Das Erbe Teil II. Wolfgang Ziegler

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Das Erbe Teil II - Wolfgang Ziegler


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während des Fluges mit „Thor“ experimentierten, hatte sich wieder gelegt. „Stehen noch ein paar solche Schlenker in Aussicht?“ fragte er dennoch vorsichtig, als die Flugscheibe endlich wieder ruhig dahinzog. „Nein“, antwortete Seidel leicht grinsend, „wir haben alle wichtigen Funktionen überprüft, daher auch der etwas unruhige Flug vorhin. Jetzt geht es heimwärts! Man erwartet uns ja schon sehnlichst. Übrigens fliegen wir gerade über den Raum der Sahara Richtung Zentralafrika. Unseren ersten Funkspruch werden wir aber erst absetzen, wenn wir unsere Basis fast erreicht haben. Wir müssen völlig unbemerkt bleiben und Sie schließlich heil ans Ziel bringen.“

      „Es ist jedenfalls mehr als erstaunlich, wie gut dieses Gerät funktioniert. Immerhin hat es einige Jährchen in der Felsenhalle gestanden, ohne irgendwie bewegt oder gewartet zu werden. Ich habe es immer bewundert und nie geglaubt, es noch einmal fliegen zu sehen. Geschweige, sein Passagier zu sein“ gab Hahnfeld seiner Anerkennung Ausdruck. „Nun ja, wir haben natürlich schon einige Wartungsarbeiten vor unserem Abflug durchgeführt. Aber „Thor“ ist von der Substanz her völlig in Ordnung. Die kleine Wartezeit hat ihm nicht geschadet. Wir werden nachher nochmals steigen und die Erdatmosphäre verlassen. Es ist dann der vorläufig letzte Test, der findet als kurzer Flug im Weltraum statt.“ Hahnfeld kam aus dem Staunen nicht heraus. „Soll das heißen, wir fliegen direkt ins All? fragte er ungläubig. „Ja, nach dem Verlassen der eigentlichen Erdatmosphäre sind wir dann im freien Weltraum. Dort setzen wir aber unseren Kurs fort und gehen aus dem All kommend zu unserer Basis nieder.“ „In etwa einer halben Stunde wird der Steigflug stattfinden“, ergänzte Hase, während er sich umwandte und einige Unterlagen aus einer seitlichen Ablage hervorkramte. Die beiden Piloten versenkten sich in ein leises Zwiegespräch, das den weiteren Flugverlauf betraf. Aufmerksam beobachtete Hahnfeld die Bildschirme und Anzeigen, die dem kundigen Auge den gleichmäßigen, störungsfreien Flug „Thor’s“ verrieten. Draußen kam einer Art Dämmerlicht auf, dennoch war von der Erdoberfläche nichts zu sehen. Nur dichte, dunkle Wolkenschleier rasten unter ihnen dahin. Die hohe Geschwindigkeit der Flugscheibe war in der Kabine nicht im mindesten spürbar. Nur das leise, monotone Brummen verriet das gleichmäßige Arbeiten des hochtechnisierten Magnet-feldtriebwerkes.

      Die Kräfte, die hier wirkten, waren die wohl bislang außergewöhnlichste Erfindung der Menschheit. Ihre breite Anwendung könnte die Unabhängigkeit von allen herkömmlichen Energiequellen bedeuten. Keine Ölfelder müßten da mehr erschlossen werden, keine Kohlekraftwerke bräuchten mehr die Welt in ihre stinkenden Rauchschwaden zu hüllen. Das Ganze war allerdings auch ein Politikum ersten Ranges. Die internationalen Ölmultis und Banker waren an solchen Erfindungen in keinster Weise interessiert. Die Welt würde ja nicht mehr ihrem Diktat unterliegen, das sie auch hinsichtlich der Energieversorgung schamlos ausübten. Man würde von ihrer Seite aus alles daransetzen, einen solchen genialen Erfindungsgeist mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu zerstören Doch ungeachtet all‘ dessen schwebte „Thor“ unsichtbar für die Menschen auf der Erde über die Länder Schwarzafrikas. Hahnfeld wußte, daß er die Piloten jetzt nicht stören durfte. Sie waren anscheinend wieder zur Handsteuerung übergegangen. Es dauerte nicht mehr lange, als sich das Brummen des Antriebsaggregates nur unmerklich etwas veränderte. Dies war aber auch schon der einzige Hinweis darauf, daß „Thor“ sich nun auf dem ansteigenden Flug ins All befand. Der Passagier in der Flugscheibe riß die Augen immer weiter auf, als er sah, wie die blaugraue Erdoberfläche sich scheinbar immer mehr zu krümmen begann und schließlich eine derartige Höhe erreicht wurde, die eine deutliche Entfernung von der Lufthülle des Planeten darstellte. „Nun sind wir fast im freien All. Draußen herrscht Vakuum und eine schier irrsinnige Kälte. Glauben Sie’s mir?“ sagte Seidel, sich grinsend zu Hahnfeld wendend. Dieser nickte nur sprachlos. In der zunehmenden Schwärze des Weltraums glänzten die Sterne in einem unwirklich, klaren Licht. Selbst die fernsten Sonnen schienen ihre Strahlen ihnen zu Ehren ganz besonders gleißen zu lassen. Ehrfürchtig schauten jetzt alle drei Männer schweigend zu den Bildschirmen, auf denen das Wunder sichtbar wurde. Hahnfeld räusperte sich leise. „Da fehlen einfach die Worte. Man kann es gar nicht begreifen, daß so etwas möglich ist. Eine wunderbare Technik ...“

