Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge

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Mami Staffel 6 – Familienroman - Claudia Torwegge


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ihrer drei Rangen einigermaßen im Gleichgewicht zu halten. In dieser Zeit wurde Clemens ihr unverhofft zu einem wahren Freund und Retter in der Not.

      Mit seiner lockeren, ungezwungenen Art schaffte er es, die Kinder zum einen aufzumuntern, ihre Ängste, Sorgen und auch ihre Wut auszusprechen. Zum anderen unternahm er interessante Dinge mit ihnen, die sie von ihrem Kummer ablenkten.

      Nach und nach wurden sie wieder zu der fröhlichen Rasselbande, die das Haus und den Garten auf den Kopf stellte und deren fröhliches Gelächter die Räume erfüllte.

      In der Nacht vor dem Gerichtstermin schlief Nathalie schlecht. Sie fühlte sich wie zerschlagen, als sie am Morgen aufstand, um den Kindern das Frühstück zuzubereiten.

      Der Termin war auf elf Uhr angesetzt. Als Nathalie im Gerichtsgebäude erschien, saß Werner bereits vor dem Raum, hinter dessen Türen die Scheidungsverhandlung stattfinden würde. Neben ihm saß Marlies, das Kinn siegessicher in die Höhe gereckt, mit einem kleinen, spöttischen Lächeln auf den Lippen, das Nathalie galt.

      Natty übersah es. Sie hätte später nicht mehr sagen können, wie sie diese Stunde – länger dauerte die Verhandlung nicht – überstanden hatte. Sie wußte auch nicht mehr, was alles besprochen worden war. Nur eines hatte sie glasklar verstanden: Werner und sie waren ab sofort rechtskräftig geschieden.

      Wie in Trance verließ sie das Gerichtsgebäude.

      Hinter sich erklangen Marlies’ Jubelschreie, mit denen sie Werner um den Hals gefallen war. Ihre hohe, schrille Stimme brach sich an den Wänden des altehrwürdigen Gemäuers und hallte nervtötend durch die Flure.

      Nathalie konnte es nicht ertragen. Hastig rannte sie die Treppe hinunter, riß die Tür auf und…

      »Clemens!«

      Wie ein Fels in der Brandung ihres aufgewühlten Lebensmeeres stand er vor ihr und lächelte auf sie herab. Sein Anblick löste eine Welle der Erleichterung in Nathalie aus, die sie geradezu auf ihn zuspülte. Mit einem kleinen, glücklichen Aufschrei fiel sie ihm um den Hals und küßte ihn, bis sie beide keine Luft mehr bekamen.

      »Hallo, Liebling.« Seine Stimme klang so ruhig, so sanft. Nathalie hätte sich am liebsten in diesen Klang eingekuschelt. »Ich dachte, ein tüchtiger Spaziergang und danach ein kräftiges Essen würden dir guttun.«

      »Du tust mir gut«, flüsterte Nathalie selig. Dann nahm sie seine Hand und stieg mit ihm die wenigen Stufen zur Straße hinab.

      Hinte ihr erklang erneut Marlies’ aufgedrehtes Lachen, aber jetzt störte es Nathalie nicht mehr. Sie hörte es wahrscheinlich überhaupt nicht…

      *

      Jeden Tag bestürmte Sandra Maggy mit Fragen nach den Fotos. Mike hatte hastig einen Film abgeknipst und sie dann höflich, aber bestimmt aus seiner Agentur komplimentiert. Angeblich wollte er sich melden, wenn er einen Auftrag für sie hatte. Doch inzwischen waren Wochen vergangen, und Maggy hob nur jedesmal ratlos die Schultern, wenn Sandy sie nach dem Ergebnis des Castings fragte.

      An diesem Freitagmorgen war das allerdings anders. Maggy erwartete sie schon, als Sandy aus dem Bus stieg. Mit den Worten:

      »Mike hat ein Date für dich!« fiel sie der Freundin einfach um den Hals und tanzte mit ihr auf dem Bürgersteig herum. »He, ich hab’s dir doch gesagt. Mike macht dich zum Star. Du wirst berühmt.«

      Sandy begriff zunächst nur ›Bahnhof‹. Aber dann sickerten die Worte langsam in ihr Gehirn. Jetzt war sie es, die Maggy schnappte und mit ihr durch die Gegend hopste.

      »Jauwauja!« schrie sie dabei völlig von Sinnen vor Begeisterung. »Schule ade! Ich werd’ berühmt.«

      Langsam kam sie wieder zu sich.

      »Was ist’n das für’n Job?« wollte Sandy wissen, nachdem sie zu Atem gekommen war.

      Maggy strahlte.

