Perry Rhodan 120: Die Cyber-Brutzellen (Silberband). Clark Darlton
Читать онлайн книгу.walten, bevor er ein Dutzend Bilder aus den Körperregionen herstellte, in denen der Transpolator schwarze Stellen gezeigt hatte.
Die Analyseeinheit präsentierte ihm drei charakteristische Kombinationen, die er schon ein Dutzend Mal gesehen hatte. »Biologisches, menschliches Zellgewebe«, murmelte er und fuhr mit dem Zeigefinger an Symbolen und Zahlen entlang. »Positronische Schaltelemente.« Der Finger glitt eine Zeile tiefer und verharrte.
Unvermittelt legte sich eine Hand auf seine Schulter. »Die typische molekulare Zusammensetzung von Cyber-Brutzellen, die sich im Stadium der Vermehrung befinden«, sagte Adelaie Bletz hinter ihm.
Marcel Boulmeesters glaubte in endlose Tiefe zu stürzen, als ihm die Zusammenhänge und ihre Tragweite deutlich wurden.
Adelaie Bletz stellte mehrere Ausschnittvergrößerungen der Biorasteraufnahmen her. Marcel Boulmeester schaute ihr schweigend zu. Ein winziger, nur in begrenzter Tiefe dreidimensionaler Ausschnitt wurde deutlicher, er zeigte die Grenze zwischen natürlichem Zellgewebe und einem Teil der neu entstandenen Fremdkörper.
»Du musst es dir ansehen, Marcel«, sagte sie eindringlich. »Was ist das?«
Der Kybernetiker starrte auf die Wiedergabe. »Völlig neue Zellorganisationen sind entstanden.« Seine Stimme war kaum hörbar. »Solche Wucherungen habe ich noch nie gesehen. Die Zellsubstanz wurde umstrukturiert, so, wie ein Phage die Zellen seines Wirtskörpers umbaut.«
»Der Vergleich hinkt.« Adelaie deutete auf die Strukturen, die dicht neben den normalen Zellen zu erkennen waren. »Hier handelt es sich um systematische Anordnungen, die weit über den Internbauplan eines einzelnen Virus hinausgehen. Im weitesten Sinn gleichen die entstandenen Gebilde dem Aufbau geordneter Kristalle. Wenn du genau hinsiehst, wirst du aber etwas anderes feststellen.«
»Nach den Veränderungen dürfte ich gar nicht mehr leben.« Boulmeester wandte sich ab.
»Betrachte die Darstellung genau!«, drängte Adelaie. »Dann erkennst du hoffentlich, warum du noch lebst und warum du zeitweise wirres Zeug geredet hast.« Sie zeigte auf eine besonders auffällige Stelle. »Sieh es dir an!«
»Aus meinen Körperzellen ist etwas wie ein positronisches System entstanden«, murmelte der Kybernetiker. Jäh lachte er auf, und es klang, als würde sich sein Geist verwirren.
In der nächsten Sekunde hatte Boulmeester sich wieder unter Kontrolle. »Keine Bange, ich reagiere noch normal. Bislang haben mich diese Schaltsysteme nicht übernommen. Sie ersetzen vielleicht einige Körperfunktionen, keineswegs den ganzen Körper. Nach wie vor bin ich Marcel Boulmeester und keine programmierte Menschmaschine.«
»Du stehst trotzdem unter ihrem Einfluss«, entgegnete Adelaie. »Das war mehrmals deutlich zu spüren.«
Sie ließ ein anderes Bild entstehen. »Einige Funktionen sind bereits komplett übernommen. Du besitzt keine Nieren mehr, und deine Leber besteht nur mehr zu einem Viertel.«
»Wie kalt deine Worte sind.« Boulmeesters Vorwurf war unüberhörbar.
»Nein, Marcel.« Adelaie bemühte sich um einen versöhnlichen Klang ihrer Stimme. »Ich sage das nur, weil ich dir helfen will.«
»Helfen?« Er schüttelte den Kopf. »Du scheinst dir der Tragweite dieser Veränderungen nicht bewusst zu sein. Sie bedeuten, dass wir einem gewaltigen Irrtum erlegen sind. Über hundert Versuche mit den Brutzellen und allen möglichen Lebensformen waren zu wenig. Wir haben keinen Versuch mit einem Menschen vorgenommen. Dabei hätten wir diese Möglichkeit einkalkulieren müssen.«
»Nach allem, was wir über die Vorfälle auf Mardi-Gras wissen, war das nicht zu erwarten.«
»Egal, Adelaie. Die Gefahr vermehrt sich seit über vierundzwanzig Stunden in meinem Körper. Wenn eine einzige Zelle eindringen konnte und eine derart gravierende Veränderung bewirkt, dann können sich ihre Abkömmlinge genauso gut in anderen Körpern festgesetzt haben und dort den gleichen Prozess vollziehen.«
Sie runzelte die Stirn. »Von welcher einzigen Zelle sprichst du?«
Boulmeester winkte ab. »Es ist sowieso egal. Mir ist bei einem Experiment eine Brutzelle entwischt. Ich muss annehmen, dass sie in meinen Körper eingedrungen ist und diese Metamorphose hervorgerufen hat.«
»Wer außer dir weiß von der verschwundenen Zelle?«
»Ich habe mit keinem darüber gesprochen.«
»Du bist ein Narr, Marcel. Du hast wahrscheinlich die ganze Menschheit in Gefahr gebracht.«
»Ich konnte nicht ahnen, dass diese winzigen Bestien so heimtückisch angreifen würden.« Müde schüttelte er den Kopf.
