Mord auf der Transit-Strecke Berlin 1968 Kriminalroman Band 21. A. F. Morland

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Mord auf der Transit-Strecke Berlin 1968 Kriminalroman Band 21 - A. F. Morland


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verschlossen. Ihre Gesichter waren ebenfalls schwarz angeschmiert. Sie machten einen furchterregenden Eindruck - zumindest auf den Beifahrer, der wusste, wann eine Sache brenzlig war, und wann man die Schnauze halten musste. Ohne, dass der Verbrecher ihn dazu aufforderte, sich umzudrehen, wandte er sich um. Was jetzt kommen würde, ahnte er. Da er es aber nicht verhindern konnte, fand er sich damit ab. Es würde ein kurzer Schmerz sein. Und dann würde er umkippen. Eine Weile Ohnmacht. Und wenn er die Augen wieder aufschlug, würde alles vorbei sein.

      Nicht so Stettner. Der stellte sich auf die Hinterbeine, und genau das war das Dümmste, was er tun konnte. Damit reizte er die Gangster, die ohnedies in Eile und nervös waren. Die beiden LKW-Fahrer dachten in diesem Augenblick auch noch an ihre besondere Lage. Man befand sich auf dem Gebiet der DDR. Da würden doch wohl auch diese Typen jederzeit mit einer Entdeckung rechnen müssen – und die würde kaum glimpflich für sie abgehen.

      „Umdrehen!“, befahl der Gangster dem Fahrer.

      „Ihr kriegt meinen LKW nicht!“, brüllte Fred Stettner. „Meinen LKW kriegt ihr nicht!“ Er ballte seine mächtigen Fäuste. Im nächsten Moment explodierte seine Rechte am Kinn des Verbrechers. Der Mann flog zurück und wurde von seinen Freunden aufgefangen.

      Hans Kersten floss Eiswasser über den Rücken, als er sah, was Stettner machte.

      ‚Was ich von ihm immer dachte: Er ist verrückt! Er hat keinen Verstand!‘, hämmerte es im Kopf des Beifahrers.

      Fred schnellte herum und eilte mit langen Sätzen zum LKW. Die Gangster ließen ihm nicht die geringste Chance. Ein Bein hatte er bereits auf dem Trittbrett, als die Schüsse fielen und ihn um die eigene Achse rissen. Gleich darauf stürzte der Fahrer schwer auf das Straßenpflaster.

      Hans blieb das Herz stehen, als er sah, wie es mit seinem Kumpel zu Ende ging. Warum hatte er sich bloß so sehr für diesen verdammten LKW eingesetzt? Warum hatte er dem Tod keine kurze Ohnmacht vorgezogen?

      Hans Kersten vernahm ein knirschendes Geräusch hinter sich. Instinktiv kniff er die Augen zusammen und wartete auf den Schlag, der in seinem Nacken oder am Hinterkopf landen würde.

      Da kam er auch schon. Hart, und für keinen noch so kräftigen Mann durchzustehen. Ein riesiges schwarzes Loch tat sich vor dem Beifahrer auf. Er merkte, wie er darauf zufiel und sogleich darin verschwand ...

      2

      Am Abend des 21. November steuerte Bernd Schuster seinen silbergrauen Mercedes 450 SEL die restlichen Meter durch die Kurfürstenstraße, bog in die Parkstraße vor der alten Ladenzeile ein, in der er seine Detektei betrieb.

      Sturmwolken, von einem böigen Wind getrieben, waren den ganzen Tag über den Himmel gezogen. Der Wind war jetzt abgeflaut, und Regen fiel grau wie ein Stahldraht im Licht der gelben Straßenlampen. Bernd Schuster stieg geschafft aus seinem Wagen, schloss ihn ab und ging hinüber, um noch einmal in seinem Büro nach dem Rechten zu sehen.

      Auf seinem Schreibtisch hatte ihm Franziska Jahn, seine überaus attraktive Lebensgefährtin und Assistentin, eine kleine Überraschung aufgebaut.

      Da stand der Kassettenrecorder, und auf einem weißen Kärtchen war der Befehl zu lesen: EINSCHALTEN!

      Bernd fingerte die Roth Händle heraus, sank auf den Schreibtischsessel und brannte eine Zigarette an. Mit einer fahrigen Bewegung versuchte er sich den Schlaf aus den Augen zu wischen. Er drückte die Wiedergabetaste.

