Ach nee, das wissen Sie plötzlich doch, wo Sie die Trudel angeblich zwei Jahre nicht gesehen haben! Woher wissen Sie denn das?«
»Aber das habe ich Ihnen doch gesagt, Herr Kommissar, dass mein Mann sie noch mal auf der Straße getroffen hat.«
»Wann war denn das?«
»Das wird ein paar Wochen her sein. Herr Kommissar, Sie haben mir eine kleine Pause versprochen. Nur eine kleine Pause, bitte. Ich kann wirklich nicht mehr.«
»Nur noch einen Augenblick! Gleich sind wir so weit. Wer hat denn angefangen zu sprechen, die Trudel oder Ihr Mann, wo sie doch beide miteinander verkracht waren?«
»Sie waren doch nicht verkracht, Herr Kommissar.«
»Wo ihr dein Mann das Haus verboten hat!«
»Das hat die Trudel ihm doch nicht übelgenommen, die kennt doch meinen Mann!«
»Wo haben sie sich denn getroffen?«
»Ich glaube, in der Kleinen Alexanderstraße.«
»Was hat denn dein Mann in der Kleinen Alexanderstraße gemacht? Sie haben doch gesagt, er ist immer nur zur Fabrik und zurückgegangen.«
»Das ist auch so.«
»Und was hat er in der Kleinen Alexanderstraße zu tun? Wohl ’ne Postkarte wegbringen, was, Frau Quangel?«
»Nein, nein!«, rief sie angstvoll und erbleichte plötzlich.
»Die Postkarten habe ich immer verteilt! Immer ich allein, er nie!«
»Warum sind Sie denn eben so blass geworden, Frau Quangel?«
»Ich bin doch nicht blass geworden. Doch, ich bin. Weil mir nämlich schlecht ist. Sie wollten doch eine Pause machen, Herr Kommissar!«
»Gleich, sobald wir das klar haben. Also, Ihr Mann hat eine Postkarte weggebracht und hat dabei die Trudel Baumann getroffen? Was hat die denn zu den Karten gesagt?«
»Aber sie hat doch gar nichts davon gewusst!«
»Hat Ihr Mann denn, als er die Trudel sah, die Karte noch in der Tasche gehabt, oder hatte er sie schon abgelegt?«
»Die hatte er schon abgelegt.«
»Sehen Sie, Frau Quangel, jetzt kommen wir der Sache schon näher. Nun sagen Sie mir nur noch, was die Trudel Baumann zu der Karte gesagt hat, und wir machen für heute Schluss.«
»Aber sie kann doch nichts gesagt haben, er hatte die Karte doch schon vorher abgelegt.«
»Überlegen Sie sich das man noch mal! Ich sehe Ihnen doch an, dass Sie lügen. Wenn