Dantes Inferno I. Akron Frey

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Dantes Inferno I - Akron Frey


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sich aus einer spiralförmigen Galaxie auf mich herabsenkte. Alles zog sich zusammen, die Wände veränderten ihre Form und zerfielen in Falten, der Boden begann sich unter meinen Füßen zu drehen, und plötzlich ging ein trichterartiges mysteriöses Loch vor mir auf, das alles in sich hineinsaugte. Dann verließen mich die Kräfte. Ich stürzte durch meine Weltvorstellung hindurch und fühlte, wie ich immer winziger wurde. Alles zog sich zusammen, und nach ein paar Herzschlägen war ich nur noch so groß wie eine Erbse. Doch bevor ich durch die Bodenritze fiel, fing mich Akron auf und hielt mich lächelnd vors Gesicht. «Was ist passiert?» japste ich.

      Behutsam öffnete er die Lippen und sagte: «Du bist durch deine Weltvorstellung hindurchgefallen, und ich habe dich hier aufgefangen, bevor du dich in den Falten des Universums verlieren konntest. Siehst du den Riß?»

      Ich wollte ihm sagen, daß ich keinen Riß sah, aber da tippte er mich mit dem Zeigefinger an der Schulter sanft an und wirbelte mich herum: «Hier brauchst du dein Unverständnis nicht mehr durch ein subjektives Denken zu kompensieren, damit du deine Emotionen durch dieses hindurchfiltern und damit für dein eigenes, unmittelbares Erkennen entschärfen kannst, denn du wurdest auf das Energiepotential deiner inneren Vorstellungskraft reduziert.» Dann fügte er schelmisch hinzu, ich sei das folgerichtige Ergebnis einer langen Kausalitätskette, die sich in meinem lächerlichen Ego manifestiere, das Bücher schriebe und von sich glaube, neue Denkinhalte zu kreieren, und darüber nicht nur nachdenke, sondern auch über sein eigenes Nachdenken reflektiere und sich letzten Endes genau an jener Stelle positioniere, in der es glaube, sich erkennen zu können. Ich solle mir aber nicht ans Bein pinkeln, denn bevor ich wie eine Erbse durch die Bodenritze falle und auf Nimmerwiedersehen im Unergründlichen versacke, würde er mich sicher und liebevoll auffangen.

      Dann hielt er mich plötzlich fest und sah mir väterlich in die Augen: «Denn hier bist du nicht nur der Energie deiner menschlichen Vorstellung begegnet, sondern du hast soeben ihre Grenzen physisch überschritten. Deshalb bist du auf das Bild deiner inneren Vorstellung geschrumpft.»

      Anschließend ließ er mich auf seiner Handfläche mehrmals um die eigene Achse drehen, und bei der vierten oder fünften Umdrehung glaubte ich eine weitere Öffnung vor mir zu entdecken. Ich erkannte so etwas wie einen Riß in der dreidimensionalen Realität, der vor mir aufschimmerte, und dahinter eine regenbogenfarbene Iridule durchglimmen.

      «Du stehst hier am Durchbruch zu neuen Dimensionen», sprach er, «der das alte Weltbild vom Leben abfaulen läßt. Die dreidimensionale Realität entspricht dem Unvermögen, Verstand und Vernunft loszulassen und danach zu fragen, was jenseits der Ratio liegt.» Gleichzeitig nahm ich links und rechts von mir eine Unzahl von Bewegungen wahr. Kleine leuchtende Kugeln schwebten wie schimmernde Raumschiffe in mein Blickfeld. Akrons Gesicht schien von unzähligen Lichtpunkten übersät: «Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen», sagte er, «es sind auch wiederum nur Gedanken, wenn auch gefangene. Sie haben sich in ihrem eigenen Schöpfergeist eingesperrt.»

      «Eingesperrt?» Eine seltsame Grimmigkeit lag in den seltsamen Blasen. Sie rührte von einer fühlbaren Aggression her, die ich hinter ihren Durchmessern verspürte. «Was sind das nur für unangenehme Gebilde?»

      «Das sind implodierte Gedanken», über mir schwebte Akrons vertrautes, lächelndes Gesicht, «man nennt sie auch die Stacheln im Hirn.»

      «Weshalb Stacheln im Hirn?» fragte ich, obwohl mir der Name gefiel. Er paßte jedenfalls zu meinem negativen Gespür.

