Dantes Inferno I. Akron Frey

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Dantes Inferno I - Akron Frey


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Das ergibt einen Sinn. Es ist das Anzeichen einer fiebrigen Infektion, die nach einer gedanklichen Verarbeitung sucht, denn sie laden die ungelösten Dateien aus der letzten Hölle zurück in dein Hirn.»

      «Was?»

      «Du kannst die Ängste aus der letzten Hölle durch die Gedankenmuster dieser Hölle filtern», brüllte er fröhlich.

      Dann verschob sich meine Perspektive, und einen Augenblick später sah ich die rote Teufelin aus der letzten Hölle vor mir stehen. Sie sah mich mit ihren Katzenaugen tückisch an: «Mit wem suchst du notdürftig den Riß zu kitten, der sich durch deine Seele zieht?» Ein Feuerschein fiel auf ihr Gesicht, und für einen Moment erschien sie mir wie ein höllischer Vamp. Sie trug Gummistiefel, Gummihandschuhe und eine rote Gummischürze und rührte in einem Kessel mit Leichenteilen. «Sieh nur», hörte ich Akrons besonnene Stimme hinter mir, «deine innere Bildvorstellung fällt durch den Riß in die Gefühlsabteilung der Mond-Hölle zurück, ohne das analytische Verstehen der Merkur-Ebene zu verlieren. Damit werden deine alten negativen Gefühlsbilder neu belebt, und du kannst etwas über deine unbewußten Ängste in deiner Seele erfahren, was dein Verstand normalerweise niemals zulassen würde. Vielleicht kannst du deine Gefühlsblockaden sogar lösen. Laß uns hören, was sie dir zu sagen hat?»

      «Komm! Jetzt wird sofort gebadet», baute sich mein verdrängtes Mutterbild vor mir auf und packte mich am Handgelenk, «du hast dir vor Angst in die Windeln gemacht!»

      Zuerst sah ich sie als Gitter und als holographische Entität. Ich entspannte mich, und das Hologramm kam, ein fluoreszierendes Knäuel aus leuchtender Computergrafik, das sich aus einer spiralförmigen Galaxie auf mich herabsenkte. Ein glühender Kreis dehnte sich plötzlich vor mir aus und zog sich sofort wieder in einen winzigen Lichtpunkt zusammen. Dieser Lichtpunkt zog mich in sich hinein, jedenfalls überkam mich ein Gefühl, als ob mich das Licht auffressen würde, und es zog mich in einen weiten Raum, in dem sich sonnengroße Lichteier an den Kristallwänden reflektierten. Die Hitze hatte meinen Körper in eine energetische Flamme verwandelt, die mich von innen her erfüllte. Dann verwandelten sich die Lichteier in galaktische Sternenmeere, die die ganze Umgebung in einen multidimensionalen Lichtglanz tauchten. Plötzlich veränderte sich das Licht. Es wurde blendend scharf. Ich konnte die einzelnen Linien wahrnehmen; sie zeichneten sich außerordentlich hart ab. Und dann hatte ich mit einem Mal das Gefühl, nicht mehr nur einfach Kugeln, sondern Hologramme mehrdimensional ineinandergespiegelter Gedankenmuster zu sehen, die wie gläserne Querschnitte in Form schimmernder Kugeln vor mir schwebten. Sie begannen zu phosphoreszieren und eine Art geistiger Informationen auszuscheiden. Das Licht dehnte sich in Wellenbewegungen aus, und dabei wurde der Regenbogeneffekt immer stärker, bis er zu einer rundum glühenden Strahlung wurde, die alles überzog.

      «Warte», wie eine schwimmende Lichtwelle drang ein Leuchten durch Akrons flammende Augen und weckte in mir Erinnerungen an eine schillernde Fruchtblase, die plötzlich aufbrach und mir ihre Geheimnisse offenbarte, «wir versuchen, ob wir den Geist dieser Hölle nicht hervorlocken können.» Er zerschlug eine der glühenden Blasen, so wie man eine Mücke zerquetscht, öffnete die Hände und ließ die fluoreszierende Flüssigkeit, die sich aus der Blase ergoß, in seine Hände tropfen: «Vielleicht vermag er dir etwas zu sagen?» Dann rieb er die Handflächen heftig einander, bis die Flüssigkeit zwischen seinen Händen verdampfte.

      Im nächsten Moment erhellte eine intensive Flamme den Raum, ein Licht, so hell, daß mir die Augen schmerzten. «Pst! Sei still! Er ist schon da!» Akrons Gesicht begann zu leuchten. Das Feuer entzündete den Geist, und in den züngelnden Flammen knisterte plötzlich eine Stimme: «Du hast mich gerufen?»

      Ich war sehr verblüfft und schaute mich nach Akron um: «Was jetzt?»

      «Versuch ihm das Mysterium zu entreißen», antwortete er, «und frag ihn, ob er ein Hirnstachel ohne Erlösung ist oder warum er die Seelen sonst in seinem Geist festhält?»

      «Wer bist du?» fragte ich die leuchtende Gestalt. Helle Funken liefen die Farblinien um die Blase entlang, helle digitale Funken.

