Das Mal der Burgherrin. Sabine Müller
Читать онлайн книгу.dieser Walther von der Merburg. Ich habe gehört, dass sein Vater Dietrich ein ganz schön strenges Regiment geführt hat und das Gesinde oft auspeitschen ließ. Walther scheint mir auch nicht besser zu sein. Da könnten wir uns auf etwas gefasst machen!“
Es begann zu dämmern, als Rudolf und Magdalena auf der Homburg ankamen. Im Rittersaal wartete die Gräfin bereits ungeduldig. Sie kam den beiden entgegen.
„Na, da seid ihr ja endlich, ich dachte schon euch wäre auf dem Weg etwas zugestoßen! Vielen Dank, Rudolf, dass du Magdalena hergebracht hast. Du kannst jetzt gehen und dich ausruhen. Berta hat sich schon Sorgen gemacht.“
Magdalena knickste vor der Gräfin und trat näher.
„Rudolf hat mir von Eurem Problem erzählt, werte Gräfin. Ich weiß aber nicht, ob ich Euch wirklich helfen kann.“
„Lass uns erst einmal in die Kemenate gehen. Dort können wir das Ganze in Ruhe bereden.“
Magdalena folgte Margareta durch das Treppenhaus. Die Gräfin wies Magdalena an, an einem kleinen Tisch Platz zu nehmen und bat Grete etwas zu trinken zu bringen.
„Ich habe gehört, dass du Gräfin Lieselotte nach langer Kinderlosigkeit zu Nachwuchs verholfen hast.“
„Das ist zwar richtig, aber Lieselotte litt an einer starken Entzündung im Unterleib, die ich mit verschiedenen Kräutern heilen konnte und danach konnte sie Kinder empfangen.
Kommt Eure monatliche Blutung regelmäßig und wie lange dauert sie ungefähr an, Herrin?“
„Meine Blutungen kommen regelmäßig und sind so stark, wie bei jeder anderen auch, denke ich.“
„Leidet Ihr unter Schmerzen im Unterleib?“
„Eigentlich nicht.“
„Ich werde Euch untersuchen, aber ich bezweifle, dass ich Euch unter diesen Umständen helfen kann. Lasst mir von Eurer Zofe eine Schüssel mit frischem Wasser bringen und ein paar saubere Tücher.“
Margareta rief Grete und ließ sie die Sachen bringen. Die Kräuterfrau legte ein Tuch auf das Bett und wusch sich die Hände gut mit Seife aus ihrem Beutel. Dann bat sie die Gräfin, sich hinzulegen. Sie schob die Röcke beiseite und tastete den Unterleib ab.
„Ich kann nichts Ungewöhnliches entdecken. So wie es aussieht, seid Ihr vollkommen gesund. Ich kann keinen Grund erkennen, warum Ihr nicht noch ein Kind gebären solltet. Verkehrt Euer Mann noch regelmäßig mit Euch?“
„In den letzten Jahren ist es etwas seltener geworden, aber ich kann mich nicht beklagen.“
„Achtet darauf, dass er vor allem knapp zwei Wochen nach dem Beginn Eurer Blutung mit Euch verkehrt. Ich gebe Euch eine Teemischung. Von der sollt Ihr täglich drei Becher trinken. Ansonsten kann nur Gott Euch helfen.“
Magdalena gab der Gräfin einen Beutel mit einer Mischung aus Frauenmantelkraut und Schafgarbe, die sie öfters bei Frauenleiden empfahl. Margareta sah ein kleinwenig enttäuscht aus. Sie hatte so gehofft, dass die Kräuterfrau ihr helfen könnte. Aber sie würde die Ratschläge auf jeden Fall befolgen, vielleicht hatte sie doch Glück.
„Vielen Dank für deine Hilfe.“
Margareta reichte Magdalena einen kleinen Beutel mit Münzen.
„Lasst uns nun hinuntergehen zum Essen. Du kannst heute Nacht hier schlafen. Johanna zeigt dir eine Kammer und morgen früh wird Rudolf dich wieder heimgeleiten, nicht, dass dir unterwegs noch etwas passiert.“
Kapitel 8
Am Weihnachtstag machten sich die Burgbewohner fertig, um nach Beeden zu ziehen, um dem Krippenspiel vor der Pfarrkirche beizuwohnen.
Nachdem sich alle im Badehaus gesäubert hatten, zogen sie ihre besten Winterkleider an. Margareta wählte ein Kleid mit einem dicken dunkelroten Rock, roten Ärmeln und einem dunkelgrünen Leibteil, welcher mit Goldfäden durchsetzt war. Grete war ihr mit den Haaren behilflich und setze ihr die Haube auf. Sie hängte sich einen grünen, pelzbesetzten Mantel über und zog braune Pelzhandschuhe an. Philipp nahm mit seinem neuen grünen Wams und den neuen braunen Hosen vorlieb, die Margareta ihm genäht hatte. Auch er trug einen warmen Mantel und einen pelzbesetzten Hut.
