In Freiheit dienen. Magnus Malm

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In Freiheit dienen - Magnus Malm


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machen. Wann wird er etwas sagen? Aber er sagt nichts. Kein einziges Wort über das, was geschehen ist. Nur eine Frage, die Jesus dreimal wiederholt: »Liebst du mich?«

      Jesus fragt nicht nach Petrus’ Sünde. Er fragt auch nicht nach seinen Führungsqualitäten. Er fragt nicht einmal nach seinem Glauben. Er fragt nach der Beziehung. Auf dieser Grundlage bekommt Petrus seinen erneuerten Auftrag: »Weide meine Lämmer.« – »Hüte meine Schafe.« – »Weide meine Schafe.« Am Ende des Gesprächs fasst Jesus die ganze Sache in drei wohlbekannten Worten zusammen: »Folge mir nach.«

      Eine Reaktion auf Gottes Güte

      Auch Paulus hat eine unerwartete Begegnung an einem gewöhnlichen Arbeitstag (Apostelgeschichte 9,1-25). Die Religionswächter fordern Opfer und ihr gewissenhafter Anführer ist auf dem Weg, um noch mehr Mitglieder der neuen Sekte aufzuspüren, als er plötzlich von einem hellen Lichtschein vom Himmel geblendet wird. Er fällt zu Boden und hört eine Stimme, die zu ihm sagt: »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?« Er fragt: »Wer bist du, Herr?« – »Ich bin Jesus, den du verfolgst …«

      Und Paulus, der bislang klar sehen konnte, erblindet für drei Tage. In dieser Zeit isst und trinkt er nichts. Erst als ein Mitglied der gefürchteten Sekte ihn aufsucht, ihm die Hände auflegt und die unerhörten Worte »Saul, Bruder« spricht, lässt die Lähmung nach, und Paulus kann wieder sehen.

      Auf so dramatische Art relativiert Gott seine große theologische Kompetenz und geistliche Klarsicht. Auf null gesetzt, buchstäblich am Boden, muss Paulus sich einem Gott beugen, der sich nicht kontrollieren oder imponieren lässt. Paulus ist derart entblößt und abhängig, dass er die geistliche Wegbegleitung von einem von denen annimmt.

      Als Paulus einige Jahre später seinen Lebenslauf für seinen Schüler und Kollegen Timotheus zusammenfasst, klingt das so:

      Wie dankbar bin ich Christus Jesus, unserem Herrn, der mich stark gemacht, als vertrauenswürdig erachtet und zu seinem Dienst berufen hat, obwohl ich ihn früher verachtet habe! Ich habe die Gläubigen verfolgt und ihnen geschadet, wo ich nur konnte. Doch Gott hatte Erbarmen mit mir, weil ich unwissend und im Unglauben handelte. Aber der Herr war freundlich und gnädig! Er hat mich erfüllt mit Glauben und mit der Liebe von Christus Jesus. Was ich sage, ist wahr und glaubwürdig: Christus Jesus kam in die Welt, um Sünder zu retten – und ich bin der Schlimmste von allen. Aber Gott hatte Erbarmen mit mir, damit Jesus Christus mich als leuchtendes Beispiel für seine unendliche Geduld gebrauchen konnte. So bin ich ein Vorbild für alle, die an ihn glauben und das ewige Leben erhalten werden.

      1. Timotheus 1,12-17

      Man achte darauf, was er sagt – und was er nicht sagt. Was ist Grundlage und Antrieb seiner Arbeit und Führung? Kein Wort von seinen theologischen Kenntnissen (obwohl er die Rabbiner-Ausbildung absolviert hat). Kein Wort von seinen geistlichen Gaben (die in der Apostelgeschichte dokumentiert sind). So wenig sie bei Petrus im Mittelpunkt stehen, tun sie es bei Paulus. Beide Leiter kannten sich selbst viel zu genau und waren viel zu stark von der Liebe Jesu geprägt, um sich von ihrer eigenen Spiritualität beeindrucken zu lassen.

      Ihre Führung gründete in etwas ganz anderem: Sie war eine Reaktion auf Gottes Güte. Paulus beschreibt sich selbst als ein »Vorbild für alle« (vgl. 1. Timotheus 1,16), die zum Glauben finden sollen. Was macht ihn zum Vorbild? Seine Klugheit? Seine große Geistlichkeit? Nein, seine Sünde – und seine Erfahrung einer noch viel größeren Barmherzigkeit. Anstatt von Paulus imponiert zu sein, hat Jesus »all seine Geduld« auf ihn gesetzt. Zweimal wiederholt Paulus das Unerhörte, das schlussendlich den Unterschied macht: »Gott hatte Erbarmen mit mir.«

      Das ist nicht nur ein kurzer frommer Exkurs aus Paulus’ erfolgreicher Führungsgeschichte, wie sich im wiederholten Ausdruck in seinem Brief zeigt: »Da Gott uns in seiner Gnade diese Aufgabe anvertraut hat …« (2. Korinther 4,1). Dies also ist das ganze Fundament seines Lebens, seiner Arbeit und seiner Führung. Es ist die Beziehung zu Jesus, die für Paulus Herz, Feuer und Quelle ist. Dass Gott der große Wiederverwerter ist, zeigt sich, als das theologische Wissen und die Geistesgaben, die Paulus dauerhaft hätten verblenden können, stattdessen zum Augenöffner für die ganze christliche Kirche werden.

