Alexanders letzter Traum. Heinz-Joachim Simon

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Alexanders letzter Traum - Heinz-Joachim Simon


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stand fest. Ein Fürst aus Korinth habe sie gemietet. Aber mehr, als dass dieser auf den Allerweltsnamen Diomedes hörte, war weder aus ihm noch aus den anderen herauszubekommen.

      „Warum wolltet ihr uns töten?“ herrschte ich die beiden an.

      „Wir sollten euch die Befehle für Parmenion abnehmen“, erwiderte der Kleinere von ihnen.

      Phokis pfiff durch die Zähne. „Verrat! Dieser Diomedes weiß genau Bescheid, was bei uns abläuft“, rief er verblüfft.

      „Es gibt bei uns Leute, die mit dem Zug nach Asien nicht ganz einverstanden sind.“

      „Soll ich …?“ Phokis deutete mit dem Finger quer über den Hals.

      Ich schüttelte den Kopf. Die Männer waren verwundet. Sie würden uns nicht folgen können, wenn wir ihre Pferde mitnahmen.

      „Versucht zur Straße zu kommen. Sicher werden euch eure Leute bald finden“, wies ich die Verletzten an.

      Wir ritten weiter querfeldein über die Berghänge. Unsere Agrianen kamen damit gut zurecht und erkannten sofort, wenn das Gelände gefährlich wurde. Ich war stolz darauf diese Leute anführen zu dürfen.

      Bald sahen wir einen blauen Streifen am Horizont. Der Wind brachte den Geruch des Meeres heran. Als in der Ferne die Stadt auftauchte, lenkten wir die Pferde wieder auf die Straße zurück. Wir ritten nach Sestos hinein. Eine geschäftige Hafenstadt, in der sich bereits für den Zug nach Asien viele Hilfstruppen gesammelt hatten, darunter der Tross mit Belagerungsgeräten, Katapulten und ähnlichen Waffen zum Brechen von Mauern. Jedenfalls waren viele Makedonen in der Stadt, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Griechen, die uns aufgelauert hatten, nun hier eine Gefahr für uns darstellten. Aber ich machte mir Sorgen, wie es Attalos ergangen war.

      Wir ritten zum Hafen und ich suchte den Kapitän der Triere auf, die uns nach Abydos bringen sollte. Der Kapitän, ein graubärtiger Seebär, hatte mich bereits erwartet. Als er an der Plakette auf meinem Lederpanzer erkannte, dass ich zu den Gefährten des Königs gehörte, versicherte er mir wortreich, dass ich über ihn und sein Schiff verfügen könne. Er sagte zu, gleich am nächsten Morgen in See zu stechen.

      Ich hielt es nicht auf dem Schiff aus und ritt mit Phokis zur Agora und wir beobachteten misstrauisch die Marktstände, an denen großes Gedränge herrschte. Aber uns fiel nichts Verdächtiges auf, obwohl uns am Anfang alles verdächtig erschien. Vor einer Taverne saßen wir ab und ließen uns zu einem Becher Wein nieder und behielten den Marktplatz im Auge. Es dämmerte bereits. Schließlich kamen wieder Reiter auf die Agora. Es war Attalos mit zwei Agrianen und wir winkten und liefen ihnen entgegen.

      „Wo sind die anderen?“

      Attalos war sehr bleich. Nur mühsam hielt er sich auf dem Pferd. Er blutete aus einer Schulterwunde.

      „Tot. Die Hauptgruppe aus der Schlucht hatte uns eingeholt.“

      Ich erzählte ihm, was uns widerfahren war und was wir aus den Griechen herausgequetscht hatten.

      „Ein Diomedes aus Korinth? Du glaubst das doch nicht?“

      „Nein. Warum soll jemand aus Korinth so versessen auf den Befehl Alexanders sein? Außerdem, woher wusste dieser angebliche Fürst davon? Und zum dritten, was nützt es ihm?“

      „Persisches Gold. Verrat!“ mutmaßte Attalos und ließ sich vom Pferd gleiten, und seine beiden Reiter taten es ihm schnaufend nach.

      Wir gingen zu einem Arzt, den uns der Wirt der Taverne nannte und dieser versorgte die Wunde, die zwar schlimm aussah, aber nicht lebensgefährlich war.

