Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane. Pete Hackett

Читать онлайн книгу.

Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane - Pete Hackett


Скачать книгу
ebenfalls feige Halunken wie hierzulande hinter den Büschen. Ich wünsche ihm, dass er endlich seinen Frieden hat.“

      Ken Turner schluckte. „Heißt das, dass er ...?“

      „Ja, das heißt es, mein Junge. Er ist nicht wieder aufgewacht. Meine erbärmliche Kunst war zu klein, als dass ich ihm hätte helfen können.“

      „Diese Schweine! Das war nun schon der dritte Mord, den die Shadows auf dem Gewissen haben.“

      „Der vierte“, korrigierte der Doc. Ken Turner verstand nicht. Henry Bishop half nach. „Ich spreche von Lamont.“

      Jetzt kapierte der Deputy.

      „Sie glauben also auch, dass Morton mit den Killern unter einer Decke steckt?“, fragte er atemlos.

      Der Alte sah ihn durchdringend an.

      „Andie Morton? Pass nur gut auf, dass ihm nichts zustößt!“

      „Das werde ich, Doc“, versprach Ken Turner, aber er meinte es anders als der Arzt. Er kehrte hastig in das Office zurück. Ein Blick auf den Gefangenen sagte ihm, dass er ungewöhnlich ruhig war. Ein zweiter Blick sagte ihm noch mehr. Und er hätte um ein Haar falsch reagiert.

      Jetzt zwang er sich zur Ruhe. Er durfte sich nichts anmerken lassen, sonst war alles beim Teufel.

      Er kehrte wieder zum Schreibtisch zurück und legte seinen Revolver auf die Platte.

      „Doan ist tot“, sagte er dumpf.

      Andie Morton fuhr zusammen. „Tot? Wer sagt das?“

      „Bishop sagt das. Ich habe ihn gerade gefragt. Der Teufel soll die verdammten Mörder holen.“

      „Das soll er.“ Es hörte sich an, als weinte Andie Morton.

      Ken Turner ließ sich nicht täuschen. Er hatte genug gesehen. Die Tür aus starken Eisenstäben war nur noch angelehnt. Jemand hatte sie aufgesperrt. Und da niemand das Office während der kurzen Zeit betreten hatte, während er draußen war, konnte nur Morton selbst dieser Jemand gewesen sein. Er musste in einem unbeobachteten Moment den Schlüssel des Marshals an sich gebracht haben. Als er, Ken Turner, das Office verließ, glaubte er, fliehen zu können. Doch sein Bewacher war zu schnell wieder zurück und verdarb die Flucht.

      Aber Ken Turner war nicht auf den Kopf gefallen. Der Mörder sollte seine Chance haben. Er sollte selbst den Beweis liefern, dass er fliehen wollte. Doch das würde ihm nicht gelingen. Gibsonville hatte einen aufmerksamen Hilfsmarshal. Und dessen Sechsschüsser lag griffbereit. Er wartete nur auf eine verdächtige Bewegung.

      Ken Turner reckte die Arme in die Höhe und gähnte wie ein Ochse. Er glotzte den Gefangenen an und schnitt eine verächtliche Grimasse. Dann legte er seine Arme verschränkt vor sich auf den Tisch und bettete seinen Kopf darauf. Danach rührte er sich nicht mehr.

      Nach einigen Minuten ließ er tiefe, gleichmäßige Atemzüge hören. Aber er schlief keineswegs. Er tat nur so. Andie Morton sollte sich in Sicherheit wiegen. Er sollte nicht auf die Idee kommen, dass die Hand neben dem Revolver auf der Lauer lag und nur darauf wartete, in Aktion treten zu dürfen.

      Andie Morton war nur ein einfacher Cowboy, den man in eine Falle gelockt hatte. Nie zuvor hatte er ein Gefängnis von innen gesehen. Er hatte keine Übung im Gedankenlesen, deshalb reagierte er auch ähnlich, wie der Deputy erwartet hatte. Er trat mit dem Fuß gegen die Tür, dass sie krachend aufflog. Im gleichen Moment zuckte Ken Turners Faust zur Waffe ...

      21

      Auch Chaco hatte erfahren, dass Doan die Krise nicht überstanden hatte. Sein Zorn gegen die Schattenbande wurde dadurch noch größer. Vor allem aber deshalb, weil diese Verbrecher sich nicht scheuten, einen Halbwüchsigen, der zu schwach war, sich gegen ihren Einfluss zu wehren, in den Abgrund zu reißen.

      Ella Kimball ging ihm seit ihrem Gespräch aus dem Weg. Chaco hätte diese Familie längst verlassen, wenn er sich nicht selbst eine Aufgabe gestellt hätte, die er unbedingt lösen wollte.

