Marktsozialismus. Ernest Mandel

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Marktsozialismus - Ernest  Mandel


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nicht aufbringen könnten. Um Märkte zu sozialisieren, müssten sie daher unter öffentliche Kontrolle gestellt und alle Anbietenden zu Transparenz gezwungen werden. Den Haushalten und Produzierenden sollte freier Zugang zu Informationsnetzen zum Beispiel in Form von Computern gewährt werden, damit sie sich die Informationen für Planung der Produktion und Konsum beschaffen könnten.

      Kapitel 3: Das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ (NÖSPL) in der DDR

      Der in diesem Buch abgedruckte Beschluss des ZK der SED von 1963 argumentiert, dass es vor dem Bau der Berliner Mauer 1961 nicht möglich gewesen sei, ein geschlossenes ökonomisches System des Sozialismus aufzubauen. Dogmatismus innerhalb der Partei habe außerdem dazu geführt, dass ökonomische Gesetze nicht richtig angewendet werden. Als ein zentrales Problem werden „weiche Pläne“ genannt. Damit ist gemeint, dass Betriebe versuchen, gegenüber den Behörden Planziele herunterzuhandeln, um sie leichter erfüllen zu können. Selbst bei Nichterfüllung müssten sie mit keinen schmerzhaften Konsequenzen rechnen.

      Das ZK-Dokument kritisiert außerdem, das bisherige Anreizsystem führe dazu, dass viele Betriebe oft die Steigerung der Produktion oder die Senkung der Kosten zu Lasten der Qualität betreiben würden. Auch fehle Interesse daran, neue Technologien einzusetzen. Die Parteiführung beanstandet darüber hinaus, dass bei der Festlegung der Löhne und Prämien der Belegschaft und Betriebsleitungen zu wenig technisches Niveau und Produktivität berücksichtigt werde. Als Lösung wird die Schaffung eines geschlossenen Systems von ökonomischen Hebeln vorgeschlagen.

      Die beiden SED-Wirtschaftsfunktionäre Erich Apel und Günter Mittag führten in einer Broschüre 1964 im Detail aus, wie ökonomische Hebel (Kosten, Preis, Umsatz und Gewinn, Kredit, Lohn und Prämie) zur Steigerung der Produktivität eingesetzt werden sollten. Ziel sei ein geschlossenes System von Anreizen, sodass Betriebsleitungen und Belegschaft bei guter Qualität mehr Einkommen und Ressourcen bekommen sowie schlechte Arbeit zur Senkung der Einkommen führe. Das Wertgesetz gelte auch in der sozialistischen Warenproduktion. Im Unterschied zum Kapitalismus wirke es aber nicht spontan, sondern müsse planmäßig von Staat und Betrieben angewendet werden.

      Kapitel 4: Debatte um das jugoslawische Modell

      Der jugoslawische Weg übte in den 1960er-Jahren eine große Anziehungskraft auf linke sozialdemokratische Kreise im Westen und auch in der „Dritten Welt“ aus. Nach dem Bruch mit der Sowjetunion 1948 hatte sich Jugoslawien zu einem der führenden Staaten der „Blockfreien-Bewegung“ entwickelt, die für eine Alternative zur Teilung der Welt in ein US-amerikanisches und sowjetisches Lager stand. In den 1950ern führte die Regierung unter Tito in ausdrücklicher Abgrenzung zum sowjetischen Modell in den Fabriken schrittweise eine „Arbeiterselbstverwaltung“ ein. Die Belegschaft sollte ihr Management selbst wählen, in wichtigen Angelegenheiten der Betriebe ein Mitspracherecht haben und an Gewinnen beteiligt werden. Die Vorgaben der Planungsbehörden wurden abgebaut und Betriebe sollten gegeneinander konkurrieren. Die Parteiführung sah „Arbeiterselbstverwaltung“ als wichtigen Schritt zur Vergesellschaftung der Produktionsmittel in Abgrenzung zum Konzept der Verstaatlichung im sowjetischen „etatistischen“ Modell.

      Dieses Buch dokumentiert einen Text des jugoslawischen Soziologen Rudi Supek (1973), der ein Anhänger dieses Modells war und eine Ausweitung der Selbstverwaltung befürwortete. Supek gehörte seit 1966 zur Redaktion der Zeitschrift Praxis. Die „Praxis-Gruppe“ stand für einen „humanistischen Marxismus“ und hatte über Jugoslawien hinaus Einfluss auf die westliche Neue Linke. Supek wendet sich gegen Strömungen in der jugoslawischen Partei, die entweder zu einem etatistischen Modell zurückwollen oder Reformen im Sinne eines wirtschaftlichen Liberalismus anstreben. Supek führt gegen beide Strömungen Marx ins Feld. Er zitiert Marxens Kritik an der Arbeitsteilung in der bürgerlichen Gesellschaft, die die Menschen in entfremdete Teilindividuen als BürgerInnen, Produzierende und Konsumierende spalte. Die Prinzipien der Selbstverwaltung müssen daher nicht nur in der Produktion angewendet, sondern auch auf die Verteilung und den Konsumbereich ausgeweitet werden. Der Mehrwert, den die ArbeiterInnen produzieren, dürfe nicht zu einer Form unabhängiger wirtschaftlicher Macht werden, die eine privilegierte Gruppe kontrolliere. Um dies zu verhindern, sollten die Organe der direkten Demokratie auf den verschiedenen Ebenen der Gesellschaft über die Verwendung entscheiden können. Die „Praxis-Gruppe“ diskutierte die Selbstverwaltung vor allem im Zusammenhang


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