Das Lebenselixier. Эдвард Бульвер-Литтон

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Das Lebenselixier - Эдвард Бульвер-Литтон


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Unschuld oder - die Unterschiede verschmelzen in ein gemeinschaftliches Merkmal - dem menschlichen Leiden, welches nach menschlicher Geschicklichkeit ruft.

      Wehe dem Haushalt, welcher einem Arzt Vertrauen schenkt, dessen Gewissen ihm nicht die sorgfältige Erfüllung seiner Pflichten befiehlt. Voller Ehrfurcht stand ich wie in einem Tempel im Zimmer der jungen Frau. Als ihre Mutter ihre Hand in die meine legte und ich das Pochen ihres Pulses fühlte, bemerkte ich gleichzeitig das raschere Klopfen meines eigenen Herzens. Ruhig betrachtete ich ihr Gesicht, dessen Schönheit durch die Erregung, welche die Farbe der jungen Wangen noch vertiefte und in dem Glanz, der aus den umherschweifenden dunkelblauen Augen leuchtete, noch schöner zu werden schien. Anfang schenkte sie mir keine Beachtung, schien mich nicht einmal zu bemerken, sondern murmelte Worte vor sich hin, die ich nicht verstehen konnte.

      Als ich sie nach einiger Zeit in dem gedämpften, beruhigenden Ton ansprach, den wir am Krankenbett lernen, veränderte sich plötzlich der Ausdruck ihres Gesichts; sie fuhr sich mit der Hand, die nicht in meiner ruhte, über die Stirn, wandte sich um und sah mich lange und in unverkennbarer Überraschung an, jedoch nicht, als ob die Überraschung sie unangenehm berühren würde – nicht mit der Scheu, die vor dem Anblick eines Fremden zurückschreckt, sondern eher mit dem Ausdruck ungläubigen Erkennens eines unerwarteten Freundes. In die Überraschung schien sich jedoch eine Art Furcht zu mischen, ihre Hand zitterte und ihre Stimme bebte, als sie sagte:

      „Ist es möglich – ist es wirklich möglich? Bin ich wach? Mutter, wer ist das?“

      „Nur ein freundlicher Besucher, Dr. Fenwick, den uns Mrs. Poyntz geschickt hat, weil ich mir etwas Sorgen wegen Dir gemacht habe, mein Liebes. Wie geht es Dir jetzt?“

      „Besser, sonderbar besser.“

      Sie zog ihre Hand sanft aus der meinen zurück und wandte sich mit unwillkürlicher Scheu ihrer Mutter zu, zog diese an sich und verbarg sich so vor meinem Blick.

      Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass kein Delirium, sondern höchstens eine leichte und vorübergehend erhöhte Temperatur vorlag, die eine häufig auftretende Begleiterscheinung eines nervösen Anfalls bei sensiblen Konstitutionen darstellt, verließ ich geräuschlos das Zimmer, kehrte jedoch nicht in das ehemals von dem unglücklichen Naturalisten bewohnte Zimmer zurück, sondern ging in das ein Stockwerk tiefer gelegene Besucherzimmer hinunter, um ein Rezept auszustellen. Ich hatte den Bediensteten bereits damit zur Apotheke geschickt, als Mrs. Ashleigh mir folgte.

      „Sie scheint sich überraschend schnell wieder zu erholen; ihre Stirn fühlt sich bereits kühler an und sie ist bei vollem Bewusstsein, kann allerdings keine Auskunft über ihren Anfall erteilen und kann sich weder an die Ohnmacht, noch an die Aufregung erinnern, mit der sie aus dem Schlaf erwachte.“

      „Ich denke, ich kann beides erklären. In dem ersten Raum, den sie betrat – der, in dem sie ohnmächtig wurde –, stand das Fenster weit offen; die Seiten des Fensters sind mit Kletterpflanzen überwuchert, die in voller Blüte stehen. Miss Ashleigh war bereits längere Zeit, geschwächt durch Müdigkeit und Aufregung, den gesundheitsschädlichen Auswirkungen eines Aufenthalts im Abendtau ausgesetzt gewesen. Der Schlaf, in den sie nach ihrer Ohnmacht fiel, war deshalb so unruhig, weil die Natur, die bei so jungen Personen immer besonders in Alarmbereitschaft und aktiv ist, eigene Anstrengungen unternahm, sich selbst vor einem Schaden zu bewahren. Die Natur wäre beinahe erfolgreich gewesen. Was ich verordnet habe, soll die Arbeit der Natur ein wenig unterstützen und beschleunigen. In ein oder zwei Tagen wird Ihre Tochter ohne Zweifel wieder vollständig wiederhergestellt sein. Ich empfehle jedoch, sie nicht mehr der feuchten Abendluft auszusetzen und auch das Zimmer meiden zu lassen, in dem sie den ersten Anfall hatte, da man im Zusammenhang mit nervösen Störungen des vegetativen Nervensystems beobachtet hat, dass diese sich gerne an dem Platz wiederholen, an dem sie zum ersten Mal aufgetreten sind. Das beste wäre, den Raum einige Wochen ganz zu schließen, einige Male das Kaminfeuer zu entzünden, es neu streichen und tapezieren zu lassen und Chloroform darin zu versprühen. Sie wissen vielleicht nicht, dass Dr. Lloyd nach langer Krankheit in dem Raum gestorben ist. Erlauben Sie mir zu warten, bis der Diener mit der Medizin zurückgekehrt ist und mir in der Zwischenzeit einige Fragen zu stellen. Sie sagen, Miss Ashleigh ist zuvor noch nie ohnmächtig geworden? Ich vermute sie ist keine sehr kräftige Natur. Aber sie hat nie an einer schwereren Erkrankung gelitten?“

