Teufelskatz. Kaspar Panizza

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Teufelskatz - Kaspar Panizza


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und ließ sich in seinen Sessel plumpsen, der gefährlich quietschte.

      »Irgendwann a mal kracht’s ihr zwei zamma«, stellte Hasleitner fest und verteilte eine Runde Butterbrezen.

      »Also, passt’s auf, ich war gestern Abend beim Klessel zum Essen eingeladen … Was mich jetzt interessiert, ist des Umfeld des Toten. Familie, Beruf, Konten, Hobbys et cetera. Des machst du, Hasleitner. Und du, Emil, suchst alles raus, was du über den Nachbar, die Pastafari und des fliegende Spaghettimonster finden kannst. Ich geh inzwischen zum Klessel, und die Katz nehm ich mit.«

      »Warum darf meine schwarze Schwester nicht dableiben?«, fragte Mayer junior grinsend.

      »Der Staller ist wieder da«, sagte Steinböck.

      »Auweia, dann is besser, wenn du die Kanzleraufsicht hast.«

      *

      Wie üblich traf er Klessel am Schreibtisch hockend, die Beine auf den Tisch gestreckt und wieder mal selbstzufrieden vor sich hin lächelnd.

      »Du darfst mich Genie nennen«, sagte er erwartungsvoll.

      »Was ist los, hast du schon wieder von deinem Formalin getrunken?«

      »Hä, hä, ich habe den Fall sozusagen schon gelöst.«

      »Wo kann ich mich hinsetzen?« Steinböck blickte sich vergeblich nach einer Sitzgelegenheit um, denn er wusste, dass es länger dauern würde. Schließlich setzte er sich auf einen der fahrbaren Seziertische, während die Katze auf Klessels Schreibtisch sprang.

      »Ich sag nur ›Chironex fleckerie‹, die mordende Hand.«

      »Oh, ich wusste gar nicht, dass ich so gefährlich bin.«

      »Red endlich Klartext, sonst nehm ich dir deinen Flachmann weg«, antwortete Steinböck genervt und warf zugleich der Katze einen bösen Blick zu.

      »Das Gift der ›Seewespe‹, einer Quallenart die nur im australischen Pazifik vorkommt. Eine kleine Menge davon ist bereits absolut tödlich.«

      »Und wie wurde es ihm verabreicht?«

      »Folge mir«, sagte Klessel theatralisch und zog den verdutzten Steinböck, der noch immer auf dem Sezierwagen saß, hinter sich zu der Wand mit den Kühlboxen her. Er öffnete eine der Türen und zog die Rollbahre mit Grubers Leiche heraus. »Hier, schau dir die Handinnenfläche an.« Er klappte das Pflaster zurück, und ein geröteter Einstich wurde sichtbar. »Siehst du die glänzende Haut? Der Täter hat die Wunde sogar mit einem Spray desinfiziert und dann ein Pflaster angebracht, um davon abzulenken.«

      »Und wer sagt dir, dass es nicht Gruber selbst war? Er könnte sich an dem vergifteten Objekt verletzt und sich dann verarztet haben«, sagte Steinböck, während er vorsichtig vom Sezierwagen rutschte.

      »Unmöglich, dazu hatte er keine Zeit mehr gehabt. Außerdem habe ich mit Beck von der SpuSi telefoniert. In der ganzen Wohnung gibt es kein Desinfektionsspray. Und sie haben auch kein Pflaster gefunden. Aber sie konnten einen Plastikstreifen sicherstellen, der ganz offensichtlich von der Rückseite eines Pflasters stammt. Und jetzt tritt Thomas Klessel in Aktion, der genialste Pathologe seit Karl-Friedrich Boerne.«

      »Und wer soll das sein?«

      »Vergiss es, Klessel, der Kerl guckt doch nur die Teletubbies.«

      »Okay, stell dir vor, du hast Handschuhe an und willst die Folie eines Pflasters abziehen. Entweder ziehst du die Handschuhe aus, dann befänden sich Fingerabdrücke auf dem Pflaster, oder du hältst sie mit den Zähnen fest, dann ließen sich vielleicht Spuren von Speichel finden, um die DNA nachzuweisen.«

      »Oder du hast Gummihandschuhe an, dann bekommst du sie trotzdem ab.«

      »Laut Beck gibt es eine eindeutige Druckstelle, die auf einen Zahnabdruck hinweist«, dozierte Klessel und ignorierte Steinböcks Einwand.

