Das Erbe Teil III. Wolfgang Ziegler

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Das Erbe Teil III - Wolfgang Ziegler


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einen maßgeschneiderten dunklen Anzug trug und in seiner rechten Hand einen Aktenkoffer hielt. Seine winkligen Gesichtszüge schauten verkniffen in das blendende Licht der Landeplattform.

      „Verdammt, welche Teufelei hat sich dieser Alte jetzt nur wieder ausgedacht“, entfuhr es ihm noch, während er an dem Piloten vorbeieilte. Goldbergs Sekretär erwartete ihn schon geraume Zeit auf der Plattform. Fröstelnd zog er die Schultern zusammen. Mit langsamen Schritten ging er dem Ankömmling entgegen. „Hello, Mr. Schwarz“, begrüßte er ihn lässig. Der NASA-Chef wollte sich zuerst über diese Art mit seiner Person zu verfahren empören, besann sich dann jedoch eines Besseren. Immerhin handelte es sich hier um die wohl mächtigsten Leute Amerikas, wenn nicht gar der ganzen Welt. Da hatte auch er sich zu fügen, so schwer ihm dies auch fiel. Die Begrüßung mit Wilkens fiel knapp und kühl aus. Rasch verließen die beiden Männer den Landeplatz und fuhren in einem Expreßlift einige Etagen in das Gebäude hinab. Wenige Minuten später stand Schwarz vor der Tür des Allerheiligsten. Wilkens riß sie mit einer beflissenen Handbewegung auf und schob den NASA-Chef einfach hinein. Dieser hatte kaum Zeit, sich über die erneute Mißachtung gegenüber seiner Person zu erbosen. In dem riesigen luxuriösen Büroraum thronte Goldberg hinter dem mächtigen Schreibtisch und begrüßte ihn mit krächzender Stimme. „Nehmen Sie Platz, Mr. Schwarz. Sehen sie es mir nach, daß ich zu so ungewöhnlicher Stunde ihre Hilfe dringend in Anspruch nehme. Es sind wirklich außergewöhnliche Umstände, die mich dazu zwingen. Kurz und bündig, es geht um die so tragisch gescheiterte Mars-Mission, in die ich ja letztendlich meine guten Dollars investiert hatte.“ Schwarz saß auf dem Besuchersessel, hielt noch immer den Aktenkoffer krampfhaft fest und versuchte mühsam, seinen Gesichtsausdruck zu beherrschen. Er kochte innerlich vor Wut. „Und wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Goldberg?“

      „Wie Sie mir helfen können, Mr. Schwarz“, ließ sich Goldberg mit lauerndem Unterton in der Stimme vernehmen. „Eigentlich habe ich ja nur eine ganz kleine bescheidene Frage an euch Weltraumexperten.“

      Seine Stimme wurde immer drohender. Schwarz begann es, trotz der angenehmen Wärme im Raum, deutlich zu frösteln.

      „Wie, in Teufels Namen, ist es zu diesem Desaster auf dem Mars gekommen? Und was bedeutet dieses unselige Gebilde hier?“

      Mit diesen Worten knallte er die großformatigen Fotos Schwarz direkt vor die Nase. Sein kleiner fetter Zeigefinger stieß wie ein Adler auf das oberste Bild, als wollte er es durchbohren. „Was ist das hier, Mr. Schwarz? Was ist das?“ Der Finger klebte jetzt förmlich auf dem Foto, das die vor der marsianischen Pyramidenruine liegende Flugscheibe zeigte. Schwarz wurde puterrot im Gesicht. Natürlich war er über den ganzen Vorgang genauestens informiert.

      „Es ist einer der verdammten deutschen Flugkreisel, die wohl noch aus dem Weltkrieg stammen“, antwortete er mit verbissener Mine. „Wir wußten von deren Existenz. Doch daß die mit den Dingern tatsächlich bis zum Mars gekommen sind, war auch für uns eine Überraschung. Mit solchen Dingern haben sie wohl damals ihre ‚Schläfer‘ auf den roten Planeten gebracht.“

      „Und was sie da ‚Schläfer’ nennen, hat wohl den Untergang der ganzen Mission verursacht“, kreischte jetzt Goldberg. „Glauben Sie, ich wäre ein solcher Idiot und wüßte nicht ebenfalls um diese Dinge. Wieso haben Sie keine wirksamen Sicherheitsmaßnahmen getroffen, frage ich Sie.“

      Schwarz‘ Gegenüber plusterte sich förmlich hinter dem riesigen Schreibtisch auf.

      „Wir haben mit keinem Gedanken damit gerechnet, daß in dem schier ururalten Bauwerk überhaupt jemand sei. Unsere Leute wollten ja auch nur einen ersten Blick hinein werfen, als es schon geschah.“ Der NASA-Chef schaute Goldberg unwillig an. Dieser ließ sich jedoch nicht beirren.

      „Und wie stellen Sie sich jetzt alles Weitere vor?“ fragte er in immer noch aggressiver Stimmung. „Soll jetzt alles einfach so bleiben? Soll weiter der Sand über das verfluchte Flugscheibenwrack wehen, als sei nichts gewesen?“

      „Wir könnten eine Rakete mit einem kleinen Nuklearsprengkopf dahin schicken“, murmelte Schwarz. „Die Pläne sind fertig“.

