Teufelskatz. Kaspar Panizza

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Teufelskatz - Kaspar Panizza


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dann können wir erst mal dichtmachen. Also bringt die Sache zu Ende. Euch erwartet ein dicker Bonus, wie man in deren Kreisen so schön sagt.«

      *

      Das erzbischöfliche Ordinariat in der Rochusstraße lag um die Ecke. Steinböck entschloss sich, zu Fuß zu gehen. Eine regelrechte Odyssee durch die heilige Arroganz erwartete Steinböck, bis er schließlich beim persönlichen Sekretär des Bischofs landete. Martin Häckel empfing ihn an der Tür eines riesigen Büros, in dessen Mitte ein ebenso riesiger Schreibtisch stand. Die Wände hingen voller Bilder, und Steinböck war sichtlich erstaunt über die Auswahl der Künstler. Da waren doch hauptsächlich Münchner Maler aus dem letzten Jahrhundert zu sehen.

      Martin Häckel war etwa in Steinböcks Alter, Anfang 50, vielleicht ein paar Jahre jünger. Zumindest besserte sich die Stimmung des Kommissars merklich, nachdem er zuvor durch ein Spalier von Scheinheiligkeit und Selbstherrlichkeit geschritten war.

      »Entschuldigen Sie die Reserviertheit unserer Mitarbeiter, aber davon sind einige noch vom alten Schlag. Natürlich helfen wir der Münchner Polizei, wo immer wir nur können. Man hat mir gesagt, Sie wären von der Mordkommission. Nicht gerade eine Abteilung, mit der wir oft zu tun haben«, sagte er lächelnd. »Nehmen Sie doch Platz. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Eine Tasse Kaffee und vielleicht ein Stück Apfelkuchen? Selbst gebacken. Lachen Sie nicht, ich backe leidenschaftlich gerne.«

      Steinböck dachte kurz und hungrig an das fliegende Spaghettimonster, das ihm Tamara auf den Tresen geknallt hatte, und er nahm dankend an.

      »Was kann ich für Sie tun, Herr Kommissar.«

      »Kennen Sie einen Franz Gruber?«

      »Oh, ja«, sagte Häckel lachend, »den kenn ich sehr wohl.«

      »Franz Gruber wurde am Sonntagabend tot in seiner Wohnung aufgefunden.«

      »Franz tot? Und da Sie von der Mordkommission sind, gehe ich davon aus, dass er keines natürlichen Todes gestorben ist.«

      »Das ist richtig. Woher kennen Sie ihn?«

      »Ich kenne ihn schon seit dem Studium.«

      »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«

      »Das war erst vergangene Woche. Er war bei mir im Büro.«

      »Hier bei Ihnen?«, fragte der Kommissar erstaunt. »Warum war er hier?«

      »Es ging wieder mal um Wohnungen für Asylbewerber. Er war der Meinung, dass die Kirche mehr ihrer Wohnungen kostenlos zur Verfügung stellen sollte.«

      »Und Sie sind anderer Meinung?«

      »Nicht unbedingt, ich war durchaus seiner Meinung, aber ich entscheide das nicht. Das entscheidet die Finanzabteilung.«

      »Nicht der Bischof?«

      »Natürlich hat der Bischof das letzte Wort. Deswegen war Franz ja bei mir. Ich versprach ihm, mit seiner Exzellenz zu sprechen, sobald dieser aus Rom zurückkehren würde.«

      »Kannte der Bischof Franz Gruber persönlich?«

      »Ja, die beiden kennen sich schon lang, aber ehrlich gesagt, sie mochten sich nicht besonders.«

      »Darf ich fragen, warum?«

      »Na ja, im Bezug auf die Diözese war Franz ein Stänkerer, wie man bei uns in Bayern so sagt. Seine Exzellenz und Franz Gruber trugen so manchen kirchlichen Disput aus. Franz war ein sehr streitsamer Mensch, wenn es um Angelegenheiten zwischen kirchlicher und weltlicher Verwaltung ging.«

      »So, so, ein Stänkerer, also waren seine Angriffe oft unberechtigt?«

      »Das kann man so nicht sagen«, sagte der Sekretär und wand sich unbehaglich auf seinem Stuhl. »Die Diözese hatte Franz, nachdem er sein Priesteramt aufgegeben hatte, nicht gerade fair behandelt. Man hatte ihm eine große Karriere innerhalb der Kirche zugetraut und hatte enttäuscht etwas überreagiert. Daraufhin wurde Franz so etwas wie der Kämpfer für die, die sich von der Kirche ungerecht behandelt fühlten.«

