Black*Out. Andreas Eschbach

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Black*Out - Andreas Eschbach


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978-3-401-80050-9.tif

      Titel

      Andreas Eschbach

      BLACK*OUT

Arenaneu.tif

      Impressum

      Erste Veröffentlichung als E-Book 2012

      © 2010 Arena Verlag GmbH, Würzburg

      Alle Rechte vorbehalten

      Dieses Werk wurde vermittelt durch die

      Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen

      Einbandgestaltung: Frauke Schneider

      ISBN 978-3-401-80050-9

      www.arena-verlag.de

      Mitreden unter forum.arena-verlag.de

      www.eschbach-lesen.de

      Abfangmanöver

      1

      Alles sah tot und verlassen aus, so weit das Auge reichte, und auch die Tankstelle, an der sie angehalten hatten, wirkte, als hätte man sie vor langer Zeit aufgegeben.

      Christopher beobachtete ein Insekt, das sich durch den Sand schleppte. Es sah aus wie ein Skorpion, und es war unterwegs in die Wüste.

      »Ist hier überhaupt jemand?«, fragte er.

      Kyle war damit beschäftigt, sein Bargeld durchzuzählen. Er steckte seiner Schwester zwei Scheine zu; Christopher konnte nicht erkennen, was für welche. Diese Dollarscheine sahen in seinen Augen alle gleich aus. »Bringt auch eine Zeitung mit«, sagte Kyle. »Den Nevada Herald, wenn sie den haben. Sonst eine andere.«

      Christopher ließ sich tiefer in den Rücksitz sinken, der so weich war, dass einem irgendwann alles wehtat. »Es ist wahrscheinlich besser, ich bleibe im Wagen«, meinte er.

      Jetzt drehte sich Kyle zu ihm um. Eine wulstige Narbe zierte seine Stirn, verlief von der Mitte seiner rechten Augenbraue fast senkrecht nach oben. Wenn er sich ärgerte, färbte sie sich an den Rändern rötlich. So wie jetzt.

      »Blödsinn«, sagte er. »Ihr geht jetzt da beide rein, solange ich tanke, und du suchst dir was zum Essen und Trinken aus. Du wirst es brauchen, glaub mir. Es dauert noch verdammt lange, bis wir da sind.«

      Christopher wollte etwas sagen, aber Kyle unterbrach ihn mit einer unwirschen Handbewegung. »Entspann dich, Chris, okay? Hier kennt dich niemand. Und selbst wenn, würde dich niemand verraten. Nicht hier.«

      »Ich hab nicht Angst, dass mich jemand verrät«, sagte Christopher.

      »Umso besser«, erwiderte Kyle und stieg aus, genauso wie Serenity. Zögernd öffnete Christopher die Tür auf seiner Seite und folgte ihr.

      Es tat gut, sich ein bisschen zu bewegen. Das auf jeden Fall.

      Der Boden bestand nur aus trockener, festgestampfter Erde. An den beiden Zapfsäulen war die meiste Farbe bereits abgeplatzt, von der Hitze und der Sonne vermutlich, aber das Metall darunter zeigte keine Spur von Rost: Dazu war es hier, mitten in der Wüste von Nevada, schlicht zu trocken.

      In einiger Entfernung stand der Mast einer Mobilfunkantenne. Aber Überwachungskameras waren keine zu sehen.

      Serenity stieß die Tür zum Drugstore auf, mit einer heftigeren Bewegung, als nötig gewesen wäre. Und sie wartete nicht auf ihn, ließ die Tür hinter sich einfach wieder zufallen, ohne sich darum zu kümmern, ob Christopher nachkam oder nicht.

      Drinnen war alles eng, vollgestopft und staubig. Jedes Mal wenn man die Tür öffnete, drang etwas von dem feinen Wüstensand herein, und offenbar machte sich niemand die Mühe, ihn wieder hinauszubefördern. Auch aufzuräumen, hielt niemand für nötig; die Regale reichten in dem winzigen Raum bis zur Decke, und in ihnen stapelten sich Chips, Süßigkeiten und Autozubehörteile aller Art. Christopher griff nach einer Tüte bunter Kaubonbons in Form von Dinosauriern. Aus der Nähe betrachtet wirkten die Saurier seltsam klebrig. Er drehte die Tüte um. Haltbar bis September 2008. Abgelaufen war da gar kein Ausdruck mehr.

