Die Träume von Macht. Eckhard Lange

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Die Träume von Macht - Eckhard Lange


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Ein neuer, prickelnd schöner Traum, der in die Wirklichkeit drängte.

      Und so begann er zu planen, besorgte sich den amtlichen Lehrplan für das letzte Schuljahr, blätterte aufmerksam durch die Schulbücher und vertiefte sich dann in den unermeßlichen Wissensschatz, den ihm das Internet bot. Mit Leichtigkeit speicherte er nicht nur die notwendigen Informationen, er erarbeitete sich zu jedem Thema, zu jeder Unterrichtseinheit seine eigenen Fragen und Antworten, mit denen er die Lehrkräfte in Erstaunen und auch in Verlegenheit zu bringen gedachte. Immer war er ihnen voraus mit seinem Wissen, seiner Wiedergabe von Fakten, aber auch mit seiner Art, alles kritisch zu hinterfragen, Gedanken in neue Welten weiterzuführen und dort nachzufragen, wo Lehrerwissen schon ans Ende geraten war.

      Präzise bereitete er alle noch ausstehenden Klausuren vor, schloß Denkfehler aus und verinnerlichte den nötigen Stoff. Der Erfolg war eindeutig: Null Fehler, intelligente Darbietung, originelle Lösungswege, erstaunliche sprachliche Qualität, selbständige Erarbeitung, weiterführende Gedanken, tiefschürfende Erörterung - die lobenden Schlußbemerkungen, die mancher Lehrer anfangs nur widerwillig neben die Zensur setzte, wurden zum Standard. Seine Arbeiten wurden auf Konferenzen beraten, hier und da an die entsprechenden Fachbereiche mancher Universitäten weitergereicht, fanden Eingang in wissenschaftliche Zeitschriften. Es war, als ob ein unbekannter Komet am Himmel dieser mittelmäßigen Schule aufgetaucht, als ob ein neuer, hochbegabter Schüler dorthin gewechselt sei. Aber hatte man das nicht schon immer geahnt, ja eigentlich auch schon gewußt? Wer wollte zugeben, ein solches Talent nicht erkannt, nicht gefördert zu haben! Und Thessi spürte die Macht, wieder einmal, die er mit allem über diese Frauen und Männer gewonnen hatte, die sich hinter den Türen der Lehrerzimmer vor ihm verbargen.

      Einzig einer dort blieb mißtrauisch, ablehnend, boshaft. Mag sein, er fühlte sich betrogen, aber alle Nachforschungen konnten nichts dergleichen beweisen. Mag sein, er war gekränkt von der selbstbewusst überlegenen Art, mit der dieser Schüler ihm gegenüber auftrat. Mag auch sein, daß purer Neid auf den Besseren ihn in diese hoffnungslose Gegnerschaft trieb. Aber Thessi nahm den Fehdehandschuh auf, und es wurde ein Kampf auf Leben und Tod.

      Wollte jener einen Fehler entdeckt haben, bewies ihm Thessi das Gegenteil. Wollte er ihn bloßstellen, gab ihn Thessi dem Gespött der Klasse preis. Legte er gegen irgendeinen Konferenzbeschluß, der Thessi betraf, Widerspruch ein, brachte Thessi ein Rechtsgutachten über einen ähnlichen Fall bei, das dem Protest jegliche Legitimation entzog. Immer erbitterter wurde der Streit ausgetragen, und Thessi empfand ihn als das, was er in Wirklichkeit auch war - ein Kampf um die Macht, um Herrschaft über den anderen. Und da gab es keinen Vergleich, keine Versühnung, nur Triumph und Untergang.

      Um eine endgültige Niederlage herbeizuführen, um voll und ganz zu obsiegen und den anderen zu vernichten, dazu reichte der schulische Kampfplatz nicht aus. Und Thessi wollte den totalen Sieg. Er sollte ihn bekommen, auch wenn er sich selbst dabei fast verraten hätte.

      Jener Lehrer hatte eine Tochter, Perry, die in die zehnte Klasse ging. Niemand wußte, ob dies ihr wirklicher Name war, aber alle nannten sie so. Ihr glattes, hellblondes Haar ließ sie seit Jahren wachsen, trug sie es offen, reichte es weit über die Schulterblätter hinaus. Aber meist hatte sie es mit einer Klammer zusammengefaßt, und manchmal flocht sie es auch zu Zöpfen und sah dann überraschend kindlich aus, obwohl sie durchaus bereits eine höchst weibliche Figur hatte. Abgesehen von diesen Rundungen war sie schlank, angefangen von den Beinen bis hin zu einem schmalen Gesicht. Fast alle Jungen ihrer Klasse umschwärmten sie, doch sie nahm deren Huldigungen nur kühl und distanziert entgegen. Niemand wußte, ob sie vielleicht außerhalb der Schule einen Freund hatte. Doch das war nicht der Fall.

      Thessi hatte, so erstaunlich das scheinen mag, bisher keinerlei Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, jedenfalls keine, die auf körperlichen Kontakten beruhten. Ihm hatte stets gereicht, was ihm seine Träume boten, und das war bisher auch weit ausschweifender, als eine armselige Wirklichkeit versprechen konnte. Auch Perry war gelegentlich seinen Fantasien zum Opfer gefallen, wenn er sie auf dem Schulgelände mit ihren Freundinnen tuscheln und kichern sah. Doch jetzt war eine neue Situation. Er wollte auch hier wissen, statt nur zu träumen; und er wollte sie, die Tochter seines Feindes.

