Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare
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PANDARUS
Auf wes Geheiß, frag ich, Freund?
DIENER
Ich denke, Ihr fragt auf niemands Geheiß.
PANDARUS
Freund, wir verstehn einander nicht. Ich bin zu höflich, und Ihr seid zu spitz. Auf wes Verlangen spielen diese Leute?
DIENER
Ja, nun traft Ihrs, Herr. Nun, auf das Verlangen des Prinzen Paris, meines Herrn, welcher selbst dabei ist, und mit ihm die sterbliche Venus, das Herzblut der Schönheit, der Liebe unsichtbare Seele.
PANDARUS
Wer? Meine Nichte Cressida?
DIENER
Nein, Herr, Helena; konntet Ihr das nicht aus ihren Ehrentiteln erraten?
PANDARUS
Ich sehe schon, lieber Freund, du kennst das Fräulein Cressida noch nicht. Ich komme, um mit Paris vom Prinzen Troilus zu sprechen; ich will eine freundliche Bestellung ihn eilend beibringen, denn mein Geschäft ist siedend.
DIENER
Ein gesottnes Geschäft! Das nenn ich eine Phrase für die Schwitzbäder.
Es treten auf Paris und Helena mit Gefolge.
PANDARUS
Alles Schöne für Euch, mein Prinz, und für Eure schöne Umgebung! Schöne Wünsche in schönem Maß begleiten Euch schönstens! Vor allem Euch, schönste Königin! Schöne Träume seien Euer schönes Kopfkissen!
HELENA
Werter Herr, Ihr seid voll von schönen Worten.
PANDARUS
Ihr sprecht Euer schönstes Wohlgefallen aus, holde Königin. Schönster Prinz, hier ist vortreffliche fugierte Musik.
PARIS
Ihr habt sie aus den Fugen gebracht, Vetter; so wahr ich lebe, Ihr sollt sie wiederherstellen: Ihr sollt ein Stück von Eurer Komposition anstücken.
HELENA
Er ist ein Meister in der Harmonie [, Lenchen ].
PANDARUS
Ach nein, Königin!
HELENA
Oh, mein Herr!
PANDARUS
Rauh, bei den Göttern; ja, bei den Göttern, sehr rauh und unmelodisch.
PARIS
In den Dissonanzen; gut gesagt, Vetter!
PANDARUS
Ich habe ein Geschäft mit dem Prinzen, teure Königin Gnädiger Herr, wollt Ihr mir ein Wort vergönnen?
HELENA
Nein, damit sollt Ihr uns das Tor nicht sperren; wir müssen Euch singen hören, ganz gewiß.
PANDARUS
Ihr habt die Gnade, mit mir zu scherzen, süße Königin. Aber die Sache ist die, mein Prinz – mein gnädigster Prinz und höchst geehrter Freund, Euer Bruder Troilus –
HELENA
Herr Pandarus! Mein honigsüßer Pandarus –
PANDARUS
Laßt mich, süße Königin, laßt mich; – empfiehlt sich Euch aufs inständigste –
HELENA
Ihr sollt uns nicht aus unsrer Melodie foppen; wenn Ihrs tut, so komme unsre Melancholie über Euch.
PANDARUS
Süße Königin! Das ist eine süße Königin! Nein, welch süße Königin!
HELENA
Und eine süße Königin traurig machen, ist ein bittrer Frevel.
PANDARUS
Nein, damit setzt Ihrs nicht durch, damit wahrhaftig nicht! Nein, solche Worte machen mich nicht irre, nein, nein! – Und, mein gnädiger Prinz, er bittet Euch, Ihr wollt seine Entschuldigung übernehmen, wenn der König bei der Abendtafel nach ihm fragt.
HELENA
Bester Pandarus –
PANDARUS
Was sagt die süße Königin, die allersüßeste Königin?
PARIS
Was hat er denn vor? Wo speist er zu Nacht?
HELENA
Aber, bester Pandarus –
PANDARUS
Was sagt die süße Königin? Meine Nichte würde sich mit Euch erzürnen.
HELENA
Ihr dürft nicht fragen, wo er zu Nacht speist!
PARIS
Ich setze mein Leben dran, bei meiner Herzenskaiserin Cressida.
PANDARUS
Ach nein, nichts dergleichen: nein, da irrt Ihr; Eure Herzenskaiserin ist krank.
PARIS
Gut, ich will ihn entschuldigen.
PANDARUS
Schön, mein teurer Prinz. Wie kommt Ihr auf Cressida?
Nein, Eure arme Herzenskaiserin ist krank.
PARIS
Ich errate.
PANDARUS
Ihr erratet? Was erratet Ihr? Kommt, gebt mir eine Zither. Nun, süße Königin?
HELENA
So, das ist recht artig von Euch.
PANDARUS
Meine Nichte ist erschrecklich verliebt in ein Ding, das Ihr habt, süße Königin.
HELENA
Sie solls haben, wenns nicht mein Gemahl Paris ist.
PANDARUS
Den? Nein, nach dem fragt sie nicht. Er und sie sind entzweit.
HELENA
Heut zwietrachtig, morgen einträchtig: so könnten wohl drei draus werden.
PANDARUS
Geht, geht, nichts mehr davon! Ich will Euch nun mein Lied singen.
HELENA
Ja, singt es gleich! Meiner Treu, Pandarus, Ihr habt eine hübsche Stirn.
PANDARUS
Ja, nur zu, nur zu!
HELENA
Singt uns ein verliebtes Lied; die Liebe wird uns noch alle verderben. O Cupido, Cupido, Cupido!
PANDARUS
Ein Liebeslied! Ja, wahrhaftig!
PARIS
Ja, von Liebe; nichts als von Liebe!
PANDARUS
Wahrhaftig, so fängts auch an:
Singt.
O Liebe, Lieb in jeder Stunde! –
Dein Pfeil mit Weh
Trifft Hirsch und Reh;
Doch nicht entrafft
Sie gleich der Schaft,
Er kitzelt nur die Wunde.
Verliebte schrein:
O Todespein!
Doch, was so tödlich erst gedroht,
Daraus wird Jubein und Juchhein.
Die Sterbenden sind frisch und rot;
O weh, ein Weilchen, dann ha, ha!