      „Ha, wieder einmal eine in Marsnähe verschollene Sonde der NASA, was?“ Der kleine Mann hinter dem pompösen Schreibtisch rieb sich ärgerlich die Hände. „Und was haben wir davon?“

      „Zumindest hätten wir dann endgültig Ruhe da oben.“

      „Bekommt die Kernexplosion denn nicht alle Welt mit. Ich meine die Teleskope der Satelliten und ähnlicher Kram auf der Erde.“

      „Es würde eine kleine Ladung sein, die nur die Ruinen völlig vernichtet und natürlich das Flugobjekt der alten Deutschen.“

      „Das könnte euch so passen“, erboste sich Goldberg erneut. „Ich will, daß dieses Ding untersucht wird! Wo haben wir sonst Gelegenheit, diese verdammte Technik noch vorzufinden? Die geheimen Horste dieser Dinger habt ihr ja auch nicht aufspüren können. Ich will nun aber wissen, woran wir damit sind, Mr. Schwarz.“

       Neuschwabenland

      „Isais“ verhielt sich beim Eintritt in die Erdatmosphäre besser, als wie es ihre zweiköpfige Besatzung vermutet hatte. Die Schwierigkeiten, die es auf dem Flug durch das All gab, schienen sich plötzlich gelegt zu haben. Zuversichtlich schauten die beiden Männer daher nun der Landung entgegen und steuerten die kleine Flugscheibe mit viel Fingerspitzengefühl den Gefilden der Antarktis entgegen. Aus großer Höhe erschien der Kontinent wie eine Symphonie aus blauweißem Eis, durch das an einigen Randbereichen dunkelbraune Bergketten hindurchschimmerten und unter dem glazialen Panzer hervortraten.

      Zwar wußten sie vom letzten Kontakt mit „Thor“, daß Strese die Basis unter dem ewigen Eis „geschlossen“ hatte, aber sie hofften dennoch, irgendein Lebenszeichen, irgendeine Hilfe zu finden. Immerhin mußten sie zumindest die Flugscheibe einmal in Ruhe gründlich untersuchen. Außerdem hatten sie keine Lust, noch längere Zeit in ihren engen Wänden zu verbringen. Die Funkanlage war schon lange auf Empfang geschaltet, während sie über Feuerland hinweg südlichen Kurs nahmen und, als sie die kontinentalen Ränder Antarktikas erreicht hatten, hoch über dem Schelfeis nach Osten flogen. Der automatisch generierte Funkruf erreichte sie dann auch, als sie sich Neuschwabenland näherten. Mit klopfendem Herzen hörten sie die Botschaft. Sie erhielten von einer monoton klingenden Stimme Landefreigabe für die Basis. Es wurde jedoch gleichzeitig mitgeteilt, daß sie dort mit einem eingeschränkten Bewegungsspielraum zu rechnen hatten. Näheres würden sie nach der geglückten Landung erfahren.

      So setzten sie bald darauf auf der Oberfläche des Warmwassersees nahe des Muehlig-Hofmann-Gebirges auf, sanken die drei dutzende Meter in die Tiefe und nahmen Fahrt in Richtung des Unterwassertunnels auf. Sie beglückwünschten sich, daß alles so gut gegangen war. Wie immer tauchte der dunkle, breite Kanal aus dem grünweißen Schimmer der Eis- und Felswände auf, die in dieser Tiefe nur noch einen schwachen Abglanz der automatisch eingeschalteten Scheinwerferbatterien zurückwarfen. Deren Licht strahlte hauptsächlich in den riesigen, ovalen Tunnel hinein, so daß die Besatzungen der U-Boote und Flugscheiben beim Navigieren keinerlei Sichtprobleme hatten. Zügig glitt „Isais“ durch den Felsen- und Eisschlauch der großen unterirdischen Grotte entgegen. Am Ende des Tunnels lag ein technisch ausgeklügeltes Tor, das nur mittels eines streng geheimen Funkcodes angesprochen und geöffnet werden konnte. Doch auch diese Technik funktionierte einwandfrei. Es öffnete und schloß sich hinter ihnen, wie sie es schon immer gewohnt waren. Nur die sonst begrüßenden Funksprüche aus der Zentrale der Basis blieben aus. Im Lautsprecher herrschte, für den Vorgang der Anlandung einer Flugscheibe, ungewohnte Stille. Als sie aus dem Wasser des Höhlensees aufgetaucht waren, ließen sie „Isais“ vorsichtigerweise erst einmal schweben. Mit dem ausgefahrenen Suchscheinwerfer leuchteten sie die nur spärlich erhellte Grotte zusätzlich aus, und über Funk und Außenlautsprecher riefen sie noch mehrmals. Aber es kam keine Antwort. Wie sie unschwer erkennen konnten, waren die Landeplätze für die Flugscheiben leer und verlassen. Nur am langen Betonpier dümpelte ein kleines U-Boot im Wasser des Sees vor sich hin. Sein dunkler Turm glänzte im Widerschein der glitzernden Wellenoberfläche. Keine Menschenseele ließ sich in den ausgedehnten Anlagen am breiten Uferbereich der unterirdischen Grotte blicken.


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