Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge

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Mami Staffel 6 – Familienroman - Claudia Torwegge


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die es endlich gewagt hatte, das Atelier zu betreten. Die Geräusche, die von dort zu ihr gedrungen waren, hatten sie in Angst und Schrecken versetzt. Sie war so in Panik geraten, daß sie sich wirklich überwinden mußte, den Raum zu betreten.

      »Bist du irre!« schrie Mike entsetzt, während er erneut versuchte, Clemens aufzuhalten. Der wehrte sich mit einem Hieb in die Magengrube, der Mike endgültig schachmatt setzte.

      Als er eine Viertelstunde später die »Agentur« verließ, glich das Atelier und das Vorzimmer einer Müllhalde. Clemens hatte wirklich das Unterste zu oberst gekehrt und alles, was ihm irgendwie verdächtig erschien, einfach mitgenommen.

      Mike und seine Mithelferin warteten, bis ihr ungebetener Gast verschwunden war, dann hasteten sie in ihre Wohnung hinüber, packten eiligst ein paar Sachen zusammen und eilten zu dem Wagen, der ein paar Straßen weiter geparkt war.

      Der Boden hier in Wiesbaden war mit einem Mal verdammt heiß geworden.

      Sie mußten fort und das so schnell, wie es nur ging. In weiser Voraussicht hatte Mike seine fetten Honorare, die er mit seinen üblen Geschäften einstrich, bereits auf mehreren ausländischen Banken geparkt.

      Er würde irgendwo anders seine »Kunst« ausüben. Männer, die für Schmuddelbilder Unsummen bezahlten, gab es überall…

      *

      Nathalie brach vor Erleichterung in helle Tränen aus, als Clemens anrief, um ihr mitzuteilen, daß er Sandy gefunden hatte.

      »Wir gehen jetzt est mal irgendwo ein Eis essen und kommen dann nach Hause«, erklärte er, bevor sie weitere Fragen stellen konnte. »Mach dir keine Sorgen mehr, ja? Es ist alles in Ordnung.«

      »So«, meinte Clemens, als er an den Tisch zurückkehrte. »Und nun laß uns mal in Ruhe über alles sprechen.«

      Sandra nickte artig. Dann hob sie plötzlich die Arme und fiel Clemens mit einem Aufschluchzen um den Hals.

      »Du bist einfach toll!« schniefte sie erleichtert. »Danke, Clemens. Ich glaube, das hätte sich mein Vater niemals getraut.«

      Clemens schob sie mit einer sanften Geste von sich und zwang sie, sich wieder zu setzen.

      Und dann begannen die beiden sehr lange, sehr ernsthaft miteinander zu sprechen…

      *

      Die Gäste waren gegangen. Dennis und Nathalie hatten die Spuren der Party beseitigt. Bis auf ein paar zertrampelte Blumenbeete erinnerte nichts mehr an das Chaos, das hier noch vor einigen Stunden geherrscht hatte.

      Steffi lag bereits in ihrem Bettchen. Sie war so aufgedreht gewesen, daß Nathalie befürchtet hatte, daß die Kleine keinen Schlaf finden würde. Aber Steffis Köpfchen hatte kaum das Kissen berührt, da war das Sandmännchen schon gekommen und hatte die kleinen, müden Äuglein geschlossen.

      Jetzt saß Nathalie auf der Terrasse, die Laterne auf dem Tisch spendete mildes Licht, und Wein schimmerte golden im Glas.

      Dennis, der ihr gegenübersaß, hing schweigend seinen Gedanken nach. Sie waren beide müde. Der Tag hatte es in sich gehabt. Die Ereignisse, die hinter ihnen lagen, mußten erst einmal in ihren Köpfen geordnet und verdaut werden, bevor sie irgendwelche Entscheidungen trafen.

      Das Zuklappen der Haustür riß die beiden aus ihrer Versunkenheit. Gleichzeitig sprangen sie auf und eilten ins Wohnzimmer, um zuerst Sandra und dann Clemens zu umarmen.

      »Gott, bin ich froh, daß ihr da seid!« Nathalie wußte nicht, wen sie zuerst drücken und herzen sollte. »Was hast du dir denn nur dabei gedacht, Mädchen?«

      »Sie wollte für den Familienunterhalt sorgen«, erklärte Clemens gütig. »Schimpfe nicht mit ihr, Nathalie. Sandy hat es wirklich nur gut gemeint.«

      Nathalie zog das Mädchen erneut in ihre Arme.

