Verschollen am Mount McKinley / Die Wölfe vom Rock Creek. Christopher Ross

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Verschollen am Mount McKinley / Die Wölfe vom Rock Creek - Christopher Ross


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um die Häuser gezogen. Auf so einen kannst du verzichten!

      Julie hielt ihr Gesicht in den Fahrtwind. Die eisige Kälte vertrieb die unbequemen Gedanken und half ihr, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Job im Nationalpark erforderte ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit, und sie durfte sich auf keinen Fall dabei stören lassen, weder von einer Beziehung noch von sonst irgendwas.

      Hinter dem Savage River war die Park Road für Besucher gesperrt, es sei denn, sie befanden sich in Begleitung eines Rangers. Aber die Straße war auch hier geräumt, und sie kamen zügig vorwärts. Das Tageslicht, das nur durch wenige Wolken gedämpft wurde, erleichterte ihnen das Fahren. In der Ferne war der Mount McKinley inzwischen fast vollkommen hinter Wolken und Nebelschwaden verschwunden, ein Zeichen dafür, wie schnell sich das Wetter in diesen Breiten ändern konnte, und wie widerwillig der Berg sich zeigte. Selbst lang gediente Ranger konnten die Tage, an denen der Mount McKinley seine ganze Pracht zur Schau stellte, an den Fingern einer Hand abzählen. Wie die Landschaft in einem geheimnisvollen Märchen breiteten sich die Ausläufer der Alaska Range vor ihren Augen aus, nur unterbrochen von dunklen Fichten, die sich wie Scherenschnitte gegen den Schnee abhoben.

      Hinter dem Sanctuary River bogen sie nach Süden ab. Über eine schmale Straße, die den Rangern vorbehalten war, fuhren sie am Ufer des zugefrorenen Flusses entlang. Die Straße war nur notdürftig geräumt, und ihnen blieb nichts anderes übrig, als alle paar Schritte von den Kufen zu springen und den Hunden durch hohe Schneeverwehungen zu helfen. Hier blieb Julie keine Zeit mehr, über Josh nachzudenken, der Trail erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit, und sie musste sich gewaltig anstrengen, um in den Augen der erfahrenen Carol nicht als Anfängerin zu gelten. Mit lauten Zurufen dirigierte sie ihre Hunde über die verschneite Straße und an den Hindernissen vorbei, stets darum bemüht, mit dem Schlitten nicht aus der Spur zu kommen und im Tiefschnee zu landen. »Weiter so, Chuck! Ihr schafft das … so ist es gut! Weiter!«

      Nach ungefähr einer Stunde hielt Carol im Schatten einiger Bäume. Sie warf Julie einen anerkennenden Blick zu und sagte: »Du kannst mit einem Gespann umgehen. Besser als die meisten anderen …« Sie stutzte und blickte misstrauisch nach Südwesten. Ihre Augen verengten sich. »Hörst du das?«

      Julie lauschte angestrengt. Aus der Ferne wehte der Wind das Motorengeräusch zweier Snowmobile heran. Noch war es kaum zu hören, doch als der Wind auffrischte, wurde es lauter, und sie glaubte sogar, die dunklen Schatten der beiden Jugendlichen im schwindenden Tageslicht zu erkennen. »Die beiden Jungs«, sagte sie leise, als hätte sie Angst, dass sie jemand hören könnte, »dort unten auf der Lichtung!« Sie seufzte. »Die holen wir doch nie ein!«

      Carol zog einen Feldstecher aus ihrer Anoraktasche und blickte genauer hin. »Ganz im Gegenteil«, widersprach sie, »einer der beiden ist gestürzt! Wenn wir uns beeilen, brauchen wir die beiden Strolche nur einzusammeln.«

      Die Rangerin trieb ihre Hunde über die Böschung und schob den Schlitten durch den Tiefschnee am Waldrand, fuhr im Schutz der Bäume am Wald entlang und über einen vom Wind kahl gefegten Hang ins Tal hinab. Julie blieb ihr dicht auf den Fersen, musste ihre ganze Kraft aufwenden, um durch den Tiefschnee zu kommen, und war froh, als sie endlich den Hang erreichte.

      Von dort waren die beiden Jungen deutlich zu erkennen. Einer der beiden war mit seinem Snowmobil gestürzt und lag hilflos im Schnee, das rechte Bein unter der schweren Maschine. Der andere Junge hatte angehalten, gab aber sofort Gas, als er sie kommen sah, und wollte zur Straße entkommen. Doch schon nach wenigen Metern stürzte auch er und landete kopfüber im Schnee. Sein Snowmobil fuhr allein weiter und blieb in einer Schneewehe stecken. Der Motor verstummte, und gespenstische Stille legte sich auf die Senke.