      «Ich bin es, der dich spürt und der dich mich fühlen sieht, du Narr, denn ich bin der Chip, der deine Gehirnzellen manipuliert, das Kurzwellensignal, das deine Gefühle irritiert oder das Hirngewitter, das in deiner Zahnplombe explodiert», sagte er und eine rhythmische Bewegung huschte durch die Glut, «denn ich bin der Mastermind, und das ist meine Show. Die Welt, die dir erscheint, ist meine Projektion in deinem Kopf, die ich mir selbst geschaffen habe, um mit mir selbst in Berührung zu kommen. Deshalb kannst du in diesem Moment auch meine Gedanken fühlen, denn sicher kannst du spüren, daß deine Gedanken in diesem Augenblick einen eigenen Willen haben, eine Art aktives Unterbewußtsein im Gegensatz zum rationalen Denkvermögen, das dich normalerweise auszeichnet.»

      «Und was bedeutet der Riß?» fragte ich und schaute in den leeren Spalt.

      «Der Riß ist der Spalt im menschlichen Hirn, durch den die Gedanken ständig hindurchpurzeln, die sich unbemerkt selbst austricksen», projizierte sich die Stimme in den Raum, «dabei überholt sich das Ego ständig selbst, weil es nicht merkt, daß es in seiner selbsterkennenden Ich-Durchsetzung vor sich selbst davonläuft, weil hinter allen Zielen nur das eigene Suchen steht.»

      «Das versteh ich nicht!» Ich visierte die gespenstische Projektion an, die wie ein Wirbel von regenbogenfarbenem Licht am Himmel tanzte.

      «Das Hirn denkt und hält sich durch immer neue Gedanken in Bewegung. Diese werden laufend im Kopf verarbeitet und fließen in einem zu nach außen ab. Doch je mehr das Hirn erkennt, desto weniger kann es ständig neue Erkenntnisse liefern, und so muß es seinen Hunger mit immer merkwürdigeren Einfällen stillen und zu immer ungewöhnlicheren Erkenntnissen Zuflucht nehmen. Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, an dem es nichts mehr zu erkennen gibt außer der einzigen und letzten Erkenntnis, daß Erkenntnis sich immer nur selbst wahrnimmt, und das ist dann die Situation, wo das Innere des Hirns für die Verschmelzung der Gedankenkerne mehr Energie fordert, als es sich an Erkenntnismaterial selbst liefern kann. Damit fällt der Druck aus der inneren Erwartung zusammen. Die Folge ist der Riß. Das Hirn implodiert und fällt durch den aus sich selbst erzeugten Spalt, in dem die Atomkerne und Elektronen so dicht gepackt sind, daß dort ganze Universen in der Größe von Seifenblasen erscheinen. Es ist das menschliche Denken, daß dir dort in sich selbst erscheint.»

      «Und was passiert dann?» fragte ich, während ich die regenbogenfarbige Iridule mißtrauisch beäugte.

      «Besitzt deine Denkkapazität genügend Kraft, kann die Anziehungskraft deines Hirns so mächtig werden, daß selbst die Materie deines Körpers ihr nicht entfliehen kann. Dann wirst du in dein eigenes Erkennen hineingesaugt wie die Blasen, denen du begegnet bist. Es sind die im Erkennen eingefrorenen Gedanken, die in dich eingedrungen sind.»

      «In mich?» brüllte ich entsetzt: «Wieso in mich? Ich gehöre doch nicht hierher!»

      «Du wirst überrascht sein», entgegnete mir grinsend die Bit-Folge aus der Software dieser Hölle, «wieviel Spaß es machen kann, die Gedankenbits in deinem Kopf herumzuwirbeln.»

      Mein Kopf zersprang in tausend Stücke, und in den Gedankenbruchstücken erkannte ich die Hexe. Ein Feuerstrahl von regenbogenfarbenen Licht fiel auf ihr Gesicht, und einen Augenblick erschien sie mir wie das Aufbrechen eines alten Erinnerungsmusters. Zu einer reissenden Bestie geworden, rührte sie in einem Bottich mit Leichenteilen. «Endlich konnte ich dich in den Abgründen deiner Ängste überwinden», erklärte sie mir triumphierend, «jetzt wirst du in den kochenden Wassern der Urmütter gebadet!»

      Die Welt begann sich vor meinem inneren Auge zu drehen, und plötzlich war mir, als ob sich die Realität vor meinem Blick auflöste. Alles zog sich zusammen, die Wände veränderten ihre Form und zerfielen in Falten, der Boden begann sich unter meinen Füßen zu drehen, und mit einem Mal ging ein riesiges trichterartiges Loch vor mir auf, das alles in sich hineinsaugte. Ich fühlte mich durch mein eigenes Sehen hindurchgezogen, aber irgendwie erkannte ich die Relativität der Bilder, die mich umringten und mich über ihre Auflösung zu neuen Perspektiven führten. Das also waren die Träume der Mütter, in denen sich die Leiber in Föten zurückverwandelten, die bebend in der embryonalen Ursuppe warteten, um vom Rachen des Ungeheuers wieder in die Welt gespuckt


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