      Er begehrte dieses Mädchen, das so unschuldig schien und doch so reif war, wie eine herbstliche Frucht, die endlich gepflückt werden muß. Er begehrte sie um ihrer selbst willen, ihres Körpers und ihres Lachens willen. Aber er wollte sie auch besitzen um ihres Vaters willen, über sie Herrschaft gewinnen, sie der eigenen Gewalt unterwerfen, um die väterliche Gewalt machtlos und lächerlich zu machen.

      So sprach er sie in einer Pause einfach an, und da er inzwischen an der gesamten Schule - wieder einmal, muß man wohl sagen - als außergewöhnlich und irgendwie auch geheimnisvoll galt, empfand sie diese Begegnung mit dem wesentlich älteren als Auszeichnung, als Ehre. Außerdem war er ein gutaussehender junger Mann mit einer muskulösen Statur, einem ebenmäßigen Gesicht, das nicht nur von einem dunkelblonden, lockigen, halblangen Haarschopf, sondern seit kurzem auch von einem durchaus kräftigen, aber gepflegt kurzgeschnittenen Bart gerahmt war. Thessi lud sie nach dem Unterricht in ein Café ein, und sie sagte zu, ohne sich anstandshalber ein wenig zu zieren, wurde dabei ein wenig rot, was er selbstgefällig vermerkte.

      Sie saßen einander gegenüber, tranken einen café crème und Thessi dozierte, während Perry stumm, aber andächtig lauschte. Später wechselte er an ihre Seite, legte ihr vertraulich die Hand auf die Schulter, und er spürte ein leichtes Zittern. Ein Spaziergang durch den Park schloß sich an, sie gingen bereits Hand in Hand, und Thessi gab einige Geheimnisse über jenen Knabenbund preis, der in der Schule immer noch Legende war. Sie blickte ihn mit ihren großen graugrünen Augen bewundernd an. Er zeigte ihr den kaum noch erkennbaren Zugang zum Versammlungsplatz und zog sie hinter sich her, um ihr die Buche, den Totembaum, vorzustellen, und das Mädchen starrte andachtsvoll bewundernd auf das Heiligtum. Dann drehte sich Thessi ihr langsam zu, näherte seinen Körper dem ihren, seinen Mund dem ihren, und sie duldete, ja erwiderte seinen Kuß, sie nahm willig wahr, daß er seine Hand unter ihren Pullover schob, sie zwischen ihren BH und ihre Haut zwängte und eine ihrer Brustwarzen berührte, so intensiv, daß sie leise stöhnte unter einem wollüstigen Schmerz.

      Thessi genoß diese schweigende Unterwerfung unter seinen Willen, aber er fühlte auch auf andere Art ihre mädchenhaft-keusche Hingabe an etwas, was fremd und fordernd in ihre Gefühlswelt eindrang, und er liebte sie dafür, soweit er Liebe empfinden konnte und nicht nur Begehren. Eine Weile verharrten sie so, dann machte Perry sich los, griff unter ihren Pullover, um den BH zu lösen, ließ dabei einen breiten Spalt zwischen Jeans und dem hochgerutschten Pullover, um ihm leichteren Zugang zu gewähren, und Thessi vergrößerte ihn, bis beide Brüste frei hervortraten. Er erkannte, wie wohlgeformt, wenn auch noch klein und spitz, sie sich ihm darboten. Ohne daß er darüber nachdachte, griffen nun beide Hände danach und umfaßten sie, während seine Zunge immer noch Zugang zu ihrem Mund suchte und nun auch fand.

      All das geschah in wortloser Stille, und auch der Park ringsum schien den Atem anzuhalten. Nur Perrys Atem wurde hörbar, wenn sie unter seinen Angriffen tief in ihrer Mundhöhle hin und wieder Luftzufuhr benötigte. Sie wußten beide nicht, wie lange sie so verharrten, Thessis Hände an ihren Brüsten, Perrys Finger in seine Schultern gekrampft, bis aus der Ferne der Stundenschlag vom Turm der Stadtkirche herüberwehte. "Ich muß nach Hause," sagte sie zögernd, und Thessi ließ es geschehen, daß sie dabei zurücktrat und seine Hände ihren Halt verloren. Er nickte großmütig und wartete, daº sie BH und Pullover ordnete, dann führte er sie von der heiligen Stätte hinaus auf den Parkweg und zurück in die Stadt. Er ließ es auch zu, daß sie ihre Hand aus der seinen löste, ehe sie um die Ecke jener Seitenstraße bogen, in der ihr Vater wohnte.

      "Bitte, ich möchte allein weitergehen," sagte sie und blieb stehen. "Ist okay," gab er sich großzügig. "Wir sehen uns morgen wieder, um drei im Park." Es war keine Frage, kein Vorschlag, es war eine Feststellung. Und sie nickte gehorsam, bevor sie ging. Als sie sich noch einmal umdrehte, war er bereits verschwunden.

      Der nächste Tag war warm und sonnig. Thessi ließ sich nicht auf dem Schulhof sehen, und Perry war es lieb, weil sie nicht recht wußte, wie sie ihm dort begegnen sollte. Sie brachte ihre Bücher nach Hause, aß zu Mittag, vertiefte sich in die Hausaufgaben, aber sie gelangen ihr nicht recht. Sie suchte sich ein


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