      „Nie.“

      „Keine größere Neigung zu Erkältungen oder Husten, Entzündungen der Brust oder der Lungen?“

      „Bestimmt nicht. Trotzdem hatte ich schon immer die Befürchtung, sie könnte eine Anlage zur Schwindsucht haben. Sind sie auch dieser Meinung? Ihre Fragen beunruhigen mich.“

      „Ich glaube nicht; aber bevor ich eine derartige Aussage treffen kann, noch eine Frage. Sie sagen, sie fürchten eine Anlage zur Schwindsucht. Gab es Fälle dieser Krankheit in der Familie? Sie hat sie sicherlich nicht von Ihnen geerbt – vielleicht von Seite des Vaters?“

      „Ihr Vater,“ sagte Mrs. Ashleigh mit Tränen in ihren Augen „starb sehr jung, aber an den Folgen einer Gehirnhautentzündung, die – wie die Ärzte sagten - eine Folge des Studiums gewesen sei.“

      „Das genügt mir, Madame. Was Sie sagen, bestätigt meine Ansicht, dass die Konstitution Ihrer Tochter genau das Gegenteil der Disposition darstellt, in welcher die Keime der Schwindsucht lauern. Vielmehr scheint mir ihre vornehme Konstitution die Ursache des Problems zu sein, die aufgrund ihrer nervösen Zustände zwar zart ist, sich aber genauso schnell wieder erholt, wie sie einer gesundheitlichen Störung ausgesetzt ist.“

      „Vielen, vielen Dank für das, was Sie gerade gesagt haben. Sie nehmen mir eine Last vom Herzen, denn – wie ich weiß – hält Mr. Vigors Lilian für schwindsüchtig und auch Mrs. Poyntz hat mich hin und wieder durch Bemerkungen in dieser Richtung erschreckt. Was Sie mit nervösen Zuständen meinen, verstehe ich nicht ganz. Meine Tochter ist eigentlich nicht, was man üblicherweise unter nervös versteht. Sie hat ein ganz eigenartiges, ruhiges Temperament.“

      „Wenn sie nicht leicht erregbar ist, würden Sie auch sagen, sie ist nicht leicht beeinflussbar? Dinge, die vielleicht ihr Temperament unbeeindruckt lassen, können sich doch auf ihr Gemüt auswirken. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich genug ausgedrückt habe?“

      „Ja, ich denke, ich verstehe den Unterschied; aber ich weiß nicht, ob er in diesem Zusammenhang anwendbar ist. Für die meisten Dinge, die auf das Gemüt wirken, ist sie nicht empfänglicher als andere Mädchen, vielleicht sogar weniger. Aber es gibt sicher einige Dinge, die großen Eindruck auf sie machen.“

      „Was zum Beispiel?“

      „Sie nimmt mehr Anteil an Dingen in der Natur, an einer schönen Landschaft, an Geräuschen in der Natur, an Musik und an Büchern, die sie liest – selbst an Büchern, die kein Werk der Phantasie sind - als irgend ein anderer Mensch, den ich je kennengelernt habe. Vielleicht gerät sie in all diesen Dingen nach ihrem armen Vater, nur in einem noch ausgeprägterem Maße – zumindest fällt es mir an ihr mehr auf, denn er war sehr schweigsam und zurückhaltend. Vielleicht sind diese Eigenarten durch die Abgeschiedenheit, in der sie aufwuchs, noch verstärkt worden. Ich ließ mich auch in Hinblick auf die Möglichkeit, die Umgebung würde sie anderen Mädchen ihres Alters vielleicht etwas ähnlicher machen, von Mrs. Poyntz überzeugen, hierher zu kommen. Lilian war mit dem Wechsel einverstanden; schreckte aber vor dem Gedanken an London zurück, welches ich bevorzugt hätte. Auch ihr armer Vater konnte London nicht ausstehen.“

      „Miss Ashleigh liest gerne?“

      „Ja, sie liest gerne, grübelt aber noch lieber. Sie kann stundenlang alleine ohne ein Buch oder eine Arbeit dasitzen und scheint zu träumen. Das war selbst in ihrer frühesten Kindheit so. Sie erzählte mir dann, was sie gesehen hatte – wirklich gesehen – wunderschöne Länder weit weg von der Erde; Blumen und Bäume, die mit nichts vergleichbar sind, was es hier gibt. Je älter sie wurde, desto mehr missfielen mir diese Visionen, ich schimpfte sie und erklärte ihr, dass Andere, die sie so sprechen hörten, sie nicht nur für dumm, sondern auch für sehr unaufrichtig halten würden. Deshalb hat sie sich in den letzten Jahren nicht mehr getraut, mir zu erzählen, was ihr ihre Einbildung in solchen traumwandlerischen Momenten vorgaukelt;


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