Das Lebenselixier. Эдвард Бульвер-Литтон

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Das Lebenselixier - Эдвард Бульвер-Литтон


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Treppenflucht vor dem Eingang) und einem Schmuck aus Urnen und Statuen, die sich aber verfärbt, mit Flechten überzogen und beschädigt halb unter Efeu und anderen ungepflegten Schlingpflanzen verbargen. Die meisten Fenster waren mit Jalousien, die aus Mangel an Farbe verwitterten, verschlossen, an einigen Fensterflügeln waren die Scheiben zerschlagen und der Pfau saß auf einer zerschmetterten Balustrade, welche den von Unkraut überwucherten Garten abgrenzte. Die Sonne brannte heiß und grell auf den Platz und ließ seinen verfallenen Zustand noch trauriger erscheinen. Ich war froh, als eine Biegung des Parkwegs das Haus meinem Anblick entzog. Plötzlich tauchte ich aus einer Gruppe von alten Eiben auf und vor mir schimmerte, in blendendem Weiß, ein Bau, der offensichtlich als Familienmausoleum bestimmt war - mit klassischen Umrissen. In eine Nische der dicken Mauer war eine eiserne Türe eingelassen und umgeben von einem mit Rosen und Immergrün bewachsenen Friedhofsgarten, der durch ein eisernes, teilweise vergoldetes Geländer eingefasst war.

      Die Plötzlichkeit, mit der dieses Haus des Todes vor meinen Augen auftauchte, steigerte den unheimlichen Eindruck, den der Anblick des verlassenen Gebäudes und seiner Umgebung auf mich gemacht hatte, fast zu einem Schmerz, wenn nicht zu einer Art Ehrfurcht. Ich gab meinem Pferd die Sporen und erreichte bald die Türe meines Patienten, der am anderen Ende des Parks ein hübsches Backsteinhaus bewohnte.

      Ich fand den Kranken, ein in Jahren etwas vorgerückter Mann von kräftiger Statur, im Bett liegend vor; er war vor einigen Stunden zusammengebrochen und man hatte einen Schlaganfall vermutet; er war aber schon wieder bei Besinnung und außer unmittelbarer Gefahr. Nachdem ich einige einfache Arzneistoffe verschrieben hatte, nahm ich die Frau des Patienten bei Seite und begab mich mit ihr in das ein Stockwerk tiefer gelegene Wohnzimmer hinunter, um ihr einige Fragen über die gewohnte Lebensweise ihres Mannes zu stellen. Diese zeigte keinerlei Auffälligkeiten; ich konnte keinen Grund für den Anfall finden, welcher Symptome zeigte, die mir in meiner Praxis noch nicht vorgekommen waren.

      „Hat Ihr Mann schon früher solche Anfälle gehabt?“

      „Nie.“

      „Ist vielleicht etwas Ungewöhnliches vorgefallen? Hat er eine unerwartete Nachricht erhalten oder ist ihm etwas zugestoßen, was ihn außer Fassung brachte?“

      Die Frau sah mich bei diesen Fragen sehr verstört an. Ich drang schärfer in sie. Endlich brach sie in Tränen aus, fasste mich bei der Hand und sagte:

      „Oh Doktor, ich muss es Ihnen schon sagen, denn ich habe ja eben deswegen zu Ihnen geschickt; aber ich fürchtete, Sie werden mir nicht glauben. Mein guter Mann hat einen Geist gesehen!“

      „Einen Geist?“ versetzte ich, ein Lächeln unterdrückend. „Tja dann, so erzählen Sie mir Alles, damit ich der Wiederkehr dieses Geistes vorbeugen kann.“

      Die Frau holte sehr weit aus mit ihrer Geschichte; sie enthielt im Wesentlichen folgendes: Ihr Mann, der an ein frühes Aufstehen gewöhnt war, hatte an jenem Morgen früher als sonst sein Bett verlassen, um wegen einiger Stücke Vieh, die auf einen benachbarten Markt zum Verkauf geschickt werden sollten, die nötigen Anweisungen zu erteilen. Eine Stunde später fand ihn ein Schäfer unweit des Mausoleums offensichtlich in leblosem Zustand. Man brachte ihn zurück zum Haus, wo er, sobald er seine Sprache wieder gewonnen hatte, alle, mit Ausnahme seiner Frau aufforderte, das Zimmer verlassen; er erzählte ihr darauf, wie er auf seinem Weg durch den Park zu den Viehställen vor der eisernen Türe des Mausoleums etwas gesehen habe, was anfangs wie ein blasses Licht wirkte. Als er sich näherte, verwandelte sich dieses Licht in die deutlich sichtbare Gestalt seines Herrn, des Sir Philipp Derval, der sich damals im Ausland - vermutlich im Orient - befand, wo er sich viele Jahre aufgehalten hatte. Der Eindruck auf den Geist des Verwalters war so lebhaft gewesen, dass er ausrief: „Oh, Sir Philipp!“ als er aber schärfer hinsah, bemerkte er, dass das Gesicht wie das einer Leiche wirkte. Während er, unfähig sich zu bewegen, die Erscheinung anstarrte, schien sie allmählich zurückzuweichen, als ob sie in dem Grabgewölbe selbst verschwinde. Von diesem Zeitpunkt an konnte er sich an nichts mehr erinnern; er war bewusstlos zusammengebrochen. Der Schrecken über diese seltsame Mitteilung hatte die arme Frau bewogen, statt nach dem Dorfbader, nach mir zu schicken, weil sie meinte, da dem Anfall ihres Mannes eine so erstaunliche Ursache zu Grunde gelegen habe, könne er nur durch einen Arzt, der im Ruf einer höheren Qualifikation stand, richtig behandelt werden. Auch wolle der Verwalter selbst nichts von dem aus der Umgebung stammenden Dorfdoktor wissen, der ihn bei dem Landvolk ins Gerede bringen konnte, was bei einem weiter entfernt wohnenden Arzt nicht so zu befürchten war.

