Friesentod. Sandra Dünschede

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Friesentod - Sandra Dünschede


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ihren Tod bemerkt hatte.

      »Hat sie denn Familie?«

      Haie zuckte mit den Achseln. »Der Arbeitgeber ist auf jeden Fall jemand, der wissen sollte, wo seine Angestellte ist.« Er stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo sich das Telefon befand. Langsam wählte er die Nummer, die er dem Telefonbuch entnahm.

      »Planungsbüro Niemann, Werner am Apparat, was kann ich für Sie tun?«

      Haie räusperte sich. »Ketelsen, ich möchte gerne Frau Tatjana Lieberknecht sprechen.« Es entstand eine kurze Pause, in der Haie glaubte, die Frau am anderen Ende Luft holen zu hören.

      »Die ist nicht da. Kann ich weiterhelfen?«

      »Nee, ich muss sie persönlich sprechen, wann ist sie denn wieder erreichbar?«

      »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen«, drang die leicht schnippische Stimme aus dem Hörer in sein Ohr.

      Haie beschloss, dass es besser war, mit offenen Karten zu spielen. »Ich bin der Nachbar und mache mir Sorgen um Frau Lieberknecht, denn ich habe sie seit einigen Tagen nicht gesehen und das Haus ist verlassen. Da stimmt etwas nicht.«

      »Also hier ist sie seit letztem Freitag nicht erschienen. Krank gemeldet hat sie sich auch nicht«, entgegnete Frau Werner und fügte flüsternd hinzu: »Sie können sich gar nicht vorstellen, was hier los ist. Der Chef tobt vor Wut.«

      »Wegen des Projektes, das Tatjana betreut?«

      Er hörte ein Rascheln und nahm an, dass Frau Werner nickte. »Haben Sie denn Kontaktdaten von der Familie oder von irgendjemandem, der wissen könnte, wo sie ist?«

      »Was glauben Sie, was ich in den letzten Tagen alles versucht habe, um herauszufinden, wo sie steckt? Die schlechte Laune vom Chef kriege schließlich ich ab.«

      »Und?«

      »Nichts, niemand hat sie gesehen oder etwas von ihr gehört. Dabei verstehe ich das nicht. Tatjana ist sonst so zuverlässig. Das passt gar nicht zu ihr.« Frau Werner seufzte.

      »Gut, ja, dann …« Da die Frau anscheinend keine weiteren Infos hatte, wollte Haie auflegen, doch Frau Werner stoppte ihn.

      »Wenn Sie der Nachbar sind, dann können Sie doch mal nachschauen.«

      »Habe ich schon, da macht keiner auf.«

      »Und wenn Sie, nun ja, ich meine …«

      »Einbrechen?«

      »So habe ich das nicht gemeint, aber es könnte doch etwas passiert sein. Wie nennt die Polizei so etwas noch?«

      »Gefahr im Verzug?«

      »Genau«, bestätigte Frau Werner mit fester Stimme, »vielleicht ist Gefahr im Verzug.«

      Nachdem Haie aufgelegt hatte, rief er Dirk an.

      »Ich wollte mal hören, ob ihr etwas reinbekommen habt wegen meiner Nachbarin?«

      »Ist die immer noch nicht aufgetaucht?«

      »Nein.«

      »Also, ich habe nichts gehört, aber wenn es dir so wichtig ist, dann strecke ich mal meine Fühler aus«, sagte Thamsen. Zwar konnte er offiziell nichts veranlassen, aber er war Haie mehr als einen Gefallen schuldig.

      »Das wäre gut, denn so langsam kommt mir das wirklich spanisch vor.«

      »Gut, aber du unternimmst nichts, verstanden?«

      »Jaja.«

      Thamsen legte auf und verspürte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Er kannte Haie nur zu gut und wusste, dass der Freund sich kaum zurückhalten ließ. Im Prinzip war es gut, dass er ein so wachsamer Nachbar war, denn nichts schützte so sehr wie ein aufmerksames Auge der Mitbewohner, Leute, die sich umeinander kümmerten. Doch oftmals schoss Haie über das Ziel hinaus. Und da war er bei Weitem nicht der Einzige. Gerade in Risum mischten sich die Leute in Dinge ein, die sie im Grunde genommen gar nichts angingen. Das hatte seine guten Seiten, brachte jedoch auch Probleme mit sich.

