Schwarzes Geld für schwarze Schafe. Christopher Stahl
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Zum Buch:
„Kennen Sie eigentlich Ihren Kollegen Peter Simonis aus Alzey?” Es ist eine scheinbar ganz harmlose Frage, die Hauptkommissar Koman dem Steuerberater Darius Schäfer da stellt, die aber eine wahre Lawine auslöst. Natürlich kennt Schäfer ihn, schließlich sind es Menschen wie Simonis, die einen ganzen Berufszweig in Misskredit bringen können: Unseriöses Geschäftsgebaren, dubiose Geschäfte, ein Hang zum Luxus und Affären lassen die Gerüchte um ihn nicht verstummen. Je mehr Schäfer sich umhört und erfährt, umso weniger wundert es ihn, dass sein Kollege Morddrohungen erhält.
Als Peter Simonis dann tatsächlich ermordet wird, tut Darius, was er schon einmal getan hat: Er ermittelt auf eigene Faust, denn ausgerechnet mit Schäfers Herzensdame wurde der unbeliebte Steuerberater zuletzt lebend gesehen. Sind es persönliche Motive, die zu dem Mord geführt haben? Oder war eines seiner letzten „Geschäfte” für Simonis eine Nummer zu groß?
Die Suche nach Antworten führt Darius Schäfer auch in die Niederlande, wo er einen alten Bekannten wieder trifft …
Zum Autor:
Christopher Stahl (Pseudonym) ist ein renommierter Autor von Praktiker-Literatur. Er lebt mit seiner Familie in Rheinhessen. Dort lässt er auch den sympathischen Steuerberater Darius Schäfer – nun schon zum zweiten Mal – in Schwarzes Geld für schwarze Schafe ermitteln.
Außerdem im Verlag NWB erschienen ist sein erster Roman Tödliche Veranlagung.
Der Schauplatz:
Die Rheinhessische Schweiz
Das Gebiet zwischen Bingen, Mainz, Worms und Alzey wurde 1816 der Provinz Hessen zugeschlagen, später gehörte es zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Seinen heutigen Namen Rheinhessen erhielt es 1819. Im Rahmen der Länderneuregelung wurde es nach dem 2. Weltkrieg Rheinland-Pfalz angegliedert.
Skizze
Es ist das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet Deutschlands, dessen vielfältigen Produkte (Müller-Thurgau, Kerner, Scheurebe, Faber, Bacchus, Huxelrebe, Silvaner, Riesling, Morio Muskat, Weißburgunder, Grauburgunder Pinot Grigio, Portugieser, Dornfelder, Blauer Spätburgunder), in der ganzen Welt getrunken und geschätzt werden.
Dem Teil Rheinhessens, der nördlich an das Pfälzische Bergland anschließt, hat man wegen seiner hügeligen Landschaft den bezeichnenden Namen Rheinhessische Schweiz gegeben.
Skizze
Und hier, in Alzey, dem Dörfchen Bernheim und der näheren Umgebung, spielen sich die wesentlichen Ereignisse unserer Geschichte ab. Die Handlung ist fiktiv. Das Dörfchen Bernheim und die handelnden Personen gibt es nicht. Sie und ihre Geschichte sind in der hier beschriebenen Prägung Produkte der Fantasie und demzufolge auch irgendwie doch irgendwie existent. Lediglich dem Winzerehepaar Heike und Wilfried Espenschied kann man auch in der Realität begegnen.
Die wesentlichen Personen in der Reihenfolge ihrer Mitwirkung in unserer Geschichte:
Was uns als Größenwahn erscheint, ist nicht immer eine Geisteskrankheit; – oft genug ist es nur die bequeme Maske eines Menschen, der an sich verzweifelt.
(Arthur Schnitzler)
Erstes Kapitel Sonntag, 11. Mai 2003 (Muttertag)
„Arm oder reich, der Tod macht alle gleich.” Spielte mir mein Unterbewusstsein einen üblen Streich oder versuchte es, mich vor einem Nervenzusammenbruch zu bewahren? Da kam mir beim Anblick der Leiche meines Berufskollegen Simonis als Erstes nichts Besseres in den Sinn, als dieses Sprichwort aus Kindheitstagen? Meine streitbare Patentante hatte es stets parat gehabt, wenn sie wieder einmal feststellen musste, dass mehr Geld haben, allzu oft – wie sie hervorhob – eine unselige Symbiose einging mit mehr Recht bekommen. Für jemanden, der Peter Simonis kannte, eine durchaus begreifliche Assoziation, jedoch äußerst unpassend, pietätlos. Auch wenn er noch so viel Schuld auf sich geladen haben mochte, sein qualvoller Anblick war nun wirklich nicht dazu angetan, in dieser abscheulichen Tat eine Art ausgleichender Gerechtigkeit zu sehen.
