Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer


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des Verstandes seien keineswegs die Bedingungen, unter denen Gegenstände in der Anschauung gegeben werden (S. 89; v, 122), und die Anschauung bedürfe der Funktionen des Denkens auf keine Weise (S. 91; v, 123); unser Verstand könne nur denken, nicht anschauen (v, S. 135, 139) – Ferner in den Prolegomenen, § 20: Anschauung, Wahrnehmung, perceptio, gehöre bloß den Sinnen an; das Urtheilen komme allein dem Verstande zu; und § 22: die Sache der Sinne sei anzuschauen, die des Verstandes zu denken, d. i. zu urtheilen. – Endlich noch in der »Kritik der praktischen Vernunft«, vierte Auflage, S. 247; Rosenkranzische Ausgabe S. 281: der Verstand ist diskursiv, seine Vorstellungen sind Gedanken, nicht Anschauungen. – Alles dieses sind Kants eigene Worte.

      Hieraus folgt, daß diese anschauliche Welt für uns dawäre, auch wenn wir gar keinen Verstand hätten, daß sie auf eine ganz unerklärliche Weise in unsern Kopf kommt, welches er eben durch seinen wunderlichen Ausdruck, die Anschauung wäre gegeben, häufig bezeichnet, ohne diesen unbestimmten und bildlichen Ausdruck je weiter zu erklären.

      Aber nun widerspricht allem Angeführten auf das schreiendeste seine ganze übrige Lehre vom Verstande, von dessen Kategorien und von der Möglichkeit der Erfahrung, wie er solche in der transscendentalen Logik vorträgt. Nämlich: »Kritik der reinen Vernunft«, S. 79; v, 105, bringt der Verstand durch seine Kategorien Einheit in das Mannigfaltige der Anschauung, und die reinen Verstandesbegriffe gehn a priori auf Gegenstände der Anschauung. S. 94; v, 126, sind »die Kategorien Bedingung der Erfahrung, es sei der Anschauung oder des Denkens, das in ihr angetroffen wird«, v, S. 127, ist der Verstand Urheber der Erfahrung, v, S. 128, bestimmen die Kategorien die Anschauung der Gegenstände, v, S. 130, ist Alles, was wir uns im Objekt (das doch wohl ein Anschauliches und kein Abstraktum ist) als verbunden vorstellen, erst durch eine Verstandeshandlung verbunden worden, v, S. 135, wird der Verstand von Neuem erklärt, als das Vermögen a priori zu verbinden und das Mannigfaltige gegebener Vorstellungen unter die Einheit der Apperception zu bringen; aber, nach allem Sprachgebrauch, ist die Apperception nicht das Denken eines Begriffs, sondern ist Anschauung. v, S. 136, finden wir gar einen obersten Grundsatz der Möglichkeit aller Anschauung in Beziehung auf den Verstand, v, S. 143, steht sogar als Ueberschrift, daß alle sinnliche Anschauung durch die Kategorien bedingt sei. Eben daselbst bringt die logische Funktion der Urtheile auch das Mannigfaltige gegebener Anschauungen unter eine Apperception überhaupt, und das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung steht notwendig unter den Kategorien, v, S. 144, kommt Einheit in die Anschauung, mittelst der Kategorien, durch den Verstand, v, S. 145, wird das Denken des Verstandes sehr seltsam dadurch erklärt, daß er das Mannigfaltige der Anschauung synthesirt, verbindet und ordnet, v, S. 161, ist Erfahrung nur durch die Kategorien möglich und besteht in der Verknüpfung der Wahrnehmungen, die denn doch wohl Anschauungen sind. v, S. 159, sind die Kategorien Erkenntnisse a priori von Gegenständen der Anschauung überhaupt. – Ferner wird hier und v, S. 163 und 165, eine Hauptlehre Kants vorgetragen, diese: daß der Verstand die Natur allererst möglich mache, indem er ihr Gesetze a priori vorschreibe und sie sich nach seiner Gesetzmäßigkeit richte u.s.w. Nun ist aber die Natur doch wohl ein Anschauliches und kein Abstraktum; der Verstand müßte demnach ein Vermögen der Anschauung seyn. v, S. 168, wird gesagt, die Verstandesbegriffe seien die Principien der Möglichkeit der Erfahrung, und diese sei die Bestimmung der Erscheinungen in Raum und Zeit überhaupt; welche Erscheinungen denn doch wohl in der Anschauung dasind. Endlich, S. 189-211; v, 232-256, steht der lange Beweis (dessen Unrichtigkeit in meiner Abhandlung über den Satz vom Grunde, § 23, ausführlich gezeigt ist), daß die objektive Succession und auch das Zugleichseyn der Gegenstände der Erfahrung nicht sinnlich wahrgenommen, sondern allein durch den Verstand in die Natur gebracht werde, welche selbst dadurch erst möglich wird. Gewiß ist aber doch die Natur, die Folge der Begebenheiten und das Zugleichseyn der Zustände lauter Anschauliches und kein bloß abstrakt Gedachtes.

