Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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draußen in Leutasch für den Verwalter ein neues Haus gebaut, natürlich zweistöckig, mit einem großen Garten, mit einem Stall für zwei Pferde und vier Milchkühe –«

      »Da ghört a Heustadl und a Holzschupfen auch dazu!«

      »Natürlich! Wird gebaut!« Martin warf die Zigarette über den Tisch und zog das Mädel fester an sich. »Na, und jetzt raten Sie mal, wer das sein wird? Der neue Jagdverwalter?« Lächelnd tätschelte er den runden, molligen Arm der Sennerin und zwinkerte vergnügt zu ihr hinauf.

      Da begriff sie und platzte los: »Am End gar Sie, Herr Martin!«

      Er nickte.

      »Hören S', da därf man Ihnen gratalieren!«

      »Nicht wahr? Aber – einen Haken hat die Sache noch.«

      »Was denn für ein'?«

      »Der Verwalter hier, das muß einer sein, der verheiratet ist.«

      »No ja, so heiraten S' halt! Für so an Posten kann man's riskieren.«

      »So? Meinst du?«

      Sie merkte gar nicht, daß er sie duzte.

      »Aber wo find ich so schnell eine, die mich nimmt?«

      »Ui jegerl!« sagte sie ernst. »Bei so was greift doch jede zu mit alle zwei Händ.«

      »Na ja! Aber ich kenn eben keine.« Martin legte den Arm um Burgis Hüfte. »Und jetzt sag mal, Burgerl? Möchtest du mir nicht eine suchen helfen?«

      »Ich?« Nun lachte sie, als hätte sie in ihrem Leben was Lustigeres nicht gehört. »O du mein lieber Herrgott! Mit so einer, wie s' mir bekannt sind, da wären S' sauber aufgricht! Sie! Und a Bauernmadl!«

      »Na, weißt du, das wird doch wohl nicht anders gehen. Eine vom Land werd ich mir nehmen müssen. Eine, die sich auf den Stall versteht. Von Kühen und Pferden versteh ich nichts, rein gar nichts. Das muß eben dann meine Frau übernehmen.«

      »Ah ja!« Das leuchtete ihr ein. »Dös is wahr, da brauchen S' eine, die ihr Sach versteht und ghörig schaffen kann.«

      »Na also! Und da mußt du mir suchen helfen! Denk mal ein bißchen nach! Ich mein' immer, daß du gar nicht weit zu suchen brauchst, um so eine für mich zu finden, so recht eine Hübsche, Frische, Gesunde!«

      So fühlte den zärtlichen Druck seines Armes, spürte seinen heißen Atem, sah seine dürstenden Augen – und da begriff sie. Das wirkte, als hätte der Blitz vor ihr eingeschlagen. Sie versuchte erschrocken, seinen Arm von sich abzuwehren. Bei diesem Befreiungsversuch schien ihr die rechte Kraft zu fehlen. Er gelang nicht.

      Was in ihr vorging, war deutlich auf ihrem Gesicht zu lesen. Ihr erster Gedanke war Unglaube. Der Menschenverstand in ihrem hübschen Zauskopf war, so anspruchslos ihn die Natur auch geschaffen hatte, doch zu gesund, um sie nicht vor dem großen Köder zu warnen, den sie vor ihren Augen winken sah. Aber sie hätte nicht das praktisch rechnende Kind des Dorfes sein müssen, wenn ihr neben allem Zweifel nicht auch die Erwägung gekommen wäre: »Vielleicht is doch was dran! Und wenn was dran is, därf ich mir's net verscherzen!« Und sie hätte nicht das arme, mit aller Not des Lebens kämpfende Mädel sein dürfen, um nicht auch die scheue Sehnsucht zu empfinden, die der Traum vom großen Los erweckt. Ihr Herz war frei, sie dachte an keinen andern – der Praxmaler-Pepperl war ihr ja »so zwider wie net leicht einer«. Und wenn der gesunde Verstand ihr auch sagte: »Glaub dem Schmalger nix, er lügt dich an!« – so hinderte das nicht, daß in ihrem sumsenden Köpfl ein winkendes Luftschloß zu glänzen begann. Sie sah das zweistöckige Haus, den Garten mit Sellerie und Kopfsalat, die große Wiese, den Stall mit Pferden und Kühen. Sie sah den Vater, den sie seit Jahren ernährte, unbesoffen und zufrieden in seinem Stübchen. Sie sah sich im seidenen Kleid zur Kirche gehen und im ersten Betstuhl knien. Sie sah sich am Sonntagnachmittag bei Kaffee sitzen, während die Tür sich auftat und die Jäger zum Rapport erschienen, voran der Praxmaler-Pepperl, der höflich das Hütl von den trauernden Kreuzerschneckerln herunterzog: »Recht schön guten Abend, Frau Jagdverwalterin!« –

