Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ðицше
Читать онлайн книгу.Aufständisch-Gesinnte, Schlecht-weg-gekommne, den ganzen Auswurf und Abhub der Menschheit hat es damit zu sich überredet. Das »Heil der Seele« – auf deutsch: »die Welt dreht sich um mich«… Das Gift der Lehre »gleiche Rechte für Alle« – das Christentum hat es am grundsätzlichsten ausgesät; das Christenthum hat jedem Ehrfurchts- und Distanz-Gefühl zwischen Mensch und Mensch, das heißt der Voraussetzung zu jeder Erhöhung, zu jedem Wachsthum der Cultur einen Todkrieg aus den heimlichsten Winkeln schlechter Instinkte gemacht, – es hat aus dem ressentiment der Massen sich seine Hauptwaffe geschmiedet gegen uns, gegen alles Vornehme, Frohe, Hochherzige auf Erden, gegen unser Glück auf Erden … Die »Unsterblichkeit« jedem Petrus und Paulus zugestanden, war bisher das größte, das bösartigste Attentat auf die vornehme Menschlichkeit, – Und unterschätzen wir das Verhängniß nicht, das vom Christenthum aus sich bis in die Politik eingeschlichen hat! Niemand hat heute mehr den Muth zu Sonderrechten, zu Herrschaftsrechten, zu einem Ehrfurchtsgefühl vor sich und seines Gleichen, – zu einem Pathos der Distanz … Unsre Politik ist krank an diesem Mangel an Muth! – Der Aristokratismus der Gesinnung wurde durch die Seelen-Gleichheits-Lüge am unterirdischsten untergraben; und wenn der Glaube an das »Vorrecht der Meisten« Revolutionen macht und machen wird, – das Christenthum ist es, man zweifle nicht daran, christliche Werthurtheile sind es, welche jede Revolution bloß in Blut und Verbrechen übersetzt! Das Christenthum ist ein Aufstand alles Am-Boden-Kriechenden gegen Das, was Höhe hat: das Evangelium der »Niedrigen« macht niedrig…
*
44.
– Die Evangelien sind unschätzbar als Zeugniß für die bereits unaufhaltsame Corruption innerhalb der ersten Gemeinde. Was Paulus später mit dem Logiker-Cynismus eines Rabbiners zu Ende führte, war trotzdem bloß der Verfalls-Proceß, der mit dem Tode des Erlösers begann. – Diese Evangelien kann man nicht behutsam genug lesen; sie haben ihre Schwierigkeiten hinter jedem Wort. Ich bekenne, man wird es mir zu Gute halten, daß sie ebendamit für einen Psychologen ein Vergnügen ersten Ranges sind, – als Gegensatz aller naiven Verderbniß, als das Raffinement par excellence, als Künstlerschaft in der psychologischen Verderbniß. Die Evangelien stehn für sich. Die Bibel überhaupt verträgt keinen Vergleich. Man ist unter Juden: erster Gesichtspunkt, um hier nicht völlig den Faden zu verlieren. Die hier geradezu Genie werdende Selbstverstellung in’s »Heilige«, unter Büchern und Menschen nie annähernd sonst erreicht, diese Wort- und Gebärden-Falschmünzerei als Kunst ist nicht der Zufall irgend welcher Einzel-Begabung, irgend welcher Ausnahme-Natur. Hierzu gehört Rasse. Im Christenthum, als der Kunst, heilig zu lügen, kommt das ganze Judenthum, eine mehrhundertjährige jüdische allerernsthafteste Vorübung und Technik zur letzten Meisterschaft. Der Christ, diese ultima ratio der Lüge, ist der Jude noch einmal – drei Mal selbst… Der grundsätzliche Wille, nur Begriffe, Symbole, Attitüden anzuwenden, welche aus der Praxis des Priesters bewiesen sind, die Instinkt-Ablehnung jeder andren Praxis, jeder andren Art Werth- und Nützlichkeits-Perspektive – das ist nicht nur Tradition, das ist Erbschaft: nur als Erbschaft wirkt es wie Natur. Die ganze Menschheit, die besten Köpfe der besten Zeiten sogar (Einen ausgenommen, der vielleicht