Butler Parker Box 9 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker Box 9 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      Makler Vellers, der auf der anderen Türseite gelauscht hatte, stand vollkommen perplex im Gang und wußte kein Wort zu sagen.

      »Ich hörte meinen Namen«, behauptete der Butler. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«

      »Wie …? Eh …, was wollen Sie eigentlich …«

      »Selbstverständlich, Sir«, sagte Parker. »Dann muß ich mich wohl geirrt haben.«

      Vellers nickte, wandte sich um und ging zurück zur Treppe, die hinauf zum Deck führte. Often hatte sich inzwischen wieder gefangen, nachdem Parker sich umgedreht hatte. Sein Gesicht war ausdruckslos.

      »Lassen Sie sich nur nicht aufhalten, Often«, meinte der Butler. »Ach, richtig, Sie wollen ja noch feststellen, welcher Anzug im Kleiderschrank fehlt …!«

      Often entfernte die Reste der Kleiderschranktür und beschäftigte sich mit der Garderobe des Ermordeten.

      »Ich bin gespannt, zu welchem Ergebnis Sie gekommen sind«, sagte Parker, als Often sich ihm zuwendete.

      »Sir, es fehlt kein Anzug«, sagte Often, der selbst überrascht zu sein schien.

      »Sind Sie sicher?«

      »Vollkommen sicher, Sir. Es fehlt kein Anzug. Darauf würde ich jeden Eid leisten.«

      »Sehr schön, demnach dürfte Trotters nackt gewesen sein, als er über Bord fiel«, sagte Parker mehr zu sich selbst. »Ich finde, daß der Mörder etwas zu sehr überhastet gearbeitet hat … Nun, ich habe keinen Grund, ihn deswegen zu tadeln. Mister Often, ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit.«

      »Ich kann gehen?«

      »Aber selbstverständlich …, ich hätte ja noch nicht einmal die Amtsbefugnisse, Sie festzuhalten.«

      Often verließ die Kabine, während Parker erst später folgte. Das Gespräch mit dem Steward hatte ihn sehr angeregt. Er ging leichtfüßig über Deck bis er Rander traf, der gerade aus dem Mannschaftslogis kam.

      »Na, was haben Sie denn herausgefunden?« fragte Rander.

      »Um Himmels willen, Sir, ich habe erst gar nicht danach gefragt«, erwiderte der Butler. »Ich hatte mit Often zu tun … Hoffentlich sind Sie zu einem Ergebnis gekommen?«

      »Es steht einwandfrei fest, daß Clark das Logis verlassen hatte«, sagte Mike Rander kopfnickend. »Er war es, den Sie gesehen haben müssen. Zeitlich fügt sich das ineinander.«

      »Daraus ließ sich folgern, daß der Mörder nur sehr wenig Zeit hatte, Clark zu ermorden«, sagte Parker. »Mein Abstand zu Clark betrug höchstens – zeitlich gesehen – eine Minute … Es fragt sich nur, ob Clark vor meinem Niederschlag oder später erstochen wurde.«

      »Selbst wenn wir Ihre Ohnmacht mit drei bis vier Minuten ansetzen«, sagte Mike Rander, »dann war die Zeit für den Mörder immer noch recht knapp.«

      »Sie reichte selbst für den Steward Often aus, der für fünf Minuten den Anrichteraum verlassen hatte«, sagte Butler Parker. »Sir, wir sollten uns ausführlich über Often unterhalten … Hoffentlich unterschätzt der Mann nicht die Gefahr, in der er sich befindet …«

      »Hoffentlich«, sagte Mike Rander.

      »Wir müssen etwas unternehmen, Sir.«

      »Setzen wir uns doch in die Bar«, schlug Rander vor. »Ich verdurste förmlich in dieser Hitze …«

      *

      Da keiner der Schauspielers zu sehen war, mixte Mike Rander zwei scharfe Drinks, versah sie ausgiebig mit Eiswürfeln und schob Parker ein Glas in die Hand.

      Es war überraschend, daß Parker sich bedienen ließ, eine Entweihung seiner Berufsauffassung, die er unter normalen Umständen nie zugelassen hätte. Auf der anderen Seite aber bedeutete dies, daß der Butler ein schweres Problem zu durchdenken hatte.

      Mike Rander kannte Parker und beschränkte sich darauf, an seinem Glas zu nippen.

