Mami Staffel 6 – Familienroman. Claudia Torwegge

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Mami Staffel 6 – Familienroman - Claudia Torwegge


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Morgengrauen aufgeblieben, um all die Spielfilme und Serien anzusehen, die im Fernsehen liefen. Daß sie heute freiwillig und ohne Diskussionen ins Bett ging und sogar gleich einschlief, grenzte beinahe schon an ein Wunder.

      »Trinkst du noch ein Glas Wein mit mir?« erkundigte sich Nathalie, als Clemens wieder auf der Terrasse erschien.

      Er trat zu ihr, ging in die Hocke und zog sie in seine Arme.

      »Das war ein schöner Tag.« Seine Stimme war wie ein Streicheln. Nathalie spürte Verlangen und Sehnsucht in sich aufsteigen, während sie ihre Stirn an seine Brust lehnte und verzückt dem warmen Klang dieser Stimme lauschte. »Weißt du, daß ich mich seit Jahren nicht mehr so wohl gefühlt habe wie heute?« sprach Clemens indessen weiter. Seine Hände strichen sanft über Nattys Rücken. »Ich komme mir vor, als wäre ich von einer Sekunde zur anderen in ein vollkommen neues Leben gestoßen worden. Es ist herrlich.«

      Seine Zärtlichkeit, der sanfte, schmeichelnde Klang seiner Stimme, die Hände auf ihrem Rücken, machten Nathalie ganz konfus. Sie mußte etwas tun, irgendwas, bevor sie vollkommen den Kopf verlor.

      »Die drei sind nicht immer so leicht zu handhaben«, erklärte sie, wobei sie sich mit einer entschlossenen Geste aus der Umarmung befreite. »Du hast heute ihre Sonnenseite kennengelernt. Aber warte ab, wenn sie schlechte Laune haben. Mal sehen, ob du dann immer noch so schwärmst.«

      Clemens erhob sich. Seine Blicke ruhten nachdenklich auf Nathalies Gesicht.

      »Du hast Angst, nicht wahr?«

      Hastig wandte Nathalie den Kopf ab. Es verwirrte sie, daß Clemens sie durchschaute.

      »Ich will dich nur warnen«, murmelte sie unbehaglich. »Drei Kinder können ganz schön nerven.«

      »Und, ist das ein Grund, sich nicht in ihre Mutter zu verlieben?«

      Nathalie erstarrte. Das Schlukken fiel ihr plötzlich schwer. Um ihre Nervosität einigermaßen im Zaum zu halten, sprang sie auf und wollte eine unruhige Wanderung über die Terrasse starten, aber Clemens hielt sie zurück.

      Bevor sie es sich versah, hatte Clemens ihren Arm gepackt und sie an sich gezogen.

      »Nein«, wollte Nathalie schreien, aber es wurde nur ein undeutliches Gemurmel daraus. »Bitte, ich…« Sie stemmte die Fäuste gegen seine Brust. »Du mußt eins wissen, Clemens. Uns gibt’s nur im Viererpack. Hörst du? Wenn, dann mußt du uns alle zusammen…«

      Weiter kam sie nicht. Clemens’ Lippen verschlossen ihren Mund mit einem langen, zärtlich-verlangenden Kuß, der alle Bedenken aus Nathalies Kopf fegte.

      Mein Gott, wie lange war es her, daß sie sich ganz als Frau, begehrt und bewundert, fühlte? Daß sie Verlangen und Leidenschaft gefühlt hatte?

      Dieser Kuß weckte all die längst vergessenen Gefühle in ihr und ließ das Blut in heißen, pochenden Strömen durch ihre Adern jagen.

      Sehnsüchtig drängte sie sich an Clemens, spürte seinen Körper, das Spiel seiner kräftigen Muskeln auf seinem Rücken, die Hitze seiner Haut, die durch das enge T-Shirt drang. Näher, dichter, sie wollte mehr von ihm fühlen, ihm ganz nahe sein.

      Mit hungriger Leidenschaft erwiderte Nathalie seine Küsse. Das Spiel ihrer Zungen erregte sie, ließ die Sehnsucht immer brennender werden.

      Doch plötzlich durchzuckte sie ein Gedanke: WAS TUST DU DA????

      Der Schleier zerriß, die Eindrücke der Umgebung fanden wieder Zugang zu Nathalies Sinnen. Sie hörte die dumpfen Bässe einer Steroanlage, die irgendwo in der Nachbarschaft plärrte, in der Ferne bellte ein Hund, es roch nach kaltem Fett und auskühlender Glut und ganz in der Nähe fiel eine Tür zu.

