Buddhismus für Anfänger, Fortgeschrittene und Gottverlassene. Andreas D. Werner

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Buddhismus für Anfänger, Fortgeschrittene und Gottverlassene - Andreas D. Werner


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Langeweile? Zum Zeitvertreib? Überlegen Sie sich die Antwort, warum Sie buddhistische oder ähnliche Bücher lesen. Wenn Sie Antworten gefunden haben, dann schreiben Sie sich diese bitte auf einen Notizzettel, oder noch besser wäre es, Sie legen sich für diese Thematik einen eigenen Schreibblock zu.

       1. Warum griffen Sie zu einem buddhistischen Buch? Ihre Antwort:

      Wenn Sie jetzt über die Ihnen anempfohlene Vorgehensweise irritiert sind, dann bedenken Sie bitte, was Sie erreichen wollen, wo Sie hinmöchten. Jedes Handwerk, das Sie erlernen, gleich ob Autoschlosser oder Bäcker, bedarf in der Regel einer Lehrzeit von drei Jahren. Mit erfolgtem Abschluss sind Sie dann ein Geselle, nach weiteren zwei Jahren Altgeselle. Zum Meister bedarf es noch weiterer Lehrjahre, zusätzlicher Prüfungen und der Anfertigung eines Meisterstückes. Nicht viel anders verhält es sich bei den akademischen Berufen. Fünf bis sechs Jahre intensives Studium und unzählige Prüfungen sind Voraussetzung für einen Arzt- oder einen Ingenieurtitel, um nur zwei Beispiele zu nennen. Sogar eine Führerscheinprüfung erfordert viele Stunden theoretischer und praktischer Übungen, bis Sie endlich selbst ein Auto fahren dürfen.

      Sie werden dem Thema also schon etwas Zeit widmen müssen und Sie werden – wie auf dem Weg zum Gesellen oder Akademiker – einige Mühen aufwenden müssen, um den von Ihnen angestrebten Erfolg zu haben, um den ursprünglichen Buddhismus begreifen zu können. Warum wählen Sie ein buddhistisches Buch? Die Gründe können sehr vielfältig sein. Ich versuche, einige der denkbaren Gründe aufzuzählen:

       Sie haben das Gefühl oder glauben, Ihr Leben macht keinen Sinn,

       Vieles, was Sie unternehmen, ist nutzlos, falsch oder von wenig Erfolg gekrönt.

       Sie haben permanent Pech, sind vom Unglück verfolgt, werden im Leben regelmäßig benachteiligt, vom Partner und von Freunden vernachlässigt.

       Gesundheitlich geht es Ihnen nicht gut, Sie sind angeschlagen, matt und müde, fühlen sich überfordert.

       Keiner liebt Sie. Wen interessiert es schon, ob Sie leben oder tot sind. Ihr Leben ist durch Verletzungen, Schmerz und Leiden bestimmt.

       Sie haben Sorgen, gar Angst – um Ihren Arbeitsplatz, Ihre Kinder, Ihren Lebenspartner. Zukunfts- und Verlustängste quälen Sie regelmäßig.

      Ich bin sicher, Dutzende von Möglichkeiten nicht berücksichtigt zu haben. Die Aufzählung aller Gründe meiner Leser, insbesondere die für Leid und Schmerz, würden die Seiten eines weiteren Buches problemlos füllen. Denken Sie einmal ganz in Ruhe nach. Werden Sie sich Ihrer ganz persönlichen Probleme bewusst und schreiben Sie Ihre persönliche Antwort auf.

       2. Was verursacht bei Ihnen Leid und Schmerz? Ihre Antwort:

      Am Ende dieses Buches sollten Sie vor all Ihren persönlichen Problemen keine Angst mehr haben und die Ursachen erkennen und abstellen können. Im Idealfall könnten Sie zu der Überzeugung gelangen, gar keine Probleme mehr zu haben.

      Wenn es bei mir persönlich einmal hart auf hart kommt, habe ich für mich selbst einen immer gleichlautenden Spruch: „Es gibt gar keine Probleme. Es gibt nur buddhistische Übungen.“ Manche Übungen sind leicht und für Anfänger gedacht, andere sind derart schwer, dass sie nur dem fortgeschrittenen Meister zufallen. Auf den hohen Schwierigkeitsgrad einer solchen Übung sollte ich daher stolz sein.“

      Auf meinem Lebensweg traf ich Menschen, die auf unterschiedlichste Weise versuchten, sich dem Buddhismus zu nähern. Von einigen, denen ich begegnete, möchte ich Ihnen berichten.

      Ein sehr guter Freund hat auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, bei dem jahrelangen Versuch, die buddhistischen Lehren zu verstehen, in einem seiner Zimmer seine alten Gardinen gegen neue Leinenstoffe ausgetauscht, gegen solche, die er zuvor mit Kurkuma eingefärbt hatte, einem Gewürz, das auch als gelbe Naturfarbe dient. Die Wände dieses Zimmers verzierte er aufwendig mit Blattgold. Aus jeder Ecke des Raumes schaute mich ein Buddha an. Die Bilder an der Wand zeigten lauter Buddhas, liegende und sitzende, als Kupferstich oder in Aquarell gemalt. Die Handgelenke meines Freundes schmückten bunt gefärbte Gebetsbänder. Einige Bänder symbolisierten den Grad seiner ihm von buddhistischen Mönchen bereits zugesprochenen Weihen.