      »Mein Fuß!«, jammerte der Junge, der versucht hatte, zur Straße zu entkommen. »Ich hab mir den Fuß verletzt! Helfen Sie mir! Ich glaube, er ist gebrochen!« Er versuchte sich zu bewegen und sank sofort wieder zurück. »Verdammt, tut das weh! Sie müssen mir helfen, Ranger! Er ist gebrochen!«

      Carol hielt den Schlitten an und untersuchte den Fuß des Jungen. »Du hast Glück gehabt, er ist nur verstaucht. Hättet ihr die Vorschriften beachtet, wäre das nicht passiert. Ihr wisst doch, dass ihr im Nationalpark nicht fahren dürft, oder könnt ihr nicht lesen? Wundern würde es mich nicht.« Sie zog den Jungen zum Schlitten und ließ seine Arme los. »Mach’s dir auf der Ladefläche bequem. Die Snowmobile holen wir später. Wenn eure Eltern kommen.«

      »Unsere Eltern?«, riefen beide Jungen gleichzeitig.

      »Eure Eltern«, bestätigte Carol ungerührt. »Und ich bin sicher, sie werden nicht gerade erfreut sein, wenn sie hören, was ihre Söhne angestellt haben. Ihr seid euch doch darüber im Klaren, dass euer Vergehen eine heftige Geldstrafe nach sich ziehen wird. Ihr fahrt schließlich nicht zum ersten Mal hier herum.«

      »Eine Geldstrafe? Aber wir haben kein Geld!«

      »Dann werden es eure Eltern wohl auslegen müssen. Ihr könnt sicher in den Ferien irgendwo arbeiten und genug verdienen, um es zurückzuzahlen.«

      »Verdammter Mist!«

      »Fluchen hilft euch jetzt auch nicht weiter. Auf den Schlitten!«

      Julie war erstaunt, wie rigoros ihre ältere Kollegin gegen die Jugendlichen vorging und wie wenig sie Gnade vor Recht ergehen ließ. Aber vielleicht wollte sie ihnen auch nur ein wenig Angst einjagen, um sie für ihre Dummheit büßen zu lassen. Verdient hatten es die Jungen. Mit ihren lauten Snowmobilen erschreckten sie die wilden Tiere und brachten sich unnötig selbst in Gefahr. Der Sturz hätte ihnen eigentlich zeigen müssen, wie gefährlich es war, allein durch den Park zu fahren, wenn man sich dort nicht auskannte.

      Sie hatte inzwischen den anderen Jungen unter seinem Snowmobil hervorgezogen und zu ihrem Schlitten geführt. Er war glücklicherweise unverletzt. Mit schuldbewusster Miene setzte er sich auf die Ladefläche. »Muss das sein, dass Sie unsere Eltern holen?«, jammerte er. »Lassen Sie uns laufen … bitte!«

      Julie wusste nicht, was sie antworten sollte, und Carol reagierte gar nicht. Stattdessen zog sie ihr Funkgerät aus der Tasche und rief die Zentrale: »Zentrale, hier Schneider. Wir haben die beiden Jugendlichen gefunden …«

      Die beiden Jungen sagten gar nichts mehr.

      Während der folgenden Tage arbeitete Julie vor allem mit den Huskys. Nach der Fütterung eines »Hundesüppchens« am frühen Morgen, für das wenig Trockenfutter mit viel Wasser vermischt wurde, unternahmen Carol und sie mehrere Patrouillenfahrten in die Wildnis. Erst nach den Ausflügen bekamen die Huskys ihre tägliche Futterration, die ebenfalls mit Wasser vermischt wurde, damit die Hunde die nötige Flüssigkeit aufnahmen. Bei den hohen Anforderungen, die an die Huskys gestellt wurden, mussten die Ranger sehr genau auf die richtige Ernährung und Pflege achten. Ihre Touren führten sie quer durch den Nationalpark, über die geräumte Park Road und durch den Tiefschnee abseits der Straße, um den Hunden die nötige Bewegung zu verschaffen und Julie darauf vorzubereiten, was bei einem Einsatz von ihr verlangt werden könnte. »Letzten Winter haben wir drei Tage nach einem verschwundenen Wanderer gesucht«, berichtete Carol. »Das Wetter war so schlecht, dass der Hubschrauber nicht starten konnte, und ich musste mich mehrere Stunden durch den Tiefschnee kämpfen, bis ich ihn endlich gefunden hatte. Er hatte sich das Bein gebrochen und konnte von Glück sagen, dass er überlebt hat.«

      Am zweiten Tag wechselten sie die Gespanne, und Julie machte sich mit Skipper und den anderen Hunden des Parks vertraut. Schon beim Verteilen des Hundesüppchens redete Julie lange mit Skipper, gewöhnte den eher zurückhaltenden Leithund an ihre Stimme und ihren Geruch und kraulte ihn freundschaftlich zwischen den Ohren, wie sie es mit Chuck immer tat. »Wir haben jetzt öfter miteinander zu tun«, sagte sie. »Ich weiß, du hast dich an Carol gewöhnt. Ihr beide versteht euch und seid ein eingespieltes Team … und außerdem ist sie eine erstklassige Musherin. Aber wir beide kommen sicher auch miteinander aus. Enttäusch mich nicht, Skipper, hörst du?« Sie kraulte ihn noch mal, griff ihm unters Kinn und blickte ihm in die Augen. »Und pass mir auf Rowdy auf. Den dürfen wir nicht an der langen Leine laufen lassen.«

      Schon nach wenigen Meilen erkannte Julie, dass sie auch mit dem anderen Gespann zurechtkommen würde. Skipper reagierte


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