      Randolph Kimball schien von allem nichts zu ahnen. Er arbeitete vom frühen Morgen bis tief in die Nacht hinein. Er besaß nicht die wissenden Augen einer besorgten Mutter, wenn auch ihm das Schicksal seines Sohnes zweifellos nicht weniger am Herzen lag. Chaco wollte diesen Menschen helfen. Er hatte ihnen schon einmal geholfen, doch wenn sie jetzt ihren Sohn verloren, war damals alles umsonst gewesen.

      Es hatte keinen Zweck, Chalk noch einmal zuzureden. Der Junge kam nicht aus seiner Reserve. Er hatte sich nicht seinen Eltern anvertraut, um wieviel weniger würde er einem Fremden gegenüber aufrecht sein.

      Chaco mochte den Jungen. Er war sicher, dass es eine Erklärung dafür gab, dass Chalk sich so tief verstrickt hatte. Dass er ihn in der Erregung einen Bastard genannt hatte, trug er ihm nicht nach. Der Junge hatte sich in die Enge getrieben gefühlt. Er hatte sich wehren müssen. Er konnte nicht begreifen, dass er sich gegen die Falschen auflehnte. Dem Bengel musste geholfen werden, bevor es endgültig zu spät war.

      Chaco konnte mit keinem darüber reden. Nicht mal mit Doc Bishop.

      Jerome hatte keinen Namen genannt. Sein Mund war verschlossen geblieben. Trotzdem war Chaco überzeugt, dass er mitten ins Wespennest gestochen hatte. Die Bande war aufgeschreckt, und genau das hatte er erreichen wollen.

      Wer sich nicht mehr sicher fühlte, wer nicht genau wusste, wie gut der Gegner Bescheid wusste, wurde unruhig. Er beging Fehler, und er gab sich erst zufrieden, wenn er seinen Widersacher unschädlich gemacht hatte.

      Gegenüber Gary Bronson, dem ehemaligen Marshal, Mitch Roller, dem Storebesitzer, Doan und dem Rancher Lamont war Chaco im Vorteil. Die Genannten hatten keine Ahnung gehabt, dass sie auf der Liste der Schattenbande standen. Chaco wusste es, und er konnte sich darauf einrichten. Was er nicht wusste, war, wann, wie und durch wen es geschehen würde.

      Wahrscheinlich würden sie nachts über ihn herfallen. Mit Masken unkenntlich gemacht. Sie würden abwarten, bis sie ihn allein erwischten, und dann abknallen wie einen Kojoten. Das war nicht schwer. Er war fast immer allein. Aber er hatte nicht die Absicht, sich ohne weiteres abknallen zu lassen. Bei diesem Choral wollte er seine Stimme ebenfalls hören lassen.

      Bis jetzt war immer davon die Rede gewesen, dass es sich um fünf oder sechs Banditen handelte. Einer davon, Jerome, zählte nur noch zur Hälfte. Chalk war hoffentlich nicht dabei, wenn es ans Töten ging. Blieben noch vier. Vier gefährliche Killer ohne Gesicht.

      Wer waren diese vier? War Collin Brat dabei? Er hoffte, es bald mit Sicherheit zu wissen. Vorläufig war es lediglich ein Verdacht. Ein Verdacht gegen den Marshal. Er durfte ihn nicht öffentlich äußern. Man würde vermuten, dass er sich lediglich für die knappe Niederlage bei der Wahl rächen wollte. Er hatte sich nicht danach gerissen. Er hatte eigentlich nur die Pläne der Shadows durchkreuzen wollen, ohne sicher zu sein, ob seine Vermutung nicht einen Harmlosen traf.

      Die Schattenbande hatte sich durch den Marshal nicht von ihrem verbrecherischen Treiben abhalten lassen. Der Einbruch im Lagerhaus wirkte wie ein Hohngelächter der Outlaws. Sie hatten den früheren Marshal gekillt, sie würden sich auch diesen vornehmen, wenn er nicht auf ihrer Seite stand.

      Chaco spürte Verlangen nach einem Bier. Dieser Genuss war mit einem Besuch im Saloon verbunden, und darauf legte er eigentlich weniger Wert. Die Männer starrten ihn an, wenn er dort aufkreuzte. Er hatte sich einen Namen gemacht, als er sich mit Jerome Bibbs anlegte. Er war sich nicht im Klaren, ob sie ihn dafür bewunderten oder hassten. Jedenfalls wollte er kein Aufsehen. Nicht von dieser Seite. Das lenkte ab, und er durfte es sich nicht erlauben, sich ablenken zu lassen. Es konnte ihn das Leben kosten.

      Chaco entschloss sich, doch zum Saloon zu gehen.

      Der Lärm klang weit über die Straße. Die Männer hatten an diesem Abend eine Menge Gesprächsstoff. Chaco band seinen Morgan-Hengst am Balken fest und stieß die Schwingtür auf. Der Lärm verstummte fast augenblicklich. Aller Augen richteten sich auf den Eintretenden. Sie waren nicht feindlich, eher neugierig, manche sogar bewundernd.


Скачать книгу