Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain. Peter Muller

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Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain - Peter  Muller


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Dauer und Intensität

      Je früher und andauernder diese Präventionsansätze angelegt sind, desto höher sind ihre Positiveffekte. Eine weitere Steigerung der Effizienz liegt in der Kombination von kind- und elternbezogenen Präventionsansätzen. Am umfassendsten sind diese kombinierten Ansätze, wenn sie mit der „gleichzeitigen Stärkung sozialer, kognitiver und gesundheitlicher Kompetenzen“80 einhergehen.

      – Ebenen der Prävention

      Anliegen ist, die unmittelbaren Maßnahmen, die direkt auf das Kind einwirken und es stärken sollen, mit solchen mittelbaren Maßnahmen zu verknüpfen, die auf die Struktur und die Qualität der Kindertageseinrichtungen und auf die der Familien einwirken. Von daher werden drei Ebenen der Prävention unterschieden. Die individuelle Ebene, die der direkten Stärkung des Kindes dient und ihm hilft, jene Kompetenzen zu entwickeln, die es zur Bewältigung schwieriger Lebenssituationen braucht. Die zweite Ebene stellt die interaktionale Ebene dar. Die Entwicklung von Kindern hängt in erster Linie von der Qualität ihrer Bindungen und der damit verbundenen Interaktion ab. So ergibt sich daraus: „Zu stärken sind Eltern in ihrer Erziehungskompetenz und die pädagogischen Fachkräfte in ihrer Professionalität. Starke Eltern haben starke Kinder. Hohe Qualifikation und hohes Engagement des pädagogischen Personalteams erhöhen die Lern- und Entwicklungschancen der Kinder.“81 Als dritte Ebene wird die kontextuelle Ebene benannt. Je besser die Rahmenbedingungen sind, die auch gesundheitliche Aspekte bedenken müssen, desto mehr werden positive Lern- und Entwicklungsanreize ihr Ziel erreichen. Insbesondere greift die kontextuelle Ebene im Hinblick auf die Kooperation und Vernetzung mit anderen Stellen. Es geht um den Aufbau eines lokalen Netzwerks für die Belange der (gefährdeten) Kinder und um die Integration von Jugendhilfeleistungen in das Einrichtungsgeschehen.82 Zur Umsetzung dieser drei Ebenen orientiert sich der Bildungs- und Erziehungsplan an drei Schlüsselstrategien. Diese orientieren sich zum einen an den bestehenden Ressourcen und zielen darauf ab, die vorhandenen Ressourcen bei Kindern, Eltern und Fachpersonal zu erhöhen. Der zweite Strang der Strategien ist prozesszentriert. Die für die kindliche Kompetenzentwicklung „grundlegenden Systeme in die Lern- und Entwicklungsprozesse der Kinder positiv einzubinden bzw. für sie verfügbar zu machen.“83 Zu solchen grundlegenden Systemen zählen insbesondere Bindungs- und Familiensysteme, Systeme, die die Motivation und Selbstregulation der Kinder steuern und ihnen helfen, Herausforderungen zu bewältigen. Hierzu zählen auch kommunale Organisationssysteme und spirituelle und religiöse Systeme. Als Beispiele werden unter anderem Programme zum Aufbau und zur Sicherung einer positiven Eltern-Kind-Bindung benannt. Auch bei diesen prozess-zentrierten Strategien wird die Integration von Jugendhilfeangeboten in Kindertageseinrichtungen als bedeutsam eingeschätzt. Die dritte (risiko-zentrierte) Strategie zielt darauf ab, das Ausmaß an gefährdenden Einflüssen und risikoerhöhenden Bedingungen zu reduzieren, bzw. deren Auftreten zu verhindern. Solche präventiven Angebote können sich an alle Kinder richten, wenn es um den kompetenten Umgang mit gefährdenden Einflüssen geht (Medienarbeit). Oder sie richten sich an spezielle, besonders zu fördernde Zielgruppen, die in diesem Bereich eine besondere Förderung brauchen (Sprachförderung). Hierzu zählt auch der Aufbau eines lokalen Netzwerks bei Gefährdungen des Kindeswohls.

      Diese Prinzipien und der damit verbundene Ansatz zur Entwicklung von Widerstandsfähigkeit zeigen die Notwendigkeit, „in Kindertageseinrichtungen ein umfassendes Präventionskonzept für Kinder und Familien anzusiedeln und systematisch zu etablieren.“84 Zur Begründung werden im Wesentlichen folgende Aspekte benannt: Die Entwicklung zu resilienten Persönlichkeiten muss so früh wie möglich passieren und gehört zu den „Kernaufgaben vorschulischer Bildung“85. Kindertageseinrichtungen können sowohl die primäre wie die sekundäre Prävention bei nahezu allen Kindern gewährleisten. Die Kindertageseinrichtungen „verfügen über einen direkteren und systematischeren Zugang zu einer großen Zahl von Kindern als irgendeine andere Institution. Sie schaffen einen Rahmen, in dem Kinder positive Beziehungen zu anderen Kindern und unterstützende Beziehungen zu Erwachsenen außerhalb der Familie aufbauen können. Für sozial benachteiligte Kinder sind sie ein wichtiger Ort der persönlichen Zuwendung, sozialer Einbindung, Bestätigung eigener Fähig- und Wertigkeiten, für Struktur, Stabilität und vielfältige Anregung.“86 Diese Vernetzung der bestehenden Kindertageseinrichtungen macht sie zu einem sinnvollen Ausgangspunkt für eine Kombination von kind- und familienorientierten Präventionsansätzen. „Sie sind idealer Stützpunkt für niederschwellige Präventionsangebote …, für die direkte Einbettung von Fachdiensten sowie Angeboten der Familienbildung und Elternberatung. Anstrebenswert ist, Kindertageseinrichtungen zu Kompetenzzentren für Kinder und Familien und damit zu „Knotenpunkten“ im kommunalen Jugendhilfesystem zu machen.“87

