TAG DER ABRECHNUNG (Shadow Warriors 2). Stephen England

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TAG DER ABRECHNUNG (Shadow Warriors 2) - Stephen England


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allerdings konnten wir von der Agency bislang noch keine offizielle Stellungnahme …«

      Harry steckte seine Waffe zurück ins Holster und trat neben Carol. Sanft strich er ihr mit einer Hand über die Schulter. In ihren Augen schimmerten Tränen.

      »Es wird alles wieder gut«, sagte er, knetete behutsam ihre Schultern und ließ sich neben ihr auf dem Bett nieder. »Es wird alles wieder gut.«

      Sie sah ihn an und dann zu dem Fernseher zurück, und er spürte, dass sie kurz davor war, zusammenzubrechen. »Wieso geschieht das alles? Mein Gott, sie sagen, es hat Tote in Langley gegeben.«

      »Wir werden es erfahren«, flüsterte Harry, zog sie zu sich heran, als ihr Körper von heftigem Schluchzen geschüttelt wurde und hielt sie fest an seine Brust gedrückt, als sie in Tränen ausbrach. »Wir werden es noch früh genug erfahren.«

       08:31 Uhr Ortszeit

       Kanzlei Snell & Kilmer

       Las Vegas, Nevada

      Die Arbeit bei Snell & Kilmer riss nie ab, dachte der junge Mann bei sich, besonders dann nicht, wenn man noch immer versuchte, sich als Anwalt einen Namen zu machen. Und das war alles andere als einfach, wenn der aktuelle Fokus auf Steuerrecht lag. Nicht gerade sein Traum, als er vor fünf langen Jahren aus Pakistan kam … aber nun war er hier.

      Und doch war die Stimmung an diesem Morgen anders, als er seine Etage im Hughes Center betrat, wo die Kollegen einen kleinen Fernseher umringten. »Was ist los?«, fragte er und stellte seinen Milchkaffee auf dem Schreibtisch ab, direkt neben dem kleinen Messingschild mit der Aufschrift Samir Khan, Rechtsanwalt.

      Es schien ihn niemand gehört zu haben, außer seiner Freundin Cathy, die am Rand der Gruppe stand und deren Daumen unruhig über die Tasten ihres Telefons huschten. »Sie sagen, dass es in Virginia eine Reihe von Bombenanschlägen gegeben hatte. Und Dave geht nicht ans Telefon.«

      Sein Blick wanderte von den Augen der dunkelhäutigen Frau zu dem Fernsehschirm, und er spürte, wie sich sein Atem beschleunigte, während er den Worten des Moderators lauschte. Konnte … konnte das der Anfang sein? »Ya Allah«, keuchte er, ohne wirklich zu bemerken, dass er laut vor sich hingesprochen hatte. Das Arabisch kam ihm zu leicht über die Lippen. Oh Gott.

      »Was hast du gesagt?«, fragte Carol, die den Blick von ihrem Handy gehoben hatte.

      Er rang sich ein Lächeln ab und lief zu seinem Tisch zurück. »Nichts, Cathy … ich war nur geschockt. Ich bete dafür, dass du deinen Mann erreichen wirst.«

      Er fuhr seinen Computer hoch, lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und starrte auf seine Fingernägel. Es war nun schon so lange her … so lange, dass er beinahe den Glauben daran verloren hätte. Ich bitte Allah um Vergebung …

      Aber als er den Entwurfsordner seines E-Mail-Programmes öffnete, fand sich nichts darin, egal, wie oft er seinen Account erneut lud. Ganz so, als wäre ihre Zeit noch nicht gekommen.

      Und während er seine Kollegen musterte und sein Blick zu dem Fernsehschirm zurückwanderte, ertappte er sich bei der Frage, ob er bereit sein würde, wenn die Zeit reif war. Inschallah.

       11:42 Uhr

       CIA-Hauptquartier

       Langley, Virginia

      Der Teil der Tiefgarage, an dem Chambers Wagen parkte, hatte das Aussehen einer Leichenhalle angenommen.

      Fünf Tote. Ames und vier Angehörige des Sicherheitsteams. Vier weitere Männer, darunter der Hundeführer, waren mit Krankenwagen abtransportiert worden. Einer von ihnen schwebte in Lebensgefahr.

      Flackernde Lichter warfen gespenstische Schatten auf den blutigen Betonboden, während Rettungsmannschaften damit beschäftigt waren, einen der Stützpfeiler der Garage zu reparieren.