      »Du sollst Fotos für’n Magazin machen«, erklärte sie stolz. »Und danach schickt er dich zum Casting nach München. Die suchen da eine Hauptdarstellerin für ’ne Fernsehserie.«

      Das waren Neuigkeiten! Sandy hätte am liebsten hier mitten auf der Straße einen Purzelbaum geschlagen.

      »Die Fotos, die Mike von dir schießt, sind teilweise auch für dieses Casting«, erklärte Maggy weiter. »Also stell dich bloß nicht blöde an. Du bastelst an deiner Zukunft.«

      »Bestimmt nicht«, versicherte Sandra aufgeregt. »Und wann soll ich zu Mike kommen?«

      »Morgen nachmittag.« Maggy schulterte ihren Rucksack und schickte sich an, die Straße in Richtung Schule entlangzugehen. »Er erwartet dich um sechzehn Uhr, in seinem Atelier.«

      Rumms, da war sie wieder, die Faust, die alle Träume kaputtschlägt. Sandy hatte Mühe, die aufsteigenden Tränen, die ihr die Enttäuschung in die Auge trieb, zurückzudrängen.«

      »Morgen?« Ihre Stimme klang plötzlich ganz klein und piepsig. »Morgen kann ich nicht. Das ist unmöglich.«

      Maggy blieb stehen.

      »So?« Ihre Blicke musterten Sandra mit spöttischer Verärgerung. »Dann vergiß die Serie. Mike braucht die Fotos morgen oder gar nicht. Sie sollen spätestens am Sonntagmorgen in München sein.«

      »Aber…« Sandra schluckte mühsam. »Meine kleine Schwester hat morgen Geburtstag. Sie hat den halben Kindergarten zu der Fete eingeladen. Ich muß meiner Mutter bei den Vorbereitungen helfen.«

      »Das ist deine Sache.« Maggy drehte sich um und ging weiter, ohne sich darum zu kümmern, ob Sandra ihr folgte oder nicht.

      »Maggy!« Sandra folgte ihr eilig. »Mensch, ich kann wirklich nicht. Mein Bruder, seine Freundin, wir alle sind eingespannt. Meine Mutter schafft das nicht allein.« Sie spürte, wie ihr die Tränen übers Gesicht liefen. »Kannst du nicht mit Mike reden? Bitte, er soll den Termin bloß um einen Tag verschieben.«

      »Ich sagte, vergiß es!« fuhr Maggy sie an. »Entweder bist du morgen, punkt vier Uhr, in seinem Atelier oder die Sache ist gestorben. Und jetzt hör auf, mir eine Kassette ins Ohr zu drücken.«

      Damit ließ sie Sandra einfach stehen und eilte zu Tommy, der gerade auf seinem Mofa herangerollt kam.

      Unglücklich sah Sandy zu, wie die Freundin auf den Gepäckträger kletterte und davonbrauste.

      Maggy sah sich nicht mehr nach ihr um.

      *

      Nathalie beglückwünschte sich wieder einmal für ihr Timing, oder besser für das des Klapperstorchs, der es bei allen drei Reinkekindern geschafft hatte, sie im Sommer auszuliefern. Da konnten die Geburtstagsfeiern bequem in den Garten verlegt werden und mußten nicht, wie es bei den armen Herbst-Winterbabys der Fall war, in die Enge einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses verlegt werden.

      Im Klartext hieß das: Einrichtung und Tapeten wurden verschont.

      Das Chaos spielte sich auf dem Rasen ab und verwüstete höchstens ein paar Blumenrabatten. Schäden, die leichter zu beheben waren und weniger Kosten verursachten, als eine Grundrenovierung und Neumöblierung des gesamten Hauses.

      Clemens hatte bunte Lichterketten und Papiergirlanden über der Terrasse und in die Büsche am Zaun gehängt. Luftballons tanzten auf langen Bändern, bunte Papierhüte, Süßigkeiten, Kuchen und allerlei Kleinspielzeug, das es bei den verschiedenen Spielen zu gewinnen geben sollte, lagen bereit, und im Keller standen jede Menge Kästen Limo, um den Durst der kleinen Gäste zu löschen.

      Steffi war vor Aufregung total aus dem Häuschen. Am glücklichsten machte es sie, daß sich Clemens extra für sie freigenommen hatte, um an ihrer Feier teilnehmen zu können. Sie hing förmlich an seinem Hosenbein, verfolgte ihn auf Schritt und Tritt und himmelte ihn an, als sei er der Prinz aus ihrem Lieblingsmärchen.

      Behutsam schob Nathalie die Eisbombe, die Dennis und Bille gerade vom Korridor geholt hatten, ins Frostfach. Dann ließ sie einen letzten kontrollierten Blick über die Torten, Kuchen und Salate gleiten, die in langer Reihe


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