      »Das klingt ja aufregend. Robin Hood der Exkommunizierten.«

      »Na ja, vielleicht habe ich auch etwas übertrieben, aber ich mochte ihn eben. Sagen Sie, Herr Kommissar, welcher Zusammenhang mit Franz Grubers Tod führt Sie ausgerechnet zu uns?«

      »Reine Routine. Übrigens, hatte er in letzter Zeit auch mal einen persönlichen Termin beim Bischof?«

      »Warum fragen Sie? Er hätte tatsächlich vor drei Tagen einen Termin beim Bischof gehabt. Leider musste seine Exzellenz letzte Woche plötzlich nach Rom und ich war gezwungen, ihm abzusagen.«

      »Wann kommt er denn wieder?«

      »Wir erwarten ihn heute Abend zurück.«

      »Schön, dann grüßen Sie ihn von mir. Vielleicht möchte ich ihn in den nächsten Tagen persönlich sprechen.«

      Jetzt lachte Martin Häckel laut auf.

      »Ich werde es ihm ausrichten, aber denken Sie daran, es handelt sich hier um den Erzbischof, der vermutlich auch bald Kardinal sein wird.«

      »Wie meinen Sie das?«, fragte Steinböck mit treudoofem Blick.

      »Sie wissen schon, wie ich das meine«, erwiderte Häckel mit arrogantem Lächeln. »Ich bitte Sie, mich jetzt zu entschuldigen.« Mit diesen Worten stand er auf, öffnete die Tür und wies Steinböck mit offener Hand den Weg nach draußen.

      Im Gang angekommen, drehte sich der Kommissar noch einmal um. »Eine Frage noch. Kennen Sie das fliegende Spaghettimonster?«

      Häckel sah ihn verdutzt an. »Das fliegende Spaghettimonster?«, fragte er.

      Steinböck versuchte, ernst zu blicken, und nickte bejahend.

      »Nein, noch nie davon gehört«, antwortete Martin Häckel verständnislos.

      *

      Nachdem bis zum Nachmittag weder Ilona Hasleitner noch Emil Mayer besonders erfolgreich gewesen waren, beschloss Steinböck, früher nach Hause zu gehen. Unterwegs besorgte er sich eine Flasche schottischen Single Malt und bei Aldi Katzenfutter und ein Rumpsteak. Ihm war klar, dass sich die Katze wieder über die CO2-Bilanz des argentinischen Rindfleisches mokieren würde, aber ehrlich gesagt war ihm das heute scheißegal. Auch Ilona war nicht besonders gut auf ihn zu sprechen, nachdem sie bereits an die 2.000 Bücher erfolglos durchgeblättert hatte. Immerhin war sie in einer Sonderausgabe von »Krieg und Frieden« auf einen 1000-DM-Schein gestoßen. Sie war sich jedoch sicher, dass sie morgen Vormittag fertig würde. Bei Emils Recherchen über Grubers geheimnisvollen Erbonkel versprach ihm ein Hamburger Kollege, am nächsten Tag dessen langjährige Haushälterin, die in einem Seniorenheim lebte, aufzusuchen.

      Zuerst öffnete er der Katze eine Dose »Fisch und Karotte«, und nachdem Steinböck sich ein Weißbier eingeschenkt hatte, haute er sich das Steak in die Pfanne, das er mit zwei Spiegeleiern garnierte. Um sein Gewissen zu beruhigen, schnitt er in den restlichen Salat vom Vortag noch eine Tomate hinein und machte es sich dann im Wintergarten bequem. Frau Merkel kontrollierte natürlich die Verpackung des Steaks, beließ es aber bei einem abfälligen Blick und machte sich dann über ihr Futter her.

      Nach dem, wie Steinböck überzeugt war, ausgezeichneten Abendessen räumte er den Teller in die Küche, lümmelte sich in seinen Korbstuhl, fischte seinen »Schwarzer Krauser« aus der Sakkotasche und drehte sich eine Zigarette. Die Katze sprang auf den Tisch und begann sich zu putzen, ohne dabei Steinböck aus den Augen zu lassen.

      Nachdem er sich die zweite Zigarette gedreht hatte, wurde es der Katze zu bunt.

      »Wolltest du heute Abend nicht etwas googeln?«, fragte sie schließlich.

      »Du meinst, über das fliegende Spaghettimonster?«, fragte er und öffnete den Laptop. Die Katze setzte sich dicht neben den aufgeklappten Bildschirm, und die nächste halbe Stunde surften sie durch die Geschichte der Pastafari und des fliegenden Spaghettimonsters. Und dieses Mal drängte ihn Frau Merkel auch nicht, sich zu beeilen, wenn er etwas zu lang auf einer Seite


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