Der Marshal kommt: Goldene Western Sammelband 12 Romane. Frank Callahan

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Der Marshal kommt: Goldene Western Sammelband 12 Romane - Frank Callahan


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war unrasiert, hatte einen massigen Körper und breite Schultern.

      Den zerfransten Strohhut hatte er in den Nacken geschoben, und seine mehrfach geflickte Jacke war so lang, dass man nicht sehen konnte, ob darunter vielleicht eine Waffe verborgen war.

      Er baute sich mitten auf der schmalen Straße auf, hielt die Arme über der Brust verschränkt und grinste angriffslustig.

      Nelson erkannte ihn sofort.

      Er war einer der beiden Männer, die aus dem Drugstore gescheucht worden waren.

      Nachdem Nelson sein Pferd gezügelt hatte, kniff er die Augen etwas zusammen und musterte sein Gegenüber abschätzig.

      Die Sache war klar, der Mann wollte ihn nicht vorbeilassen, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht suchte er einfach nur Streit.

      „Wenn Sie sich etwas dünner machten, hätten wir beide Platz genug!“, meinte Nelson.

      Aber sein Gegenüber antwortete nicht, sondern verzog nur spöttisch den Mund.

      Dann vernahm Nelson hinter sich ein Geräusch, das seine Rechte augenblicklich an die Hüfte schnellen ließ.

      „Schön stecken lassen!“, befahl eine heisere Stimme.

      Und dann ein Klicken, wie es entsteht, wenn man den Hahn eines Revolvers spannt. „Nehmen Sie die Hand vom Schießeisen!“

      Nelson gehorchte. Es blieb ihm nichts anderes übrig.

      „Und jetzt die Pfoten hoch!“

      Er hob vorsichtig die Arme und wandte dabei etwas den Kopf zur Seite. Aus den Augenwinkeln sah er einen Mann, der einen Revolver in der Hand hielt.

      Auch ihn hatte Nelson gerade im Drugstore gesehen.

      „Und jetzt holen Sie sehr vorsichtig Ihre Geldbörse hervor!“

      Verdammt!, dachte Nelson. Die beiden hatten gesehen, wie er im Drugstore bezahlt hatte, und es war ihnen offensichtlich nicht entgangen, dass er noch mehr besaß.

      Sich dumm zu stellen hatte in dieser Lage wenig Sinn. Es konnte die beiden Halunken nur noch mehr reizen.

      Möglicherweise ließen sie sich zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen und schossen ihr Opfer einfach über den Haufen…

      „Okay, okay …! Ich gebe Ihnen das Geld!“

      „Aber alles schön langsam, und keine falsche Bewegung! Wenn Sie irgendetwas versuchen sollten, sind Sie tot!“

      Nelson nickte stumm. Als er dann einen kurzen Moment zögerte, schlug der Mann mit dem zerfransten Strohhut seine lange Jacke zur Seite, so dass der Blick auf einen Revolver frei wurde. Der Mann besaß kein Holster. Er hatte die Waffe einfach hinter den Gürtel gesteckt. Jetzt holte er sie hervor.

      „Schneller!“, zischte er.

      Ein Geräusch, wie Pferdehufe es verursachen, ließ ihn dann herumfahren und einen Fluch ausstoßen. Ein Reiter kam heran, gekleidet wie ein Cowboy und bewaffnet!

      „Los, nichts wie weg, Jamie!“, rief der andere Halunke, während er sich bereits halb herumgedreht hatte. Er wich ein paar Schritte zurück, den Revolver noch immer auf Nelson gerichtet, und rannte dann in heilloser Flucht davon.

      Der Mann mit dem Strohhut riss seine Waffe herum und richtete sie auf den fremden Cowboy.

      Aber dieser war schneller. Blitzschnell, viel schneller, als Nelson es je bei einem Mann gesehen hatte, zog er seinen Colt aus dem Holster, und noch ehe sein Gegner schießen konnte, hatte dieser eine Kugel im Arm und ließ seine Waffe zu Boden fallen.

      „Wenn ich die Situation hier richtig einschätze, dann war das ein Raubüberfall!“, meinte der Cowboy. Er wandte sich an Nelson. „Was sollen wir mit dem Kerl machen? Der zweite ist uns ja nun leider durch die Lappen gegangen!“ Er zuckte mit den Schultern. „Dem Sheriff übergeben?“

      Nelson winkte ab.