      »Nicht!« Hastig riß sie sich los und trat vorsichtshalber ein paar Schritte zurück. »Bitte, Clemens, ich – ich kann nicht. Nicht so schnell…«

      Er brauchte einen Moment, um sein aufgewühltes Innenleben unter Kontrolle zu bringen. Mit beiden Händen fuhr er sich durch das dichte, dunkle Haar und nickte schließlich.

      »In Ordnung.« Ein Lächeln flog über sein gutgeschnittenes Gesicht. »Ich verstehe. Du hast recht, wir sollten nichts überstürzen.«

      Erneut kam er zu Nathalie, blieb dicht vor ihr stehen, nahm sie aber nicht in die Arme.

      »Eines solltest du aber wissen«, sagte Clemens leise. In seiner Stimme vibrierte noch die Leidenschaft, die ihre Küsse in ihm entfacht hatte. »Ich liebe dich wirklich, und ich meine es verdammt ernst. Gib mir eine Chance, ja? Laß mich in dein Leben und beweisen, wie ernst es mir ist.«

      Nathalie schluckte beeindruckt. Seine Worte lösten Freude, aber auch eine gewisse Unsicherheit in ihr aus. Doch dann nickte sie.

      »Ja. Ja, ich glaube, ich gehe das Wagnis ein«, flüsterte sie, den Blick verlegen zu Boden gerichtet.

      Sie spürte Clemens’ Zeigefinger unter ihrem Kinn.

      Allein diese winzige Berührung reichte aus, ihr Herz erneut in stürmische Hüpfeskapaden zu versetzen.

      Behutsam hob Clemens ihr Gesicht an und zwang Nathalie, ihm in die Augen zu blicken.

      »Gute Nacht.« Seine Stimme war nur ein Hauch, und der Kuß, den er ihr schenkte, glich dem sanften Streicheln eines Schmetterlingsflügels.

      Nathalie hielt die Luft an. Mit geschlossenen Augen stand sie da, am ganzen Leibe zitternd vor Sehnsucht nach Clemens’ Zärtlichkeiten.

      »Hallo, Mama.« Dennis’ Stimme schreckte sie aus ihrer Versunkenheit. Erschrocken riß Nathalie die Augen auf und blickte verwirrt um sich.

      »Oh, hallo…« Sie war noch völlig benommen. Es dauerte einen Moment, ehe sie begriff, daß Clemens sie verlassen hatte. »Komm, laß uns noch einen Moment miteinander reden«, forderte sie ihren Sohn auf, mühsam die Gefühle unterdrückend, die Clemens in ihr wachgerufen hatte. »Magst du ein Glas Wein?«

      Dennis betrachtete sie einen Moment erstaunt. Normalerweise erlaubte seine Mutter nicht, daß er Alkohol trank.

      »Nun komm schon, man kann ja mal eine Ausnahme machen«, forderte ihn Nathalie lächelnd auf, als sie sein Zögern bemerkte. »Schließlich bist du ja kein Baby mehr.«

      Dennis lächelte verlegen.

      »In Ordnung«, er setzte sich. »Ein Glas Wein wäre toll.«

      Sie nahm ein frisches Glas und schenkte für sie beide ein. Dann setzte sie sich Dennis gegenüber an den Tisch und lehnte sich entspannt in ihren Stuhl zurück.

      »Wie lange kennt ihr euch schon?«

      Sofort kehrte das Mißtrauen in Dennis’ Augen zurück.

      »Bist du sauer, weil ich…?«

      »Nein, nein«, unterbrach Nathalie ihn eilig. »Du bist sechzehn, beinahe siebzehn Jahre alt.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich war dreizehn, als ich mich das erste Mal so richtig, mit allem Drum und Dran, verliebt habe.«

      Dennis Blick wurde schwärmerisch.

      »Bille ist das erste Mädchen, das mir wirklich gefällt«, berichtete er, zutraulich geworden. »Sie ist erst vor einem halben Jahr in unsere Stadt gezogen. Als sie in unsere Klasse kam, ich in ihre schönen blauen Augen sah, da hat es dann drin irgendwo…« Er tippte sich auf die Brust. »Einfach klick gemacht. Ich konnte an nichts anderes mehr denken.«

      Dann war diese Bille doch älter, als sie aussah! Nathalie beugte sich vor und legte behutsam ihre Hand auf Dennis Schulter.

      »Genieße diese Liebe«, rief sie zärtlich. »Es gibt nichts Schöneres auf der Welt als dieses Gefühl. Und wenn es erwidert wird, dann ist das wie ein Blick ins Paradies.«

      Dennis schwieg. Als er, nach einer geraumen Zeit intensiven Nachdenkens, wieder sprach, klang seine Stimme wie die eines verunsicherten Kindes.

      »War es bei Papa und dir auch so?«

      Für einen Moment war Nathalie schockiert, doch


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