      Mögliche Handlungsfelder auf der individuellen Ebene88

      Solche Handlungsfelder sind das kooperative Lernen, das Heranführen an gesunde Lebensweisen und effektive Bewältigungsstrategien und der Einsatz von Märchen und Geschichten. Das kooperative Lernen ermöglicht es u. a., den Kindern Sinnzusammenhänge aufzudecken, die sich auf den ersten Blick als schwierig erweisen. Gerade in der Begegnung mit Sterben und Tod und den sich daraus ergebenden Bewältigungsaufgaben stellt sich die Frage nach einem umfassenden Sinnverständnis, das in einem christlich-religiösen Kontext Befreiungspotenzial entfalten kann. Aber auch im Umgang mit Märchen und Geschichten bietet religiöse Bildung und Erziehung einen reichen Fundus an Resilienz fördernden Maßnahmen. Zentrale Punkte sind hierbei die Lösung eines Problems, die Bereitschaft, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen und durch den Glauben an die in einem selbst liegenden Fähigkeiten die Anforderungen der Mitwelt bewältigen zu können. Dieser in ihm selbst begründete Selbstwert hilft dem Protagonisten in den Märchen auch, konstruktive soziale Beziehungen aufzubauen. Im Bildungs- und Erziehungsplan wird die religiöse Dimension der Märchen nicht explizit erwähnt. Im Kontext der hier vorgelegten Untersuchung sei aber darauf hingewiesen, dass gerade im Vertrauen auf Gott viele Aufgaben erst durch dieses Vertrauen angegangen und gelöst werden können. So ist Gott bzw. das Jenseitige im Märchen höchst gegenwärtig, weil er auch immer im Erzähler und Zuhörer ganz selbstverständlich gegenwärtig war.89 Auch die „Helden“ der biblischen Erzählungen sind eben einfache Menschen, die durch das Vertrauen in Gott bzw. in den „menschgewordenen“ Gott Jesus Christus mit den Schwierigkeiten des Lebens zurechtkommen, und darin Resilienz aufzeigen.

      – Das Handeln auf der interaktionalen Ebene bezieht sich auf die Bindungs-, Beziehungs- und Interaktionsqualität im pädagogischen Alltag.

      Die zentralen Elemente dieses Ansatzes sind die bedingungslose Wertschätzung als Grundlage für den Aufbau eines Selbstwertgefühls, entsprechende Anforderungen an das Kind stellen und die entsprechenden Problemlösefähigkeiten kommunikativ und authentisch vermitteln und: „dem Kind Zukunftsglauben vermitteln.“90

      – Das Handeln auf kontextueller Ebene

      In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung der Kindertageseinrichtung als positiver Entwicklungsrahmen hervorgehoben. Insbeson dere geht es um die Individualisierung und innere Differenzierung des pädagogischen Angebots. So wird für das Lernen und die Entwicklung des Kindes die „große Bedeutung von intensiven Fachkraft-Kind-Interaktionen in Kleingruppen“ betont.91 Auch die „geeignete Lernumgebung“ verweist auf die Notwendigkeit „einer kleinteiligeren räumlichen Gliederung mit spezifischen Erfahrungs- und Lernangeboten“92 hin. Die Größe der Gruppen wird in diesem Zusammenhang auch als relevanter (Belastungs-) Faktor benannt.93

      Neben diesen Faktoren spielt für den Aufbau der Resilienz die Stärkung der Elternkompetenz eine zentrale Rolle. Grundlage hierfür ist der Aufbau einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Dies wiederum erscheint nur möglich, wenn es zunehmend mehr gelingt, die Kindertageseinrichtungen zu Kompetenzzentren im kommunalen Jugendhilfesystem auszubauen.94 Aus der Perspektive elementarer religiöser Bildung und Erziehung hätte dies auch erhebliche Vorteile für die zahlreichen Kirchengemeinden als Träger von Kindertageseinrichtungen. Sie könnten Aufgaben der Familien-, Kinder- und Jugendpastoral in besonderer Weise vernetzen.95 Hierzu wäre aber auch aufseiten der Kirchenleitungen eine Aufbruchsstimmung nötig, die diese Perspektiven untersuchen


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