An einer der mit leeren Weinflaschen bestückten Gitterboxen, die im hintersten Winkel der Lagerhalle des Weingutes Espenhof gestapelt waren, saß Simonis, lediglich mit einer Schlafanzughose bekleidet, auf dem von ihm durchnässten und verschmutzten Betonboden. Neben ihm lag eine nachlässig zusammengeknüllte Wolldecke. Seine ausgestreckten Arme waren wie bei einem Gekreuzigten mit aneinander gedrehten Agraffen an einem der Gitter festgebunden. Die Drahtschlinge, mit der er offensichtlich erdrosselt worden war, hatte sich tief in seinen Hals geschnitten und ragte mit den verdrillten Enden waagrecht nach vorn. Seinen Kopf hatte man mit dem hinteren Teil der todbringenden Schlinge ebenfalls an der Gitterbox fixiert. Aus seinem rechten, blutunterlaufenen Auge starrte er uns unverwandt an, das linke war mit Klebeband verschlossen. Der angst- und schmerzverzerrte Ausdruck auf seinem bläulich angelaufenen Gesicht zeugte von der barbarischen Art, auf die man Simonis vom Leben zum Tod befördert hatte.
Ein weiteres Stück Klebeband, das an seinem Mundwinkel baumelte, verlieh der Szenerie einen Anflug von Skurrilität. Mehrere blutige Striemen liefen schräg über seine unbehaarte Brust auf der rechten Körperseite zusammen. Das wohl Makaberste waren zwei kleine Gewichte in der Form von Erdbeeren, wie man sie ansonsten zum Fixieren einer Tischdecke benutzt, die man an seinem entblößten Hodensack befestigt hatte. Irgendwie passte das grausige Bild, das sich uns hier bot, eher in die Zeiten mittelalterlicher Gerichtsbarkeit als in das Jahr 2003 und ich hatte das untrügliche Gefühl, dass ihm ein Plan, eine Absicht zugrunde lag.
Es war Muttertag, kurz nach 8.00 Uhr morgens. Neben mir stand Wilfried Espenschied, der mit Heike, seiner Frau, das Weingut und das dazugehörige Hotel in Flonheim-Uffhofen, etwa 35 Kilometer südlich von Mainz, betrieb. Vor einer halben Stunde hatte er mich angerufen: „Ganz gleich, was du gerade tust, komm sofort zu mir … ins Flaschenlager, es ist etwas … etwas passiert … du musst kommen!”, hatte er gestammelt und schon wieder aufgelegt, bevor ich noch etwas hätte sagen können.
Wilfried, ansonsten ein Typ, den kaum etwas aus der Ruhe bringen konnte und der immer zu einem Scherz aufgelegt war, versuchte, seinen Schock in den Griff zu bekommen. „Das gibt es doch nicht, das träum ich doch bloß”, wiederholte er immer wieder, wobei er auf Simonis Leiche zeigte.
„Wenn ich nicht durch Zufall … weil ich hier hinten eine Birne auswechseln wollte … weil sie flackerte … und Heike hat mich schon seit Tagen darum gebeten … und heute ist doch Muttertag, da wollte ich das endlich machen und …”, brabbelte er völlig unsortiert, bis ich ihn unterbrach.
„Jetzt mal ganz sachte, Wilfried”, dabei legte ich freundschaftlich meinen Arm um seine Schultern, um ihn zu beruhigen, „es ist doch völlig egal, weshalb du heute Morgen hier heruntergekommen bist.”
„Das sagst du. Es war ein blöder Zufall, dass Heike den falschen Lichtschalter angemacht hat und dadurch die defekte Lampe im hinteren Teil des Lagers gesehen hat. Hier kommt sonst vor Herbst, bis wir die Flaschen brauchen, keiner hin. Das hätte Monate dauern können, bis wir den entdeckt hätten.”
„Wohl kaum. Wenn ihn innerhalb der nächsten Tage niemand gefunden hätte, dann hätte er sich durch den Geruch bemerkbar gemacht. So kalt ist es hier ja schließlich nicht.”
„Wie kannst du da nur so ruhig bleiben?”, fragte mich Wilfried fassungslos.
Ich wunderte mich selbst über meine scheinbare Gefühlskälte und konnte ihm seine Frage nicht beantworten. Stattdessen zuckte ich kurz mit den Schultern. „Kennst du ihn?”
„Klar,