Römische Geschichte. Cassius Dio
Читать онлайн книгу.er, obgleich er, wie schon erwähnt, Frieden haben konnte, an den Berg Herminius109 und befahl den Bewohnern desselben in die Ebene herabzuziehen, unter dem Vorwand, dass sie nicht mehr von ihren festen Plätzen aus Räubereien treiben könnten, in Wirklichkeit, weil er voraussah, dass sie dies nie tun würden und er daher Anlass zum Krieg bekäme. 4 Und so kam es auch. Sie griffen zu den Waffen und wurden von ihm bezwungen. Weil aber einige der benachbarten Völkerschaften, aus Furcht, er möchte auch sie angreifen, ihre Kinder und Frauen nebst ihrer kostbarsten Habe über den Durius110 flüchteten, überfiel er, während sie dies taten, ihre Städte und lieferte ihnen eine Schlacht. 5 Sie trieben Herden vor sich her, um über die zum Raub des Viehs zerstreuten Römer herzufallen; er aber zog an den Herden vorbei, griff sie selbst an und siegte.
(53) Als er indessen erfuhr, dass die Bewohner des Berges Herminius abgefallen waren und ihm auf dem Rückweg einen Hinterhalt legen wollten, nahm er einen anderen Weg, rückte von Neuem gegen sie, schlug sie in die Flucht und verfolgte sie bis an den Ozean. 2 Als sie aber das Festland verließen und auf eine Insel übersetzten, blieb er aus Mangel an Schiffen an Land, baute aber Flöße und setzte einen Teil seines Heeres hinüber, büßte jedoch dabei viele Leute ein. Denn als der Anführer an einer Landzunge der Insel anlegte und seine Leute an einer Stelle absetzte, wo er glaubte, dass sie nötigenfalls auch durchwaten könnten, wurde er selbst wieder von der eintretenden Flut auf hohe See geworfen und ließ seine Leute dort ohne Führung zurück. 3 Die anderen fielen nach tapferem Widerstand, Publius Scaevius aber, der allein noch übrig geblieben war, sprang, seines Schildes beraubt und mit Wunden bedeckt, ins Wasser und entschwamm. Dies war der erste Versuch. 4 Später aber ließ Caesar aus Gades Fahrzeuge kommen, setzte mit dem ganzen Heer hinüber und bezwang die durch Mangel an Lebensmitteln bedrängten Feinde mit geringer Mühe. Von hier fuhr er längs der Küste nach Brigantium, einer Stadt in Galicien, setzte die Einwohner, die noch nie eine Flotte gesehen hatten, durch das Rauschen der nahenden Schiffe in Furcht und unterjochte sie.
(54) Hierdurch hoffte er, sich den Weg zum Konsulat hinlänglich gebahnt zu haben, reiste noch vor Ankunft seines Nachfolgers zu den Wahlen ab und verlangte, sich noch vor seinem Triumph (denn ihn vorher zu halten war die Zeit zu kurz) um das Konsulat bewerben zu dürfen. 2 Als ihm dies aber, hauptsächlich durch Catos Widerstand, nicht gelang, verzichtete er auf jenen, denn er hoffte, als Konsul weit mehr und größere Taten verrichten und Triumphe feiern zu können. Außer dem schon erwähnten Traumbild nämlich, auf das er immer sehr viel Hoffnung gründete, war ihm ein Pferd mit gespaltenen Hufen an den Vorderfüßen geworfen worden, welches nur ihn mit freudigem Stolz trug, aber keinen anderen Reiter auf sich duldete. 3 Dies hob ihn zu nicht geringen Erwartungen und bewirkte, dass er gern auf den Triumph verzichtete. Als er aber in die Stadt kam und sich um das Konsulat bewarb, wusste er sowohl die anderen als auch besonders Pompeius und Crassus so für sich einzunehmen, dass er beide – obgleich sie sich damals noch befeindeten, ihre Parteien hatten und einander in allem entgegenarbeiteten – für sich gewann und von allen einstimmig gewählt wurde. 4 Damit gab er allerdings einen starken Beweis seiner Klugheit, dass er die Zeit und das Maß seiner Gunstbewerbung bei ihnen so zu treffen und zu nutzen wusste, dass er beide, obgleich wechselseitige Feinde, sich zu Freunden machte.
(55) Allein er ging noch weiter und söhnte beide miteinander aus, nicht so sehr, weil er sie einträchtig haben wollte, sondern weil er sah, dass sie alle Macht in Händen hatten und wohl wusste, dass er ohne den Beistand beider oder eines von ihnen zu keinem Einfluss im Staat gelangen würde – dass er aber durch Anschluss an den einen den anderen zum Feind bekomme und von diesem mehr Schaden als Vorschub von jenem zu erwarten habe. 2 Denn einesteils glaubte er, dass die Menschen insgemein mehr geneigt seien, dem Feind entgegenzuarbeiten, als dem Freund an die Hand zu gehen, nicht nur weil Zorn und Hass in ihren Wirkungen heftiger als jede Freundschaft sind, sondern auch weil der für andere Handelnde beim Gelingen nicht gleiches Vergnügen und beim Misslingen nicht gleiche Betrübnis wie der hat, der für die eigenen Zwecke tätig ist; 3 anderenteils sei es leichter, andere zu behindern und nicht hochkommen zu lassen, als ihr Emporsteigen zu fördern, besonders auch deshalb, weil, wer einen nicht aufkommen lässt, sich und anderen einen Gefallen tut, wer hingegen einen in die Höhe bringt, ihn sich und anderen zum Gegenstand der Missgunst macht.