      Danach gingen wir zum Hafen und brachten unsere Pferde an Deck der Triere. Der Kapitän hatte einen Verschlag vorbereitet, so dass wir unsere Tiere problemlos über das Meer bringen konnten. Um jedem Ärger aus dem Weg zu gehen, beschlossen wir an Bord zu bleiben. Es war ein Lastenschiff, das mit hundertsiebzig Mann bestückt war und drei Ruderreihen hatte. Wir würden die Meerenge in wenigen Stunden überqueren. Die Mannschaften waren jedoch noch in den Tavernen. Am Heck, vor der Kapitänskajüte, hatten wir uns so gut es ging ein Lager bereitet. Der Kapitän ließ uns Wein bringen und er war nicht so schlecht, wie wir befürchtet hatten. Der Käse allerdings war für einen Makedonen aus den Bergen etwas sehr streng. Aber wir waren nicht verwöhnt und aßen mit Heißhunger den Käse, das ölgetränkte Brot und die köstlichen Oliven.

      Mittlerweile war es Nacht geworden und die Lichter der Kneipen am Hafen spiegelten sich im Wasser. Schließlich verebbte der trunkene Lärm aus den Tavernen und ich wurde müde und schlief ein. Ein warmer Hauch an meinem Ohr weckte mich.

      „Irgend etwas geht hier vor“, flüsterte Phokis.

      „Was ist los?“

      „Hör nur.“

      Nun hörte ich, wie Holz gegen das Schiff stieß und ein kratzendes Geräusch, als wolle eine Katze einen Baum hochklettern.

      „Du meinst …?“

      „Könnte doch sein.“

      „Weck die anderen. Aber leise.“

      Als diese begriffen hatten, worum es ging, robbten wir uns auf die Steuerbordseite, wo das Geräusch herkam. Doch noch bevor wir diese erreichten, sprang gleich ein Dutzend Gestalten auf unser Schiff. Wir sprangen hoch und ich warf dem Erstbesten mein Messer in die Kehle. Denn dass er mit uns ein Nachtmahl einnehmen wollte, war kaum anzunehmen. Den zweiten erledigte ich mit dem Speer. Attalos, Phokis und die Agrianen waren auch nicht faul und bald hatten wir das Deck freigekämpft. Als der Kapitän mit einigen seiner Matrosen erschien, lagen acht unserer Verfolger, auch sie in den typischen Rüstungen griechischer Hopliten, tot auf den Brettern. Drei waren geflohen. Einer kroch leicht verletzt über die Planken und wir nahmen ihn uns noch einmal vor. Phokis verabreichte ihm ein paar von seinen Backpfeifen und drohte:

      „Das ist erst der Anfang! Junge, in wessen Auftrag handelt ihr?“

      Natürlich war der Gefangene erst einmal verstockt und wollte nicht reden. Aber nachdem Phokis ihn unsanft in einen Eimer voller Fäkalien gestoßen hatte, wurde er recht auskunftswillig. Schließlich kam heraus, dass der angebliche Fürst ein Abgesandter des Memnon war, dem Anführer der griechischen Söldner, die den Persern dienten.

      „Also doch persisches Gold?“ zweifelte Attalos. „Doch woher wusste er von der Botschaft an Parmenion?“

      „Keine Ahnung. Aber natürlich wäre es für die Perser von Vorteil, wenn sie wissen, wann Alexander übersetzt. Memnon braucht nur die persische Flotte hierher zu dirigieren und der ganze Feldzug ist gefährdet. Aber eins wissen wir immer noch nicht. Wer unter den Makedonen ist der Verrräter? Wer konspiriert mit den Persern?“

      „Es muss einer aus der Heeresversammlung sein“, sagte Attalos düster.

      Phokis versuchte noch mehr aus dem Griechen herauszubekommen, aber er schien wirklich nicht zu wissen, woher Memnon von uns wusste.

      „Was machen wir mit ihm?“ fragte Phokis unzufrieden. Die typische Bewegung zum Hals unterließ er diesmal.

      „Lass ihn laufen.“

      „Nein. Das geht nicht“, wandte der Kapitän ein. „Sie haben mein Schiff überfallen und das kann nicht ungestraft bleiben.“ Ohne noch eine Antwort abzuwarten, stieß er dem Griechen den Dolch in die Kehle und befahl seinen Matrosen die Leiche über Bord zu werfen. Zart besaitet war der Seebär wirklich nicht.

      Im Morgengrauen, nachdem die Mannschaften sich mit müden Gesichtern und roten Augen eingefunden hatten, stachen wir mit der ersten Flut in See. Ich war das erste Mal auf dem Meer und geheuer war mir dieses Element nicht. Nach ein paar Gebeten zu Apollon fiel mir ein, dass es besser wäre, Poseidon anzurufen, und ich erledigte auch das noch schnell. Vergeblich war dies nicht, denn die See blieb ruhig. Ich sah es als ein gutes Zeichen, dass bald Delphine lustig das Schiff umsprangen. Mir war, als würden sie mir aufmunternd zulächeln. Der Kapitän, ein Athener, kam zu mir an den Bug.

      „Du scheinst einen wichtigen Auftrag zu haben, dass sich Memnon um dich kümmert.“


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