      »Du dummes Hühnchen«, tadelte sie mit zärtlicher Stimme. »Du mußt dir keine Sorgen machen, Süße. Wir kommen schon zurecht. Wir haben es doch bisher immer geschafft.«

      Sandra schmiegte sich zufrieden und beruhigt an ihre Mutter. Himmel, was war sie froh, daß sie diesem Abenteuer noch einmal mit heiler Haut entkommen war. Clemens hatte ihr recht massiv klargemacht, was dieser Mike Lambsdorf für ein Typ war und was er mit den Fotos anstellte. Erst da hatte Sandy richtig begriffen, in welcher Gefahr sie sich befunden hatte.

      In schonenden Worten berichtete er jetzt auch Nathalie und Dennis, was sich zugetragen hatte. Nathalie war natürlich hellauf entsetzt, als sie den Bericht hörte, aber sie war auch erleichtert, daß Clemens die Situation im letzten Moment retten konnte.

      »Was machen wir mit den Filmen?« wollte Dennis wissen, nachdem sie sich alle beruhigt hatten.

      Nathalie und Clemens sahen sich an.

      »Ich denke«, antwortete Nathalie dann, die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt, »daß wir uns das ganz genau überlegen. Nicht jetzt, nicht sofort. Laßt uns etwas Zeit zum Nachdenken.«

      Sandra sah verlegen zu Boden.

      »Ich würde die ganze Sache am liebsten vergessen«, murmelte sie betreten. »Wenn die Geschichte an die große Glocke gehängt wird, erfahren es alle. Auch meine Klassenkameraden.«

      Nathalie nickte und schloß sie erneut in die Arme.

      »Wir denken darüber nach, ja?« sagte sie geduldig. »Jetzt wollen wir erst einmal deine Rückkehr feiern. Kommt, wir setzen uns draußen auf die Terrasse, und dann trinken wir erst einmal ein Glas Wein zusammen. Außerdem hast du bestimmt Hunger. Du hast ja all die leckeren Torten und Salate und die Würstchen versäumt.«

      Sandras Augen begannen sofort begeistert zu leuchten.

      »Au ja, Hunger habe ich tatsächlich!« verkündete sie strahlend. »Komm, Dennis, wir gehen in die Küche und fallen über den Kühlschrank her.«

      »Nein, warte, ich mache dir was zurecht«, protestierte Nathalie eilig, die ihr verlorenes Küken natürlich bemuttern wollte, aber Sandra schüttelte den Kopf und warf Clemens einen verschwörerischen Blick zu.

      »Nein, das machen wir schon alleine«, erklärte sie resolut. »Du geh’ ruhig mit Clemens in den Garten. Ich glaube, er will dir was sagen.«

      Bevor Nathalie weitere Fragen stellen konnte, waren die Geschwister aus dem Zimmer gelaufen, und Nathalie fand sich mit Clemens alleine im Wohnraum wieder.

      »Noch eine Hiobsbotschaft?« fragte Nathalie besorgt.

      Clemens Gesichtsaudruck war nicht zu entnehmen, was er noch in petto hielt. Aber der Blick seiner dunklen Augen verwirrte sie.

      »Nein, nein«, erwiderte er sanft. »Ich hatte nur ein sehr langes, intensives Gespräch mit Sandra. Sie hat mich um etwas gebeten, und ich habe versprochen, ihren Wunsch zu erfüllen. Oder besser, zu versuchen, ihn zu erfüllen.«

      Diese Andeutung verwirrte Nathalie nur noch mehr. Ratlos und ziemlich irritiert folgte sie Clemens auf die Terrasse hinaus, wo noch die Laterne brannte.

      »Nathalie?« Clemens blieb stehen. Als er sich zu Nathalie umwandte, sah sie das seltsame Leuchten in seinen Augen. Ihr Herz begann plötzlich vor Aufregung wild gegen die Rippen zu hämmern.

      »Nathalie«, wiederholte Clemens noch einmal. »Du weißt, was ich für dich empfinde. Weißt du…« Langsam kam er näher und blieb dicht vor ihr stehen. »… Es gab eine Zeit, da konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, noch einmal so etwas zu einer Frau zu sagen. Nach Petras Tod war für mich eine Welt zerbrochen. Ich hatte mich kopfüber in meine Arbeit gestürzt, wollte nichts mehr von dem Leben draußen wissen. Dann ließ der Schmerz allmählich nach. Aber ich war felsenfest davon überzeugt, daß es für mich niemals wieder ein neues Glück geben könnte.«

      Er lächelte dieses seltsame, zärtliche verlegene Lächeln, das Nathalies Herz in wilden Aufruhr versetzte.

      »Bis du mir über die Füße stolpertest und meine Finger in der Tür eingeklemmt hast«, fuhr er mit einem neckenden Unterton fort. »Liebling, du bist wirklich


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