Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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daran zu stören.

      Das war das eigentlich Schlimme an der Sache!

      Als ich spürte, dass die STERNENSEGLER mit Hilfe des Impulstriebwerks beschleunigte, riss ich mich zusammen. Ich atmete ein paar Mal tief durch, schüttelte den Kopf und ließ Nussels Mähne los, als ich wieder klar sah und merkte, dass ich ohne Hilfe stehen konnte. Dankbar tätschelte ich seinen Hals.

      Er wieherte leise und mit vorgestülpter Unterlippe. Dabei zog er die Oberlippe so hoch, dass seine oberen Schneidezähne entblößt wurden und es aussah, als lachte er.

      Meine beiden anderen Gefährten dachten das wohl, denn sie lachten unvermittelt. Ich dagegen wusste, dass Nussels Gebärde keinesfalls Heiterkeit ausdrückte, sondern Furcht.

      Wovor das Einhorn sich fürchtete, wusste ich nicht. Allerdings nahm ich an, dass es im Bereich des gesamten Sternhaufens mehr als genug Furchterregendes gab. Das musste nicht einmal etwas Konkretes, Gegenständliches sein. Tiere bedurften weder der Konkretisierung noch der Abstraktion, um instinktsicher zu reagieren.

      Ich spürte es sogar, wenn auch nur ganz schwach. Es war wie ein Geruch, aber keiner, den man mit den Schleimhäuten von Mund, Nase und Zunge aufnahm, sondern mittels eines sechsten oder siebten Sinnes.

      Das Schwert des Rächers war eine einzige unbarmherzige Drohung.

      Gnade denen, an denen sie verwirklicht würde!

      *

      »Das ist es!«, stieß ich hervor und deutete auf die Abbildung des dritten Planeten im Bugsektor der Bildschirmgalerie.

      Im nächsten Augenblick stöhnte ich vor Schmerz.

      »Näher heran!«, kommandierte Goman-Largo. »Unter die Stationärbahn, POSIMOL!«

      Die STERNENSEGLER beschleunigte noch einmal kurz. Der Planet erschien mit abnehmender Entfernung rasch größer und hing am Ende der Beschleunigungsphase schräg über dem Schiff.

      Aus nur 360 Kilometern Höhe wirkte er riesig – jedenfalls für alle, die die meisten Planeten während ihres Lebens fast nur aus viel größeren Entfernungen zu sehen bekamen.

      »Sollen wir ihn Relais nennen, Anima?«, fragte Neithadl-Off.

      »Ja«, erwiderte ich und atmete auf, weil die Schmerzen immer mehr abklangen.

      Nussel schien genau zu wissen, was ich jetzt brauchte. Er lehnte sich erneut an mich und führte mich behutsam zu einem freien Kontursessel.

      »Nur ein paar Minuten«, sagte ich müde zu meinen Gefährten. »In der Stationärbahn war der Schmerz fast unerträglich. Jetzt ist er so gut wie weg. Allerdings spüre ich hier auch den Ruf meines Ritters nicht mehr. Wir werden also wieder auf größere Distanz zu Relais gehen müssen, wenn ich ihn anpeilen will. Aber nicht sofort. Ich brauche etwas Ruhe, um mich später voll konzentrieren zu können.«

      »Das ist völlig in Ordnung«, sagte Goman-Largos sonore Stimme. »Wir sehen uns unterdessen den Planeten genauer an.«

      Da sich das Schiff so gedreht hatte, dass Relais von der großen Bildfläche an der Decke abgebildet wurde, konnte ich ihn im Liegen beobachten.

      Er besaß anscheinend keine Atmosphäre – oder nur eine sehr dünne. Weite Teile waren von einer Art Reifschicht bedeckt. An den Polen wölbten sich Eisbuckel auf. Dort, wo es kaum Eis oder Reif gab, schienen gigantische Stahlkonstruktionen von der Oberfläche der Welt in den Himmel zu wachsen.

      Die ersten Auswertungen der Tasterortung ergaben, dass die Stahlkonstruktionen tatsächlich wuchsen. Ständig gingen Veränderungen vor, wurden ganze Sektionen entfernt und erneuert oder umstrukturiert.

      »Eine Zivilisation!«, pfiff Neithadl-Off erstaunt. »Das Werk intelligenter Wesen!«

      Goman-Largo schüttelte ungläubig den Kopf.