      Ich hütete mich sehr wohl, mir das Vertrauen der guten Frau dadurch zu verscherzen, dass ich vorschnell meinen Unglauben an das Phantom äußerte, das ihr Mann gesehen zu haben versicherte. Da mir aber das Ganze entschieden auf eine epileptische Natur des Anfalls hinzudeuten schien, begann ich ihr von ähnlichen Illusionen zu erzählen, die mir im Bereich meiner Erfahrungen mit Fallsüchtigen begegnet waren und beruhigte sie schließlich mit meiner Überzeugung, dass die Erscheinung sich bestimmt auf natürliche Ursachen zurückführen lasse. Ich lenkte dann das Gespräch auf Sir Philipp Derval, weniger aus Neugierde, als vielmehr in der Absicht, die Frau daran zu gewöhnen, dass sie sich das Bild des fernen Gutsherrn als das eines lebenden Menschen vergegenwärtige. Der Verwalter hatte schon im Dienst von Sir Philipps Vater gestanden und Sir Philipp als Kind gekannt. Er hing mit großer Anhänglichkeit an seinem Herrn, den die Frau als äußerst wohlwollend, aber auch als exzentrischen Mann schilderte, was, wie sie meinte, auf seine vielen Studien zurückzuführen sei. Er hatte den Titel und das Gut als Minderjähriger angetreten und nach seiner Volljährigkeit einige Jahre viel in der Gesellschaft verkehrt, indem er sein Haus Derval-Court mit lebensfrohen Gästen füllte und sie mit verschwenderischer Gastlichkeit bewirtete. Der Grundbesitz stand jedoch nicht im Verhältnis zu der Großartigkeit des Herrenhauses und vermochte mit seinem Ertrag den Aufwand des Eigentümers nicht zu decken. Er geriet in große Verlegenheit. Gerüchten zufolge resultierte aus seinen finanziellen Schwierigkeiten die Beendigung einer Liebesbeziehung und er änderte nun plötzlich seine Lebensweise, indem er sich von seinen alten Freunden zurückzog und in seiner Abgeschiedenheit Zuflucht zu Büchern, wissenschaftlichen Beschäftigungen und „anderem sonderbaren Zeug“, wie sich die alte Frau unbestimmt, aber doch sehr bezeichnend ausdrückte, nahm. Durch strenge Sparsamkeit gegen sich selbst, die jedoch in vernünftigem Maße Edelmut gegen Andere nicht ausschloss, war es ihm allmählich gelungen, sich aus seinen Schulden heraus zu wirtschaften. Wieder zu Wohlstand gekommen, verließ er plötzlich das Land und begab sich auf Reisen. Er war inzwischen ungefähr achtundvierzig Jahre alt, wovon er die letzten achtzehn Jahre fern seiner Heimat verbracht hatte. Er schrieb regelmäßig an seinen Verwalter und erteilte ihm ausführliche und umsichtige Weisungen, wie er für die Beschäftigten und eine gute Unterbringung derselben Sorge tragen solle, verbot ihm aber aufs Entschiedenste, Geld für das Herrenhaus und dessen Garten zu verschwenden. Als Grund hierfür gab er an, dass er beabsichtige, nach seiner Rückkehr das Gebäude abreißen zu lassen.

      Ich hielt mich in dem Haus des Kranken etwas länger auf, als unbedingt notwendig gewesen wäre. Ich verließ es erst, nachdem der Kranke eine Zeitlang ruhig geschlafen hatte und sein Bett mit seinem Armsessel vertauscht hatte, einige Nahrung zu sich genommen und als ich mich entfernte, sich von seinem Anfall wieder vollkommen erholt zu haben schien.

      Auf dem Heimweg machte ich mir Gedanken über den Unterschied, den die Erziehung bei unterschiedlichen Menschen selbst in pathologischer Hinsicht bedingt. Da war nun ein muskulöser, an die gesundeste Lebensweise gewohnter Landbewohner, der nichts von den Fähigkeiten wusste, die wir Einbildungskraft nennen, durch den Schrecken über eine optische Täuschung fast an den Rand des Grabes gebracht worden, die sich bei näherer Prüfung wohl aus denselben einfachen Ursachen erklären ließ, welche am Abend vorher für einen Augenblick auf mich den Eindruck gemacht hatten, als höre ich ein Geräusch und sehe ein Gespenst – auf mich, der, Dank einer besseren Ausbildung, sich einige Minuten später ruhig zum Schlafen niederlegte, in der festen Überzeugung, dass kein Phantom, selbst das gespenstischste nicht, das je ein Auge gesehen oder ein Ohr vernommen habe, etwas anderes sein kann, als das Produkt einer Störung des Nervensystems.

      Kapitel XXII

      An jenem Abend besuchte ich Mrs. Poyntz; es war einer ihrer üblichen „Empfangsabende“


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