Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan

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Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1) - Perry Rhodan


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wenn sie aber auf den Hinterbeinen liefen, taten sie das in einem behäbig wirkenden, schaukelnden Gang.

      Ihre Lippen erinnerten Osmund an die von Giraffen. Ständig war die Oberlippe in Bewegung, zuckte hin und her, schabte über die Unterlippe, als würde sie sie auf diese Weise kratzen, stülpte sich vor, legte sich wieder an.

      Die Olubfaner erwiesen sich als grobgliedriger, als es das Holo auf der BJO BREISKOLL gezeigt hatte. An jeder Hand – oder an jedem Fuß der Vorderbeine, ganz wie man es sehen wollte – wuchsen nur drei kurze, dicke Finger, die aus jeweils zwei Knochen bestanden. Anders gesagt: Olubfaner hatten nur Daumen.

      Osmund fragte, ob sie sich wohlfühlten in der galaktischen Gemeinschaft, der sie angehörten, und wie viel sie bereits von der neuen Welt gesehen hatten.

      Meistens erntete er verständnislose Blicke oder interpretierte sie zumindest so. Nachvollziehbar, denn für die Olubfaner war das alles andere als neu. Er erfuhr, dass ihre Lebenserwartung bei sechzig bis siebzig Jahren lag. Die Ankunft der Cairaner und den Aufbruch ins All hatte also keiner selbst miterlebt. Beides lag Generationen zurück, und die Zugehörigkeit zur galaktischen Gemeinschaft war längst Normalität geworden.

      »Ihr habt den Cairanern viel zu verdanken«, sagte er zu einem Olubfaner, der etwas abseits des Trubels ein künstlerisch grenzwertiges und glorifizierendes Schauspiel über den Erstkontakt verfolgte. Zuvor hatte er sich mit ihm über die bevorstehende Initialkopplung der Jungolubfaner unterhalten.

      Oder besser gesagt, der Einheimische hatte geredet, wohingegen Osmund Gemeinplätze und ein gelegentliches »Was du nicht sagst« von sich gegeben hatte, denn er hatte keine Ahnung, worum es sich bei dieser Kopplung handelte. Offenbar eine so bedeutsame und bekannte Sache, dass er es nicht wagte nachzufragen.

      »Den Cairanern?«, erwiderte der Olubfaner. »In der Tat, sie sind unsere Gönner.«

      »Ich heiße übrigens Osmund.«

      »Ein wohlklingender Name.« Vermutlich wegen des Anfangsbuchstabens. »Mein Name ist Okmor.«

      »Ich bin zum ersten Mal auf Ollfa und mit den Gegebenheiten nicht vertraut. Aber weißt du, was ich mich frage? Warum habe ich noch keine Cairaner auf dem Fest entdeckt?«

      Dass Rhodan ihnen während der Einsatzbesprechung das Aussehen dieses Volkes noch einmal ins Gedächtnis gerufen hatte, wäre nicht nötig gewesen, denn auf Osmunds Weg durch die Stadt waren ihm an beinahe jeder Ecke teils bewegte Bilder auf Großmonitoren oder in Holos aufgefallen. Sie zeigten Cairaner im Gespräch mit Olubfanern oder wie sie ihnen ein Stück Technologie überreichten oder in feierlichem Ambiente, den Kopf in den Nacken gelegt, nach oben deuteten. Hin zu den Sternen.

      Die Cairaner wirkten weise und gütig wie geduldige Lehrmeister, so ganz anders als der Eindruck, den die Besatzung der RAS TSCHUBAI beim ersten Aufeinandertreffen von ihnen gewonnen hatten. Anscheinend alles eine Frage der Darstellung. »Sollten sie nicht im Mittelpunkt des Festes stehen?«

      »Mag sein. Aber sie leben zurückgezogen in einem eigenen Bezirk am Rand der Stadt. Sie mischen sich nur selten ein, verhalten sich ihrer Klientkultur gegenüber eher dezent.«

      Eine merkwürdige Formulierung, wenn es um die Teilnahme an einer Feier ging, fand Osmund. Und ein neuer Begriff: Klientkultur.

