Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer


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welche viel zu wenig gelesen wird, da sie doch das Studium seiner Philosophie außerordentlich erleichtert); drittens, eine entschieden polemische und zerstörende zur Leibnitz-Wolfischen Philosophie. Alle drei Lehren soll man kennen, ehe man zum Studium der Kantischen Philosophie schreitet. – Ist nun, laut Obigem, die Unterscheidung der Erscheinung vom Dinge an sich, also die Lehre von der gänzlichen Diversität des Idealen und Realen, der Grundzug der Kantischen Philosophie; so giebt die bald nachher auftretende Behauptung der absoluten Identität dieser Beiden einen traurigen Beleg zu dem früher erwähnten Ausspruche Goethes; um so mehr, als sie sich auf nichts stützte, als auf die Windbeutelei intellektualer Anschauung, und demgemäß nur eine, unter dem Imponiren durch vornehme Miene, Bombast und Gallimathias maskirte Rückkehr zur Rohheit der gemeinen Ansicht war. Sie wurde der würdige Ausgangspunkt für den noch grobem Unsinn des plumpen und geistlosen Hegel. – Wie nun also Kants, auf die oben dargelegte Weise gefaßte Sonderung der Erscheinung vom Dinge an sich in ihrer Begründung an Tiefsinn und Besonnenheit Alles, was je dagewesen, weit übertraf; so war sie auch in ihren Ergebnissen unendlich folgenreich. Denn ganz aus sich selbst, auf eine völlig neue Weise, von einer neuen Seite und auf einem neuen Wege gefunden stellte er hierin die selbe Wahrheit dar, die schon Plato unermüdlich wiederholt und in seiner Sprache meistens so ausdrückt: diese, den Sinnen erscheinende Welt habe kein wahres Seyn, sondern nur ein unaufhörliches Werden, sie sei, und sei auch nicht, und ihre Auffassung sei nicht sowohl eine Erkenntniß, als ein Wahn. Dies ist es auch, was er in der schon im dritten Buch gegenwärtiger Schrift erwähnten wichtigsten Stelle aller seiner Werke, dem Anfange des siebenten Buches der Republik mythisch ausspricht, indem er sagt, die Menschen, in einer finstern Höhle festgekettet, sähen weder das ächte ursprüngliche Licht, noch die wirklichen Dinge, sondern nur das dürftige Licht des Feuers in der Höhle und die Schatten wirklicher Dinge, die hinter ihrem Rücken an diesem Feuer vorüberziehn: sie meinten je doch, die Schatten seien die Realität, und die Bestimmung der Succession dieser Schatten sei die wahre Weisheit. – Die selbe Wahrheit, wieder ganz anders dargestellt, ist auch eine Hauptlehre der Veden und Puranas, die Lehre von der Maja, worunter eben auch nichts Anderes verstanden wird, als was Kant die Erscheinung, im Gegensatze des Dinges an sich nennt: denn das Werk der Maja wird eben angegeben als diese sichtbare Welt, in der wir sind, ein hervorgerufener Zauber, ein bestandloser, an sich wesenloser Schein, der optischen Illusion und dem Traume zu vergleichen, ein Schleier, der das menschliche Bewußtsein umfängt, ein Etwas, davon es gleich falsch und gleich wahr ist, zu sagen daß es sei, als daß es nicht sei. – Kant nun aber drückte nicht allein die selbe Lehre auf eine völlig neue und originelle Weise aus, sondern machte sie, mittelst der ruhigsten und nüchternsten Darstellung, zur erwiesenen und unstreitigen Wahrheit; während sowohl Plato, als die Inder, ihre Behauptungen bloß auf eine allgemeine Anschauung der Welt gegründet hatten, sie als unmittelbaren Ausspruch ihres Bewußtseins vorbrachten, und sie mehr mythisch und poetisch, als philosophisch und deutlich darstellten. In dieser Hinsicht verhalten sie sich zu Kant, wie die Phythagoreer Hiketas, Philolaos und Aristarch, welche schon die Bewegung der Erde um die ruhende Sonne behaupteten, zum Kopernikus. Solche deutliche Erkenntniß und ruhige, besonnene Darstellung dieser traumartigen Beschaffenheit der ganzen Welt ist eigentlich die Basis der ganzen Kantischen Philosophie, ist ihre Seele und ihr allergrößtes Verdienst. Er brachte dieselbe dadurch zu Stande, daß er die ganze Maschinerie unsers Erkenntnißvermögens, mittelst welcher die Phantasmagorie der objektiven Welt zu Stande kommt, auseinanderlegte und stückweise vorzeigte, mit bewunderungswerther Besonnenheit und Geschicklichkeit. Alle vorhergehende occidentalische Philosophie, gegen die Kantische als unsäglich plump erscheinend, hatte jene Wahrheit verkannt, und eben daher eigentlich immer wie im Traume geredet. Erst Kant weckte sie plötzlich aus diesem; daher auch nannten die letzten Schläfer (Mendelssohn) ihn den Alleszermalmer. Er zeigte, daß die Gesetze, welche im Daseyn, d.h. in der Erfahrung überhaupt, mit unverbrüchlicher Nothwendigkeit herrschen, nicht anzuwenden sind, um das Daseyn selbst abzuleiten und zu erklären, daß also die Gültigkeit derselben doch nur eine relative ist, d.h. erst anhebt, nachdem das Daseyn, die Erfahrungswelt überhaupt, schon gesetzt und vorhanden ist; daß folglich diese Gesetze nicht unser Leitfaden seyn können, wann wir an die Erklärung des Daseyns der Welt und unserer selbst gehn. Alle früheren occidentalischen Philosophen hatten gewähnt, diese Gesetze, nach welchen die Erscheinungen an einander geknüpft sind und welche alle, Zeit und Raum sowohl als Kausalität und Schlußfolge, ich unter den Ausdruck des Satzes vom Grunde zusammenfasse, wären absolute und durch gar nichts bedingte Gesetze, aeternae veritates, die Welt selbst wäre nur in Folge und Gemäßheit derselben, und daher müsse nach ihrem Leitfaden das ganze Räthsel der Welt sich lösen lassen. Die zu diesem Behuf gemachten Annahmen, welche Kant unter dem Namen der Ideen der Vernunft kritisirt, dienten eigentlich nur, die bloße Erscheinung, das Werk der Maja, die Schattenwelt des Plato, zur einzigen und höchsten Realität zu erheben, sie an die Stelle des Innersten und wahren Wesens der Dinge zu setzen, und die wirkliche Erkenntniß von diesem dadurch unmöglich zu machen: d.h., mit einem Wort, die Träumer noch fester einzuschläfern. Kam zeigte jene Gesetze, und folglich die Welt selbst, als durch die Erkenntnißweise des Subjekts bedingt; woraus folgte, daß, soweit man auch am Leitfaden jener weiter forschte und weiter schlösse, man in der Hauptsache, d.h. in der Erkenntniß des Wesens der Welt an sich und außer der Vorstellung, keinen Schritt vorwärts käme, sondern nur sich so bewegte, wie das Eichhörnchen im Rade. Man kann daher auch sämmtliche Dogmatiker mit Leuten vergleichen, welche meinten, daß wenn sie nur recht lange geradeaus giengen, sie zu der Welt Ende gelangen würden; Kant aber hätte dann die Welt umsegelt und gezeigt, daß, weil sie rund ist, man durch horizontale Bewegung nicht hinauskann, daß es jedoch durch perpendikulare vielleicht nicht unmöglich sei. Auch kann man sagen, Kants Lehre gebe die Einsicht, daß der Welt Ende und Anfang nicht außer, sondern in uns zu suchen sei.