      Bei diesem Traumbild stotterte sie zu Tod erschrocken: »Mar und Joseph!« Sie hatte plötzlich an das Rauchloch da drüben denken müssen, in dem die Sonne verschwunden war. »Lassen S' mich aus! Ich bitt Ihnen, lieber Herr Martin, lassen S' mich aus!«

      »Aber Burgerl, Kind, sag mir doch –« Martin versuchte das Mädel auf seinen Schoß zu ziehen. Da verfinsterte sich die Tür, und eine Stimme, die kaum merklich bebte und dennoch ganz anders war als die gewohnte Stimme des Praxmaler-Pepperl, klang in die Dämmerung herein: »Recht schön guten Abend beinander!« Im gleichen Augenblick stand Burgi schon am Herd und begann im Kessel ein verzweifeltes Rühren.

      Martin streckte die Beine, brannte sich eine frische Zigarette an und schielte über das flackernde Zündholz nach dem Jäger.

      Pepperl stand wie ein Baum unter der Tür, die Daumen in die Hosenträger eingehakt. »Sie, Herr Kammerdiener! Tummeln S' Ihnen! Der Herr Fürst wird gleich heimkommen.«

      »Also ist er noch nicht da? Na, dann wird's nicht so pressieren!« meinte Martin. Er stäubte eine Aschenflocke von seinem Frack, erhob sich, zog die Weste herunter und ging zur Tür. »Wollen Sie gefälligst den Weg freigeben?«

      Pepperl rührte sich nicht. »Ja, gleich! Aber z'erst noch a Wörtl! Neulich auf d' Nacht hab ich an Rausch ghabt. Und da hab ich mich a bißl unghörig aufgführt. Dös reut mich, ja! Aber heut bin ich nüchtern.«

      Martin runzelte die Brauen. »Was soll das heißen?«

      »Es is nur, daß der Herr Kammerdiener weiß, wie er dran is mit mir.« Pepperl trat von der Tür weg. »So!«

      »Sie scheinen zu glauben, daß ich an Ihr unqualifizierbares Benehmen von neulich eine Minute später noch gedacht habe? Da tun Sie sich zuviel Ehre an, junger Mann.«

      »Is schon möglich! Unsereins halt eben a bißl was auf Ehr. Deswegen zwick ich Ihnen von der Ihrigen nix ab. Die tät mir net in d' Joppen passen.«

      Martin zuckte hochmütig die Schultern, und während er zur Tür hinausschritt, grüßte er freundlich: »Adieu, Burgerl!«

      »Bhüt Ihnen Gott, Herr Martin!« klang es so dünn wie ein Zwirnsfaden vom Herd herüber.

      Draußen waren Martins Schritte schon verhallt, und Pepperl stand immer noch stumm und regungslos neben der Tür.

      Burgi tat, als wäre der Jäger Luft für sie. Bald hantierte sie mit dem Geschirr, bald wieder legte sie ein frisches Scheit in das flackernde Feuer, und bei allem drehte sie der Tür immer den Rücken zu.

      »Jiija!« sagte Pepperl endlich, ging auf den Tisch zu, setzte sich auf den leer gewordenen Stuhl und begann in aller Gemütsruhe sein Pfeiflein zu stopfen. Als diese umständliche Arbeit erledigt war, hob er das Bein und strich an der Schattenseite seiner Lederhose das Zündholz an.

      »Ja, ja, ja!« nickte er vor sich hin, während er nachdenklich den brennenden Schwefel betrachtete. »So geht's auf der Welt!« Mit langen Zügen begann er zu paffen.

      Burgi schoß einen wütenden Blick nach dem Jäger. »Mußt denn du allweil grad bei mir da sitzen?«

      »Da gfallt's mir halt, weißt!«

      »Wär mir schon lieber, es tät dir woanders gfallen!«

      » Die Zeit kann auch noch kommen.«

      »Hoffentlich bleibt's net gar z'lang aus!«

      »Is schon möglich. Es gibt Sacherln auf der Welt, die haben gschwinde Füß.«

      Unter trockenem Lachen faßte Burgi den langen Holzlöffel, um den Inhalt des Kessels aufzurühren. Eine Weile hörte man nur das Knistern des Feuers und das angestrengte Paffen des Praxmaler-Pepperl. Dieses Schweigen zog sich immer zäher in die Länge.

      »Heut macht's an staden Tag!« sagte Pepperl endlich. »Plauschen wir lieber a bißl was!« Ein kurzes Auflachen. »No also, wie geht's, wie steht's denn allweil, Frau Jagdverwalterin? Haben S' heut den herrschaftlichen


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