      Angewidert legte er die Tüte zurück. Die Frau, die hinter der Kassentheke saß, würdigte sie keines Blickes. Sie verfolgte eine von ständigem, aufdringlich wirkendem Gelächter durchsetzte Show auf einem uralten kleinen Fernseher, und so lasch, wie sie dasaß, hätte Christopher jede Wette gehalten, dass sie bis eben einfach nur gedöst hatte. Es war fast Mittag, und die klapprige Klimaanlage kam gegen die Hitze kaum noch an. Er trat neben Serenity, die vor dem Kühlregal mit den Getränken und den Sandwiches stand, in einigermaßen angenehmer Kühle.

      »Man kann sich auch zu wichtig nehmen, weißt du?«, sagte sie, ohne ihn anzusehen.

      »Meinst du mich?«, fragte Christopher.

      Sie machte eine knappe, ärgerlich wirkende Handbewegung. »Ja, ich geb’s zu. Ich fand das zuerst ziemlich cool, dieses ›Die ganze Welt ist hinter mir her‹-Ding. Aber ehrlich gesagt, auf die Dauer nervt es.«

      Christopher blickte sich um. Vielleicht hatte sie ja recht. Das sah alles wirklich ziemlich aus wie der Arsch der Welt; man musste sich regelrecht wundern, dass es hier überhaupt elektrischen Strom gab. Was auch immer gerade an weltbewegenden Dingen geschehen mochte, an diesem Ort waren sie wahrscheinlich so weit davon entfernt wie nur irgend möglich.

      »Tut mir leid«, sagte er.

      Sie warf ihm einen versöhnlichen Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen zu. »Relax einfach. Wir sind bald da. Du machst dir entschieden zu viele Sorgen.«

      Relaxen? Das war leichter gesagt als getan. Die Zeit, als er sich keine Sorgen gemacht hatte – seine Kindheit, sozusagen –, lag so lange zurück, dass er sich kaum noch daran erinnerte, wie sich das angefühlt hatte. Dagegen erinnerte er sich noch gut daran, wie sich der Tastendruck angefühlt hatte, mit dem er diese Zeit beendet hatte, schnell und unwiederbringlich. Wie sein Zeigefinger noch einen Moment über der Entertaste geschwebt war und er sich gefragt hatte, ob er das wirklich tun sollte, und wie es dann trocken Klick gemacht hatte, als er die Taste gedrückt und den Computervirus, der ihn berühmt machen sollte, auf die Reise geschickt hatte.

      Oder besser gesagt: berüchtigt. Seither nannte man ihn Computer Kid, und diesen bescheuerten Namen würde er wohl nie wieder loswerden.

      Und die, die ihn für den besten Hacker der Welt hielten, ahnten nicht, wie recht sie damit hatten.

      Und was alles davon abhing.

      »Ich hoffe, dass wenigstens die Sandwiches einigermaßen frisch sind«, raunte ihm Serenity zu, zwei in furchtbar viel Frischhaltefolie gewickelte belegte Brote in der Hand.

      Das Etikett versprach es, aber was bewies ein Etikett schon?

      Christopher wählte ein Brot mit Salami. Nicht, weil ihm Salami besonders schmeckte, sondern, weil man damit wahrscheinlich am wenigsten falsch machen konnte. Außerdem zog er eine große Flasche Limonade mit Cranberry-Geschmack aus dem Kühlfach.

      »Ich hab Kekse gefunden, die erst ein Jahr abgelaufen sind«, sagte Serenity. »Bei Keksen wird das nicht so schlimm sein, oder? Die können höchstens weich werden.«

      Christopher nickte. »Denk ich auch.«

      Sie gingen zur Kasse. In die Frau kam Bewegung, aber eher unwillig, so, als wäre es ihr lieber gewesen, sie wären, ohne etwas zu kaufen, wieder gegangen. Das Piepen des Kassenscanners klang erkältet, und die Beträge, die auf dem kleinen Bildschirm erschienen, schienen schief zu stehen.

      »Die Zeitung!«, fiel Serenity ein.

      Christopher ging die Zeitungen durch, die direkt vor der Kasse aufgefächert auslagen. Eine Ausgabe des Nevada Herald war dabei: die Ausgabe vom Vortag.

      »Das ist okay«, meinte Serenity, als Christopher auf das Datum zeigte. »Aktueller sind die hier nicht.«

      Christopher hob die anderen Zeitungen ein Stück hoch, zog den Nevada Herald heraus. Darunter kam ein kleines Kästchen zum Vorschein, das einen hellen Ton wie von einer Glocke von sich gab, als


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