      Ich fordere Jeden, der mit mir die Verehrung gegen Kant theilt, auf, diese Widersprüche zu vereinigen, und zu zeigen, daß Kant bei seiner Lehre vom Objekt der Erfahrung und der Art, wie es durch die Thätigkeit des Verstandes und seiner zwölf Funktionen bestimmt wird, etwas ganz Deutliches und Bestimmtes gedacht habe. Ich bin überzeugt, daß der nachgewiesene Widerspruch, der sich durch die ganze transscendentale Logik zieht, der eigentliche Grund der großen Dunkelheit des Vertrags in derselben ist. Kant war sich nämlich des Widerspruchs dunkel bewußt, kämpfte innerlich damit, wollte oder konnte ihn dennoch nicht zum deutlichen Bewußtseyn bringen, verschleierte ihn daher für sich und für Andere, und umgieng ihn auf allerlei Schleichwegen. Davon ist es vielleicht auch abzuleiten, daß er aus dem Erkenntnißvermögen eine so seltsame, komplicirte Maschine machte, mit so vielen Rädern, als da sind die zwölf Kategorien, die transscendentale Synthesis der Einbildungskraft, des innern Sinnes, der transscendentalen Einheit der Apperception, ferner der Schematismus der reinen Verstandesbegriffe u.s.w. Und ungeachtet dieses großen Apparats wird zur Erklärung der Anschauung der Außenwelt, die denn doch wohl die Hauptsache in unserer Erkenntniß ist, auch nicht ein Mal ein Versuch gemacht; sondern diese sich aufdringende Anforderung wird recht ärmlich immer durch den nämlichen, nichtssagenden, bildlichen Ausdruck abgelehnt: »Die empirische Anschauung wird uns gegeben.« S. 145 der fünften Auflage erfahren wir noch, daß dieselbe durch das Objekt gegeben wird: mithin muß dieses etwas von der Anschauung Verschiedenes seyn.

      Wenn wir nun Kants Innerste, von ihm selbst nicht deutlich ausgesprochene Meinung zu erforschen uns bemühen; so finden wir, daß wirklich ein solches, von der Anschauung verschiedenes Objekt, das aber auch keineswegs ein Begriff ist, ihm der eigentliche Gegenstand für den Verstand ist, ja, daß die sonderbare Voraussetzung eines solchen unvorstellbaren Gegenstandes es eigentlich seyn soll, wodurch allererst die Anschauung zur Erfahrung wird. Ich glaube, daß ein altes, eingewurzeltes, aller Untersuchung abgestorbenes Vorurtheil in Kant der letzte Grund ist von der Annahme eines solchen absoluten Objekts, welches an sich, d.h. auch ohne Subjekt, Objekt ist. Es ist durchaus nicht das angeschaute Objekt, sondern es wird durch den Begriff zur Anschauung hinzugedacht, als etwas derselben Entsprechendes, und nunmehr ist die Anschauung Erfahrung und hat Werth und Wahrheit, die sie folglich erst durch die Beziehung auf einen Begriff erhält (im diametralen Gegensatz gegen unsere Darstellung, nach welcher der Begriff allein von der Anschauung Werth und Wahrheit erhält). Das Hinzudenken dieses direkt nicht vorstellbaren Objekts zur Anschauung ist dann die eigentliche Funktion der Kategorien. »Nur durch Anschauung wird der Gegenstand gegeben, der hernach der Kategorie gemäß gedacht wird.« (Kritik der reinen Vernunft, erste Auflage, S. 399). Besonders deutlich wird dies aus einer Stelle, S. 125 der fünften Auflage: »Nun fragt es sich, ob nicht auch Begriffe a priori vorausgehn, als Bedingungen, unter denen allein etwas, wenn gleich nicht angeschaut, dennoch als Gegenstand überhaupt gedacht wird«, welches er bejaht. Hier zeigt sich deutlich die Quelle des Irrthums und der ihn umhüllenden Konfusion. Denn der Gegenstand als solcher ist alle mal nur für die Anschauung und in ihr da: sie mag nun durch die Sinne, oder, bei seiner Abwesenheit, durch die Einbildungskraft vollzogen werden. Was hingegen gedacht wird, ist allemal ein allgemeiner, nicht anschaulicher Begriff, der allenfalls der Begriff von einem Gegenstande überhaupt seyn kann; aber nur mittelbar, mittelst der Begriffe, bezieht sich das Denken auf Gegenstände, als welche selbst allezeit anschaulich sind und bleiben. Denn unser Denken dient nicht dazu, den Anschauungen Realität zu verleihen: diese haben sie, soweit sie ihrer fähig sind (empirische Realität) durch sich selbst; sondern es dient, das Gemeinsame und die Resultate der Anschauungen zusammenzufassen, um sie aufbewahren und leichter handhaben zu können. Kant aber schreibt die Gegenstände selbst dem Denken zu, um dadurch die Erfahrung und die objektive Welt vom Verstande abhängig zu machen, ohne jedoch diesen ein Vermögen der Anschauung seyn zu lassen. In dieser Beziehung unterscheidet er allerdings das Anschauen vom Denken, macht aber die einzelnen Dinge zum Gegenstand theils der Anschauung, theils des Denkens. Wirklich aber sind sie nur Ersteres: unsere empirische Anschauung ist sofort objektiv; eben weil sie vom Kausalnexus ausgeht. Ihr Gegenstand sind unmittelbar die Dinge, nicht von diesen verschiedene Vorstellungen. Die einzelnen Dinge werden als solche angeschaut im Verstande und durch die Sinne: der einseitige Eindruck auf diese wird dabei sofort durch die Einbildungskraft ergänzt. Sobald wir hingegen zum Denken übergehn, verlassen wir die einzelnen Dinge und haben es mit allgemeinen Begriffen ohne Anschaulichkeit zu thun;


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