      „Laufen lassen“, meinte er. „Mir fehlt nichts, weder Geld noch sonst irgendetwas. Sie sind gerade zur rechten Zeit gekommen! Meinen Dank!“

      „Keine Ursache!“

      Der Gauner hielt sich stöhnend den Arm und drückte sich an Nelson vorbei, um sich wie sein Komplize davonzumachen.

      Der Cowboy steckte seine Waffe wieder ein und meinte dann mit einer unbestimmten Geste: „Es ist Ihre Sache, Sir.

      Wenn Sie der Meinung sind, dass man diesen Halunken einfach davonlaufen lassen soll … Also, wie gesagt, es ist Ihre Entscheidung und ich respektiere das. Ich an Ihrer Stelle wäre allerdings nicht so großzügig gewesen!“

      „Ich bin auch nicht großzügig“, sagte Nelson. „In den meisten Dingen bin ich sehr genau! Ich kann in anderen Fällen sehr rachsüchtig sein …“

      „Oh!“ Der Cowboy verzog etwas das Gesicht. „Das klingt ja sehr gefährlich!“

      „Das ist es auch! Unbeglichene Rechnungen mag ich nicht, aber ich unterscheide zwischen wichtig und unwichtig.“

      „Und dieser Kerl hier war nicht wichtig?“

      „Die beiden sind arme Schweine, an so jemandem vergreife ich mich nicht.“

      „Das ist ein Standpunkt!“ Er schlug sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel. „Ich habe zwar noch niemanden kennen gelernt, der so denkt wie Sie, aber es ist ein interessanter Standpunkt, ohne Frage. Ich heiße übrigens Jim Connally!“

      „Nelson, Jesse Nelson. Ich wollte noch auf einen Drink in den Saloon. Wenn Sie wollen, lade ich Sie ein!“

      „Da kann ich nicht Nein sagen!“

      26

      Wer konnte schon sagen, woran es wohl liegen mochte, dass unter den Männern in „Howie Samsons Long Branch Saloon“ nicht so recht Stimmung aufkommen wollte.

      An dem Whisky, den Samson ausschenkte, lag es bestimmt nicht, denn der war vorzüglich. Eher schon konnte man dem gelackten Spieler mit dandyhaftem Gehabe die Schuld daran geben, der den Einheimischen mit seiner Fingerfertigkeit das Geld dollarweise aus den Taschen zog –oder man schob es einfach auf die Hitze.

      Eigentlich hatte Nelson nicht lange bleiben wollen, nur für ein Glas. Aber dann kam ein zweites und ein drittes, und er saß immer noch mit Connally an der Theke.

      „Sie sind Cowboy, nicht wahr?“, fragte Nelson, und sein Gegenüber bestätigte.

      „Ja, richtig!“ Er lachte. „Nicht zu übersehen, was! Ich habe schon auf vielen Ranches gearbeitet, einmal war ich sogar Vormann!“ Connallys meergrüne Augen verengten sich für einen Moment. Ein Schatten fiel kurzzeitig über sein Gesicht, das ansonsten eher offen und freundlich war. „Auch so eine traurige Geschichte! Eine große Gesellschaft kaufte die Ranch, auf der ich Vormann war, auf und legte sie mit mehreren anderen zusammen. Da wurde ich überflüssig!“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich war ohnehin nie besonders sesshaft. Immer wieder mal was Neues! Ich glaube, das brauche ich!“ Er kippte sein Glas herunter und bestellte auf Nelsons Rechnung einen weiteren Whisky. „Ich war in Texas“, fuhr er fort und schluckte. „Und in Wyoming! Ich habe Abilene und Wichita erlebt, damals, in der großen Zeit…“

      „Sie reden wie ein alter Mann, Jim!“, meinte Nelson.

      Connally zuckte mit den Schultern.

      „So ähnlich komme ich mir auch manchmal vor!“, meinte er, schüttelte dann aber energisch den Kopf. „Nein, vielleicht ist das nicht der richtige Ausdruck … Manchmal fühle ich mich, als wäre ich von einer Art, die allmählich ausstirbt und deren Zeit zu Ende geht! Die Zeit des Rinderreichs und der freien Weide ist schon so gut wie vorbei, Jesse! Überall werden Zäune gezogen, Eisenbahnen gebaut, unzählige landhungrige Siedler strömen heran –nicht zu vergessen diese verdammten Schafzüchter! In wenigen Jahrzehnten wird man dieses Land nicht


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