      »Verstehe«, behauptete er. »Und selten heißt ...?«

      »Wenn es nötig ist. Bei Gesetzesverstößen, Streitereien, Konflikten. Wusstest du beispielsweise, dass sie den Glaubenskrieg vor über hundert Jahren befriedet haben?«

      »Tatsächlich? Worum ging es dabei?«

      »Eine unschöne Angelegenheit, lange vor meiner Zeit. Sehr blutig. Der Kampf einer gespaltenen Gesellschaft, zerrissen zwischen dem Glauben an die Elfgötter und der Erkenntnis, nicht allein im All zu sein.«

      »Verstehe«, sagte Osmund erneut, und diesmal verstand er tatsächlich. Er erinnerte sich an das verdächtige Fehlen religiöser Inhalte in den abgehörten Funknachrichten. »Die Cairaner haben den Götterglauben verboten.«

      »Keineswegs. Es ist nicht so, dass sie etwas gegen den Glauben hätten. Ihnen gefällt es nur nicht, wenn daraus Konflikte und Gewalt entstehen. Also haben sie Gesetze erlassen, die das verhindern.«

      »Dann gibt es noch Glaubensstätten?«

      »Die Götterhaine. Elf an der Zahl, für jeden Gott einer, und über die größeren Städte von Ollfa verteilt.« Der Basston in Okmors Stimme nahm zu. Er klang ... begeistert? Schwärmerisch? »Oppolon ist der einzige Ort mit zwei Hainen: dem zu Ehren des Götterelters Olu und dem für Tolno, die Schutzpatronin der Tolnoten.«

      »Tolnoten?«

      Okmor streckte eine Hand aus, drehte sie nach oben, und aus Löchern in der Handfläche zuckten fingerdicke Wurmwesen hervor. »Unsere kleinen Alltagshelfer.«

      »Wo liegt der nächste Götterhain?«

      »Nicht weit entfernt.« Der Olubfaner deutete hinter sich. »In dieser Richtung. Aber ...«

      In dieser Sekunde brandete Jubel unter den Zuschauern des Theaterstücks auf. Vermutlich, weil es gerade einen besonders ruhmreichen Augenblick aus Ollfas Geschichte zeigte, vielleicht sogar den Aufbruch ins All.

      Osmund konnte nicht viel erkennen, weil sämtliche Einheimischen auf den Hinterbeinen standen und sich zu einer Größe von drei Metern aufgerichtet hatten. Ein massiger Körper rempelte ihn an, drängte ihn zur Seite, dann einer von vorne. Und noch einmal. Und zum vierten Mal.

      Rasch hatte ihn die Menge in ihrem Jubel unbeabsichtigt bis in die hinterste Reihe und aus dem Pulk herausgeschoben. Er versuchte, Okmor unter den Jubelnden zu entdecken, gab aber schnell auf. Für seine ungeübten Augen ähnelten die Olubfaner einander so stark, dass er ihn selbst dann nicht erkennen würde, wenn er ihm auf den Fuß trat.

      Also wandte er sich ab und setzte den Spaziergang fort, diesmal aber hatte er ein Ziel: den Götterhain.

      *

      Der Hain war nicht schwer zu finden, ein Eingang jedoch schon.

      Bereits nach wenigen Querstraßen, in denen es genauso hoch herging wie im Rest der Stadt, stieß er auf eine fünf Meter hohe Hecke, so dicht, dass er durch die Zweige und das blaugrüne Laub weder sehen noch sich hindurchschieben konnte. Er ging nach rechts an der Pflanzenwand entlang, aber es dauerte eine halbe Stunde, bis sich endlich eine Lücke auftat.

      Heckenzweige neigten sich darüber, umschlangen sich und bildeten einen Bogen über dem Zugang. Zwei identische Skulpturen flankierten das Portal: wuchtige entrindete und laublose Baumstämme, aus denen zehn Äste ragten, die sich in Zweiergruppierungen auf fünf Ebenen verteilten. Aus dem Stamm blickten ihm geschnitzte stilisierte Gesichter entgegen, die vage an die von Olubfanern erinnerten, aber zugleich erhabener, würdevoller wirkten.

      Götter?

      Einige Wesen, die aussahen wie übermannsgroße Gottesanbeterinnen, flanierten achtlos daran vorbei, während sie sich laut schnarrend und kratzend unterhielten. Osmund würdigten sie keines Blickes.

      Er zögerte bloß eine Sekunde, dann trat er hindurch. Wahrscheinlich nicht der geeignetste Ort, um Informationen über die Cairaner und die Situation in der Milchstraße zu sammeln, aber er war dankbar, zumindest für einige Minuten dem lärmenden Trubel des Festes zu entkommen. Und das tat er schneller und gründlicher, als er vermutet hatte.

      Bereits nach wenigen Metern zwischen gigantischen, silbern schimmernden Bäumen und herb duftenden Sträuchern verkam die Geräuschkulisse der Aufbruchsfeier zu einem dumpfen Murmeln und verstummte schließlich ganz.

      Nun umfing ihn nur das stete Knarren, das von den Bäumen ausging. Ein hypnotisches, fast schon meditatives Geräusch. Wenn man für so etwas empfänglich war, konnte man beinahe eine göttliche Präsenz spüren.

      Unsinn! Was du zu spüren glaubst, ist ...

      Der Duft, der die Luft erfüllte: süßlich, frisch und zugleich mit einer herben Note. Vermutlich das Aroma von Blüten. Es roch nach Zitrusfrüchten,


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