      „Ja, die Damen haben schon was drauf gehabt, die diese Geschichte ins Leben riefen...“, Hase kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Man sagt ja, sie hätten die ersten Bauanweisungen und Informationen auf eine sehr geheimnisvolle Weise erhalten. Aber es funktioniert eben tatsächlich. Das ist aber auch für uns immer wieder eine ganz und gar erstaunliche Angelegenheit.“

      Ruhig zog „Thor“ durch den erdnahen Raum. Während die Männer hinter seiner hermetisch abgeschlossenen Hülle den Anblick des Alls genossen und ihre Gedanken austauschten, überwand die Flugscheibe wie im Traum bedeutende Entfernungen. Hier oben, unerreichbar für alle Feinde, war auch die Überwachung der Basen des Gegners problemlos. Ausgefeilte, zum Teil vollautomatische Kameratechnik machte präzise Fotos und Filmaufnahmen von interessierenden Gebieten der Erdoberfläche möglich. Hochauflösbar gaben diese dann Details von technischen Einrichtungen, Gebäuden, Straßen, Flughäfen usw. wider, und es konnten sogar Untergrundanlagen geortet werden.

      Die weißen Eisflächen der Antarktis tauchten im grellen Sonnenlicht auf, als sie den Sinkflug über der hohen Wolkendecke stoppten. „Thor“ setzte jetzt seinen ersten Funkspruch während der ganzen Reise ab. „Wolkensturm für 211, Wolkensturm für 211, kommen!“

      Seine schon fast abgeleistete Schicht über hatte der diensthabende Funker auf dieses Lebenszeichen von „Thor“ gewartet. Der Basis-Kommandant persönlich hatte ihm eingeschärft, die Ohren ja gut aufzuhalten und sofort Bescheid zu geben, wenn sich die erwartete Flugscheibe melden sollte. Die zwei Kameraden, die vor ihm Dienst taten, hatten vergeblich den Äther abgehört. Allmählich begann man sich Sorgen um den Verbleib der beiden Männer zu machen, die seit Monaten in der Welt unterwegs waren. Eine Verbindung mit ihnen konnte jedoch erst zustande kommen, wenn sie die Flugscheibe erfolgreich heimholen konnten.

      Klar und deutlich drangen aber nun die erlösenden Worte aus dem Lautsprecher der Funkzentrale. Nach der vorgeschriebenen Identifizierung ging die Flugscheibe kurz auf eine Parkposition. Inzwischen wurde vom diensthabenden Funker der Kommandant verständigt. Wenige Minuten später erschien er eiligst im Funkraum, ergriff selbst das Mikrophon und sprach zur Besatzung. „Den herzlichsten Glückwunsch, meine Herren! Kommen Sie nun gut runter, und Hals- und Beinbruch. Ich gebe Landeanflug für Hangar eins frei. Wir sehen uns in wenigen Minuten.“

      Nach der Bestätigung durch die Besatzung von „Thor“ glitt das Aggregat im lautlosen Sinkflug durch die dünnen Atmosphärenschichten, tauchte in den strahlenden Sonnenschein des antarktischen Landes ein und senkte sich, immer langsamer werdend, einer bläulich-weiß vergletscherten Bergkette entgegen. Südlich des großen Wohlthat-Massivs, mit seinen bis zu 3900 Meter hohen Gipfeln, lag hier die Schirrmacher Seengruppe. Dicht bei den teilweise eisfreien Warmwasserflächen gab es ebenfalls einige hohe, ausgedehnte Felsenrücken, die unmittelbar bis an diese heranreichten. Und genau auf einen solchen See hielt „Thor“ jetzt zu. Die Landung erfolgte auf der Wasseroberfläche des antarktischen Gewässers - dann sackte die Flugscheibe in die Tiefe. Nur einige Strudel und aufsteigende Blasen kündete von dem soeben beendeten Vorgang. Unter Wasser tauchte ein breites Felsentor auf, dessen massives Stahlschott sich lautlos beiseite schob. In dieses glitt nun „Thor“, einem Tauchboot gleich, präzise hinein. Die sich anschließende, künstlich geschaffene Unterwasserpassage erweiterte sich bald zu einem weiten, unterirdischen See, dessen große Wasserfläche in einer uraltem, aus Gestein und Eis bestehenden natürlichen Grotte ausdehnte. In ihr tauchte die Flugscheibe wieder sanft aus den eisigen, dunklen Fluten auf. In Strömen rann das eisige antarktische Wasser rauschend von ihrer metallischen Außenhaut, bis sie nochmals zu einem sanften Steigflug ansetzte, um ihren eigentlichen Landeplatz auf dem weiten, betonierten Plateau am Ufer des nun unterirdischen Seeabschnitts zu erreichen. Erst der von Scheinwerfern hell angestrahlte, mit einem großen, weißen Kreuz versehene Lande- und Startring gab ihr den endgültigen Ruhepunkt. Der zur Wasserfläche hin von angeschrägten Betonwänden in Sektionen eingeteilte Höhlenraum bot noch einigen anderen Flugscheiben Platz. Sie alle standen jedoch auf Sockeln, die sich, gleich mächtigen Fahrstühlen, schnellstens weiter in die Tiefen des antarktischen Gebirges absenken ließen. Dort waren sie so auch vor eventuellen Angriffen mit sehr schweren Waffen von außen wirksamst geschützt.

      Fast


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