Following You - Bis du nicht mehr fliehen kannst. Mika D. Mon

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Following You - Bis du nicht mehr fliehen kannst - Mika D. Mon


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      Er

      Die Vorbereitungen für unsere Mission, den Angelo-Clan auszulöschen, sind beinahe abgeschlossen – sofern man unser Tun als Vorbereitungen „Vorbereitung“ bezeichnen kann, denn einen wirklichen Plan haben wir nicht. Wir werden nach Kolumbien fliegen, da dies das Heimatland der Angelos ist. Dort werden wir irgendwie versuchen, einen seiner Männer in die Finger zu kriegen und aus ihm herauszubekommen, wo sich der Big Boss aufhält.

      Ich habe vor einigen Wochen versucht, mich in das Syndikat hineinzuschleichen. Dabei hatte ich jedoch nur mit den Mittelsmännern in Deutschland Kontakt, sowie mit Luis Angelo, dem Sohn des Anführers. Eigentlich war es mein Auftrag, mich bei ihnen hochzuarbeiten und sie auszuspionieren. Als dieser schmierige Drecksack von Luis sich jedoch an Kiki vergreifen wollte, sind bei mir alle Sicherungen durchgebrannt und ich habe ihn samt seinen Männern umgebracht. Nun will sein Daddy Rache, ist ja klar. Wenn ich dabei Glück habe, hat er es zu allererst auf mich abgesehen und hoffentlich nicht auf Kiki.

      In einigen Tagen werde ich zusammen mit Ace und Grimm nach Kolumbien abreisen. Ich habe keine Ahnung, wann und ob ich überhaupt wiederkommen werde. Die Chancen stehen nicht schlecht, bei diesem Vorhaben draufzugehen. Immerhin stellen wir uns zu dritt gegen ein ganzes Syndikat.

      Irgendwie muss ich auch noch einen Weg finden, meine Schwester vor den Los Caídos zu schützen. Wenn sie mehr über mich herausfinden und erfahren, dass ich eine Schwester habe, wird sie sofort auf die Abschussliste gesetzt werden. Daher schreibe ich ein paar Männern, die mir noch einen Gefallen schulden und erkläre die Situation. Meine Alternative ist, Ace abermals um seine Hilfe zu bitten, aber meine Rechnung bei ihm ist inzwischen lang genug.

      Ich höre Geraschel und Geklimper an der Tür, die aufgeschlossen wird.

      »Bin daheim!«, schallt kurz darauf die Stimme meiner Schwester durch unsere kleine Wohnung. »Hab Hunger, wer noch?!«

      Sie kommt zu mir ins Wohnzimmer und wedelt grinsend mit einem Plastikbeutel, in dem sich offensichtlich mitgebrachtes Essen befindet. Dem Geruch nach zu urteilen, handelt es sich um Chinesisch.

      »Ich«, melde ich mich mit erhobenem Zeigefinger.

      Aurora stellt die Tüte auf den Wohnzimmertisch, packt die Gerichte in den Styroporschälchen aus und reicht mir eine Gabel, da ich mit den Essstäbchen nicht klarkomme.

      Ich ziehe den Plastikdeckel ab. Der gebratene Reis mit Hühnchenfleisch und Gemüse dampft. Sein aromatischer Duft verteilt sich im Raum. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen und mein Magen grummelt laut.

      »Wie war es in der Schule?«, frage ich meine Schwester.

      Aurora verdreht ihre Augen und seufzt. »Ernsthaft, Seth? Musst du mich immer mit der Schule nerven? Es ist alles in Ordnung. So wie gestern und vorgestern auch!«

      Natürlich habe ich die Rolle eines Elternteils übernommen und sehe es als meine Aufgabe, sie mit solchen Lappalien zu nerven.

      Seitdem ich fünfzehn bin, kümmere ich mich allein um sie. Die Anfangszeit war hart, aber wir kommen auch ohne Mutter oder Vater klar. Inzwischen bin ich sechsundzwanzig und sie siebzehn. Alles, was ich will, ist, dass sie ihr Abi mit guten Noten abschließt, damit sie irgendwann einem vernünftig bezahlten Job nachgehen kann. Sie soll später nicht jeden Cent zwei Mal umdrehen müssen, so wie wir im Moment.

      Nachdem unser Vater gestorben war, haben wir unsere Namen geändert. Da wir zu diesem Zeitpunkt beide noch minderjährig waren, hätten uns die Behörden sonst getrennt und in irgendwelche Pflegefamilien gesteckt. Aus Corvin wurde Seth, aus Anastasia wurde Aurora und aus Lupei wurde Mayers.