      „Hallo, Bernd“, kam die aufgekratzte Stimme Franziskas aus dem Gerät. „Na, wie war die Blondine?“

      „Oooch, ganz annehmbar - he! Moment, woher weißt du?“ Bernd drückte auf die Stopptaste und staunte erst mal richtig. Er hatte Franziska gegenüber mit keiner Silbe erwähnt, dass er sich mit einer blonden Mandantin treffen wollte. Wie hatte sie das bloß wieder herausbekommen?

      Er ließ sie weiterreden.

      „Hier war nicht allzu viel los. Horst Rogers und Ron Myers haben je einmal angerufen. Ja, und auch der alte Horsti Sielmann hat sich wieder mal gemeldet. Der Ärmste wähnt sich auf dem Abstellgleis, seit du dich nicht mehr zum Angeln bei ihm gemeldet hast.“

      Bernd nickte gedankenverloren. Der gute Horsti. Er kannte alle Angelplätze, ob an der Spree, der Havel oder am Wannsee oder irgendeinem anderen Teich. Aber die Wochenenden, an denen Bernd tatsächlich dafür Luft hatte, waren in letzter Zeit immer spärlicher gesät. Er musste sich mal wieder dazu aufraffen und einfach zum Angeln hinauszufahren. Das war er seinem Körper und auch dem alten Horst einfach schuldig.

      ‚Schon notiert!‘, dachte Bernd und hörte sich an, was Franziska ihm weiter zu berichten hatte.

      „Es ist jetzt 16.55 Uhr. Also gleich Betriebsschluss für mich. Ich will noch zu Keysers und ein paar Dinge für den Kühlschrank im Büro einkaufen, auch wenn wir weder kalte Getränke noch Eis in dieser Jahreszeit benötigen,“ sagte Franziska. „Doch bevor ich mich für heute empfehle, kann dich dir noch Grüße von Rudolf R. Reineke zu bestellen.“

      RRR, dachte Bernd. Der Direktor der Berliner LKW Versicherung. Was will er?

      „Du sollst ihn auf jeden Fall noch heute anrufen“, sagte Franziska, als hätte sie Bernds geistige Frage gehört. „Ganz gleich, wie spät es ist. Er sagte, er könne ohnedies kein Auge zu tun.“

      „Ich auch nicht!“, maulte Bernd. Noch heute. Das war ihm gar nicht recht.

      Franziska nannte die Privatnummer von RRR. Bernd kritzelte sie auf einen Zettel, dann stellte er den Kassettenrecorder ab, und das Kärtchen mit dem Befehl EINSCHALTEN warf er grimmig und demonstrativ in den Papierkorb.

      Ohne den Eifer, mit dem er normalerweise seine Aufgaben anging, grapschte er sich den Telefonhörer. Ein letzter Zug noch von der Roth Händle, dann drückte er sie im Aschenbecher aus. Sobald er die Nummer gewählt hatte, vernahm er das Freizeichen. Wenige Sekunden später hob RRR bereits ab.

      „Sagen Sie mal, schlafen Sie auf dem Hörer?“, fragte Bernd und unterdrückte ein neuerliches Gähnen.

      „Wer spricht?“, fragte Reineke nervös.

      „Oh - verzeihen Sie: Bernd Schuster.“

      „Schuster!“, klang es erleichtert.

      Bernd dachte: Was ein Name oft ausmacht.

      „Endlich“, sagte RRR. Und das klang vorwurfsvoll.

      „Ich war unterwegs. Bin eben erst nach Hause gekommen, Herr Direktor. Tut mir leid, dass ich mich nicht früher melden konnte. Womit kann Ihnen mein Büro für private Ermittlungen dienen?“

      „Möchten Sie viel Geld machen, Schuster? Mit einem einzigen Fall?“

      „Bitte keine Scherze, Herr Reineke. Nicht mehr um diese Stunde. Wie viel Geld ist für Sie viel Geld?“

      „Zehn Prozent von 170.000 D-Mark.“

      „Wie kommen Sie ausgerechnet auf 170.000?“

      „Hören Sie zu, Bernd! Wir beide arbeiten nicht zum ersten Mal zusammen, und ich habe Sie immer eine schöne Stange Geld verdienen lassen.“

      „Dafür habe ich aber auch Arbeit geleistet, die Ihre Versicherungsdetektive nicht zu leisten imstande waren.“

      „Diesmal


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