      Das Ich hinter der Leistung

      Vergleicht man die beziehungsbasierte Führung mit der gabenbasierten, zeigen sich die Unterschiede Stück für Stück:

      • Inklusion. Paulus macht deutlich, dass er eher schlechter denn besser ist als alle anderen. Die »Exklusivität« ist eine Einladung zur Teilhabe statt eine Elite-Markierung: »Es gibt auch für dich einen Platz!« Wenn Führung darauf aufbaut, dass Gott seine Barmherzigkeit gezeigt hat, und nicht darauf, dass man selbst gezeigt hat, was man alles kann, wird der Dienst in der Gemeinde eine natürliche Reaktion für alle, die Gottes Güte erfahren haben, und nicht ein exklusives Revier für ein paar Auserwählte.

      • Freiheit. Meine Beziehung zu Gott ruht in Gottes Güte mir gegenüber, nicht darin, wie gut ich die Gaben verwalte, die er mir gegeben hat. Ein entscheidender Wendepunkt in den Geistlichen Übungen von Ignatius ist erreicht, wenn die Meditation über Gottes Liebe mir gegenüber Dankbarkeit im Herzen erweckt.10 Nur diese freie Antwort aus dem Herzen kann einen ausreichend nachhaltigen Antrieb zu dem geben, was Ignatius in seiner Sprache todo amar y servir nennt: in allem zu lieben und zu dienen.

      • Treue. Es ist die Treue zu Gott, die zählt, nicht das Ergebnis. Als die Verwalter in Jesu Gleichnis ihre unterschiedlichen Ergebnisse präsentieren, bekommen sie alle genau die gleiche Antwort: »Komm, nimm Teil am Freudenfest deines Herrn« (vgl. Matthäus 25,14-30). Nicht die Bilanz steht im Mittelpunkt, sondern die Beziehung zu Jesus. Deshalb macht man weiter, wenn andere aufgeben, weil sie keine Ergebnisse sehen. Die Treue zeigt auf Gott, nicht auf die eigenen Gaben oder Resultate.

      • Gottesbild. Als Mose Gott am brennenden Dornbusch fragt, von wem er dem Volk berichten soll, erfährt er Gottes Namen: »Ich bin, der ich immer bin« (2. Mose 3). Die Druckwelle dieser Offenbarung ist so stark, dass sie das Joch der Sklaverei (der Instrumentalisten) zerbricht und das Volk aus Ägypten befreit. Gott ist kein Gott, den man für etwas benutzen kann, sei es für den christlichen Dienst oder andere Projekte. Er sieht auch den Menschen nicht als Ressource, den er für seine Zwecke missbrauchen kann. Er ist, der er ist – und er ruft die Menschen, so zu sein, wie sie wirklich sind! Abbilder Gottes.

      • Selbstbild. Der Mensch ist also nicht ein Bündel Gnadengaben auf zwei Beinen, das für Gott und andere nur wegen seiner Leistungen interessant ist, ansonsten aber unbedeutend. Hinter all diesen Masken der Hochleistung tritt mit der Zeit das eigene Gesicht hervor, ein Ich, das in Reaktion auf ein größeres Du zum Leben erweckt wurde. Und weil dieses Ich wertvoll ist, schütze ich es.

      • Gemeinschaft. Wenn die Arbeit alles ist, werden alle Beziehungen nach ihrer Nützlichkeit beurteilt, egal ob es sich um zwischenmenschliche Beziehungen oder die Verbindung zu Gott handelt. Die entscheidende Frage lautet: »Bin ich es wert, dass man mit mir zusammen ist?« Erst wenn man diese Frage aus tiefstem Herzen mit Ja beantwortet, wird Freundschaft im eigentlichen Sinn möglich – zu Gott und den Menschen. Die beziehungsbasierte Führung zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Beziehungen einen Eigenwert erhalten und nicht vorzeigbare Vorteile abverlangen. Denn dann ist es auch nicht sonderlich verlockend, »von Gott abzuschalten«, wenn man Urlaub hat. Warum sollte man das auch tun, wenn er sich als Quelle der Liebe und aller Güte gezeigt hat?

      Wahre Berufung

      Natürlich gibt es auch in der Tradition der Großkirchen, wo sich Leitung durch Amt und Weihe definiert, die gleichen Versuchungen zur Selbstgefälligkeit wie überall. Die Rolle und die äußeren Insignien des Bischofs, Priesters oder Diakons können buchstäblich zur Halskrause für ein brüchiges Selbstwertgefühl werden. Einmal unterhielt ich mich mit dem Direktor eines katholischen Priesterseminars in England. Er erzählte mit berechtigter Sorge, dass einige Schüler protestiert hatten, als sie auf dem Jahrgangsfoto keine spezielle Kluft tragen sollten, »vielleicht aus Angst, dann niemand zu sein«. Man muss nicht extra herausstellen, dass ein solcher Priester seiner Gemeinde den Zugang zu Gott nicht unbedingt erleichtert.


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