      »Ich habe einen Montagejob bekommen«, wechsle ich das Thema. Ich versuche, mir ein Lächeln auf die Lippen zu zwingen. Irgendwie muss ich ihr meine Abwesenheit in der nächsten Zeit erklären. Und sie dabei möglichst nicht wissen lassen, dass mein und auch ihr Leben in Gefahr ist. »Es geht in ein paar Tagen los. Ich weiß aber noch nicht, wie lange es dauern wird. Es ist ein großes Projekt und ziemlich weit weg. Daher werde ich zwischendrin wohl auch nicht nach Hause kommen. Aber die Bezahlung ist gut.«

      Aurora sitzt auf dem Boden vor dem Wohnzimmertisch und hängt mit ihrem Kopf über der Essensschale. Ihre schulterlangen, braunen Haare fallen nach vorne. Sie streicht sie immer wieder hinter ihr Ohr zurück.

      Als sie von dem Montagejob erfährt, hebt sie den Kopf. Ein Reiskorn klebt an ihrem Kinn.

      »Nächste Woche ist die Klassenfahrt. Dann bin ich auch ein paar Tage weg. Aber das macht ja nichts, oder? Was ist mit deinem Job im Lager?«

      »Hab dort schon Bescheid gesagt. Ich kann wieder anfangen, wenn ich zurück bin. Für die Zeit bin ich freigestellt. Mein Chef war zwar nicht begeistert, aber er versteht es, dass ich das Geld brauche.«

      »Wo wird der Job denn sein?«

      »In der Nähe von Berlin«, lüge ich.

      »Oh, ja das ist wirklich weit.« Aurora macht große Augen und nickt. »Cool. Ich will auch mal nach Berlin. Mach Fotos, wenn du unterwegs bist, ja?«

      Und schon ärgere ich mich, dass ich nicht besser gelogen habe. In Kolumbien sieht es nicht gerade aus wie in Berlin. Ich werde meiner Schwester wohl kaum Bilder schicken können, ohne mich zu verraten.

      »Irgendwann fahren wir zusammen mal hin, okay?«

      Aurora lächelt und nickt. »Und nach Disneyland!«

      Ich lache. »Klar. Und nach Disneyland. Irgendwann. Versprochen.«

      Wir haben noch nie Urlaub gemacht. Waren noch nie in einem Freizeitpark. Ich wünschte, ich hätte ihr mehr Kleine-Mädchen-Träume in ihrer Kindheit verwirklichen können. Doch ich war zu sehr damit beschäftigt nachts Leute zu töten und tagsüber unser Geld zu verdienen, von dem wir dennoch nie genug hatten. Aber sobald Deimos Kahlish tot ist und ich keine Schulden mehr abzahlen muss, die unser feiger Vater hinterlassen hat, werde ich das alles nachholen. Ich werde ihr jeden Traum erfüllen und wenn ich dafür mit einem Prinzessinnenkleid durch Disneyland laufen und mir die Lippen mit Zuckerwatte vollschmieren muss.

      Als wir fertig gegessen haben, räumen wir zusammen den Tisch ab. Jeder von uns geht danach seinen täglichen Aufgaben nach. In der Nacht, bevor ich mich erneut mit Ace und Grimm zu einer weiteren Runde des Wie-sollen-wir-das-nur-Anstellen treffen werde, gehe ich noch einmal in Auroras Zimmer.

      Sie liegt im Bett und schläft friedlich. Morgen muss sie wieder in die Schule und sie hat heute lange für eine Klausur gelernt.

      Ich trete an ihr Bett heran und sehe zu ihr hinunter. Ihr Kopf ist leicht zur Seite gedreht, die Lippen einen Spalt breit geöffnet. Ihr braunes Haar verteilt sich wie ein dunkler Heiligenschein um ihren Kopf.

      Vorsichtig hebe ich meine Hand und streichle mit meinen Fingerknöcheln über ihre Wange. Ihre Haut ist blass und zart wie Porzellan. Allein der Gedanke daran, dass ihr etwas zustoßen könnte, erfüllt meine Brust mit Schmerz, als hätte man ein glühendes Eisen durch sie gestoßen.

      Ich bin alles, was sie noch hat und sie ist alles, was ich noch habe.

      »Bald wird alles anders«, verspreche ich ihr leise. »Ich liebe dich, Schwesterchen.«

      7

      Sie

       Ich habe mich verloren. Wirst du mich wiederfinden?

      Die nächsten Tage versuche ich, wieder mehr zu meinem alten Selbst zurückzufinden. Ich gehe in Begleitung von meinen Bodyguards zum Frisör, um mir den goldenen Ansatz nachbleichen zu lassen, bis er wieder weißblond ist. Zu Hause färbe ich meine Haare dann in unterschiedlichen Blau-, Pink-, Lila- und Türkistönen,


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