Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Susanne Svanberg

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Sophienlust Staffel 15 – Familienroman - Susanne Svanberg


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uns wertvolle Hinweise geben«, sagte Alexander eindringlich. »Immerhin wäre es möglich, dass unsere Pferde noch irgendwo in der Nähe sind und wir das Versteck durch Anjas Hilfe aufstöbern. Wir würden die Tiere zurückbekommen. Morgen kann es unter Umständen bereits zu spät sein.«

      »Das Kind könnte schweren Schaden nehmen, wenn wir durch Fragen etwas berühren, was es seelisch nicht verarbeiten kann, weil es dazu unsere Hilfe bräuchte. Wir können Anja aber nicht helfen. Wir sind machtlos, weil wir keine Ahnung haben, was Anja eigentlich zugestoßen ist.«

      »Man müsste einen Psychiater beauftragen, Anja so behutsam auszufragen, dass sie keinen Schaden nehmen kann.«

      Denise lächelte wehmütig. »Was weiß ein Psychiater davon, was dieses arme kleine Mädchen durchgemacht hat? Anja hat den Schock noch lange nicht überwunden. Trotzdem hat man sie heute maßlos verängstigt. Ich bin richtig unglücklich darüber, dass es ausgerechnet hier in Sophienlust geschehen ist. Hier, wo alle Erwachsenen die Kinder von Herzen gernhaben.«

      »Du hast recht, Denise. Wenn sich jemand in Anjas Situation hineinversetzen kann, dann bist du es. Niemand hat so viel Mitgefühl und so viel Verständnis wie du.« Alexander lächelte stolz. »Und wenn du es für richtig hältst, dass wir Anja nicht fragen, dann bin ich selbstverständlich damit einverstanden. Das Wohl der Kinder geht vor finanziellen Belangen. Auch wenn unsere Pferde noch so kostbar sind, Anja ist wichtiger, viel wichtiger.«

      Denise von Schoenecker atmete erleichtert auf. »Ich bin froh, dass du so denkst, Alexander. Und ich bin dir von Herzen dankbar dafür.« Sie küsste ihren Mann liebevoll auf den Mund.

      *

      Eilig ging Hans Strasser zu seinem Wagen. Er öffnete, galant wie immer, für Marina die Tür und stieg dann selbst ein. »Warum warst du so hässlich zu der Kleinen?«, fragte er empört. Nur mühsam konnte er sich beherrschen.

      »Ich weiß gar nicht, was du willst.« Marina tat ganz harmlos. Sie strich ihre Kleidung glatt und wartete darauf, dass er den Wagen startete.

      Doch Hans Strasser dachte gar nicht daran. Er drehte sich so, dass er Marina in die Augen sehen konnte, und sagte: »Du weißt es sehr genau. Du hast dich unmöglich benommen, obwohl uns Frau Rennert zuvor mitgeteilt hat, dass Anja auf keinen Fall aufgeregt werden darf. Weißt du denn nicht, was du mit deinen herzlosen Reden anrichten kannst? Hast du denn gar kein Gewissen, Marina? Willst du schuldig werden am Unglück eines elternlosen Kindes?«

      »Ach«, fauchte Marina ungeduldig. »Du übertreibst alles, was mit Anja zusammenhängt, maßlos. Das Kind ist doch nicht aus Glas. Es tut ihm gar nichts, wenn es endlich einmal die Wahrheit erfährt. Du bist ja doch zu feige, sie auszusprechen.«

      Strassers Wut steigerte sich. »Kinder sind zwar nicht aus Glas, aber gefühlvolle, empfindsame kleine Menschen, die sehr leicht zu verletzen sind. Und was die Wahrheit betrifft, so kennst du sie offensichtlich noch immer nicht. Ich habe Anja gern – auch wenn du das nicht wahrhaben willst. Ich habe sie so lieb wie ein eigenes Kind. Das ist die Wahrheit.«

      »Merkst du nicht, dass du dich lächerlich machst?« Marina lachte spöttisch. »Eine solche Auffassung passt vielleicht zu einer Großmutter, aber doch nicht zu einem Mann.«

      »Das ist deine Auffassung. Im Übrigen interessiert sie mich nicht. Ich selbst kann es nicht als Schande empfinden, mitleidig zu sein.«

      »Sie wird dich aber interessieren müssen«, zwitscherte Marina unbekümmert. »Schließlich werde ich deine Frau, nicht Anja.«

      Hans Strasser holte tief Luft. Jetzt war der Augenblick da, dass endgültig reiner Tisch gemacht werden musste. Solange Marina ihn nur beschimpft hatte, war er nachsichtig gewesen. Jetzt aber gingen ihre Angriffe auf das unschuldige Kind über. Und das durfte er auf gar keinen Fall zulassen.