      Er scrollte durch die Polizeinachrichten, aber da war keine Meldung zu finden, die eine junge Frau betraf. Eventuell war nicht alles erfasst. Dirk stand auf und ging zu den Kollegen von der Bereitschaft.

      »Habt ihr in den letzten Tagen einen Fall gehabt, in den eine junge Frau involviert war?«

      »Involviert?« Der große dunkelhaarige Mann blickte ihn fragend an.

      »Ja, Unfall, Überfall oder Ähnliches.«

      »Nee, nicht soweit ich weiß.«

      »Gut, danke«, seufzte Dirk. Haie würde wahrscheinlich keine Ruhe geben, bis die Nachbarin wieder aufgetaucht war, und die Gefahr, dass er sich selbst dabei in Schwierigkeiten brachte, war groß. Es wäre nicht das erste Mal.

      Er setzte sich zurück an den Schreibtisch und wählte die Nummer des Krankenhauses. »Ja, hier Kommissar Thamsen. Ich bin auf der Suche nach Tatjana Lieberknecht«, erklärte er ohne Umschweife. »Haben Sie in den letzten Tagen eine Patientin mit diesem Namen aufgenommen?« Thamsen hörte am anderen Ende der Leitung jemanden tippen.

      »Nein«, kam kurz darauf die Antwort. »Hier ist niemand mit diesem Namen aufgenommen worden. Tut mir sehr leid.«

      »Und eine andere junge Frau, vielleicht ohne Papiere?«

      Wieder war das Tippen auf einer Tastatur zu hören. »Nein, da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen.«

      Thamsen bedankte sich. Das war’s. Mehr konnte er nicht tun, dachte er und machte sich daran, die Berichte der letzten Tage durchzugehen und abzuzeichnen. Immer wieder schweiften seine Gedanken dabei ab. Er wusste, Haie würde keine Ruhe geben. Und vielleicht hatte er recht. Dirk stand auf, nahm seine Jacke und ging hinüber in das Büro seines Mitarbeiters Rolfs.

      »Bin kurz weg.«

      »Soll ich mitkommen?«, fragte Ansgar Rolfs, doch Dirk schüttelte den Kopf. »Nee, das kläre ich besser alleine.«

      Haie hatte die Küche aufgeräumt und dabei immer wieder aus dem Fenster hinüber zum Nachbarhaus geblickt. Wo war Tatjana? Wieso blieb sie einfach von der Arbeit fern? Das passte nicht zu ihr. Er war sich sicher, da stimmte etwas nicht.

      »Gefahr im Verzug«, murmelte er, während er seine Jacke nahm und das Haus verließ.

      Sich nach allen Seiten umblickend schlich er durch ein Loch in der Hecke auf das Nachbargrundstück und steuerte zunächst die Haustür an. Auf sein Klingeln hin blieb auch heute wieder alles still. Er ging ums Haus herum. Alles wirkte unverändert seit seinem letzten Besuch.

      »Gefahr im Verzug«, murmelte er wieder und schaute sich suchend um, als er plötzlich seinen Namen hörte.

      »Haie? Was machst du da?«

      Erschrocken fuhr er herum. Auf der Auffahrt stand Dirk und blickte ihn an.

      »Dachte, ich hätte vorhin etwas gehört, und da habe ich noch mal geklingelt.«

      »Hinter dem Haus?«

      »Na, da habe ich geschaut, ob …« Haie wankte von einem Fuß auf den anderen.

      »Du wolltest dir nicht zufällig Zutritt verschaffen?« Dirk blickte dem Freund in die Augen, der daraufhin den Blick senkte.

      »Nun ja, schon. Es kann ja sein, dass sie verletzt im Haus liegt.« Er nickte zum Eingang.

      »Haie«, stöhnte Dirk auf, »das ist eine junge Frau, wahrscheinlich ist sie verreist, besucht Freunde, vielleicht hat sie auch jemanden kennengelernt.«

      »Nee, Urlaub hat sie definitiv nicht.«

      »Woher willst du das denn wissen?« Dirk ahnte, dass er die Antwort auf seine Frage eigentlich nicht hören wollte.

      »Habe in dem Büro, in dem sie arbeitet, angerufen. Sie hat keinen Urlaub und krankgemeldet hat sie sich auch nicht. Da ist etwas passiert.«

      Thamsen rollte mit den Augen, trat vor die Tür


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