»Was sollen wir tun?« Adelaie wirkte mit einem Mal unsicher.
»Es gibt Möglichkeiten«, sagte der Kybernetiker. »Sie sind riskant, aber ich bin zu jedem Risiko bereit.«
Adelaie wandte sich wieder der bildlichen Darstellung zu. »Ich meine, wir sollten umgehend alle Kapazitäten heranziehen, um das größte Unheil zu verhindern. Lauter hochintegrierte Schalt- und Speichersysteme aus halborganischer Materie. Dazu in den Randzonen deutliche Ausbreitungsprozesse, die Gebilde wachsen weiter. Weißt du, was am Ende aus dir geworden sein wird?«
»Es wird nicht so weit kommen«, widersprach Boulmeester. »Auf keinen Fall dürfen wir andere hinzuziehen. Die Gefahr, dass sie ebenfalls von den Zellen befallen werden, ist zu groß. Wir müssen eine Selbstheilung versuchen, solange ich meinen freien Willen habe.«
Er prüfte die Anzeigen eines Kontrollpults. »Das Labor ist hermetisch abgeriegelt, gut so. Alle positronischen Elemente müssen aus meinem Körper entfernt und vernichtet werden, nicht eine einzige Zelle darf überleben. Die klinischen Einrichtungen hier bieten jede Möglichkeit dazu. Wenn du mir hilfst, können wir es schaffen. Wenn nicht, überlasse ich dir die weitere Entscheidung, du kannst die Selbstzerstörung aktivieren oder mich desintegrieren. Du weißt, wie die Desintegratoren für den Notfall zugänglich sind.«
Adelaie zögerte. Der Gesichtsausdruck ihres Vorgesetzten verriet ihr, dass er es ehrlich meinte und momentan jedenfalls nicht beeinflusst wurde.
Auf die Idee, sich selbst ebenfalls einer Untersuchung zu unterziehen, kam sie nicht. Sie fühlte sich aktiv und frisch, obwohl dies im Widerspruch zur späten Nachtzeit stand.
Ihr Verstand sagte ihr, dass die Cyber-Brutzellen nach und nach Boulmeesters gesamte Substanz transformieren und in Systeme ihres eigenen Bauplans verwandeln würden. Letztlich würde der Kybernetiker vielleicht nur mehr aus einer äußeren Hülle bestehen, die von dem positronischen System am Leben erhalten wurde. Das Innere handelte dann längst nach anderen Maximen.
Adelaie fragte sich, was das Ziel dieses positronischen Menschen sein könnte, verwarf diese Überlegung aber sofort wieder. Sie musste sich darauf konzentrieren, die Gefahr zu beseitigen und Boulmeester zu retten.
Adelaie ging sehr sorgfältig vor. Da sie ohne positronische Hilfe bei den vorgesehenen Operationen nicht auskommen würde, baute sie zunächst Schirmfelder auf, um zu verhindern, dass die Brutzellen auf die Positronik überspringen konnten.
Die Rechenanlage musste die gesamten Biorasteraufnahmen auswerten und umsetzen. Zudem konnten die Zellwucherungen in der Zwischenzeit weiter fortgeschritten sein, und auch dieser Befall musste entfernt werden.
Erwartungsgemäß stellte die Klinikpositronik fest, dass der Patient die Eingriffe nur überleben würde, wenn gleichzeitig entsprechende Ersatzorgane und Organteile transplantiert wurden. Die Ausstattung des Labors reichte nach Aussage der Positronik dafür aus.
Boulmeester würde die Eingriffe bei fast vollem Bewusstsein erleben, da nur die von der Operation betroffenen Körperregionen schmerzlos sein würden.
Adelaie fing mit den kleinen Zellwucherungen im Gehirn an. Der Eingriff vollzog sich innerhalb weniger Minuten, das entfernte veränderte Gewebe wurde umgehend desintegriert.
Adelaie, die selbst nicht eingreifen konnte, folgte den schnellen Vorgängen wie erstarrt. Als das erste Zellsystem aus dem