      Dies Alles nun aber beruht auf dem fundamentalen Unterschiede zwischen dogmatischer und kritischer, oder Transscendental-Philosophie. Wer sich diesen deutlich machen und an einem Beispiel vergegenwärtigen will, kann es in aller Kürze, wenn er, als Specimen der dogmatischen Philosophie, einen Aufsatz von Leibnitz durchliest, welcher den Titel »De rerum originatione radicali« führt und zum ersten Male gedruckt ist in der Ausgabe der philosophischen Werke Leibnitzens von Erdmann, Bd. 1, S. 147 – Hier wird nun so recht in realistisch-dogmatischer Weise, unter Benutzung des ontologischen und des kosmologischen Beweises, der Ursprung und die vortreffliche Beschaffenheit der Welt a priori dargethan, auf Grund der veritatum aeternarum. – Nebenher wird auch ein Mal eingestanden, daß die Erfahrung das gerade Gegentheil der hier demonstrirten Vortrefflichkeit der Welt aufweise, darauf aber der Erfahrung bedeutet, sie verstehe nichts davon und solle das Maul halten, wenn Philosophie a priori geredet hat. – Als Widersacher dieser ganzen Methode nun ist mit Kant die kritische Philosophie aufgetreten, welche gerade die, allem solchem dogmatischen Bau zur Unterlage dienenden veritates aeternas zu ihrem Problem macht, dem Ursprunge derselben nachforscht und ihn sodann findet im menschlichen Kopf, woselbst nämlich sie aus den diesem eigenthümlich angehörenden Formen, welche er zum Behuf der Auffassung einer objektiven Welt in sich trägt, erwachsen. Hier also, im Gehirn, ist der Steinbruch, welcher das Material zu jenem stolzen dogmatischen Baue liefert. Dadurch nun aber, daß die kritische Philosophie, um zu diesem Resultate zu gelangen, über die veritates aeternas, auf welche aller bisheriger Dogmatismus sich gründete, hinausgehn mußte, um diese selbst zum Gegenstande der Untersuchung zu machen, ist sie Transscendental-Philosophie geworden. Aus dieser ergiebt sich dann ferner, daß die objektive Welt, wie wir sie erkennen, nicht dem Wesen der Dinge an sich selbst angehört, sondern bloße Erscheinung desselben ist, bedingt durch eben jene Formen, die a priori im menschlichen Intellekt (d.h. Gehirn) liegen, daher sie auch nichts, als Erscheinungen enthalten kann.

      Kant gelangte zwar nicht zu der Erkenntniß, daß die Erscheinung die Welt als Vorstellung und das Ding an sich der Wille sei. Aber er zeigte, daß die erscheinende Welt eben so sehr durch das Subjekt, wie durch das Objekt bedingt sei, und indem er die allgemeinsten Formen ihrer Erscheinung, d. i. der Vorstellung, isolirte, that er dar, daß man diese Formen nicht nur vom Objekt, sondern eben so wohl auch vom Subjekt ausgehend erkenne und ihrer ganzen Gesetzmäßigkeit nach übersehe, weil sie eigentlich zwischen Objekt und Subjekt die Beiden gemeinsame Gränze sind, und er schloß, daß man durch das Verfolgen dieser Gränze weder ins Innere des Objekts noch des Subjekts eindringe,


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