      »Wann hast du die DNA-Probe analysiert?«

      »Wenn etwas zu finden ist, dann bis morgen.«

      »Gute Arbeit, Thomas«, sagte er, packte die Katze unterm Bauch und nahm sie auf den Arm. »Ach, übrigens, wer ist jetzt dieser Karl-Friedrich Boerne?«

      *

      »Also, was Besonderes hab ich im Umfeld vom Gruber nicht gefunden. Er arbeitet seit 20 Jahren bei der Stadt im Sozialamt. Gehobener Dienst. Geboren 1970. Abitur und abgeschlossenes Theologiestudium. Er hatte bereits die Priesterweihe erhalten, verliebte sich dann aber in seine Haushälterin und legte sein Priesteramt nieder. Er studierte Psychologie und machte eine Ausbildung als Bewährungshelfer. Als solcher begann er 1999 bei der Stadt München. Zwischenzeitlich war er verheiratet gewesen und wurde vor zehn Jahren geschieden. Keine Kinder.« Hasleitner ließ das Gesagte kurz wirken und wollte dann fortfahren.

      »Womit hatte er bei seiner Arbeit zu tun?«, unterbrach Steinböck sie.

      »Er war in der Verwaltung, hat Leute koordiniert, Gelder genehmigt. Nichts Aufregendes. Er hatte auch seit Jahren keinen Publikumsverkehr mehr. Bis Freitag hatte er Container für Flüchtlinge organisiert.«

      »Bis Freitag?«

      »Richtig. Seit Freitag ist er für elf Monate freigestellt. Ein sogenanntes Sabbatjahr. Aber von seinen direkten Mitarbeitern habe ich noch keinen erwischt. Die Kollegin, die mit ihm im Büro sitzt, hat aber versprochen, heute noch vorbeizukommen.«

      »Was ist mit seiner Ex?«

      »Ich hab sie angerufen. Die war echt fertig. Die beiden hatten noch engen Kontakt. Ich hab sie herbestellt.«

      »Gut, Ilona, und was meinst du?«

      »Ich, was i moan?«

      »Komm Ilona, du weißt, warum du unter anderem bei uns bist. Weilst a Nasen hast. Weilst a G’spür für Menschen hast.«

      Hasleitner war sichtlich verlegen. Steinböck nahm die Katze auf den Arm und lehnte sich gegen die Fensterbank. Ilonas Blick ging von Emil Mayer junior zu ihrem Chef. Dann räusperte sie sich zweimal und legte los.

      »Ich glaub, der Gruber war a ehrliche Haut. Der war scheinbar immer gradlinig und alle ham eam g’mocht. Und wenn oaner für sei große Liebe sogar sein Priesteramt aufgibt, dann nötigt mir des Respekt ab. Aber sein Glaube is ihm blieben und hat ihn offensichtlich stark gemacht.«

      Frau Merkel sprang von Steinböcks Arm auf die Fensterbank. Es schien, als verdrehte sie die Augen.

      »Ich sagte dir doch, dass das Mädel Drogen nimmt. Du solltest besser auf dein Personal achten.«

      Der Kommissar nahm sie am Kragen und hob sie vorsichtig durch das geöffnete Fenster nach draußen, wo er sie auf dem Vordach absetzte.

      »Ich sag nur Spaghetti mit Fleischpflanzerl.«

      »Jetzt redet er wieder mit der Katze«, flüsterte Mayer junior Ilona Hasleitner zu.

      Steinböck wandte sich ihm zu.

      »Des hab ich g’hört. Pass nur auf, dass ich dir ned die Luft aus den Reifen lass. Also, was hast du rausgekriegt?«

      Mayer grinste über das ganze Gesicht.

      »Vollgummi, Chef, Vollgummi!«, er klopfte dabei mit der flachen Hand auf den Rollstuhlreifen. »Also, womit soll ich anfangen?«

      *

      Bevor Emil junior beginnen konnte, klopfte es an der Tür und Sabine Husup trat unaufgefordert ein. Wie immer trug sie einen Pullover, der ihr bis zu den Knien reichte, und ihre Haarlänge variierte, wie schon die letzten 20 Jahre zwischen 2,8 und 3,2 Millimetern. Die gegelten Spitzen erinnerten Steinböck an einen greisen Igel und die runde Nickelbrille an Harry Potter unter der Treppe.

      »Morgen, Herr Kommissar, kann ich mein Smartphone wiederhaben oder müssen Sie noch was kopieren? Die Fotos von Gruber werden Sie vermutlich schon gelöscht haben«, sagte sie mit vorwurfsvollem Ton.

      »Also, zuerst mal herein, dann guten Morgen, und des Weiteren, Ihr Handy hab ich überhaupt nicht angerührt.« Umständlich


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