      Wenn ich Lust hatte, ein buddhistisches Buch zu lesen, dann fand ich in seinem Bücherregal immer eines, das ich noch nicht kannte. Und wenn ich mir über irgendeinen geschichtlichen Zusammenhang oder eine Schreibweise eines großen buddhistischen Meisters nicht mehr ganz sicher war, er wusste es, er hatte die passende Literatur sofort griffbereit, und immer war er mir ein tiefgründiger, fachlich fundierter Gesprächspartner. Doch verhalfen ihm all seine Bemühungen nicht, dort anzukommen, wo er gerne hingelangen wollte. Stets was er von tiefem Hass und großem Zorn erfüllt, wenn er über Geschehnisse seiner Kindheit, seiner Jugendzeit und Begebenheiten aus seinem Leben erzählte. Er konnte nicht loslassen. Er wollte es nicht. Wehe denen, die ihm je Leid zugefügt hatten, mochten sie nie mit ihm an einem Ort zusammentreffen. Er blieb ewig ein Suchender und wäre doch zu gern angekommen, hätte zu gern die letzte absolute Wahrheit erfahren, hätte loslassen wollen von allen bösen Erinnerungen.

      Aus beruflichen Gründen suchte ich einst ein Ehepaar auf, das sein Haus zum Verkauf anbieten musste. Das gesamte Haus war innen eingerichtet wie eine buddhistische Gedenkstätte, wie ein Gebetshaus. Ich musste mir vor der Hauseingangstür die Schuhe ausziehen, wurde an einem mit Buddhafiguren geschmückten Altar vorbeigeführt, bekam ein buntes Tuch umgehängt, sollte zu Ehren des „Allerheiligsten Buddha“, wie sie ihn nannten, gleich mehrere Räucherstäbchen in einem mit bunten Steinen gefüllten Tongefäß anzünden und durfte dann endlich Platz nehmen, auf einem Gebetskissen auf dem Fußboden – um mir anschließend ihre Schimpfkanonaden anhören zu müssen, über den Arbeitgeber, der dem Ehemann vergangenen Monat gekündigt hatte, über ihre „Scheiß-Nachbarn“, die sie gerade verklagen würden und über die Baufirma, die ihnen diese viel zu teure Elektro-Fußbodenheizung aufgeschwatzt und eingebaut habe, deren Stromverbrauch sie ruiniere, und sie nun zum Verkauf ihres unbezahlbar kostbaren Hauses zwinge. „Alles nur Verbrecher“, so ihre Worte. Auch sie gehörten zu den ewig Suchenden, wären sicherlich gern viel, viel tiefer in die buddhistische Lehre eingetaucht.

      Genug dieser Art von Beispielen. Um den tieferen Sinn der buddhistischen Lehren zu verstehen, müssen Sie keine kleinen, dickbäuchigen Buddhafiguren auf Ihren Nachtisch oder in Ihre Wohnzimmervitrine stellen. Und haben Sie sich gar schon einen kleinen Buddha-Schrein oder -Altar gezimmert, entfernen Sie diesen möglichst bald.

      Ein buddhistischer Meister äußerte einmal sinngemäß: „Kommst du an einen Ort, an dem aus jeder Ecke dich ein Buddha anlächelt, so gehe schnell weiter. Verweile, wenn es weit und breit keinen Buddha gibt.“

      In unseren Breitengraden scheint vieles rund um den Buddhismus zu einer Modeerscheinung geworden zu sein. Viele glauben, es macht etwas her, die Wohnung mit buddhistischen Accessoires zu schmücken, ein Bild vom 14. Dalai Lama im Flur hängen und eine Blumenvase mit aufgemalten Buddhafiguren im Wohnzimmer neben dem Sofa stehen zu haben. Sicher, solche Accessoires mögen schön aussehen, dann haben sie aber auch den gleichen Stellenwert und den gleichen Sinn wie Dekoration. Dekoration verhilft aber nicht zu Einsicht und Weisheit.

      Beginnen Sie, kritisch zu hinterfragen, wozu was dient.

      Buddhistisches Gedankengut begreifen Sie nicht durch das Abbrennen von Räucherstäbchen, nicht durch Weihrauch oder das Abspielen von Meditationsmusik. Um zur inneren Ruhe und zur richtigen Meditation zu gelangen, bedarf es keines Lotussitzes, bei dem Ihnen die Beine einschlafen oder gar schmerzen – das jedenfalls behaupte ich. Verzichten möchte ich auch auf die vielen mystischen Fachausdrücke, und auf die vielen indischen, nepalesischen oder chinesischen Begriffe. Insbesondere werde ich jegliche sanskritische Schreibweise zu vermeiden suchen. Sanskrit ist eine altindische Literatur- und Gelehrtensprache, die noch heute in Indien verwendet wird. Und auch für die in buddhistischen Texten oft gebräuchlichen Pali-Fachausdrücke werde ich für uns Europäer besser verständliche, adäquate Bezeichnungen wählen. Die meisten Leser haben mittlerweile die Nase voll von diesem Fachchinesisch. Was habe ich mich mit solchen Texten schon gequält.


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