      Kein Anblick, den er nicht zuvor schon einmal gesehen hatte. Viel zu oft. Eine zunehmende Wut wuchs in Kranemeyers Brust heran, während er den Schauplatz in sich aufnahm, und er kämpfte dagegen an, wohl wissend, dass er die Kontrolle zurückgewinnen musste.

      Einige Meter entfernt stand Michael Shapiro, ein Taschentuch vor den Mund gepresst, das Gesicht aschfahl. »Wie konnte das passieren?«, fragte er und warf dem DCS einen verängstigten Blick zu.

      »Offenbar haben wir unseren Gegner unterschätzt«, bemerkte Kranemeyer und versuchte eisige Ruhe zu bewahren. Er musste bei klarem Verstand sein. Im selben Moment tauchte Ron Carter neben ihm auf.

      »Wir haben noch jemanden auf dem Weg ins Krankenhaus verloren«, berichtete er. »Er verblutete, bevor sie ihn stabilisieren konnten. Und das ist nicht alles.«

      »Was?«

      Carter zögerte. »Unsere Überwachungskameras zeigen Nichols hier in der Garage, keine zwanzig Minuten, bevor er Chambers entführte.«

      Kranemeyer fluchte leise vor sich hin. »Wo ist Parker?«

      »In Dulles, denke ich. Er sollte Richards von dort abholen.«

      »Rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, dass ich ihn hier brauche. Sofort.«

       11:57 Uhr

       Dulles International Airport

       Virginia

      Warten. Die Arbeit beim Geheimdienst wurde oft als lange Phasen unendlicher Langeweile beschrieben, unterbrochen von kurzen Momenten reinen Terrors.

      Für Thomas, der im Terminal in Dulles wartete, war es eine Kombination aus beidem. Jetzt war er nüchtern, stocknüchtern.

      Harry, der spurlos vom Radar der CIA verschwunden war, hatte dafür gesorgt. Und nun hatte es allein sechs Tote in Langley gegeben.

      Der Tag hatte schlecht begonnen und war von Minute zu Minute schlimmer geworden. Er bemerkte, dass seine Hände zitterten, und schob sie sich tief in seine Manteltaschen. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war, von der Flughafensicherheit hinausgeführt zu werden.

      Warten. Thomas sehnte sich nach etwas zu rauchen. Er war Zigarrenraucher gewesen. Damals, in seinen Tagen an der Wall Street. Hatte es aber aufgegeben. Ihm war auch kaum eine andere Wahl geblieben, nachdem er im ersten Anlauf auf der Farm durch die Untersuchungen gefallen war.

      Hin und wieder brach das Verlangen aber noch durch. Er atmete tief ein, zwang sich, sich umzudrehen. Als er das tat, erblickte er eine hochgewachsene Gestalt, die durch das Terminal auf ihn zuhielt. »Alles bereit?«

      »Dachte schon, du würdest gar nicht mehr kommen«, sagte Thomas verärgert.

      Der Gesichtsausdruck des Texaners blieb unverändert. »Die Berichte über die Attacke haben den Flugverkehr durcheinandergebracht. Wir haben eine Dreiviertelstunde darauf gewartet, eine Landeerlaubnis zu bekommen.«

      »Ich dachte, dass Regierungsflüge Priorität hätten.«

      »Haben sie auch«, antwortete Tex, der seinem alten Teamkameraden einen scharfen Blick zuwarf. »Aber im Himmel wimmelt es gerade von Feds.«

      »Tja, am Boden ist es nicht anders.«

      »Dachte ich mir. Lass uns gehen«, drängte der große Mann. »Je eher wir das Safehouse erreichen, umso besser.«

      »Keine Chance. Wir wurden nach Langley zurückbeordert, auf dem schnellsten Weg.«

      »Wieso?«, fragte Tex und sah Thomas in die Augen.

      »Vor vierzig Minuten ging in der Tiefgarage in Langley ein Sprengsatz hoch. Sechs Tote. Kranemeyer will dich vor Ort haben.«

      Der Texaner packte ihn am Arm. »Harry wird komplett und unauffindbar von der Bildfläche verschwinden, das weißt du so gut wie ich. Ihn in unserem Safehouse abzufangen ist unsere beste, unsere vielleicht einzige Chance.«

      »Ich weiß.«


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