Als alle fertig waren, begab man sich zu den Ställen. Margareta, die Edelfrauen und der korpulente, wenig bewegliche Bruder Hubertus verteilten sich auf zwei Wagen. Philipp, die Ritter, Knappen und Walther stiegen auf ihre Pferde und das Gesinde machte sich zu Fuß auf den Weg über den Bergrücken ins Dorf hinunter, wo sich ihnen auch die Dorfbewohner anschlossen. Dann ging es über die Auen nach Beeden, einem kleinen Ort, der auf einer leichten Anhebung lag und sich um eine Kirche gruppierte. Diese war die Pfarrkirche der Gemeinde, ein schon etwas älterer, schlichter zweischiffiger Bau mit seitlichem Turm. Sie war dem heiligen Remigius geweiht.
Es gab einen Platz, wo die Wagen und Pferde abgestellt werden konnten. Der Pfarrer, sowie andere Leute, die in der Gegend wohnten, hatten den Grafen und sein Gefolge bereits erwartet. Sie begaben sich zur Bühne vor der Kirche. Man hatte für die höheren Gäste Bänke zum Sitzen aufgestellt. Eine Gruppe von Musikanten begann, Weihnachtslieder zu spielen. Den Leuten wurde ganz warm ums Herz bei den wunderschönen, feierlichen Melodien. Dann begannen die Dorfkinder damit, die Weihnachtsgeschichte nachzuspielen. Man hatte einen Stall aufgebaut und Maria und Josef erschienen in ihren Gewändern auf der Bühne. Sie ließen sich in dem Stall nieder und Maria zauberte das Jesuskind hervor. Die Engel begannen zu singen und die Hirten kamen um den Stall herum und verneigten sich vor dem heiligen Kind und dem heiligen Paar. Sie jubelten und beteten. Margareta musste bei diesem Schauspiel gleich wieder darüber nachgrübeln, wie gerne sie noch ein Kind gehabt hätte. Laut der Kräuterfrau würden nun ihre fruchtbarsten Tage beginnen. Es musste einfach klappen. Sie betete zu Gott, dass sie ein Kind empfangen möge.
Nach der Vorführung folgte eine Prozession zur Kirche, wo die Christmette stattfand. Margareta und Philipp nahmen in der ersten Reihe Platz. Auch Philipp, der Margaretas Wünsche kannte, betete um einen Erben. Doch er bat Gott auch darum, dass Margareta, die nun keine zwanzig mehr war, die Geburt überleben würde. Er musste an seine erste Frau Cornelia denken. Mittlerweile konnte er mit dem Gedanken leben, dass sein Neffe Walther in seine Fußstapfen treten würde. Dieser war ihm in letzter Zeit oft bei seinen Geschäften behilflich gewesen und stellte sich gar nicht so schlecht an.
Nachdem die heilige Messe vorüber war, verteilten die Leute des Grafen Brote und Kuchen an die Dorfbewohner. Dann machte man sich wieder auf den Weg zur Burg, wo es ein Festessen gab.
Im Rittersaal war alles weihnachtlich geschmückt. Misteln, Tannen- und Eibenzweigen zierten Tische und Wände. Die Gesellschaft verteilte sich im Saal und nahm an den Tischen Platz.
„Ach, gerade heute fehlt mir Simon so. Er hatte Weihnachten immer so geliebt“, seufzte Margareta traurig.
„Ich musste heute auch an ihn denken. In zwei, drei Monaten wäre er nach Zweibrücken gegangen,“ entgegnete Philipp.
Die Pagen begannen, das Essen hereinzutragen. Es gab Fisch, Bohnen, Linsen, Gänsebraten, Spitzkohl und eingelegte Äpfel und Brot. Alle langten kräftig zu. Auch Met und Wein flossen reichlich. Die Gaukler spielten und sangen Weihnachtslieder. Sie waren froh, dass es heute mal wieder fröhlicher zu ging. Auch die Ritter und das Gesinde trauten sich, wieder zu lachen und zu singen.
Margareta wurde müde und gähnte. Aber sie wollte unbedingt auf Philipp warten. Sie sah ihn sanft lächelnd an. Ihre Blicke trafen sich. Margareta berührte Philipps Hand und flüsterte ihm leise zu: “Na, wie lange gedenkst du noch zu bleiben?“
„Warum fragst du?“
„Ich hätte heute noch etwas Besseres vor, als Feiern und Trinken, wenn du möchtest, kannst du mir ja folgen!“
Die Gräfin blickte Philipp lächelnd in die Augen. Dann stand sie auf und wünschte den anderen am Tisch eine gute Nacht und machte sich auf den Weg in die Kemenate. Dort zog sie ihre Kleider aus, hängte sie über einen Stuhl