bloß ein Unmensch ist –) haben sich täuschen lassen. Man hat das Evangelium als Buch der Unschuld gelesen… kein kleiner Fingerzeig dafür, mit welcher Meisterschaft hier geschauspielert worden ist. – Freilich: bekämen wir sie zu sehen, auch nur im Vorübergehn, alle diese wunderlichen Mucker und Kunst-Heiligen, so wäre es am Ende, – und genau deshalb, weil ich keine Worte lese, ohne Gebärden zu sehn, mache ich mit ihnen ein Ende… Ich halte eine gewisse Art, die Augen aufzuschlagen, an ihnen nicht aus. – Zum Glück sind Bücher für die Allermeisten bloß Litteratur – – Man muß sich nicht irreführen lassen: »richtet nicht!« sagen sie, aber sie schicken Alles in die Hölle, was ihnen im Wege steht. Indem sie Gott richten lassen, richten sie selber; indem sie Gott verherrlichen, verherrlichen sie sich selber; indem sie die Tugenden fordern, deren sie gerade fähig sind – mehr noch, die sie nöthig haben, um überhaupt oben zu bleiben –, geben sie sich den großen Anschein eines Ringens um die Tugend, eines Kampfes um die Herrschaft der Tugend. »Wir leben, wir sterben, wir opfern uns für das Gute« (– »die Wahrheit«, »das Licht«, das »Reich Gottes«): in Wahrheit thun sie, was sie nicht lassen können. Indem sie nach Art von Duckmäusern sich durchdrücken, im Winkel sitzen, im Schatten schattenhaft dahinleben, machen sie sich eine Pflicht daraus: als Pflicht erscheint ihr Leben der Demuth, als Demuth ist es ein Beweis mehr für Frömmigkeit … Ah diese demüthige, keusche, barmherzige Art von Verlogenheit! »Für uns soll die Tugend selbst Zeugniß ablegen« … Man lese die Evangelien als Bücher der Verführung mit Moral: die Moral wird von diesen kleinen Leuten mit Beschlag belegt, – sie wissen, was es auf sich hat mit der Moral! Die Menschheit wird am besten genasführt mit der Moral! – Die Realität ist, daß hier der bewußteste Auserwählten-Dünkel die Bescheidenheit spielt: man hat sich, die »Gemeinde«, die »Guten und Gerechten« ein für alle Mal auf die Eine Seite gestellt, auf die »der Wahrheit« – und den Rest, »die Welt«, auf die andre… Das war die verhängnißvollste Art Größenwahn, die bisher auf Erden dagewesen ist: kleine Mißgeburten von Muckern und Lügnern fiengen an, die Begriffe »Gott«, »Wahrheit«, »Licht«, »Geist«, »Liebe«, »Weisheit«, »Leben« für sich in Anspruch zu nehmen, gleichsam als Synonyma von sich, um damit die »Welt« gegen sich abzugrenzen, kleine Superlativ-Juden, reif für jede Art Irrenhaus, drehten die Weiche überhaupt nach sich um, wie als ob erst »der Christ« der Sinn, das Salz, das Maaß, auch das letzte Gericht vom ganzen Rest wäre … Das ganze Verhängniß wurde dadurch allein ermöglicht, daß schon eine verwandte, rassenverwandte Art von Größenwahn in der Welt war, der jüdische: sobald einmal die Kluft zwischen Juden und Judenchristen sich aufriß, blieb letzteren gar keine Wahl, als dieselben Proceduren der Selbsterhaltung, die der jüdische Instinkt anrieth, gegen die Juden selber anzuwenden, während die Juden sie bisher bloß gegen alles Nicht-Jüdische angewendet hatten. Der Christ ist nur ein Jude » freieren« Bekenntnisses. –
*
45.
– Ich gebe ein paar Proben von Dem, was sich diese kleinen Leute in den Kopf gesetzt, was sie ihrem Meister in den Mund gelegt haben: lauter Bekenntnisse »schöner Seelen«. –
»Und welche euch nicht aufnehmen noch hören, da gehet von dannen hinaus und schüttelt den Staub ab von euren Füßen, zu einem Zeugniß über sie. Ich sage euch: Wahrlich, es wird Sodom und Gomorrha am jüngsten