      «Weil in ihnen ein tückisches Ich regiert, das abgeschnitten von einem emotionalen Hintergrund in einer aggressiven, isolierten Denkwelt operiert, in der hinter all ihren Zielen nur die unzubefriedigende Lust an der ewigen Durchsetzung steht. Einst fühlten sie sich in Situationen wohl, in denen schnelle Entscheidungen verlangt wurden, ohne sich an zementierte Standpunkte zu klammern, sie konzentrierten sich auf das augenblickliche Handeln und suchten sich ihr Weltbild aus den unterschiedlichsten Sichtweisen zusammen», sagte er mit plötzlicher Eindringlichkeit, wobei sein Lächeln merklich schrumpfte: «Doch eines Tages verspürten sie den Wunsch, über sich selbst hinauszuwachsen, denn sie hatten das Denken als Grundlage allen Wesens entdeckt und glaubten nun selbst in die Schöpfung eingreifen zu müssen. Sie lehnten sich über ihr Weltbild hinaus und behaupteten, alles bestünde nur aus Gedanken und die ganze Welt sei ihre Schöpfung. Sie schufen sich ihren eigenen Gott und nannten ihn Erkenntnis. Doch dieser selbsterkürte Gott, der sich auch Wissensanspruch nannte, mußte ständig mit neuen Einsichten gefüttert werden. Die Gedanken hielten das Universum ein paar Jahrhunderte mit immer wieder neuen Entwicklungsvarianten zusammen. Irgendwann aber fehlte ihnen die Energie, um den aus sich selbst hervorgebrachten Gott weiter zu nähren, der immer neue Perspektiven und Sichtweisen einforderte. Sie erlahmten, der Gegendruck fiel weg, und dann wurden sie in einem riesigen Knall von ihrem eigenen Dämon aufgesaugt und mit ihnen das ganze Universum in ihrem Kopf. Sie implodierten in ihrem eigenen Denken und sind seit jenem Tag in ihrem eigenen Erkennen eingesperrt, aus dem es kein Entrinnen gibt.»

      «Warum können sie nicht entrinnen?»

      «Weil sie ja nicht wissen, daß sie eingesperrt sind.»

      «Wieso wissen sie das nicht?» fragte ich und runzelte argwöhnisch die Stirn.

      «Woher sollten sie die Einsicht nehmen?» erwiderte Akron achselzuckend. «Der Grund, warum sie nicht herauskönnen, ist doch gerade der, weil sie nicht wissen, wo sie sind.»

      «Versteh ich das richtig: Sie sind nur aus dem Grund gefangen, weil sie nicht merken, daß sie gefangen sind …?!»

      «Genau», erwiderte Akron, «es gibt für sie kein Entrinnen, solange sie die Aggressivität ihres Denkens nicht erkennen. Deshalb stürzen sie sich auch wie die Harpyien auf jeden Neuankömmling, der ihnen Nahrung bietet, und saugen ihm die prallen Bilder seiner Vorstellungen aus.»

      «Aber ich dachte, sie sind in diesen Blasen eingesperrt?»

      «Das sind sie auch.»

      «Aber wie können sie dann heraus?»

      «Wieso raus? Sie müssen doch nicht raus», entgegnete Akron und grinste sanft: «Wir sind doch drin!»

      Plötzlich schienen die Blasen wie weggefegt und die Lichtpunkte hatten sich in blutsaugende Monster verwandelt, riesige Mückenschwärme, die drohend über meinem Haupte schwirrten. Ich konnte die unterschiedlichsten Sichtweisen und Perspektiven gleichzeitig erkennen: die höllischen Biester, die im Begriff waren, mich anzugreifen, der Monitor vor mir auf dem Tisch, in den ich meine Gedanken hineinhämmerte sowie die Worte, die mir als betrachtendem Prüfer seiner Erinnerungen entgegenflimmerten: «Jetzt gibt’s kein Entrinnen mehr», zirpten sie. «Zuerst verschlingen wir dich und dann lösen wir dich in den Horrorinszenarien deiner paranoiden Ängste auf, zumindest solange du nicht merkst, wer wir sind: ein steckengebliebenes, traumatisiertes Bild in deinem Hirn.»

      Erschrocken wich ich einen Schritt zurück. Ich kreischte und ruderte mit den Armen, doch sie fielen von allen Seiten über mich her und drangen durch Ohren, Mund und Nasenlöcher in mich ein. Während ich vom schwindelnden Drehmoment, mit dem mir die Gedanken im Kopf herumkreisten, festgehalten wurde, kam Akron zum Schluß: «Andererseits können sie dir aber auch die verborgenen Ängste offenbaren, die unter den Bildern deiner Vorstellung liegen und an die du normalerweise nicht herankommen kannst.»

      «Hör auf!» schrie ich und richtete meinen Blick auf ihn: «Warum treibst du dieses Spiel mit mir? Ich halt das nicht mehr lange aus. Ich versteh das nicht, und ich weiß auch nicht, ob ich das Ganze jemals verstehen kann.»

      «Das kann man nie wissen», sagte er nachdenklich und wandte sich ab. Plötzlich drehte er sich wieder um und hielt mir seinen ausgestreckten Finger an die Stirn: «Warte! Sie versuchen gerade herauszubekommen, wer du bist, und sie tun dies, indem sie die Energiemuster der Denkcodes aus dem Konzentrat deiner Hirnflüssigkeit sampeln, die sie in großen Bottichen bereithalten. In dieser Hölle ist Persönlichkeit so etwas wie Hirnkapazität.»

      «Akron!» schrie ich und lauschte, wie der Name verklang, denn seine Erklärungen waren absurd; ich konnte ihn nicht verstehen, das war mir zuviel.

      «Schau!» Seine Stimme klang erregt: «Sieh doch hin! In deinem Kopf passiert etwas


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