      »Ich kann nicht mit einem Menschen zusammenleben, der so herzlos gegenüber einem Kind sein kann. Es war vielleicht früher einmal die Rede davon, dass wir beide heiraten. Aber jetzt denke ich anders darüber. Bitte, sei mir nicht böse, Marina. Wir können ja Freunde bleiben, wenn du magst.«

      »Wenn ich dich recht verstanden habe, willst du dich von mir trennen.« Marina fuhr herum wie eine Schlange, die im Begriff ist, sich auf ihr Opfer zu stürzen. »Und nur wegen dieser kleinen Göre. Das ist doch lächerlich.«

      »Bezeichne es, wie du willst. Ich kann nicht anders. Ich kann deine ewigen Sticheleien nicht länger ertragen.«

      »Es kann dir doch nicht wirklich gefallen, dich mit einem kleinen Mädchen zu befassen und es durch allerlei Geschenke zu verwöhnen.« Marina wippte gekonnt mit den langen künstlichen Augenwimpern. Doch das machte keinen Eindruck auf ihn. Die flüchtige Verliebtheit, die er für Marina empfunden hatte, war endgültig verflogen.

      »Es ist aber so«, antwortete er. »Aber du kannst das nicht verstehen, weil du kein Herz hast. An dieser Stelle sitzt bei dir ein Spiegel, in dem du dein eigenes Gesicht erblickst. Für mehr ist nicht Platz. Weder für einen Mann, noch für Kinder. Ich aber wünsche mir eine Frau, die mich ein bisschen gernhat, und Kinder, die behütet aufwachsen.«

      »Für einen Mann bist du unglaublich romantisch. Hinter einem Polizeibeamten würde man das niemals vermuten. Im Film sind das harte Burschen, die …«

      »Das Leben ist kein Film«, unterbrach Hans Strasser sie barsch. »Im Übrigen weißt du sehr genau, dass wir viel zu verschieden sind, um eine harmonische Ehe miteinander führen zu können.«

      »Willst du eigentlich nicht losfahren? Wir kommen sonst zu spät.«

      »Ich bringe dich hin, aber ich fahre sofort wieder zurück.«

      »Du willst nicht mitkommen?«, fragte das rotblonde Mädchen entrüstet.

      »Zum einen halte ich es unter diesen Umständen nicht für angebracht, und zum anderen habe ich Anja versprochen, zurückzukommen.«

      »Du willst mich alleinlassen?«, schnupfte Marina.

      »Da wir die ganze Zeit von Trennung reden, dürfte dich das doch nicht so sehr überraschen.«

      »Ach, das ist doch alles nur Bla-Bla. Du bringst es ja gar nicht fertig, mich sitzenzulassen.« Marina lachte. Sie hatte den gutmütigen Hans ein für alle Mal zum Trottel abgestempelt.

      Dass er es nicht war, bewies er sofort. »Ich nehme an, dass dich der flotte Dieter gerne trösten wird«, sagte er. Er wusste von Marinas Flirt. Aber dieses Wissen tat nicht weh, denn er liebte das Mädchen ja nicht mehr.

      »Was weißt du von ihm?«, fauchte Marina böse.

      »Dass du dich mit ihm triffst, wenn ich Dienst habe«, antwortete er unheimlich ruhig.

      »Das ist ja nur eine ganz harmlose Bekanntschaft«, erklärte Marina.

      »Vielleicht wird mehr daraus«, antwortete Hans gleichgültig.

      »Er ist ein Windhund, das weißt du ganz genau.«

      »Du liebst doch aufregende Männer.« Jetzt war es an Hans Strasser, spöttisch zu sein. »Männer, die sich nichts aus Kindern machen, sondern nur hinter jungen Mädchen her sind. Männer, die dir nicht Geborgenheit und Sicherheit schenken, sondern einen flüchtigen Flirt.«

      »Du bist gemein«, zischte Marina.

      »Mich hast du verlacht und verhöhnt, weil ich eine Familie wollte und ein harmonisches Eheleben. Also bist du doch mehr für die Anschauungen des flotten Dieters.«

      »Du meine Güte, es hat mir doch nur Spaß gemacht, dich ein wenig zu reizen.«

      »Du hast es zu weit getrieben, Marina. Das, was du vorhin zu der armen kleinen Anja gesagt hast, das war kein Spaß. Das war eine nicht zu überbietende Herzlosigkeit. Du hast genau gesehen, in welcher Verfassung das Kind ist. Wie du es dennoch wagen konntest, ihr den letzten Trost zu nehmen, das werde ich nie begreifen. Vielleicht ist dir in deinem Hass nicht so bewusst geworden, was du angerichtet hast. Auf jeden Fall rate ich dir aber zu beten, dass der Schaden durch Geduld und Liebe wieder behoben werden kann.«

      »Eigentlich


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