      »Hier sollte es nur fragmentarische Überreste gewaltsam vernichteter Kulturen geben«, stellte er fest. »Wie alt sind deine entsprechenden Speicherdaten, POSIMOL?«

      »Das Datum ihrer Einspeicherung gehört zu den gelöschten Erinnerungen«, erklärte die Positronik. »Ich weiß nur, dass die Expeditionen, die diese Feststellungen trafen, vor ungefähr anderthalbtausend Jahren stattfanden.«

      »Dann könnte sich ja inzwischen etwas verändert haben«, meinte die Vigpanderin.

      »Die Vernichtung soll total gewesen sein«, bemerkte POSIMOL.

      »Neubesiedlung von außen?«, überlegte der Modulmann laut.

      Ich kniff die Augen zusammen und musterte eine der größten und höchsten Stahlkonstruktionen genauer. Komisch! Etwas stimmte damit nicht! Es war nicht ihre Asymmetrie allein, die mich störte, sondern vor allem der Eindruck von chaotischer Unordnung, der sich einstellte, wenn man das Bild längere Zeit betrachtete.

      Ich setzte mich auf.

      »Du musst unbedingt festzustellen versuchen, ob die Konstruktionen einem konkreten Zweck dienen – und wenn, welchem, POSIMOL!«, rief ich erregt.

      »Wie meinst du das?«, fragte Goman-Largo. »Niemand würde doch solche riesigen Stahlkonstruktionen errichten, wenn er damit nicht etwas Bestimmtes zu erreichen hoffte.«

      »Entsprechende Analysen laufen schon seit zehn Minuten«, ertönte die charakteristische Stimme von POSIMOL, die bei mir immer die Assoziation von Gutmütigkeit erzeugte. »Bisher konnte kein sinnvoller Zweck in der Errichtung der Stahlkonstruktionen erkannt werden. Aus den fortschreitenden Arbeiten lässt sich schließen, dass hier immer nur Teile von Schrottbergen herausgeschnitten und an anderen Stellen wieder eingefügt werden.«

      »Jemand arbeitet also daran«, meinte der Modulmann. »Halten wir das fest, unabhängig davon, welchen Sinn diese Arbeiten haben. Aber wo gearbeitet wird, müssen auf jeden Fall intelligente Wesen am Werke sein, denn Arbeit ist eine Erfindung der Intelligenz.«

      »Und ich dachte immer, Arbeit sei eine Strafe für die Selbsterhöhung von Lebewesen über die Natur«, witzelte Neithadl-Off.

      Ich hätte nie gedacht, dass sie so witzig sein konnte!

      »Es sind Roboter«, stellte POSIMOL fest. »Einfachste Roboter mit primitivsten Positroniken, die anscheinend keine Entwicklung von Eigeninitiative erlauben. Wahrscheinlich sind sie seit Jahrhunderttausenden am Werk und tun nichts weiter, als die Schrottberge von Relais immer wieder umzuschichten. Da die dünne und kalte Atmosphäre fast nur aus purem Stickstoff besteht, kommt es nicht zu zerstörerischen Oxidationsprozessen.«

      Eine Weile äußerte sich niemand dazu, dann sagte Neithadl-Off niedergeschlagen:

      »Und das ist alles, was von einer einst hochentwickelten dynamischen Zivilisation übriggeblieben ist ...«

      Sie hatte Recht.

      Es war ein Jammer.

      Aber es war auch eine Realität – und das war das einzige, was zählte und nicht die vielleicht noch so schillernde Vergangenheit der Zivilisation, von der die Schrotthaufen übriggeblieben waren.

      Schnee von gestern interessierte nicht.

      »Wir können wieder auf Distanz gehen«, sagte ich. »Ich habe mich genug erholt und werde den Schmerz für einige Zeit ertragen können.«

      »In Ordnung!«, erklärte Neithadl-Off. »POSIMOL, bring das Schiff auf die Stationärbahn!«

      Diesmal hatte sie einfach über Goman-Largo mitbestimmt.

      Wie war das nun bei meinen Gefährten mit der Gleichberechtigung? Ich blickte da nicht mehr durch.

      9.

      Goman-Largo

      Endlich schien Anima den Ort genau anpeilen zu können, von dem aus ihr Ritter nach ihr rief.

      Es wurde auch höchste Zeit.

      Ich war richtig kribbelig, weil ich mit den Nachforschungen in meiner ureigenen Sache nicht weiterkam. Es war nicht


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