      »Sir, ich glaube, wir müssen unsere Gedanken umgruppieren », sagte Parker. »Dreh- und Angelpunkt bleibt das uns bisher verborgene Mordmotiv … Wir kamen überein, daß ein gewöhnlicher Raub ausscheidet. Mir geht vor allen Dingen ein bestimmter Punkt nicht aus dem Gedächtnis. Warum stahl Clark Salz aus der Mannschaftskombüse, und warum drohte er dem Koch Chi-Fu, wenn er etwas davon sagen würde …?«

      »Warum fragen Sie mich?« meinte Mike Rander lächelnd. »Wozu soll man hier an Bord schon Salz brauchen? Ich habe keine Ahnung. Wichtig muß es aber sein, denn umsonst drohte Clark ja nicht …!«

      »Mein Instinkt sagt mir, sofern ich mich nicht täusche, daß dieses gestohlene Salz sehr wichtig war, oder ist.«

      Rander schwieg und nippte an seinem Glas.

      Parker hatte ausdruckslos in eine Ecke der Bar geschaut, plötzlich jedoch kam Leben in ihn. Er setzte das Glas mit dem scharfen Drink ruckartig an die Lippen und goß den Inhalt in sich hinein.

      »Sir …«, sagte er dann aufstehend, »ich glaube, des Rätsels Lösung gefunden zu haben.«

      »Ich wußte es«, sagte Mike Rander vertrauensvoll. »Es wurde ja auch langsam Zeit.«

      »Das gestohlene Salz sollte einen anderen Stoff ersetzen. Ich erinnere Sie an einschlägige Fälle aus Ihrer Berufspraxis …«

      »Donnerwetter, Parker«, sagte Mike Rander und sprang ebenfalls hoch. »Sie haben vollkommen recht.«

      »Das gestohlene Salz sollte an die Stelle von Rauschgift gesetzt werden«, redete Parker weiter. »Das Mordmotiv kann nur Rauschgift sein … Danach hat man auch in Trotters Kabine gesucht.«

      »Sollte Trotters Rauschgift geschmuggelt haben?« fragte Mike Rander überrascht.

      »Ich würde die Frage anders formulieren«, antwortete Parker. »Abgesehen von den Gästen Stranders, wäre er der einzige Angestellte gewesen, der die Mittel hatte, um Rauschgift aufzukaufen.«

      »Sehr richtig, aber das eröffnet uns ja völlig neue Perspektiven«, sagte Mike Rander. »Wegen einiger Gramm Gift wird der Mörder bestimmt nicht zwei Menschen umgebracht haben.«

      »Ich denke, Sir, daß wir jetzt vorn im Rennen liegen«, sagte Butler Parker, »und wenn Sie es gestatten, würde ich gern heute abend während des Essens einen Bluff ausspielen.«

      »Ich kann mir schon denken, wie dieser Bluff ausfallen wird«, meinte Rander. »Der Mörder wird langsam dazu kommen, Blut und Wasser zu schwitzen …«

      *

      Es war der zweite Abend auf See, den Butler Parker erlebte.

      Steward Strings hatte gegongt. Stranders Gäste, die sich in ihren Kabinen erfrischt und umgezogen hatten, erschienen nacheinander im Salon, um das Abendessen einzunehmen.

      Die Stimmung war gedrückt und unheilschwanger. Man stocherte lustlos in dem erstklassigen Essen herum. Wenige Worte nur wurden gewechselt, es war fast so, als getraue man sich nicht, laut zu reden.

      Schauspieler Strollen raffte sich endlich auf, und begann mit sonorer Stimme und dezenter Gestik Anekdoten aus seiner Theaterzeit zu erzählen. Er merkte aber recht bald, daß man ihm kaum zuhörte. Die Pointen zündeten nicht recht.

      Makler Vellers kümmerte sich sehr um Strander, aber der Schiffseigner war nicht in der Laune, um auf Vellers Worte einzugehen. Er hatte wohl das Gefühl, er müsse sich mit einem Mörder unterhalten. Liz Talbot und Walter B. Winchel, die beiden Leute vom Film, tranken eifrig, als müßten sie einen Kummer hinunterspülen.

      Helen Grade schien in der Zwischenzeit geweint zu haben. Trotz aller Retuschen waren ihre Augen gerötet und die Lider geschwollen. Sie hatte wohl Streit mit Strander gehabt.

      Kapitän Sanders sah wiederholt auf seine Uhr. Er wartete wohl nur auf den Moment, sich empfehlen zu können.

      Mike Rander hingegen aß mit gutem Appetit, während Butler Parker einen völlig teilnahmslosen Eindruck machte.


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