(56) Aus diesen Gründen suchte Caesar, sich an sie anzunähern und sie miteinander zu versöhnen. Denn nur durch sie erwartete er, Einfluss zu erhalten und doch bei keinem anzustoßen. Auch machte es ihm keine Sorge, dass sie durch ihre Eintracht ihm überlegen würden; denn er wusste nur zu gut, dass er durch ihre Freundschaft den anderen und durch sie selbst in Kürze auch sie besiegen würde. 2 Und so geschah es auch. Aus diesen Gründen versöhnte er sie und schloss sich an sie an. Denn Pompeius und Crassus nahmen, nachdem sie sich, jeder aus eigenen Gründen, sobald einmal der Anfang gemacht war, verglichen hatten, auch jenen in die Gemeinschaft ihrer Interessen auf. 3 Pompeius nämlich durfte nicht hoffen, sich auf gleicher Höhe zu halten, da Crassus schon mächtig und Caesar im Aufkommen war, ja er musste fürchten, von ihnen ganz gestürzt zu werden. Durch eine Verbindung mit ihnen aber hoffte er, seine alte Macht wiederzugewinnen. 4 Crassus dagegen glaubte, Geburt und Reichtum müssten ihn über alle erheben, und da er sich gegen Pompeius sehr im Nachteil, Caesar aber sich sehr erheben sah, wünschte er, beide in Schach zu halten und keinen übermächtig werden zu lassen, in der Hoffnung, während jene mit gleichen Kräften sich bekämpften, die Früchte von beider Freundschaft zu ernten und mehr als beide geehrt zu werden. 5 Im Grunde nämlich war seine Politik weder für den Bürgerstand, noch für den Senat, sondern einzig auf Begründung seiner eigenen Macht berechnet. In dieser Absicht schmeichelte er beiden auf gleiche Weise und hütete sich, einen von ihnen zu verärgern, indem er sich bemühte, bei jedem sich insoweit beliebt zu machen, dass er als Urheber dessen, was ihnen angenehm war, an ihren Unfällen aber schuldlos erschien.
(57) So und aus diesen Gründen schlossen die drei Männer Freundschaft, lenkten, nachdem sie dieselbe durch Eide bekräftigt hatten, den Staat nach Willkür und gaben und nahmen sich wechselweise, was sie wünschten und für den Augenblick anordnen wollten. 2 Durch ihre Eintracht vereinigten sich auch ihre Anhänger, und auch sie taten, deren Beispiel folgend, ohne Scheu alles, was sie wollten. Daher beschränkte sich der noch vorhandene Gemeinsinn auf Cato und die wenigen, welche gleichen Sinnes mit ihm zu sein sich entschließen konnten. 3 Denn rein und ohne Selbstsucht verwaltete damals außer Cato wohl keiner die Staatsgeschäfte. Einige wollten zwar, aus Scham über die Art der zeitigen Staatsverwaltung, andere mit dem Streben, ihn nachzuahmen, sich der Staatsgeschäfte annehmen und zeigten manches, was ihm ähnlich war, bewahrten aber, da sie es mehr aus erzwungener Übung als aus angeborener Tugend taten, die nötige Ausdauer nicht.
(58) Dahin also brachten diese Männer den römischen Staat und suchten ihre Verschwörung so weit wie möglich zu verheimlichen. Sie taten, was sie für gut fanden, während sie das Gegenteil vorschützten, um ihre Absichten so lange zu verdecken, bis sie sich gehörig vorgesehen hatten. 2 Der Gottheit aber blieben ihre Taten nicht verborgen, sie gab denen, die sich auf dergleichen Dinge verstanden, alles kund, was von denselben zu erwarten stand. 3 Ein solcher Sturm kam nämlich plötzlich über die Stadt und die ganze Umgebung, dass viele Bäume aus den Wurzeln gerissen wurden, viele Häuser einstürzten, die Schiffe auf dem Tiber, welche nahe bei der Stadt und an den Mündungen vor Anker lagen, versanken und die hölzerne Brücke zugrunde ging. 4 Auch ein zu einer Festlichkeit aus Holz erbautes Schauspielhaus fiel ein, und viele Menschen kamen bei vielen Unfällen ums Leben – ein Vorbild dessen, was zu Wasser und zu Lande über Rom kommen sollte.
88 Trotz des Widerspruchs zum oben Erzählten handelt es sich hier nicht um eine Verschreibung.
89 Der Schluss dieser Geschichte ist gemäß Appian folgendermaßen zu ergänzen: … obgleich ihr Sohn Xiphares in der Gewalt des Mithridates war. Dieser ließ ihn später aus Rache vor den Augen der Mutter umbringen.
Im fehlenden Text muss nach Xiphilinos außerdem gestanden haben: Aus Armenien zurückgekehrt, machte Pompeius in